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Universität Wien Sommersemester 2012 Through the Eyes of Love: Reality and Illusion in Intimate Relationships Garth J. O. Fletcher and Patrick S. G. Kerr University of Canterburry Proseminar Liebe und Partnerschaft Mag. Dr. Andreas Olbrich-Baumann Verfasser Maximilian Diederich (1004236) Manuel Prenner (0905805) Milena Massonne (1147856)

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Universität Wien Sommersemester 2012

Through the Eyes of Love: Reality and Illusion in Intimate Relationships

Garth J. O. Fletcher and Patrick S. G. Kerr

University of Canterburry

Proseminar Liebe und Partnerschaft Mag. Dr. Andreas Olbrich-Baumann

Verfasser Maximilian Diederich (1004236)

Manuel Prenner (0905805) Milena Massonne (1147856)

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PS  Liebe  und  Partnerschaft  SS  2012  Through  the  Eyes  of  Love:  Reality  and  Illusion  in  Intimate  Relationships  

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung............................................................................................................................................ 2  

2. Mean-Level Bias und Tracking Accuracy ........................................................................................... 4  

3. Kognitionsmodell in intimen Beziehungen......................................................................................... 6  

4. Erklärungen für mean-level bias ......................................................................................................... 8  

5. Erklärungen für tracking accuracy ..................................................................................................... 9  

6. Zufriedenheit mit der Beziehung und Moderatorvariablen ................................................................. 9  

6.1. Zufriedenheit mit der Beziehung und Moderatorvariablen beim mean-level bias ....................... 9  

6.2. Zufriedenheit mit der Beziehung und Moderatorvariablen bei tracking accuracy.................... 10  

7. Methode ............................................................................................................................................ 10  

7.1. Effektgrößen und statistische Analyse ....................................................................................... 11  

8. Ergebnisse ......................................................................................................................................... 12  

8.1. Publication bias ......................................................................................................................... 13  

8.2. Die Unabhängigkeit zwischen mean-level bias und der tracking accuracy ............................... 14  

8.3. Der Zusammenhang zwischen positivem mean-level bias/tracking accuracy und der Qualität der Beziehung.......................................................................................................................................................... 14  

8.4. Geschlecht und Länge der Beziehung als Moderatorvariablen .................................................. 14  

8.5. Zusammenhang zwischen den Moderatorvariablen und der Zufriedenheit mit einer Beziehung15  

9. Diskussion......................................................................................................................................... 15  

9.1. Ergebnisse .................................................................................................................................. 15  

9.2. Rolle der Moderatoren ............................................................................................................... 16  

9.3. Was wissen und was wollen die Leute? ..................................................................................... 18  

9.4. Fazit ........................................................................................................................................... 18  

10. Aktuelle Studien ............................................................................................................................. 19  

10.1. Studie 1: The unique and combined benefits of accuracy and positve bias in relationships .... 19  

10.2. Studie 2: When Bias and Insecurity Promote Accuracy: Mean-Level Bias and Tracking Accuracy in Couples’ Conflict Discussions .......................................................................................................... 22  

10.3. Studie 3: Perceiving regulation from intimate partners: Reflected appraisal and self-regulation processes in close relationships ............................................................................................................................. 25  

11. Literaturverzeichnis ........................................................................................................................ 27  

1. Einleitung

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„Love looks not with the eyes but with the mind; And therefore is wing’d Cupid painted blind.“ –William

Shakespeare

Romantische Liebe wird oft als „blind“ bezeichnet und jedem ist die Redewendung „Liebe macht blind“

oder „blind vor Liebe“ geläufig. Diese These ist theoretisch plausibel. Romantische Liebe aus dem

Blickwinkel der Evolution betrachtet ist eine Art Bindungselement welches Männer und Frauen

veranlasst in längere Zeiträume miteinander zu investieren und folglich resultierenden Nachwuchs zu

unterstützen (Gonzaga & Haselton, 2008). Der dazu benötigte Vertrauensvorschuss ist daher

wahrscheinlich durch starke biologisch basierende Bindungsemotionen angetrieben, welche wiederum

einen dazu prädestinieren die Bewertung des Partners und der Beziehung in ein positives Licht zu rücken

(Fletcher & Kerr, 2010).

Die theoretische Glaubwürdigkeit der „love-is-blind“- These ist durch eine Vielzahl an

Forschungsergebnissen gegeben. Zum Beispiel schätzen Personen die Möglichkeit, dass ihre eigene Ehe

scheitert, wesentlich geringer ein, als für die Grundgesamtheit (Fowers, Lyons, Montel, & Shaked, 2001),

halten ihre Bedenken gegenüber der Beziehung auf Abstand, indem sie ihre Bewertungen neu

organisieren oder ihre Beziehungsgeschichte umschreiben (Murray, 2001). Desweiteren übertreiben

Personen anfangs zunehmend die Ähnlichkeiten mit ihrem Partner (Murray, Holmes, Bellavia, Griffin, &

Dolderman, 2002), das Ausmaß in dem sich ihre Beziehung über die Zeit hinweg verbesserte (Karney &

Frey, 2002) und das Ausmaß in dem ihr Partner archetypischen Idealen gleicht (Murray, Holmes, &

Griffin, 1996a, 1996b).

Jedoch gibt es auch starke Argumente gegen die „love-is-blind“- These. So lässt die Tatsache, dass sich

viele langfristige Beziehungen auflösen, darauf schließen, dass die Liebe als motivationale Kraft für

einen positiven Bias ihre Grenzen hat. Auch die Evolutionspsychologie zur Erklärung ist ein

zweischneidiges Schwert. Denn sie beruht auf der Darwin’schen Annahme, dass sich die Kriterien der

Partnerwahl und die damit verbundenen Attribute laut der natürlichen und sexuellen Selektion

entwickelten. Die Folge dieser Darwin’schen Annahme, dass Bewertungen von wichtigen Attributen, wie

Attraktivität und Status mit einer angemessenen Genauigkeit bewertet werden, bleibt oft unbeachtet.

Denn wenn solche Beurteilungen von potenziellen oder aktuellen Partnern hoffnungslos falsch wären,

wäre ihr Nutzen den sie in der Entwicklung oder der Evolution von solchen Attributen gespielt hätten,

schwer nachvollziehbar. Daher würde eine extreme Fassung der „love-is-blind“- These eine

Grundannahme der Evolutionspsychologie untergraben (Fletcher & Kerr, 2010).

Darüber hinaus legt eine Anzahl an empirischen Belegen nahe, dass Laienurteile den Partner und die

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 Beziehung betreffend, realitätsgebunden sind. So werden zum Beispiel das Interaktionsverhalten

(Fletcher & Thomas, 2000) und die Auflösung der Beziehung (Karney & Bradbury, 1995) durch

Beziehungsevaluationen stark vorhergesagt und diese werden dem Partner mitgeteilt (Campbell,

Simpson, Kashy, & Flethcer, 2001). Desweiteren werden genaue Bewertungen von der Beziehung und

dem Partner von Studien, die eine Reihe von externen Kriterien oder Richtwerten verwenden, offen

gelegt (Fletcher & Boyes, 2008).

Somit steht man vor einem scheinbaren Paradoxon. Nämlich dass Liebe beides sei, blind und doch fest in

der Realität verwurzelt. Ein paar Lösungen für dieses Rätsel bieten Fletcher und Kerr.

Fletcher und Kerr setzten sich in Ihrem Artikel mit den Forschungsergebnissen und Theorien betreffend

der Genauigkeit von Bewertungen in romantischen Beziehungen auseinander. Sie unterscheiden in ihrem

Modell (Abbildung 1) zwei Arten von Genauigkeit, nämlich, mean-level bias und tracking accuracy,

worauf nun näher eingegangen wird.

2. Mean-Level Bias und Tracking Accuracy

Was ist grundsätzlich unter der Genauigkeit von Bewertungen zu verstehen? Ganz einfach ist darunter

das Maß der Übereinstimmung mit der Realität gemeint. Doch so eine scheinbar einfache Definition führt

zu mehreren Schwierigkeiten bei empirischen Untersuchungen. Daher unterscheidet man grundlegend

zwischen zwei Arten der Genauigkeit: dem mean-level bias und der tracking accuracy.

Fletcher und Kerr (2010) definieren den mean-level bias als Differenz in den Mittelwerten einer

Stichprobe bezüglich einer spezifischen Bewertung verglichen mit einem Richtwert. Und tracking

accuracy ist definiert als „die Beziehung (typischerweise eine Korrelation) zwischen einer Bewertung

oder einem Set von Bewertungen und einem relevanten Richtwert oder einem Set von Richtwerten.“

(Fletcher & Kerr, 2010, S. 629)

Folgende Tabelle soll als Beispiel das Verständnis von mean-level bias und tracking accuracy

erleichtern.

Tabelle 1 (nach Fletcher & Kerr, 2010, S. 630)

An Example Illustrating the Potential Independence of Mean-Level Bias and Tracking Accuracy of Partner Judgments Across One Trait in a

Sample of Four Couples

Benchmark rating (a) High accuracy, no bias (b) High accuracy, high bias (c) Low accuracy, high bias (d) Low accuracy, no bias

Female targets

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 Mary (5) 5 7 6 2

Joanne (4) 4 6 7 2

Iris (4) 4 6 5 6

Anna (3) 3 5 6 6

Mean-level biasa 4 6 6 4

Tracking accuracyb 1.0 1.0 .00 -.71

Note. Benchmark ratings are shown in parentheses after each name. The above example assumes a scale of 1 to 7, where 7 = warm and 1 = cold.

a Mean rating across group. b Correlations between perceptions and benchmarks across group.

Man soll sich eine Gruppe von vier Paaren (Tabelle 1) vorstellen. Wobei jeder Mann seine Partnerin

bezüglich der Eigenschaft „Wärme“ beurteilt. Mary weist in Wirklichkeit einen Wert von 5, Joanne von

4, Iris von 4 und Anna einen Wert von 3 auf einer 7-Punkte Skala auf. Betrachtet man die erste Spalte,

beurteilen die Männer ihre Frauen exakt genau und weißen daher keinen mean-level bias und eine hohe

tracking accuracy auf. Die nächste Spalte weißt ein erhöhtes Bild an mean-level bias auf. Da aber alle

Männer ihre Partnerinnen um 2 Punkte überschätzen, zeigen sie eine hohe tracking accuracy. Dieser

Logik folgend, ist in der Spalte c ein niedriger Wert in tracking accuracy und ein hoher mean-level bias

zu finden, und in der Spalte d kein mean-level bias sowie eine niedrige tracking accuracy.

Generell gibt es 2 Methoden um tracking accuracy zu bestimmen. Im oberen Beispiel wurde es in der

Stichprobe anhand einer Eigenschaft („Wärme“) berechnet. Eine weitere Methode ist es, die within-

couple Korrelationen in die Berechnung mit einzubeziehen. Diese Methode benötigt mehr als eine

Eigenschaft. Mit dieser Methode ist der absolute tracking accuracy Wert des Samples, der Mittelwert der

within-couple Korrelationen. Jedoch ungeachtet der Methode die man verwendet, ergeben solche

Korrelationsmethoden einen Index der relativen Genauigkeit, der die mean-level Differenzen nicht

berücksichtigt. Dies ist am oben erwähnten Beispiel ersichtlich. Spalte a und b weißen jeweils eine hohe

tracking accuracy auf, wobei die Männer in Spalte b systematisch falsche Bewertungen abgeben

(Fletcher & Kerr, 2010).

Im Sinne einer Evaluation der allumfassenden Genauigkeit von Bewertungen, sollten mean-level bias

und tracking accuracy als Komponenten eines absoluten Levels von Genauigkeit angesehen werden. Die

absolute maximale Genauigkeit ist in Tabelle 1 in der Bedingung ohne Bias und high accuracy gegeben.

Die restlichen drei Bedingungen demonstrieren verschiedene Grade an Ungenauigkeit. Jedoch ist man

der Annahme, dass mean-level bias und tracking accuracy unabhängig voneinander sind. Und um dies

auch empirisch zu bestätigen, untersuchten Fletcher und Kerr dies in ihrer Meta-Analyse.

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3. Kognitionsmodell in intimen Beziehungen

Figure 1.

General model of relationship cognition showing links between mean-level bias and tracking accuracy of specific

judgments with relationship goals, genalr and local realtinship theories, and moderators (solid lines represent causal

links, and dotted lines indicate qualities of specific judgments).

(Abbildung 1 nach Fletcher & Kerr, 2010, S. 629)

Das der Meta-Analyse zu Grunde liegende Modell (Abbildung 1) ist als ein allgemeines (Bezugs)System

anzusehen, um zukünftige Untersuchungen vorzuschlagen, Fragen zu generieren und lösen und um

vorrangige Forschungsergebnisse zu integrieren und erklären. Das Modell selbst an sich generiert keine

spezifischen Vorhersagen. Doch gemeinsam mit spezifischen Theorien ist es in der Lage Vorhersagen,

zum Teil auch neue, zu treffen.

Für die Beziehungswahrnehmung treffen auch die klassischen Ziele der Sozialen Wahrnehmung zu –

Erklärung, Evaluation, Vorhersage, Regulation. Zusätzlich ist das Ziel „Zufriedenheit“ einzigartig für

intime Beziehungen. Außerdem sind diese Ziele von Affekten durchdrungen und stehen miteinander oft

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 in Beziehung.

Diese Ziele motivieren die Bildung von Laientheorien, die Beziehungen betreffen. Man unterscheidet

allgemeine Beziehungstheorien und lokale Beziehungstheorien. Mit allgemeinen Beziehungstheorien ist

ein Sammelbegriff gemeint, der Dispositionen wie Arbeitsmodelle der Bindung, Erwartungen,

Vorstellungen von Gründen die eine erfolgreiche Beziehung ausmachen und Standardwerte eines

Partners, umfasst. Diese unterscheiden sich von individuellen Differenzen die nicht direkt mit intimen

Beziehungen in Verbindung stehen, sondern als Moderatoren (siehe Abbildung 1) fungieren. Ein Beispiel

dafür wäre das Selbstwertgefühl.

Allgemeine Beziehungstheorien gehen den lokalen voraus, die entstehen, sobald sich 2 Personen zum

ersten Mal treffen. Lokale Beziehungstheorien meinen das Wissen um einen bestimmten Partner und die

damit verbundene Beziehung und beinhalten Wissen, Überzeugungen, Evaluationen usw.

Schlüsselelemente dieser Kategorie schließen die Evaluation der Beziehung sowie die Beurteilung, wie

der Partner über sich selbst und die Beziehung denkt, mit ein.

Die Laientheorien sowie die spezifischen Bewertungen werden von den Zielen beeinflusst und

umgekehrt. Mean-level bias und tracking accuracy sind Elemente der spezifischen Bewertung (siehe

Abbildung 1). Die Unterscheidungen zwischen den allgemeinen Beziehungstheorien, den lokalen

Beziehungstheorien und den spezifischen Bewertungen sind verschwommen, was Überlappung dieser

drei Kategorien zulässt. Die spezifischen Bewertungen beziehen sich auf Bewertungen die permanent

passieren und episodisch auftreten, wohingegen die Laientheorien gespeicherte Wissensstrukturen

repräsentieren. Zudem werden spezifische Bewertungen über den Partner und die Beziehung bewusst und

zugänglich gemacht, z.B. durch die Frage, „Wie sehr liebt Sie ihr Partner?“.

Der Laie ist um eine Übereinstimmung dieser drei Komponenten – lokale Beziehungstheorie, allgemeine

Beziehungstheorie und spezifische Bewertung - bemüht. Daher sollte Diskrepanz zu einer Veränderung

im System führen. Die Art der Übereinstimmung in diesem Modell meint eine ganz allgemeine, welche

von simpler affektiver Übereinstimmung zu Schlussfolgern, zu komplexen kognitiven Modellen, in

denen assoziative Netzwerke oder mentale Modelle spezifische Urteile bilden, reicht. Dieses Streben

nach Übereinstimmung beeinflusst die Grade an mean-level bias und tracking accuracy. Darüber hinaus

primen Moderatoren unterschiedliche Ziele und verändern somit den Grad an mean-level bias und

tracking accuracy (Fletcher & Kerr, 2010).

Desweiteren können Veränderungen in den spezifischen Bewertungen (mean-level bias und tracking

accuracy) in der Lage sein, gespeicherte Beziehungstheorien zu beeinflussen, die im Gegenzug die

Zugänglichkeit von Zielen ändert. Somit würde ein erhöhter Grad an mean-level bias sowie tracking

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 accuracy, bezogen auf wichtige Eigenschaften des Partners, Personen dazu führen, sich ihrem Partner

näher zu fühlen und positiver gegenüber ihrer Beziehung gestimmt zu sein. Eine Studie (Lackenbauer et

al., (in press)), die darüber berichtet, wird anschließend in einem späteren Abschnitt näher beschrieben.

Allgemein geht man davon aus, dass eine höhere tracking accuracy erreicht wird, wenn die gespeicherten

Theorien gründlicher und fundierter sind. Höhere Grade an mean-level bias sollten erlangt werden, wenn

die Theorien mit mehr positiven Affekten versehen sind (Fletcher & Kerr, 2010).

Somit sind die unterschiedlichen Grade an mean-level bias und tracking accuracy ein Schlüsselelement

in der Aufrechterhaltung der Übereinstimmung und ein Resultat der Bemühungen, Übereinstimmung

zwischen den drei Komponenten zu erlangen. Je nach Moderatoren und Zielen ändern sich mean-level

bias und tracking accuracy oder auch nicht. Ändern sie sich nicht, müssen sich lokale

Beziehungstheorien ändern, um Übereinstimmung im System zu gewähren. Ein Beispiel hierzu wäre die

Studie von Murray und Holmes (1993), in der Personen eine momentane Unstimmigkeit zwischen lokaler

und allgemeiner Beziehungstheorie veranlasste, detaillierte Bestandteile ihrer lokalen Beziehungstheorie

oder die lokale Beziehungstheorie zu ändern. Die Personen beschönigten die Unstimmigkeit oder

verbanden die Differenzen, hoben andere Aspekte ihrer Beziehung hervor oder interpretierten diese neu,

um ihre frisch geprägten Zweifel zu beheben.

4. Erklärungen für mean-level bias

Es gibt Studien die einen insgesamt positiven mean-level bias berichten (z.B. Boyes & Fletcher, 2007),

aber auch solche, die einen negativen feststellen konnten. So zum Beispiel empfanden Personen ihren

Partner als weniger verzeihend gegenüber bestimmten Übertretungen, als dieser dies berichtete (Friesen

et al., 2005).

Die error mangagement theory von Haselton und Buss (2000) gibt eine Erklärung dahingehend, dass

man bestrebt ist, das vorrangige Ziel eine zufriedene, erfolgreiche Beziehung zu führen beizubehalten. Je

nach Art der Bewertung, zieht ein vorrangig positiver Bias gegenüber einem negativen Bias

unterschiedliche Kosten nach sich. So scheint ein negativer Bias plausibel, wenn es um die Bewertung

eines Interaktionsmerkmals geht, das sich auf die Beziehung zwischen dem Selbst und dem Partner

bezieht, z. B. Liebe oder Bereitschaft zum Verzeihen. Denn wenn jemand die Liebe, das Vertrauen oder

die Bereitschaft zum Verzeihen seines Partners überschätzt, kann dies zu Nachlässigkeit und geringerer

Anstrengung eine sichere Beziehung zu bilden, führen. Im Gegensatz dazu scheint es weniger Nachteile

zu geben, wenn man seinen Partner attraktiver, freundlicher und ambitionierter schätzt, als er dies in

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 Wirklichkeit ist, sprich einen positiven Bias aufweist.

Diese Erklärung zeigt die Wichtigkeit des Ziels, die Zufriedenheit in der Beziehung beizubehalten (siehe

Figur 1) und in dem Sinne das Verhalten des Partners sowie das eigene zu regulieren. Sie weist auch

darauf hin, dass Unterschiede im mean-level bias von der Art der Bewertung abhängig sind (Fletcher &

Kerr, 2010).

5. Erklärungen für tracking accuracy

Eine mögliche Funktion von tracking accuracy in romantischen Beziehungen ist es, die Kosten beim

Tragen einer „rosaroten Brille“ zu minimieren. Und die Schwächen und Stärken einer Person zu

erkennen und somit dessen ganze Persönlichkeit. Eine weitere Rolle von tracking accuracy besteht darin,

dass romantische Beziehungen das Wissen und die Motivation die Einstellungen, den Glauben und

Eigenschaften des Partners zu verstehen, verlangen.

Es gibt bereits auch Beweise für die zuvor angenommene Vorhersage, nämlich dass eine erhöhte tracking

accuracy mit gründlicheren, fundierten gespeicherten Beziehungstheorien einhergeht. So zum Beispiel

neigt tracking accuracy dazu, bei mehr Informationen und längerer Bekanntschaft zu steigen (Letzring,

Wells & Funder, 2006), und ist in verheirateten Paaren und Dating Samples im Vergleich zu Freunden

und Fremden höher (Beer & Watson, 2008; Funder & Colvin, 1988; Watson, Hubbard, & Wiese, 2000).

6. Zufriedenheit mit der Beziehung und Moderatorvariablen  

Im folgenden Abschnitt wird zunächst der mean-level bias und anschließend die tracking accuracy im

Hinblick auf die Zufriedenheit mit der Beziehung näher beleuchtet. Zudem werden Moderatorvariablen

näher beleuchtet.

 

6.1. Zufriedenheit mit der Beziehung und Moderatorvariablen beim mean-level bias  

Es wird erwartet, dass die Werte des mean-level bias bei Beziehungen mit leidenschaftlicher Liebe,

welche mehr am Anfang von Beziehung zu finden ist, höher sind als bei länger andauernden.

Außerdem zeigten Studien, dass Frauen eher zu einem positiven mean-level bias neigen als Männer. Dies

gilt vor allem am Anfang von normalen Beziehungen. Gagné und Lydon (2003) postulieren, dass dies

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 daran liegt, dass Frauen eher bzw. früher auf die Erhaltung der Beziehung abzielen als Männer. Männer

sehen zwanglose Liebschaften als weniger ernst an und zielen erst später als Frauen auf die

Aufrechterhaltung der Beziehung ab. Sie brauchen ein höheres Maß an Liebe, um zum positiven mean-

level bias zu neigen.

 

6.2. Zufriedenheit mit der Beziehung und Moderatorvariablen bei tracking accuracy  

Es wird ebenfalls davon ausgegangen, dass tracking accuracy mit der Länge der Beziehung steigt.

Am Anfang einer Beziehung geht es eher um die Aufrechterhaltung dieser, während es mit der Zeit zu

partnerschaftlicher Liebe kommt, die nicht mehr so leidenschaftlich ist, wie in anfänglichen

Beziehungsstadien. Es wird angenommen, dass in dieser Phase der Informationsaustausch und das

Verstehen des Partners ansteigen. Somit sollte die tracking accuracy mit der Dauer der Beziehung

steigen.

7. Methode

Zur Meta-Analyse wurde eine große Anzahl verschiedener Studien, die zwischen 1998 und 2008

publiziert wurden, herangezogen. Die verwendeten Studien umfassten sehr weite Themengebiete und

wurden somit in vielen unterschiedlichen Journalen veröffentlicht.

Die Artikel wurden in den Datenbanken Web of Science und PsycINFO mithilfe von 2 Keyword-Listen,

die aus 9 bzw. 13 Schlüsselwörtern wie beispielsweise similarity, illusions und marriage bestanden,

gesucht. Aufgrund der hohen Anzahl von Artikeln wurden die Journale auf solche, die sich mit

Psychologie, Sozialwissenschaften und Journalen, die sich mit Beziehungen beschäftigen, beschränkt.

Des Weiteren wurden nur Artikel berücksichtigt, die peer-reviewed und tatsächlich publiziert wurden.

Weitere Auswahlkriterien waren das Alter der Testpersonen, die Art der Beziehungen und, dass die

gegebenen Vergleichswerte extern, d.h. nicht von den Testpersonen selbst gegeben, waren. Somit sollten

alle Testpersonen der herangezogenen Studien über 18 Jahre alt sein und sich in sowohl hetero- als auch

homosexuellen Beziehungen befinden. Platonische Beziehungen wurden bei der Meta-Analyse nicht

berücksichtigt.

Insgesamt wurden 98 Studien, die sich mit der tracking accuracy und 48 Studien, die sich mit dem mean-

level bias auseinandersetzten, verwendet. 38 dieser Artikel befassten sich sowohl mit tracking accuracy

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 als auch mit dem mean-level bias. Außerdem gab es 14 Artikel, die Informationen zur Verbindung

zwischen dem mean-level bias und der Zufriedenheit in einer Beziehung enthielten und 27 weitere, die

zur Verbindung zwischen tracking accuracy und Beziehungszufriedenheit verwendbar waren.

Die Informationen, die von jedem verwendeten Artikel verwendet wurden umfassten 12 Kategorien: (a)

den Namen der Autoren, (b) das Datum, an dem der Artikel publiziert wurde, (c) das Entstehungsland,

(d) die Anzahl der Testpersonen, (e) der Beziehungsstatus der Versuchspersonen, (f) ob Paare oder

Individuen getestet wurden, (g) das Geschlecht, (h) die Dauer der Beziehung, (i) woher die Testpersonen

herangezogen wurden (beispielsweise Studenten oder Patienten), (j) die Art des gemessenen Konstrukts,

(k) die Bewertungskategorien und (l) ob sich der Artikel mit der tracking accuracy, dem mean-level bias

oder beiden beschäftigt und ob Informationen zur Verbindung dieser beiden mit der Qualität der

Beziehung vorhanden waren.

Artikel, die sich mit homosexuellen Paaren bzw. Individuen beschäftigen wären zwar für die Meta-

Analyse zugelassen, jedoch beschäftigten sich alle gefundenen Artikel mit Menschen in heterosexuellen

Beziehungen.

Beim Coding ergaben sich einige Schwierigkeiten. So waren die Testpersonen vieler Stichproben gemixt,

d.h. entweder verheiratet, oder zusammenlebend oder in einer Beziehung. Es wurde sich darauf geeinigt,

dass Studien in denen die Mehrheit von Testpersonen verheiratet und zusammen lebend waren, als Studie

die sich mit verheirateten Pärchen befasst angesehen wurde. Befand sich die Mehrheit der Teilnehmer in

einer unverheirateten Beziehung bzw. lebten die Partner räumlich getrennt voneinander, wurde die Studie

als eine solche, die sich mit Paaren, die nicht verheiratet sind, befasst, gekennzeichnet.

Eine weitere Schwierigkeit stellte das Erfassen der Beziehungslänge dar, da verheiratete Paare zumeist

die Dauer der Ehe angeben, ohne die voreheliche Beziehungsdauer zu berücksichtigen. Aus diesem

Grund wurden zu der Dauer der Ehe 2.5 Jahre addiert. Diese Schätzung ergibt sich aus verschiedenen

anderen Studien, die herausfanden, dass Paare durchschnittlich nach 2.5 Jahren Beziehung heiraten.

Es gab insgesamt 6 Bewertungskriterien: (1) Bewertungen von Charaktereigenschaften des Partners (2/3)

Bewertungen negativer/positiver Einstellungen und Verhaltensweisen, die sich direkt auf den Partner

bzw. die Beziehung beziehen, (4) „Gedanken-Lesen“ beim Partner während einer Interaktion (5)

Erinnerungen an vergangene Ereignisse, die die Beziehung betreffen und (6) Vorhersagen über noch

kommende Ereignisse in der Zukunft der Beziehung.

7.1. Effektgrößen und statistische Analyse

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Zum Analysieren der Daten wurde das Computer-Programm CMA benutzt. Die Effektstärken wurden

nach Hedge’s g berechnet.

Die Effektgrößen der unterschiedlichen mean-level bias- Werte wurden in CMA aus den zwei

Durchschnittswerten (1) den Bewertungen und (2) den Vergleichswerten unter Berücksichtigung von

anderen Informationen wie z.B. Anzahl der Testpersonen, Standardabweichungen usw. berechnet.

Der positive mean-level bias wurde aus Sicht der Bewertenden codiert. D.h. wenn Partner z.B. als

attraktiver bewertet wurden, als sie sich selbst bewerteten, war dies ein positiver Bias. Gaben sie an, dass

der Partner sie weniger liebt, als der Partner dies angab, sprach man von einer negativen Effektgröße.

8. Ergebnisse  

Der Hypothese entsprechend waren die Effektgrößen der 98 Studien, die sich mit tracking accuracy

befassten, signifikant (r= .47, z=23.85, p < 0.01, 95% CI [.44, .50]).

Wie erwartet gab es für den positiven mean-level bias eine signifikante und positive Effektgröße (r= .09,

z=3.51, p < .001, 95% CI [.04, .13]). Für den absoluten mean-level bias war die Effektgröße ebenfalls

signifikant (r = .18, z = 9.54, p = .001, 95% CI [.14, .21]).

Tabelle 2 (nach Fletcher & Kerr, 2010)

Effektgrößen und Ergebnisse der Meta-Analyse bezüglich Tracking Accuracy und (Absolutem und Positivem) Mean-Level Bias

zwischen sechs Bewertungskategorien

Accuracy and Bias Anzahl der

Studien

Effektgrößen Konfidenzintervall

(95%)

z p

Tracking accuracy

Charaktereigenschaften 28 .43 [.38, .48] 14.35 <.001

Negative Interaktionen Eigenschaften 20 .51 [.46, .57] 15.33 <.001

Positive Interaktionen Eigenschaften 16 .40 [.33, .47] 10.01 <.001

Gedankenlesen 14 .58 [.51, .64] 13.91 <.001

Erinnerungen 6 .62 [.52, .70] 9.77 <.001

Vorhersagen 14 .36 [.28, .44] 8.28 <.001

Mean-level bias

Persönlichkeitseigenschaften 16 .15 (.18) [.09, .22] ([12, .24]) 4.45 (5.70) <.001 (<.001)

Negative Interaktionen Eigenschaften 10 -.07 (.13) [-.15, .02] ([.05, .21]) 1.51 (3.19) .13, ns (<.002)

Positive Interaktionen Eigenschaften 7 -.11 (.15) [-.21, -.002] ([-05, .25]) 2.00 (2.91) <.05 (<.005)

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 Gedankenlesen 3 .09 (.12) [-.07, .25] ([-.03, .26]) 1.12 (1.61) .26, ns (.11, ns)

Erinnerungen 4 .26 (.27) [.12, .39] ([.13, .39]) 3.57 (3.83) <.001 (<.001)

Vorhersagen 8 .23 (.25) [.13, .33] (.15, .35]) 4.26 (4.92) <.001 (<.001)

Die Ergebnisse entsprechen der error management theory (Haselton & Buss, 2000).

8.1. Publication bias  

Der publication bias besagt, dass es zu einer statistisch verzerrten Datenlage kommen kann, da Studien

eher veröffentlicht werden, wenn sie signifikante Werte nachweisen können. Somit würden Studien die

nicht signifikante Werte herausarbeiten oft nicht veröffentlicht, sodass es zu einer allgemeinen

Verzerrung führt, da diese dann in weiteren Studien nicht berücksichtigt werden können. Um diesen Bias

bei der Meta-Analyse zu berücksichtigen, wurden 3 statistische Verfahren angewandt: (1) Funnel plot

graphs, (2) Duval & Tweedie’s (2000) trim and fill analysis und (3) der klassische fail-safe test.

Abbildung 2

Funnel plots of precision für (1) tracking accuracy und (2) positiven mean-level Bias.

Std Err = Standard Error.

Den Tests nach müsste es 1449 nicht veröffentliche Studien geben, die nicht signifikante Ergebnisse

vorweisen müssten, um die Ergebnisse bezüglich des mean-level bias so zu verändern, dass sie nicht

signifikant würden und 2631 nicht veröffentlichte und nicht signifikante Studien zum Thema tracking

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14  

 accuracy, um auch diesen ermittelten Wert so zu beeinflussen, dass er nicht signifikant wird. Somit ist

der publication bias mit hoher Sicherheit auszuschließen.

8.2. Die Unabhängigkeit zwischen mean-level bias und der tracking accuracy  

Es gab 38 Studien, welche sich sowohl mit dem mean-level bias als auch der tracking accuracy

befassten. Beide Effektgrößen wurden analysiert und waren sehr ähnlich zu den Effektgrößen auf alle

Studien bezogen (r = .07 für den positiven mean-level bias und r =.48 für tracking accuracy). Die

Korrelationen zwischen beiden Daten-Sets waren nicht signifikant, sodass, wie erwartet, davon

ausgegangen wird, dass der mean-level bias und die tracking accuracy nicht voneinander abhängig sind.

8.3. Der Zusammenhang zwischen positivem mean-level bias/tracking accuracy und der Qualität der Beziehung  

Die Ergebnisse der Meta-Analyse zeigten, dass der mean-level bias mit höherer Qualität der Beziehung

positiv und signifikant mit höheren Werten des mean-level bias korrelieren (r = .36, p < .001). Für die

Analyse wurden 14 Studien einbezogen.

Im Gegensatz dazu zeigte die Analyse der 27 Studien, die sich mit dem Zusammenhang zwischen

tracking accuracy und der Qualität der Beziehung befassen, eine sehr kleine und nicht signifikante

Korrelation (r = .03, p = .42).

8.4. Geschlecht und Länge der Beziehung als Moderatorvariablen  

Es wurden 34 Studien bezüglich des mean-level bias und 70 Studien bezüglich tracking accuracy

untersucht und es ergab keinen signifikanten moderierenden Einfluss des Geschlechts auf tracking

accuracy (rs = .47) oder auf den positiven mean-level bias (Frauen: r = .08, Männer r = .07). Dafür

erreichten Frauen höhere Werte beim absoluten mean-level bias (Frauen r = .20, Männer = .12; p <.05)

Zum Zusammenhang zwischen positivem mean-level bias und der Länge der Beziehung wurden 13

Studien ausgewertet. Die durchschnittliche Länge der Beziehungen in diesen Studien variierte von 1.17

Jahren bis zu 43.88 Jahren (SD = 12.32). Wie erwartet zeigte sich die Korrelation signifikant negativ (b =

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15  

 -0.29, p< .02, R² = .23). Dies besagt, dass der positive mean-level bias, wie angenommen, eher bei

leidenschaftlicher Liebe auftritt, welche mit der Dauer einer Beziehung abnimmt.

Die Annahme, dass tracking accuracy mit der Einschätzung der Qualität einer Beziehung mit der Dauer

einer Beziehung ansteigt, konnte nicht nachgewiesen werden (b = -.006, p =.42). Zu dieser Analyse

wurden 27 Studien herangezogen, in denen die Dauer der Beziehung von einem Jahr bis hin zu 43.88

Jahren reichte (SD = 8.74).

8.5. Zusammenhang zwischen den Moderatorvariablen und der Zufriedenheit mit einer Beziehung  

Nach der Analyse von 22 Studien zeigte sich keine signifikante Korrelation zwischen Geschlecht und die

Qualität der Beziehung (p = .41).

Ebenso gab es nur eine kleine, aber nicht signifikante Korrelation zwischen der Dauer einer Beziehung

und der Bewertung ihrer Qualität (r = .-19, p =.29).

9. Diskussion

In der Diskussion werden zunächst die Ergebnisse zusammengefasst. Anschließend wird die Rolle der

Moderatoren näher beleuchtet. Anhand bereits bestehender Forschungsresultate wird im Anschluss näher

darauf eingegangen, was Leute von intimen Beziehungen wissen und was sie sich in eben solchen

wünschen im Hinblick auf mean-level bias und tracking accuracy. Am Ende erfolgt ein kurzes Fazit.

9.1. Ergebnisse

Die Resultate zeigen, dass über 98 Studien und 27.064 Individuen die Ergebnisse bzgl. tracking accuracy

reliabel waren (r = .47). Das Ausmaß des positiven mean-level bias war niedriger, jedoch ebenfalls

reliabel über 48 Studien und 9393 Individuen (r = .09). Die gefundenen Effekte variierten signifikant

über die verschiedenen Beurteilungskategorien. Betreffend der tracking accuracy, umfassen die höchsten

Effekte die Kategorie, die Erinnerungen an vergangene Ereignisse in der Beziehung oder die Zustände

der Beziehung beeinhaltet (r = .62). Die niedrigsten Effekte umfassen die Vorhersage von zukünftigen

Beziehungsereignissen oder Zuständen der Beziehung (r = .36). Trotz allem waren die Ausprägungen der

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 tracking accuracy, wie erwartet, robust und signifikant für alle Beurteilungskategorien. Bezüglich des

mean-level bias wurden moderate Ausprägungen von einem positiven Bias für

Persönlichkeitseigenschaften, Erinnerungen und Vorhersagen gefunden. Dies bedeutet, dass die Leute

ihre Partner beispielsweise als attraktiver einschätzen, als diese sich selbst einschätzen würden, sie

Erinnerungen an vergangene Ereignisse in der Beziehung positiv verzerrt wahrnehmen und auch die

Vorhersagen über die Beziehung in der Zukunft positiv verzerrt zu sein scheinen. Ein negativer Bias

zeigte sich für Beurteilungen dessen, was der Partner denkt, die Einstellungen des Partners, Verhalten

gegenüber dem Partner oder generelles Verhalten in der Beziehung. Die Funde für den mean-level bias

sind konsistent mit der Behauptung der error management theory, die zu Beginn dieser Arbeit bereits

näher beleuchtet wurde. Die Resultate der Meta-Analyse geben einen klaren Beweis dafür, dass mean-

level bias und tracking accuracy empirisch unabhängig sind. Desweiteren wurde ein positiver mean-level

bias bei den Beurteilungen in Beziehungen signifikant mit einer positiven Wahrnehmung der

Beziehungsqualität assoziiert (r = .36). Hier fand sich jedoch kein Zusammenhang zwischen dem

Ausmaß an tracking accuracy und der Wahrnehmung der Beziehungsqualität. Das Geschlecht scheint

einen positiven mean-level bias, nicht jedoch die tracking accuracy zu moderieren. Außerdem verringert

sich die lineare Verbindung zwischen positivem mean-level bias und der Wahrnehmung der

Beziehungsqualität signifikant mit ansteigender Länge der Beziehung. Andere Resultate fanden sich

bezüglich der tracking accuracy. Hier fanden sich keine signifikanten Ergebnisse bzgl. des Ausmaßes an

tracking accuracy, der Wahrnehmung der Beziehungsqualität und der Länge der Beziehung.

9.2. Rolle der Moderatoren

Im Folgenden soll nun näher auf die Moderatoren des mean-level bias und der tracking accuracy in

romantischen Beziehungen eingegangen werden. Als Moderatoren diskutiert werden das Stadium der

Beziehung, das Geschlecht, die Relevanz der Beurteilungen für romantische Beziehungen, sowie

individuelle Unterschiede und der soziale Kontext.

Hinsichtlich des Beziehungsstadiums ließ sich folgendes Ergebnis verzeichnen: Der Zusammenhang

zwischen positivem mean-level bias und der Zufriedenheit mit der Beziehung fällt markant ab, je höher

die durchschnittliche Länge der Beziehung in den Studien war. Die Interpretation der Autoren bezieht

sich auf den Wechsel von einer romantischen Liebe zu Beginn hin zu einer kameradschaftlichen Liebe,

die erstere im Laufe der Zeit ersetzt. Demzufolge sinkt dann die Motivation, aus der heraus ein positiver

mean-level bias produziert wird. Im Gegensatz zu dem oben beschriebenen Resultat für einen positiven

mean-level bias, ändert sich der Zusammenhang zwischen tracking accuracy und der Zufriedenheit mit

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 der Beziehung nicht in Abhängigkeit von der Länge der Beziehung. Nichtsdestotrotz scheint es

wahrscheinlich, dass in einigen Stadien der Beziehung das Bedürfnis nach akkuraten Vorhersagen für die

Zukunft in den Vordergrund rückt. So geben Fletcher & Thomas (1996) an, dass realistische (minimal

positiver Bias) und akkurate (gute tracking accuracy) Vorhersagen, die die Beziehung betreffen dann

besonders salient sind, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden, wie die Entscheidung

zusammenzuziehen oder zu heiraten.

Wie bereits oben in der Zusammenfassung der Ergebnisse ersichtlich, scheint das Geschlecht den mean-

level bias, nicht aber die tracking accuracy zu moderieren. Demzufolge produzieren Frauen höhere Level

eines absoluten Bias als Männer. Außerdem zeigen sie mehr positiven mean-level bias als Männer, wenn

sie ihren Partner beispielsweise hinsichtlich deren Persönlichkeitseigenschaften beurteilen. Diese

Resultate sind konsistent mit der Vermutung, dass Frauen sich mehr damit befassen ihre Beziehung zu

reflektieren und verstärkt auf die Kosten und Nutzen der Beziehung achten. Auch das Ziel die

Zufriedenheit in der Beziehung aufrechtzuerhalten ist laut den Autoren eher den Frauen zugehörig. Wie

bereits mehrfach erwähnt, gab es keine signifikanten Ergebnisse, dass Frauen und Männer sich bzgl. der

tracking accuracy unterscheiden.

Als ein weiterer Moderator kann die Relevanz der Beurteilungen für die romantische Beziehung

aufgefasst werden. So ist der mean-level bias mehr positiv basiert und die tracking accuracy ist höher,

wenn Beurteilungen auf Dimensionen wie Wärme, Attraktivität und Status erfolgen. Im Gegensatz dazu

geht beides zurück bei Eigenschaften wie Extraversion und künstlerischen Fähigkeiten des Partners.

Nach den Autoren implizieren diese Ergebnisse, dass wenn die Relevanz der Beurteilungen für intime

Beziehungen hoch ist, mit den Beurteilungen des Partners eher Ziele wie die Aufrechterhaltung der

Zufriedenheit in der Beziehung verfolgt werden, was wiederum dazu führt, dass der Partner auch öfter in

dieser Dimension beurteilt wird.

Individuelle Unterschiede als Moderatoren beinhalten in diesem Kontext Dispositionen, die sich nicht

direkt auf sexuelle Beziehungen beziehen, wie Persönlichkeitsfaktoren und Selbstwertgefühl. Laut den

Autoren interagiert negatives Verhalten in der Beziehung mit dem Selbstwertgefühl und fördert die

Ablehnung der Person in der Beziehung, die das negative Verhalten zeigt. Dies wiederum lässt den

Partner negative lokale Beziehungstheorien produzieren, wodurch die Gedanken an die Person, die das

negative Verhalten zeigt dann ebenfalls negativ besetzt sein werden. Gemäß den Autoren kommt es in

dieser Situation dann verstärkt zu einem negativen mean-level bias.

Als letzter von den in der Studie diskutieren Moderatoren ist der soziale Kontext anzuführen. Hier

beziehen sich die Autoren besonders auf Stress im sozialen Kontext. So wird beschrieben, dass Stress

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 sowohl den mean-level bias als auch die tracking accuracy bzgl. der Beurteilungen in Beziehungen

beeinflusst. Laut den Autoren interagiert Stress mit internen Arbeitsmodellen, die zu einem Bedürfnis

nach Selbstschutz beitragen. Bei Individuen mit ängstlichen Arbeitsmodellen, bei denen folglich das

Bedürfnis nach Selbstschutz eine hohe Ausprägung aufweist führt dies zur Steigerung eines negativen

mean-level bias und des tracking accuracy Levels.

9.3. Was wissen und was wollen die Leute?

Im Folgenden soll nun an Hand von Forschungsergebnissen näher darauf eingegangen werden was

Menschen über mean-level bias und tracking accuracy wissen und was sie in Beziehungen wollen. De La

Ronde & Swann (1998) fanden heraus, dass Individuen in romantischen Beziehungen es bevorzugen,

wenn ihr Partner über sie in einer Art und Weise denkt, die konsistent mit ihrer Selbstwahrnehmung ist,

auch wenn die Gedanken negativ besetzt sind. Lackenbauer et al. (in press) testeten die Hypothese, dass

Personen Beurteilungen präferieren, die sowohl positiv verzerrt, als auch hohe Werte in tracking

accuracy aufweisen. Hierzu manipulierten sie die Sicht, die Partner in romantischen Beziehungen

voneinander haben in Abhängigkeit von zwei Dimensionen: hohes vs. niedriges Level von einem

positiven mean-level bias und hohe vs. niedrige tracking accuracy. Die Resultate zeigten, dass das

Maximum an Zufriedenheit erreicht wurde, wenn das Feedback des Partners positiv verzerrt und akkurat

war. Boyes & Fletcher (2007) fanden heraus, dass Männer und Frauen in romantischen Beziehungen

ziemlich genau das Ausmaß von einem positiven mean-level bias bzgl. der Beurteilung von Wärme,

Attraktivität und Status seitens ihres Partners abschätzen konnten. Dies zeigt, dass Menschen in intimen

Beziehungen zumindest Wissen über einen mean-level bias besitzen.

9.4. Fazit

Die Meta-Analyse zeigt, dass Menschen hinsichtlich der Beurteilungen ihres Partners und ihrer

Beziehung zu einer positiven Verzerrung neigen, aber auch einen gewissen Grad an Akkuratheit

aufweisen. Die gefundenen Resultate sind konsistent mit dem evolutionären Ansatz zu romantischen

Beziehungen, da sie die Existenz von Darwins Theorie der sexuellen Selektion beim Menschen

unterstützen. Dies ist damit zu erklären, dass Menschen hohe Level an tracking accuracy hinsichtlich

Eigenschaften erreichen, die zentral sind für die Partnerwahl. Verzerrungen in der Wahrnehmung einer

Beziehung sind adaptiv, da sie im Zusammenhang stehen mit den Kosten und Belohnungen, die eine

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 Beziehung zur Folge haben kann. Romantische Liebe ist dafür bestimmt, dass Männer und Frauen für

einen längeren Zeitraum sowohl in die Beziehung, als auch in Nachkommen investieren. Folglich ist der

optimistische Anteil (positive Verzerrung) den die Individuen in die Beurteilungen ihrer Beziehung legen

das Produkt einer sich bereits vor langer Zeit entwickelten Adaption. Sieht man den Partner und die

Beziehung als positiv an, so fällt es leicht sowohl in die Beziehung, als auch in Nachkommen zu

investieren.

Die Resultate unterstützen außerdem einen sozialpsychologischen Ansatz, nachdem Laien danach streben

ein Gleichgewicht zwischen ihren Theorien über die Beziehung und ihren Beurteilungen herzustellen und

nachdem Affekt, Verhalten und Kognition voneinander unabhängig sind.

Abschließend ist zu sagen, dass in intimen Beziehungen Realität und Illusion Hand in Hand gehen, das

Verhalten in einer partnerschaftlichen Beziehung eine lange evolutionäre Geschichte und tiefgreifende

Konsequenzen für die Personen hat, die sich in der romantischen Beziehung befinden.

10. Aktuelle Studien

Im folgenden Abschnitt werden drei zum Hauptartikel passende Studien vorgestellt.

10.1. Studie 1: The unique and combined benefits of accuracy and positve bias in relationships  

Der nächste Abschnitt befasst sich mit der oben genannte Studie von Lackenbauer, Campbell, Rubin,

Fletcher und Troister (2010).

Einleitung

Eine Anzahl an Studien befasste sich mit den Präferenzen entweder für positiv verzerrtes Feedback oder

akkurates Feedback vom Partner. Die Studie von Lackenbauer et al. untersuchte daher die unabhängigen

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 und gemeinsamen Effekte von Feedbacks des Partners, welches jeweils in tracking accuraccy und mean-

level bias variierte. Danach gaben die Teilnehmer an, wie intim und positiv sie sich in ihrer Beziehung

fühlten.

Das erste Hypothesenpaar diente der Replikation vorheriger Untersuchungen und der Bestätigung, dass

die Manipulation der Feedbacks die beabsichtigten Effekte vorweist. Nämlich, dass Personen sich von

ihrem Partner mehr verstanden fühlten, wenn sie ein Feedback erhielten, welches hohes tracking

accuracy aufwies (Hypothese 1). Und, dass Personen größeres Vertrauen im Bestehen ihrer Beziehung

hatten, wenn sie ein positiv biased Feedback erhielten (Hypothese 2).

Das zweite Set an Hypothesen befasste sich mit den Effekten der manipulierten Wahrnehmung der

Teilnehmer, betreffend ihre allgemeine Beziehungsqualität. Aus Vorergebnissen erwartete man sich, dass

Personen nach Erhalt eines akkuraten Feedbacks verglichen mit einem inakkuraten, die Beziehung als

positiver empfanden (Hypothese 3). Dasselbe erwartete man sich für ein positiv biased Feedback

verglichen mit einem Feedback, das keinen Bias aufwies (Hypothese 4). Desweiteren ging man davon

aus, dass beide Arten von Feedback – high mean- level bias und high tracking accuracy – dasselbe

Ausmaß auf die positive Wahrnehmung der Beziehung hatten (Hypothese 5). Zu allerletzt erwartete man

sich einen additiven Effekt von Feedbacks, die high tracking accuracy und positiv mean-level bias

aufwiesen. Und demnach sollten Personen, die ein solches Feedback erhielten, am positivsten reagieren

(Hypothese 6).

Methode

Teilnehmer

Es nahmen insgesamt 55 heterosexuell Paare (M Alter = 21.5, SD = 3.19) von einer Universität in

Ontario, Kanada, an der Studie teil. Alle Paare waren seit mindestens 4 Monaten in ihrer Beziehung (M

Länge der Beziehung = 22.15 Monate, SD = 16.57). Die Paare wurden zufällig einer der vier

Feedbackbedingungen – no bias/low accuracy, no bias/high accuracy, positive bias/low accuracy,

positive bias/high accuracy – zugeteilt.

Vorgehensweise

Die Partner mussten zuerst in getrennten Räumen demographische Daten angeben sowie eine Serie von

Fragebögen beantworten, die ihre Evaluation bezüglich ihrer Selbst, des Partner und der Beziehung

maßen. Danach wurde den Teilnehmern auf dem PC für 3 Minuten ein Vergleich ihrer

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 Selbstwahrnehmung, betreffend 10 Eigenschaften die vorhin aufgelistet waren, und der Bewertung ihrer

Partner bezüglich dieser 10 Eigenschaften präsentiert. Die Bewertungen des Partners entsprachen jedoch

nicht den tatsächlichen Bewertungen, sondern wurden vom Versuchsleiter je nach Versuchsbedingung in

der sich der Teilnehmer befand, manipuliert und erstellt. Anschließend, nachdem die Teilnehmer das

angebliche Feedback des Partners erhielten, beantworteten die Personen Fragebögen mit entsprechend

abhängigen Messungen, Manipulation Check und bohrenden Fragen (Lackenbauer et al., 2010).

Material – manipulierte Feedbacks

Das Kriterium um einen hohen beziehungsweise niedrigen Wert von mean-level bias oder tracking

accuracy zu kreieren, bestand darin, die Wahrnehmung von bias und accuracy ausreichend zu

manipulieren. So erhielten Teilnehmer in der low-accuracy Bedingung ein Feedback, das zu r = .50 oder

weniger mit dem Selbstrating korrelierte (im Durchschnitt r = .37), und in der high-accuracy Bedingung

ein Feedback das eine Korrelation von r = .80 bis r = .95 mit dem Selbstwert aufwies (im Durchschnitt r

= .90). In der low-positive-bias Bedingung erhielten Personen ein Feedback, welches eine absolute

Mittelwertdifferenz zwischen 0.00 und 0.65 Punkten (durchschnittliche Differenz = 0.08) mit dem

Selbstrating hatte. Personen in der high-positive-bias Bedingung erhielten ein Feedback mit einer

absoluten Mittelwertdifferenz zwischen 1.25 und 2.10 (durchschnittliche Differenz = 1.66) Punkten

(Lackenbauer et al, 2010).

Ergebnisse

Die Manipulation Checks zeigten, dass die Personen glaubten, das erhaltene Feedback stammt von ihrem

Partner sowie, dass die manipulierten Feedbacks von den Personen in die Richtung interpretiert wurden

wie beabsichtigt.

Die Ergebnisse bestätigten die Hypothesen (1-6) und zeigten, dass Personen am positivsten reagierten,

wenn sie ein Feedback erhielten, welches hohe Werte in tracking accuracy und mean–level bias zeigte.

Diskussion

Die Ergebnisse der Studie lassen auf drei wichtige Aspekte schließen. 1.) Die Ergebnisse geben eine

empirische Unterstützung der Unabhängigkeit von tracking accuracy und mean-level bias in der

zwischenmenschlichen Wahrnehmung. 2.) Zukünftige Forschung sollte sich darauf konzentrieren, welche

Folgen die An- und Abwesenheit von accuracy und positiv bias in Beziehungsprozessen hat. 3.) Ein

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 Schlüsselelement für eine zufriedene Beziehung scheint, den Partner akkurat wahrzunehmen und

gleichzeitig in der Lage zu sein, dies mit einer rosa Färbung zu tun.

10.2. Studie 2: When Bias and Insecurity Promote Accuracy: Mean-Level Bias and Tracking Accuracy in Couples’ Conflict Discussions  

Der nun folgende Teil befasst sich mit der oben genannte Studie von Overall, Fletcher und Kenny (2012).

Einleitung

Menschen in einer Beziehung sehen ihre Partner üblicherweise positiver als der jeweilige Partner sich

selbst sieht. Dies ist funktional im Sinne einer Aufrechterhaltung der Beziehung, da so Zweifel und

Pessimismus in Hinsicht auf die Beziehung abgewendet werden können. (Murray, Holmes, & Griffin,

1996a). Forschung der gleichen Autoren hat aber auch gezeigt, dass Menschen in der Beurteilung ihres

Partners hohe Level an Akkuratheit zeigen, obwohl die Beurteilungen durch das Tragen einer „rosaroten

Brille“ positiv verzerrt sind. Beurteilungen können also beides sein, verzerrt und zugleich akkurat.

Fletcher und Kerr (2010) verwenden in diesem Kontext die Begriffe mean-level bias und tracking

accuracy, worauf sich die in dieser Arbeit hauptsächlich thematisierte Arbeit bezieht.

In dieser Studie ging es darum, wie Partner, die Thema einer Diskussion sind die Sichtweisen des

anderen Partners beurteilen. Mit Sichtweisen sind hier die Gedanken und Gefühle des Partners während

der Diskussion gemeint. Zwei Diskussionen wurden geführt. Die erste Diskussion thematisierte den

Wunsch nach Veränderung der Frau seitens des Mannes, die zweite, inwiefern sich die Frau wünscht,

dass der Mann sich ändert. Die Person, die sich in der jeweiligen Diskussion ändern soll, wird von den

Autoren als „wahrnehmende Person“ bezeichnet. Anhand dieser wollten die Autoren den mean-level bias

untersuchen, also das Ausmaß, in dem diese die Sichtweise des Partners über- oder unterschätzt. Zum

anderen wollten sie die tracking accuracy untersuchen, also das Ausmaß, indem die Person, von der in

der Diskussion verlangt wird, dass sie sich ändert, die sich wandelnde Sichtweise des Partners während

der Diskussion richtig einschätzt. Als Bezugsnorm dienten die tatsächlichen Sichtweisen des Partners.

Die Vermutung der Autoren war, dass die „wahrnehmende Person“, also die, die in der Diskussion das

sich verändern sollende Subjekt darstellt, einen negativen mean-level-bias und ein hohes Ausmaß an

tracking accuracy zeigt. Personen, die einen stärkeren negativen mean-level bias zeigen, sollten auch

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 mehr tracking accuracy zeigen.

Von den Autoren wurde die moderierende Rolle von Sicherheit mit berücksichtigt. Sicherheit in diesem

Kontext meint, die Ansichten darüber, wie der andere Partner sich selbst sieht. Eine weitere Hypothese

der Autoren war, dass die Leute, die unsicher sind, was die Gedanken und Gefühle (Sichtweise) des

Partners betrifft, diese eher unterschätzen sollten, folglich einen negativen mean-level-bias zeigen sollten,

jedoch Änderungen in der Sichtweise des Partners während der Diskussion akkurat einschätzen sollten.

Methode

Teilnehmer

Es nahmen insgesamt 57 heterosexuelle Paare an der Untersuchung teil. Die Teilnehmer waren zwischen

18 und 37 Jahren (M = 21.0, SD = 3.1), 46% waren verheiratet und 83% gaben an, sich in einer

ernsthaften Beziehung zu befinden. Die Länge der Beziehung reichte von 1 bis 6.5 Jahre (M = 2.5, SD =

1.5). Die Teilnehmer erhielten 70 Dollar für einen Zeitaufwand von drei Stunden.

Vorgehensweise

Zunächst wurde den Teilnehmern ein Fragebogen vorgelegt, aus dem drei Aspekte hervorgehen sollten,

die sie an ihrem Partner als verbesserungswürdig ansehen, wobei der wichtigste Aspekt für die

anschließende Diskussion ausgewählt wurde. Wie bereits oben erwähnt ging es in der ersten Diskussion

darum, was der Mann an der Frau ändern möchte und in der zweiten darum, was die Frau an dem Mann

als verbesserungswürdig ansieht. Im Anschluss an die Diskussion wurden die Partner getrennt über ihre

Gedanken und Gefühle während der Diskussion befragt. Auf diesem Wege sollte verglichen werden wie

die wahrnehmende Person die Sichtweise des Partners beurteilt und inwiefern dies mit der tatsächlichen

Sichtweise des Partners übereinstimmt.

Messinstrumente

Mit Items von Fletcher et al. (1999) sollte zunächst die Sicht auf den Partner erfasst werden. Hierzu

sollten die Partner das Ausmaß einschätzen, in dem der Partner mit den idealen Standards von z.B.

Wärme oder Vertrauenswürdigkeit übereinstimmt. Um zu erfassen, wie sicher sich die Personen über die

Sichtweise des Partners sind, wurden die Teilnehmer gebeten einzuschätzen wie positiv ihr Partner sie in

interpersonalen Eigenschaften, wie kind and affectionate and patient (Murray et al., 2003) sieht. Die

wahrgenommene Sichtweise des Partners und die tatsächliche Sichtweise des Partners wurden wie folgt

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 erfasst: zunächst wurden die Personen, die in der Diskussion das sich ändern sollende Subjekt darstellten

gefragt, was sie denken was der Partner während der Diskussion gedacht und gefühlt hat. Hierzu sollten

sie z.B. das Ausmaß einschätzen, in dem der Partner sich um sie sorgt, sie versteht und sie schätzt.

Zudem sollten sie Aussagen über ihre eigenen negativen Gefühle während der Diskussion machen, also

z.B. wie sehr sie geärgert haben während der Diskussion. Gleichzeitig wurden die Partner, deren Wille es

in der Diskussion war, dass sich der andere ändert, gebeten anzugeben, wie sehr sie den anderen während

der Diskussion verstanden, geschätzt haben etc. Auch hier wurden sie gebeten ihre eigenen negativen

Gefühle während der Diskussion zu schildern.

Ergebnisse

Die Resultate zeigen, dass wahrnehmende Personen dazu tendieren, in ihren Beurteilungen über die

Sichtweise ihres Partners einen negativen mean-leven bias zu zeigen, jedoch trotzdem akkurat in der

Einschätzung der Änderungen der Sichtweise des Partners während der Diskussion sind. Die Personen,

die einen stärkeren negativen mean-leven bias zeigten, waren akkurater in der Einschätzung der

Änderungen der Sichtweise des Partners, als jene die nur eine leichte Verzerrung aufwiesen. Die

Vermutungen der Autoren wurden in diesem Bereich also bestätigt.

Desweiteren schätzten wahrnehmende Personen, die generell eher unsicher waren was die Gedanken und

Gefühle des Partners betrifft, diese als negativer ein, als sicherere Personen. Sie zeigten also einen

negativen mean-leven bias, waren aber akkurat in der Einschätzung der Änderung der Sichtweise des

Partners während der Diskussion. Auch hier bestätigten sich die Vermutungen der Autoren. Hier ergaben

sich zudem Geschlechterunterschiede. Frauen, die bzgl. der Sichtweise ihres Partners unsicherer waren,

schätzten die Sichtweisen ihrer Partner akkurater als, als unsichere Männer dies taten.

Diskussion

Die Ergebnisse zeigen, dass wahrnehmende Personen dazu tendieren die Gedanken und Gefühle ihrer

Partner während der Diskussion zu unterschätzen (negativer mean-leven bias), aber akkurat darin zu sein

scheinen, die sich ändernde Sichtweise ihrer Partner während der Diskussion einzuschätzen (tracking

accuracy). Gedanken und Gefühle des Partners richtig einzuschätzen ist wichtig, da sie Signale dafür

geben, inwieweit der Partner weiter in die Beziehung investieren wird, unzufrieden ist oder den anderen

Partner in nächster Zeit möglicherweise zurückweisen wird. Die Liebe des Partners zu überschätzen bzw.

die Gedanken und Gefühle positiv verzerrt wahrzunehmen ist also mit erheblichen Kosten verbunden.

Folglich sollten Personen in einer Beziehung motiviert sein Änderungen in den Gedanken und Gefühlen

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25  

 ihrer Partner akkurat einzuschätzen. Die in dieser Studie gefundenen Resultate sind mit diesen Ansichten

konsistent.

10.3. Studie 3: Perceiving regulation from intimate partners: Reflected appraisal and self-regulation processes in close relationships  

Die letzte thematisierte Studie stammt von Overall und Fletcher (2010) und wird im Folgenden

vorgestellt.

Einführung

Auch diese Studie legt ihr Hauptaugenmerk auf die Bewertungen von Partnern in romantischen

Beziehungen. Sie zeigt auf, dass solche Bewertungen großen Einfluss auf den Selbstwert und auf die

Zufriedenheit mit der Beziehung haben.

Wie Menschen von ihren Partnern in intimen Beziehungen bewertet werden spielt in intimen

Beziehungen eine große Rolle (Murray, Holmes, & Collins, 2006; Reis, Clark, & Holmes, 2004). Dieser

Vorgang wird reflektierte Bewertung genannt.

Wenn Menschen denken, dass sie die Idealvorstellungen des Partners erfüllen, bewerten sie die

Zufriedenheit mit ihrer Beziehung als qualitativ hochwertiger (Campbell, Simpson, Kashy, & Fletcher,

2011). Menschen die denken, dass sie den Standards des Partners nicht entsprechen, bewerten die

Beziehungsqualität schlechter und ziehen sich konstant vom Partner zurück, um auf eine eventuelle

Trennung vorbereitet zu sein.

Die reflektierten Bewertungen hängen zum einen von eigenen Erwartungen und Einstellungen bezüglich

der Beziehung ab. So sind Menschen mit geringem Selbstwertgefühl grundsätzlich pessimistischer der

Vorstellung gegenüber eingestellt, dass der Partner ihn/sie akzeptiert und wertschätzt (Leary &

Baumeister, 2000) und unterschätzen die positive Einschätzung des Partners (Murray, Holmes, Griffin,

Bellavia, & Rose, 2001). Zum anderen hängen diese Bewertungen vom Verhalten des Partners ab.

Reagieren diese verstehend und vergebend auf schwaches Verhalten, erzeugt dies Vertrauen und

Akzeptanz (Wieselquist, Rusbult, Foster, & Agnew, 1999).

Ein weiterer Prozess, der in romantischen Beziehungen eine Rolle spielt ist die Partner-Beeinflussung. So

wird der Versuch des Partners, Persönlichkeitsaspekte des anderen Partners, die den eigenen

Vorstellungen nicht entsprechen, zu ändern, genannt (vgl. Overall & Simpson, 2006). Die Autoren

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 fanden jedoch heraus, dass diese Beeinflussung eher zum gegenteiligen Effekt führt; nämlich, dass die

Partner und die Beziehung unglücklicher bewertet werden. Dies geschieht wahrscheinlich aus dem

Grund, dass sich die beeinflussten Partner nicht akzeptiert fühlen.

Methode

In der vorliegenden Studie wurden 113 Frauen und 89 Männer von der Universität Auckland getestet, die

alle in romantischen Beziehungen mit einer Mindestdauer von 6 Monaten (M = 2 Jahre, SD =1.9 Jahre)

lebten. Das Durchschnittsalter betrug 21.9 Jahre (SD = 5.3 Jahre) und 74% waren verheiratet (n= 39),

lebten mit ihrem Partner zusammen (n = 59) oder bewerteten ihre Beziehung als ernsthaft (n = 77). 46 der

restlichen Versuchspersonen bewerteten ihre Beziehung als beständig und 7 als zwanglos.

Die Tests wurden an zwei Zeitpunkten, mit einer Zeitspanne von 6 Monaten dazwischen, durchgeführt.

Primäre Aspekte wurden mithilfe der Partner Ideal Scales von Fletcher et al. (1999), die drei

unterschiedliche Faktoren enthält (Campbell et al., 2001; Fletcher et al., 1999; Fletcher et al. 2000a)

gemessen: (1) Warmth/Trustworthiness, (2) attractiveness/vitality und (3) status/resources.

Desweiteren wurden Skalen, die von Overall et al. (2006) entwickelt wurden herangezogen um 4 weitere

Charakteristika zu messen: (1) Selbstwahrnehmung, (2) Selbsteinschätzung, wie sehr sie den Idealen des

Partners entsprechen, (3) Einschätzung, wie sehr sie gewisse Dinge an sich selbst während der letzten 6

Monate ändern wollten und (4) Einschätzung, wie sehr sie glauben, dass der Partner gewisse Dinge an

ihnen ändern möchte.

Ergebnisse

Die Hypothesen wurden größtenteils bestätigt. Höhere Levels von wahrgenommener Beeinflussung

durch den Partner führten zu mehr negativen Rückschlüssen in der Selbstbewertung der Erfüllung der

Standards von dem jeweiligen Partner. Dies führte, wie erwartet, zu negativeren Selbstbewertungen der

beeinflussten bezüglich ihrer eigenen Persönlichkeitseigenschaften und einer niedrigeren allgemeinen

Zufriedenheit mit der Beziehung.

Außerdem hat das Wahrnehmen negativ angewendeter Strategien zur Beeinflussung seitens des Partners

große Auswirkungen auf die Selbsteinschätzung, inwieweit man den Idealen des Partners entspricht.

Dadurch werden Beziehungen allgemein von dem Beeinflussten schlechter bewertet.

Im Gegensatz dazu führt das Wahrnehmen von positiv angewendeten Strategien zur Beeinflussung zu

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 stärkeren Versuchen, sich selbst zu ändern und beeinflusst die Qualitätseinschätzung von Beziehungen

positiv.

Als die gleiche Untersuchung sechs Monate später durchgeführt wurde, hatten 32 Versuchspersonen ihre

Beziehung beendet und 15 Personen wollten nicht mehr teilnehmen bzw. waren nicht mehr erreichbar,

sodass noch 155 Versuchspersonen übrig blieben.

Die Korrelationen blieben über die Zeitspanne größtenteils konstant, wobei die durchschnittlichen

Qualitätsbewertungen der Beziehung und die Wahrnehmung positiver Beeinflussungsstrategien

abnahmen. Ebenso nahmen die Selbsteinschätzung, dass man die Ideale des Partners erfüllt und die

Selbstwahrnehmung, ab.

Diskussion

Die Studie hat gezeigt, dass die wahrgenommene Beeinflussung des Partners wichtige Konsequenzen auf

die Selbsteinschätzung und das eigene Verhalten hat. Mehr wahrgenommene Beeinflussung führt dazu,

dass man denkt, man könne die Standards des Partners nicht mehr erfüllen. Dies führt dazu, dass die

Qualität der Beziehung und die Einschätzung des Selbstwerts weniger wird.

Zusammenfassend zeigt die Studie, wie wichtig die Art der Bewertung des Partners ist. Negativ

wahrgenommene Beeinflussung hat negative Konsequenzen auf das Selbstwertgefühl des Partners, der

die Beeinflussung wahrnimmt, und führt zu schlechterer Qualität der Beziehung. Positiv

wahrgenommene Strategien führen hingegen zu vermehrten Versuchen der Änderung und letzten Endes

zu einer qualitativ besser bewerteten Beziehung.

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