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58 VALIDIERUNG NEUER ZFP-VERFAHREN FÜR DIE AUTOMOBILPRODUKTION VALIDATION OF NEW NDT-PROCEDURES FOR AUTOMOTIVE PRODUCTION 1 3MA-Prüfsystem / 3MA inspection system Stichworte / Keywords Zerstörungsfreie Prüfung, Materialcharakteristik, Validierung, Qualitätssicherung Nondestructive testing, material characteristics, validation, quality assurance Ausgangssituation In der Industrie werden Materialkennwerte nach Normen und Regelwerken fast ausschließlich über zerstörende Verfahren ermittelt. Dies gilt insbesondere für die Härteprüfung und die Bestimmung von Zugfestigkeit, Streckgrenze, Restbruch- dehnung und Gleichmaßdehnung mittels Zugversuch. Um diese Materialkennwerte zerstörungsfrei zu bestimmen, eröffnet die DIN EN ISO/IEC 17025 den Weg über eine Verfahrensvalidierung durch ein akkreditiertes Prüflabor. Es muss der Nachweis geführt werden, dass das eingesetzte zerstörungsfreie Prüfsystem und die Prüftechnik für den beabsichtigten Gebrauch geeignet sind. Für den Einsatz von zerstörungsfreien Prüfverfahren und -systemen in der Automobilindustrie gilt weiterhin die Not- wendigkeit eines Nachweises der Messmittelfähigkeit. Aufgabenstellung Für die zerstörungsfreie Bestimmung von Materialkennwerten in formgehärteten Bauteilen sollte das 3MA-Prüfverfahren (Mikromagnetische, multiparametrische Mikrostruktur- und Spannungs-Analyse) validiert werden, damit es in der Automobil- und Zulieferindustrie für die fertigungsbegleitende Qualitätsprüfung und Prozessüberwachung eingesetzt werden kann. Dieser Aufgabe stellten sich die Abteilung »Prozess- überwachung und -beherrschung« und das nach DIN EN ISO/ IEC 17025 akkreditierte »Prüf- und Applikationszentrum« des Fraunhofer IZFP in Saarbrücken. Die erfolgreiche Validierung war Voraussetzung für den Einsatz des 3MA-Verfahrens als qualitätssichernde Maßnahme in der Produktion verschiedener Modellreihen eines deutschen Automobil-Konzerns. Durchführung Die Grundlage der Validierung bildeten die Normen DIN EN ISO 6892-1 »Metallische Werkstoffe – Zugversuch – Teil 1: Prüfverfahren bei Raumtemperatur« und DIN EN ISO 6507-1 »Metallische Werkstoffe – Härteprüfung nach Vickers – Teil 1: Prüfverfahren«; insbesondere der Nachweis der geforderten Messunsicherheit ist zu erbringen. Weiterhin ist der Nachweis der Messmittelfähigkeit zu führen. Nach der Festlegung der

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58

VALIDIERUNG NEUER ZFP-VERFAHREN FÜR DIE AUTOMOBILPRODUKTION

VALIDATION OF NEW NDT-PROCEDURES FOR AUTOMOTIVE PRODUCTION

1 3MA-Prüfsystem / 3MA inspection system

Stichworte / Keywords

Zerstörungsfreie Prüfung, Materialcharakteristik, Validierung,

Qualitätssicherung

Nondestructive testing, material characteristics, validation,

quality assurance

Ausgangssituation

In der Industrie werden Materialkennwerte nach Normen und

Regelwerken fast ausschließlich über zerstörende Verfahren

ermittelt. Dies gilt insbesondere für die Härteprüfung und

die Bestimmung von Zugfestigkeit, Streckgrenze, Restbruch-

dehnung und Gleichmaßdehnung mittels Zugversuch. Um

diese Materialkennwerte zerstörungsfrei zu bestimmen,

eröffnet die DIN EN ISO/IEC 17025 den Weg über eine

Verfahrensvalidierung durch ein akkreditiertes Prüflabor. Es

muss der Nachweis geführt werden, dass das eingesetzte

zerstörungsfreie Prüfsystem und die Prüftechnik für den

beabsichtigten Gebrauch geeignet sind.

Für den Einsatz von zerstörungsfreien Prüfverfahren und

-systemen in der Automobilindustrie gilt weiterhin die Not-

wendigkeit eines Nachweises der Messmittelfähigkeit.

Aufgabenstellung

Für die zerstörungsfreie Bestimmung von Materialkennwerten

in formgehärteten Bauteilen sollte das 3MA-Prüfverfahren

(Mikromagnetische, multiparametrische Mikrostruktur- und

Spannungs-Analyse) validiert werden, damit es in der

Automobil- und Zulieferindustrie für die fertigungsbegleitende

Qualitätsprüfung und Prozessüberwachung eingesetzt werden

kann. Dieser Aufgabe stellten sich die Abteilung »Prozess-

überwachung und -beherrschung« und das nach DIN EN ISO/

IEC 17025 akkreditierte »Prüf- und Applikationszentrum« des

Fraunhofer IZFP in Saarbrücken.

Die erfolgreiche Validierung war Voraussetzung für den Einsatz

des 3MA-Verfahrens als qualitätssichernde Maßnahme in

der Produktion verschiedener Modellreihen eines deutschen

Automobil-Konzerns.

Durchführung

Die Grundlage der Validierung bildeten die Normen DIN EN

ISO 6892-1 »Metallische Werkstoffe – Zugversuch – Teil 1:

Prüfverfahren bei Raumtemperatur« und DIN EN ISO 6507-1

»Metallische Werkstoffe – Härteprüfung nach Vickers – Teil 1:

Prüfverfahren«; insbesondere der Nachweis der geforderten

Messunsicherheit ist zu erbringen. Weiterhin ist der Nachweis

der Messmittelfähigkeit zu führen. Nach der Festlegung der

59www.izfp.fraunhofer.de | Jahresbericht 2011

zu prüfenden Bauteile (B-Säulen, Längsträger und Tunnelver-

stärkungen eines Autotyps), der Prüfstellen, des Fertigungszu-

standes und des Wertebereiches erfolgte an den Messstellen

der Bauteile eine zerstörende Prüfung zur Ermittlung der

Materialkennwerte. Zuvor wurden an diesen Messstellen die

magnetischen Eigenschaften mittels des 3MA-Prüfsystems

aufgenommen.

Diesen magnetischen Eigenschaften (Urdaten) wurden nun

über eine Kalibrierung die zerstörend ermittelten Materialwer-

te zugeordnet (multiple Regression). Die in diese Kalibrierung

eingehenden Kennwerte bestimmten auch den Wertebereich

der einzelnen Kenngrößen. Es musste also sichergestellt

werden, dass man auch Bauteile mit Kennwerten des unteren

und oberen Niveaus des Wertebereiches für die Kalibrierung

bereitstellt. Dies stellte insbesondere für die Bauteilherstellung

eine große Herausforderung dar.

Für die Bestimmung der Messunsicherheit lässt die Norm ver-

schiedene Wege zu: u. a. Abschätzungen, Vergleichsversuche

oder statistische Methoden. Hierzu werden Unsicherheitsquel-

len definiert, wie das Messsystem (u. a. Temperatur), Position

des Sensors (z. B. Wiederholgenauigkeit), Prüfereinfluss

(wie Anpressdruck, Erfahrung) und das Referenzverfahren

(Messunsicherheit der zerstörenden Prüfung lt. Norm). Im Fall

der 3MA-Validierung wurden diese Unsicherheitsquellen in

unterschiedlichen Versuchsreihen ermittelt und anschließend

über statistische Methoden bewertet. Die Bestimmung der

Messmittelfähigkeit erfolgte nach Vorgaben der Qualitätssi-

cherung des Premium-Herstellers.

Ergebnisse

Die Validierung des 3MA-Prüfverfahrens für formgehärtete

Bauteile der Automobilindustrie wurde erfolgreich durchge-

führt. Die Randbedingungen für die Prüfdurchführung sind im

Validierungsbericht definiert, insbesondere die Wertebereiche

für die einzelnen Materialkennwerte. Bei der Bestimmung der

Messunsicherheit ergaben sich aus der Statistik die Unsicher-

heitsquellen mit dem größten Einfluss. Wie beim Prüfereinfluss

wurde bei der Geräteschulung ein besonderes Augenmerk auf

die praktischen Fähigkeiten der zukünftigen Anwender gerich-

tet und somit diese Fehlerquelle minimiert. In der anschließend

durch die zukünftigen Anwender durchgeführten Überprüfung

der Messmittelfähigkeit des 3MA-Prüfsystems wurden die

Vorgaben erreicht und somit das 3MA-Gerätesystem für den

Einsatz in der Produktionsüberwachung freigegeben.

Weitergehende Untersuchungen zeigten weiteres Verbesse-

rungspotential insbesondere bei der Definition des Polynoms

zur multiplen Regression auf. Dabei konnte auf die in den ers-

ten Arbeiten in Übereinstimmung mit den besagten Normen

erfolgte Definition der Unsicherheitsquellen zurückgegriffen

werden. Derzeit wird in den eingangs genannten Abteilungen

das 3MA-Prüfverfahren auf die konzernweite Freigabe vorbe-

reitet, da der Industriepartner sich bereits heute überlegt, das

Verfahren konzernweit einzuführen.

Ansprechpartner / Contact

3MA-Prüftechnik, Prozessüberwachung:

Dr.-Ing. Bernd Wolter

+49 681 9302 3883

[email protected]

Validierung:

Dipl.-Ing. Steffen Bessert

+49 681 9302 3650

[email protected]

2 Kalibriervorgang / Calibration 3 Durchführung der Prüfung / Performing the test