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PS Sozialpsychologie: Soziale Konflikte, Dilemmata und Konfliktlösungen Bernard, Deix & Kaufmann SS 2011 1 Inequality, Discrimination, and the Power of the Status Quo: Direct Evidence for a Motivation to See the Way Things Are as the Way They Should Be Aaron C. Kay, Danielle Gaucher, Jennifer M. Peach, Kristin Laurin, Justin Friesen, Mark P. Zanna, and Steven J. Spencer University of Waterloo Journal of Personality and Social Psychology 2009, Vol.97, No. 3, 421 - 434 Zusammengefasst und erweitert von Fabienne Bernard (0902653) Stephanie Deix (0902991) Marlene Kaufmann (0906500)

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PS Sozialpsychologie: Soziale Konflikte, Dilemmata und Konfliktlösungen Bernard, Deix & Kaufmann SS 2011

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Inequality, Discrimination, and the Power of the Status Quo: Direct Evidence for a Motivation to See the Way Things Are as the Way They

Should Be

Aaron C. Kay, Danielle Gaucher, Jennifer M. Peach, Kristin Laurin, Justin Friesen, Mark P. Zanna, and Steven J. Spencer

University of Waterloo

Journal of Personality and Social Psychology 2009, Vol.97, No. 3, 421 - 434

Zusammengefasst und erweitert von

Fabienne Bernard (0902653)

Stephanie Deix (0902991)

Marlene Kaufmann (0906500)

PS Sozialpsychologie: Soziale Konflikte, Dilemmata und Konfliktlösungen Bernard, Deix & Kaufmann SS 2011

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Inhalt  1.  Einleitung ..............................................................Fehler!  Textmarke  nicht  definiert.  

1.  1.  Die  Motivation  den  Status  Quo  zu  rechtfertigen................................................ 5  

1.  1.  1.  Die  Natur  der  vergangenen  Beweise........................................................... 5  

1.  1.  2.  Die  Beurteilung  der  Motivation .................................................................. 7  

1.  1.  3.    Abhängigkeit  vom  System.......................................................................... 7  

1.  1.  4.  Unausweichlichkeit  des  System .................................................................. 8  

1.  1.  5.  System  unter  Bedrohung ............................................................................ 8  

1.  2.  Rationalisierung  des  Status  Quo......................................................................... 8  

2.  Aktuelle  Forschung ........................................................................................................9  

2.  1.    Study  1:  Injunctification  der  Politischen  Macht............................................... 10  

2.  1.  1.  Methode/Prozedur ................................................................................... 10  

2.  1.  2.  Ergebnisse ................................................................................................. 11  

2.  2.  Studie  2:  „Injunctification“  des  öffentlichen  Bereichs...................................... 11  

2.  2.  1.    Methode/Prozedur................................................................................... 12  

2.  2.  2.  Ergebnisse ................................................................................................. 12  

2.  3.  Studie  3:  „Injunctification“  der  Ungleichheit  zwischen  Geschlechtern  im  politischen  Kontext................................................................................................... 13  

2.  3.1.  Methode/Prozedur .................................................................................... 14  

2.3.2.  Ergebnisse ................................................................................................... 15  

2.  4.  Studie  4  :  „Injunctification“  des  Ungleichgewichts  zwischen  Geschlechter  in  der  Berufswelt ................................................................................................................ 16  

2.  4.  1.  Methode/Prozedur ................................................................................... 17  

2.  4.  2.  Ergebnisse ................................................................................................. 18  

3.  Diskussion...................................................................................................................... 20  

4.  Literaturverzeichnis................................................................................................... 22  

PS Sozialpsychologie: Soziale Konflikte, Dilemmata und Konfliktlösungen Bernard, Deix & Kaufmann SS 2011

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1. Einleitung

Wie mächtig ist der Status Quo? Wie sehr setzen sich Personen für den Erhalt des

vorherrschenden Systems ein und wie sehr werden Personen von diesem manipuliert?

Wissenschaftler betrieben Studien mit dem Fokus auf den Status Quo und fanden

heraus, dass Personen „Injunctification“ – die aktuelle Ungleichheit, die im Status Quo

beinhaltet ist – nicht nur akzeptieren, sondern auch mit hoher Motivation verteidigen,

weil der vorherrschende Status Quo als allgemein wünschenswert und fair betrachtet

wird. Die Motivation ein System zu rechtfertigen, trotz Ungleichheit geht von

politischen Systemen und Ordnungen über soziale Systeme. Die folgenden vier

Studien zeigen Ergebnisse auf, die die Akzeptanz und Verteidigung von

Ungerechtigkeit wiederspiegeln. Die theoretische Schlussfolgerung für das

Rechtfertigungssystem ist unter anderem die Entstehung von Stereotypen,

Zustimmung von Aufrechterhaltung der Ungleichheit, usw. (Kay, Gaucher, Peach,

Laurin, Friesen, Zanna & Spencer, 2009a).

Nach Jost und Banaji (1994) unterscheidet man drei Rechtfertigungsmotive. Die

Rechtfertigung des Ichs (Ego Justification), die Rechtfertigung einer Gruppe (Group

Justification) und die Rechtfertigung des Systems (System Justification). Ersteres

beschreibt das Motiv auf die eigenen Bedürfnisse zu achten, sich zu entwickeln und

sein eigenes Selbstbild aufrechtzuerhalten. Außerdem ist die Aussage zentral, dass

jeder Mensch als individuelles Wesen angesehen werden will. Die Rechtfertigung

einer Gruppe bezieht ihren Inhalt aus dem Gefühl der Gruppenzusammengehörigkeit.

Der Erhalt eines vorteilhaften Images ist unter anderem ein zentraler Punkt der

Verteidigung der Gruppe. Zuletzt beinhaltet das System der Rechtfertigung im

Allgemeinen die Tendenz, soziale, wirtschaftliche und psychologische Bedürfnisse,

die dem aktuellen Status Quo entsprechen, zu akzeptieren und somit zu verteidigen.

Die Theorie der sozialen Identität (Tajfel & Turner, 1986) erweitert das Verständnis

um die ersten beiden Theorien, Rechtfertigung des Ichs und Rechtfertigung einer

Gruppe. Diese Theorie beschreibt das soziale Verhalten im Ganzen und fokussiert

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besonders das zwischenmenschliche Verhalten und in weiterer Folge das

Intergruppenverhalten. Eine weitere Theorie in Verbindung mit „Group und System

Justification“ ist die Theorie der sozialen Dominanz. Der Inhalt bezieht sich auf eine

Erklärung bestehender Ungleichheiten und einer der Grundannahmen ist, dass

Hierarchien durch Diskriminierung hergestellt und etabliert werden.

Ungleichheit im System unter anderem in der Gesellschaft ist verbreitet. Im Jahre

2003 gab es einen 15,7%igen Anteil an Frauen in Firmenbüros in Amerika. Von den

500 größten Firmen von Amerika waren nur 1,1% der Frauen in Führungspositionen.

Weiters wurde aufgezeigt, dass Frauen in Amerika weniger gut bezahlt wurden, als

vergleichsweise ihre männlichen Kollegen. Auch in Kanada waren Frauen

unterrepräsentiert in Bereichen der bestbezahlten Position, wie zum Beispiel im

Firmensektor und im oberen Management (Statistic Canada, 2006). Frauen müssen

mehr Hindernisse, seien es private oder berufliche Hürden, überwinden. Auch in der

Gesellschaft bzw. als Voraussetzungen für ein gutes Vorbild gilt es bei den weiblichen

Prestigeträgern mehr Bemühen und Können zu präsentieren. Trotz dieser

offensichtlichen Ungleichheit zwischen Frauen und Männer, akzeptieren Personen

diesen momentanen Stand, den Status Quo. Die Motivation die Ungleichheit und somit

das aktuell bekannte System zu erhalten, stabilisiert die Fairness und Legitimität des

Systems (Jost & Banaji, 1994; Kay, Gaucher, Napier, Callan, & Laurin, 2008). Kanada

repräsentiert eine große ökonomische Ungleichheit zwischen der Mehrheit der

Bevölkerung und Minderheiten. Des Weiteren verdient eine Frau vergleichsweise mit

einem Mann durchschnittlich um 30 Cent weniger (Canadian Labour Congress, 2008).

Frauen bzw. auch Minderheiten sind in hohen Positionen unterrepräsentiert. Obwohl

Angehörige von Mindergruppen eine akademische Ausbildung haben, ist deren

Arbeitslosenrate doppelt so hoch als bei den Kaukasiar (Black & Hicks, 2006; Klie,

2007).

Folgende Zielsetzungen werden in den vier Studien fokussiert. Das Ausmaß der

„Injunctification“ soll erhoben und gemessen werden. In weiterer Folge wird auch auf

einen Zusammenhang zwischen öffentlicher Politik und vorherrschender Ungleichheit

geachtet. Die Frage in welchen Bereichen sich „Injunctification“ auswirkt und wie sich

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die Motivation der Rechtfertigung unter Systembedrohung verändert ist ebenfalls

zentral.

1. 1. Die Motivation den Status Quo zu rechtfertigen

1. 1. 1. Die Natur der vergangenen Beweise

Laut des Systems der Rechtfertigungstheorie (Jost & Banaji, 1994) sind Leute

motiviert ihr System in dem diese leben und mitwirken, mit all seinen Regeln und

sozialpolitischen Einrichtung zu verteidigen. „According to system justification theory

(Jost & Banaji, 1994), people are motivated to defend and legitimize the systems in

which they operate – that is, the rules and sociopolitical institutions within which

people functions (also see Kay et al., 2008).”1

Naturgemäß verteidigen und legalisieren Personen ihr System. Dieses psychologische

Verhalten wirkt angst- bzw. bedrohungsreduzierend (Jost & Hundyday, 2002). Eine

innere Reaktion der Menschen wirkt bedrohungsvermeidend, dass heißt, wenn

Veränderungen auftreten, reagiert man mit Angst, weil die Akzeptanz und die

Motivation zur Rechtfertigung des Status Quo hoch sind (Kay, et al., 2009b; Laurin,

Kay & Moscovitch, 2008). Veränderung kann Jobverlust, Mobbing oder Ausgrenzung

aus der Gesellschaft bedeuten. Die Motivation und der Antrieb das soziale und

wirtschaftliche System zu erhalten, trotz herrschender Ungerechtigkeit ist der generelle

Grundsatz der „justification of system“ (Kay, et al., 2009a), also die Rechtfertigung

eines Systems.

Frühere Untersuchungen haben die Existenz des Systems – legitimierten Stereotypen

und ihre Bereitschaft zur Manipulation und deren Konsequenzen untersucht. Forscher

fanden unter anderem heraus, dass Personen die Verwendung von Stereotypen

innerhalb eines Gruppenstatus unterstützen (e.g., Glick & Fiske, 2001; Haines & Jost,

2000; Jost & Banaji, 1994; Jost, Pelham & Carvallo, 2002). Kognitive Aktivität eines

Rechtfertigungssystems beeinflusste Personen, den Status Quo vermehrt als fair

1 Kay, A. C., Gaucher, D., Peach, J. M., Laurin , K., Friesen, J., Zanna, M. P., & Spencer S. J. (2009a),

Journal of Personality and Social Psychology, 97, 422.

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anzusehen (Jost & Kay, 2005, Kay, Czaplinksi, & Jost, 2008, Kay & Jost, 2003; Kay

et al.; 2007). In weiterer Folge wurde bei erhöhter Motivation ein System zu

akzeptieren, die Verwendung von Stereotypen gesteigert (see Kay, Jost & Young,

2005; Lau, Kay, & Spencer, 2008).

In der Studie von Jost, Kivetz, Rubini, Guermandi & Mosso (2005) bezüglich des

Themas Funktionen der Systemrechtfertigung mit dem Fokus auf regionalen und

ethischen Stereotypen im nationalen Vergleich, wurde die Stereotypenverwendung zur

Sicherung der Legitimität des Status Quo aufgezeigt. Zur Erfassung der

unterschiedlichen Stereotypenbildung wurden die Testpersonen in zwei Gruppen

aufgeteilt. Eine Gruppe wurde als „agentic“ (selbst kreierte Stereotypenverwendung)

und leistungsorientiert eingestuft, während die andere Gruppe eine Tendenz zur

allgemeineren und interpersonalen Orientierung aufzeigte. In beiden Gruppen

befanden sich Testpersonen mit hohem und niedrigerem Status. Die Datenerhebung

erfolgte in drei unterschiedlichen Ländern, aus diesem Grund kann man hier von einen

nationalen Nachweis –„cross national evidence“ – ausgehen, der sich hinsichtlich der

Verteilung von wirtschaftlichen und sozialen Status, sowie von ethischen Normen

ergab. Unter anderem wurde diese Studie in Israel durchgeführt, da in diesem Land

eine ethische Teilung vorliegt (Levin & Sidanius, 1999). Die anderen zwei Länder

waren England, auf Grund seiner Teilung im industriellen Bereich und Italien, da dort

Vergleiche zwischen Nord- und Süditalien angestellt werden konnten. Die

Haupthypothesen aller drei durchgeführten Studien lauteten, dass die Personen ihr

System verteidigen und rechtfertigen und in diesem Zusammenhang Stereotypen

verwenden, abhängig vom Status. Es wurde erwartet, dass die Personen mit hohem

Status vermehrt „agentic terms“ für Stereotypenbildung verwenden und Personen mit

niedrigerem Status zu den „communal terms“ greifen. Diese Erwartungen bestätigten

sich weitgehend. Die Funktion der Rechtfertigung eines Systems ist mit der

Notwendigkeit der Rechtfertigung des Systems zusammengehangen, daher entsteht in

statusunterschiedlichen Gruppen jeweils ein anderer Stereotypengebrauch. Der

Unterschied im Stereotypengebrauch förderte in weiterer Folge die Auffassung der

Legitimität des vorherrschenden Systems. Die Unterschiede in der Stereotypenbildung

hingen nicht von der eigenen Identität, sondern waren von der Gruppenzugehörigkeit

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der Personen abhängig (Jost & Banaji, 1994). Hervorzuheben sind auch die

Unterschiede in den Stereotypen, wenn das System bedroht wird. Zusammenfassend

ist zu sagen, dass regionale und ethnische Stereotypen als Stabilität der Rechtfertigung

eines Systems wahrgenommen werden. Stereotypen ergeben sich aus der

Wahrnehmung einer speziellen Gruppe (e.g. Jost, 2001). 2

1. 1. 2. Die Beurteilung der Motivation

In einigen Studien waren es nicht nur Ziel einen direkten Beweis für die Verteidigung

des Status Quo im Bereich der öffentlichen Politik und im sozialen Kontext

aufzuzeigen, sondern auch die dahinter stehende Motivation zu fokussieren. Personen

deren System bedroht wird, gewinnen an Motivation dieses zu verteidigen. Drei

Manipulationen wurden in verschiedenen Kontexten in den nachfolgenden Studien

eingesetzt, um die Motivation hinter der Systemrechtfertigung zu erfassen. Zum einen

wurde den Teilnehmern ihre Abhängigkeit zum System deutlich gemacht. In einer

weiteren Manipulation erschien das vorherrschende System als unausweichlich. Die

Teilnehmer wurden auch im Kontext getestet, dass das System bedroht wird. In all

diesen Kontexten wurden die Werte von „Injunctification“ gemessen (Kay, et al.,

2009a).

1. 1. 3. Abhängigkeit vom System

Die Abhängigkeit von einem System ist eine starke Motivation um dieses zu

akzeptieren und zu rechtfertigen. Wenn eine Person von etwas abhängig ist, dann

steigt die Motivation der Systemrechtfertigung auch mit vorhandener Ungerechtigkeit

an (Kay & Zanna, 2009).

2 vgl. Jost, J.T., Kivetz, Y., Rubini, M., Guermandi, G., & Mosso, C. (2005, September 3), System-

Justifying Functions of Complementary Regional and Ethnic Stereotypes: Cross-National Evidence, Social

Justice Research, 18, 305-333.

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1. 1. 4. Unausweichlichkeit des System

Wenn ein System unausweichlich erscheint, dann sinkt die Motivation dieses zu

verlassen bzw. zu entkommen. Dies bedeutet jedoch wieder, dass die Motivation

dieses zu rechtfertigen steigt. Das Unausweichliche wird akzeptiert und verteidigt,

wobei der Status Quo rationalisiert wird (Laurin, Kay, Gaucher & Sheperd, 2009).

Zum Beispiel ist es für Personen schwer ihr soziales System, ihr Land, Familie etc.

aufzugeben, trotz herrschender Ungleichheit. Sie passen sich an (cf. Festinger, 1957).

1. 1. 5. System unter Bedrohung

„Just as self-threat manipulation increase the proclivity to engage in self-defensive

processes … threatening the system increases the penchant to engage in processes of

system justification …” 3

Je mehr das vorherrschende System bedroht wird, desto mehr steigt die Motivation

dieses zu verteidigen. In weiterer Folge kommt es auch zum stereotypischen Verhalten

innerhalb des Systems. Kay et al. (2005) hat herausgefunden, dass, wenn das System

bedroht wird, die Personen stereotypisches Verhalten annehmen und das System

rechtfertigen. Eine logische Schlussfolgerung ergibt sich aus den Ergebnissen von

Kay, et al. (2005): Wenn ein System bedroht wird, ist das eine wirksame Methode die

Motivation der Personen zu erhöhen ihr System zu verteidigen.

1. 2. Rationalisierung des Status Quo

McGuire &McGuire (1991) kamen zu den Ergebnissen, dass sich die Menschen ihren

Vorlieben nach anpassen und ihre Erwartungen in eine vorgefertigte Richtung setzen,

die auch später auftritt. Kay, Jimenez & Jost (2002) beschäftigten sich mit dem Status

Quo im politischen Kontext und erhoben Daten vor der Präsidentschaftswahlen 2000.

Die Testpersonen, eine Gruppe Republikaner und Demokraten, sollten ihren

favorisierten Kandidaten, G. W. Bush und Al Gore, nennen. Die Ergebnisse zeigten, 3 Kay, A. C., et al. (2009a), Journal of Personality and Social Psychology, 97, 423.

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dass die Testpersonen den Kandidaten als wünschenswerter bewerteten, wenn die

wahrgenommene Wahrscheinlichkeit zu gewinnen stieg.

Der Status Quo ist nicht an den politischen oder wirtschaftlichen Kontext gebunden,

sondern ist auch im Alltag existent. Kluwer (1998) hat in ihrer Studie die familiären

Aufgaben thematisiert im Bezug auf Ungleichheit. Männer rechtfertigen den

vorherrschenden Status Quo, dass Frauen für Haushalt und Kindererziehung primär

verantwortlich sind. Im Gegenteil zu den Frauen. Diese neigen in dieser Untersuchung

eher dazu den Status Quo zu ändern und sind in ihrem Vorhaben auch erfolgreich.

Männer geben den Forderungen der Frauen im familiären alltäglichen Kontext nach.

2. Aktuelle Forschung

Es wurden insgesamt 4 Studien zum Thema Ungleichgewicht bzw. Ungerechtigkeit,

also „Injunctification“ durchgeführt. In dieser Studie wurde erwartet, dass Personen

den vorherrschenden Status Quo akzeptieren und somit verteidigen werden. In jeder

Studie wurden Manipulationen geschaffen, um von den Teilnehmern den Wert für

„Injunctification“ zu messen. Des Weiteren ist die Motivation zur Verteidigung des

Status Quo mit enthaltener Ungleichheit zentral in den Studien. Die Studien

beinhalteten unterschiedliche Manipulationen: Die Testpersonen sollten sich abhängig

einem System gegenüber fühlen, die Unausweichlichkeit eines System annehmen und

in Studie 4 wurde das System bedroht. Weiters wurde auch der Kontext gewechselt,

sowohl der politische, als auch der öffentliche, wie auch ein Kontext mit

Arbeitsweltbezug. Die ungleiche Geschlechteraufteilung wurde ebenso in der Politik,

als auch in der Arbeitswelt berücksichtigt und gemessen. Den Teilnehmer wurden vor

der eigentlichen Manipulation Information über einen Status Quo im jeweiligen

Kontext gegeben.

Es wurde bei diesen Studien erwartet, dass der Status Quo gerechtfertigt wurde, wenn

die Manipulation diesen begünstigt.

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2. 1. Study 1: „Injunctification“ der Politischen Macht

Studie 1 demonstriert die Existenz eines Ungleichgewichts, also „Injunctification“ im

politischen Bereich. Vor der Manipulation wurden die Teilnehmer dieser Studie

gebeten Informationen über den vorherrschend politischen Status Quo zu lesen. Der

Inhalt dieser Information war, dass ein überwältigender Großteil der Beamten der

kanadischen Regierung, wohlhabende Personen seien. Um die Motivation der

„Injunctificaiton“ zu testen, wurden 2 Manipulationen verwendet. Zum einen die

Manipulation der Unausweichlichkeit und zum anderen die Manipulation der

Bestätigung. Der Fokus der Studie bezog sich darauf, ob sich die Testpersonen in

ihrer Motivation das System zu verteidigen steigerten oder verminderten.

2. 1. 1. Methode/Prozedur

Insgesamt nahmen 36 Personen an dieser Studie teil, davon waren 16 Männer und 20

Frauen im Durchschnittsalter von 23 Jahren. Die Teilnehmer waren Studenten die

Psychologie an der Universität Waterloo in Kanada studieren. Sie haben sich alle

freiwillig für eine Onlinestudie zur Einstellung gegenüber Weltproblemen gemeldet.

Die eine Hälfte der Teilnehmer las einen Abschnitt über die Gesetzmäßigkeit des

Kanadischen Systems, welches die eigentliche Manipulation implizierte. Die andere

Hälfte las einen neutralen Absatz, der als Inhalt die Verbesserung der Überlebensrate

der Spezies Frosch beschrieb. Diese Hälfte der Teilnehmer, sie erhielten keine

Manipulation, stellte die Kontrollgruppe dar. Danach mussten die Teilnehmer über

eine weitere Forschung lesen, in der es um die Manipulation des Systems der

Unausweichlichkeit geht. Zum einen konnte nachgelesen werden, dass es einfach war

von einem System in ein anderes zu wechseln und zum anderen wurde das Gegenteil

mitgeteilt. Eine Gruppe der Teilnehmer lasen einen Text, der Kanada als ein reiches

und wohlhabendes Land darstellte.

Nachdem die Teilnehmer die Information der vorgegebenen Texte gelesen hatten,

sollten sie den Aufbau der kanadischen Regierung bewerten und entweder ihre

Zustimmung oder ihre Ablehnung gegenüber den Zustand, dass derzeit wohlhabende

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Bürger in der Lage sein können, als Beamte in jener Regierung tätig zu sein,

beschreiben.

2. 1. 2. Ergebnisse

Für die Auswertung wurde eine 2x2 ANOVA herangezogen, diese war signifikant.

Weiters war auch die Interaktion zwischen 2 Faktoren signifikant. Innerhalb der

Kontrollgruppe wurde der vorherrschende Status Quo stärker verteidigt, wenn die

Testpersonen unter der Manipulation der Unausweichlichkeit des Systems standen.

Wenn das System durch Bestätigung gefestigt wurde, hatte die Teilnehmer wenig

Grund aus diesem ausbrechen zu wollen und akzeptieren dieses. Die „Injunctification“

innerhalb des politischen Kontextes war gegeben. Wenn die Motivation zur

Rechtfertigung hoch war, wurde der Status Quo akzeptiert.

2. 2. Studie 2: „Injunctification“ des öffentlichen Bereichs

Diese Studie beschäftigt sich mit der Aufrechterhaltung von Ungerechtigkeit im

öffentlichen Bereich. Die Erwartungen dieser Studie konzentrieren sich auf:

„Injunctification“, nicht nur im politischen Kontext, sondern auch im Öffentlichen.

Weiters sollten die Ergebnisse aus der ersten Studie wiederholt aufgezeigt werden,

dass heißt Rechtfertigungsmotive zu bilden, trotz herrschender Ungerechtigkeit.

Abb. 1: Höhe der Ungleichheit als eine Funktion der System Unausweichlichkeit und der Systembestätigung.

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Die dahinter stehende Forschungsfrage beinhaltet die Annahme, dass Menschen

glauben in einer gerechten und wünschenswerten öffentlich anerkannten Ordnung zu

leben. Diese Ordnung wird verteidigt und gerechtfertigt.

Um die Testung zu beginnen, wurden Manipulationen geschaffen. Hier wurden 2

Systeme verwendet. Eine Gruppe wurden unter Abhängigkeit der Universität getestet,

während die andere Gruppe in Abhängigkeit zu staatliche Institutionen standen. Die

„Injunctification“ musste von den Teilnehmern bewertet werden. Erwartet wurde eine

Interaktion zwischen Akzeptanz des System, sowohl das System der Universität, als

auch das Öffentliche, wenn sich die Versuchspersonen von diesen abhängig fühlen.

2. 2. 1. Methode/Prozedur

Getestet wurden für diese Studie insgesamt 55 Studenten, jedoch wurden keine

demografischen Angaben erhoben. Jeder von ihnen musste eine Broschüre lesen und

sie bekamen für die Teilnahme der Studie jeweils eine Schokolade. Die Teilnehmer

sollten 2 Paragraphen lesen, zum einen ein Text, der die Manipulation beinhaltet, zum

anderen wurde eine Universität-Kontrollbedingung geschaffen. Die Manipulation

erfolgte mittels eines Inhaltes, der die Abhängigkeit zum Land, also öffentlichen

Institutionen betonte. Der andere vorgelegte Text beschäftigte sich mit der

Abhängigkeit und mit dem Einfluss, der von der Universität ausging. In weiterer Folge

wurde von beiden Gruppen ein weiterer Text vorgelegt, der beschrieben hat, dass

(Geld)Mittel ungleich in verschiedene Bereiche aufgeteilt wurden. Um

„Injunctification“ zu messen, mussten die Teilnehmer ihr Gefühl bei dieser

ungerechten Aufteilung mittels eines 8 teiligen Items per Kreuzsetzung beschreiben.

Das Item ging von links „alle gleich“ bis rechts „ungleich“.

2. 2. 2. Ergebnisse

Es wurde mittels einer 2 x 2 ANOVA ausgewertet. Die Interaktion zwischen

Akzeptanz und abhängig fühlen ist signifikant. Dass heißt, wenn Personen im

Vorhinein erinnert wurden, wie abhängig sie von gewissen Systemen sind, dann haben

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sie auch höhere Werte in der Aufrechterhaltung von Ungleichheit, also

„Injunctification“ aufgezeigt. Die Abhängigkeit zeigt eine Befürwortung der

„Injunctification“ im öffentlichen Kontext auf. Testpersonen kreieren

Rechtfertigungsmotive gegenüber Ungleichheit bzw. Ungerechtigkeit, wenn sie von

einem System aktuell betroffen waren und selbst in diesem ungerechten System

involviert waren. Die Akzeptanz des vorherrschenden Status Quo betraf nicht alle

Systeme gleich stark, sondern jene Bereiche am stärksten, welche die Person am

meisten ausgesetzt ist. Hier zeichneten sich starke Motivationshintergründe zur

Erhaltung des Systems ab.

Sowohl in Studie 1, als auch in Studie 2 wurde der Grad der „Injunctification“ an

Hand von politischen Systemen bzw. im öffentlichen Kontext getestet. In Studie 1

wurde der Status Quo konstant gehalten, in Studie 2 variierte dieser.

2. 3. Studie 3: „Injunctification“ der Ungleichheit zwischen Geschlechtern im

politischen Kontext

In Studie 3 und 4 wurden wieder Manipulationen geschaffen um

Rechtfertigungsmotive des Status Quo zu erforschen jedoch mit dem Zusatz, dass es

sich in diesen Studien auch der Geschlechtsunterschied miteinbezogen wurde. In

Abb. 2: Höhe der Ungleichheit als eine Funktion des Systems der Abhängigkeit und Kontext der Regeln.

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Studie 3 wird „Injunctification“ sowohl mit Einbezug von Geschlechtsunterschiede,

als auch im politischen Bereich getestet.

Testpersonen wurden manipuliert um zu zeigen, ob ihre Rechtfertigungsmotive steigen

oder gesenkt werden, während sie normentsprechenden Anteile der Frauen in der

Politik gezeigt bekommen. Bewertet wurde die Anzahl der Personen mit

„Injunctification“, die die Norm und das Ausmaß betreffen. Zuerst haben die

Teilnehmer eine Vorinformation erhalten, wie viele Frauen in der Politik beschäftigt

werden, also wie hoch der Frauenanteil in der Politik ist. Es wurde erwartet, dass die

Testpersonen den jeweils angegebenen Anteil an Frauen in der Politik akzeptieren und

eine Änderung für nicht notwendig erachteten. Dieser Effekt trat dann auf, wenn die

Personen ihr vorherrschendes sozialpolitisches System akzeptierten und somit

rechtfertigen wollen.

2. 3. 1. Methode/Prozedur

Es waren an dieser Studie 64 Teilnehmerinnen beteiligt. Alle waren weibliche

kanadische Studentinnen, verschiedenster ethnischen Herkunft und nahmen freiwillig

teil. Als Belohnung für die Teilnahme erhielten 29 Teilnehmerinnen Bonuspunkte für

einen Kurs an der Universität, an der sie studierten und 25 Teilnehmerinnen eine

Schokolade. Das Durchschnittsalter lag bei 19,5 Jahren.

Die Testpersonen waren im Glauben, dass dies eine Studie über Vorstellungen und

Einstellungen bezüglich der kanadischen Politik sei. Zuerst wurden demografische

Informationen, Bewertung der politischen Einstellungen und mit 3 Item - Messungen

das persönliche Interesse an der Politik erhoben. Als nächstes wurde die Manipulation

eingeleitet mittels eines Textes mit systemabhängigem Inhalt. Des Weiteren wurde

einer Gruppe ein Graph gezeigt der einen kleinen Anteil an Frauen in der Politik

darstellte. Die Skala „Anteil“ reichte von 0% bis 100%. Die zweite Gruppe erhielt

einen Graphen, der einen großen Anteil an Frauen in der Politik zeigte. Dieser Graph

war nicht derselbe von der ersten Gruppe, denn er unterschied sich in der Beschriftung

des „Anteils“, der nur noch von 0% bis 25% ging. In beiden Fällen betrug der

Frauenanteil in der Politik 20%.

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Die Messung der „Injuctification“ wurde mit 8 Items gemessen.

2. 3. 2. Ergebnisse

Man verwendete wieder eine 2 x 2 ANOVA. Der Haupteffekt zeigte, dass

Versuchspersonen in der „wenig Frauen“ Bedingung den Frauenanteils als weniger

ideal einschätzten, als Versuchspersonen in der „mehr Frauen“ Bedingung. Ebenso gab

es eine hohe Systemabhängigkeit in der „mehr Frauen“ Bedingung. Der vorgegebene

Anteil der Frauen wurde hier als ideal angesehen. Bei niedriger Systemabhängigkeit

gab es keinen Effekt in der Status Quo Manipulation.

Die Ergebnisse sind vergleichbar mit jenen in Studie 1 und 2, dass heißt es gibt einen

Anstieg von „Injunctification“ bei hohem Systemabhängigkeitsgefühl. Testpersonen

in der „wenig Frauen“ Manipulation und unter hoher Systemabhängigkeit glaubten

sogar, dass Frauen in der Politik ungeeigneter sind.

Abb. 3: Höhe der Ungleichheit als eine Funktion des Systems der Abhängigkeit und des Status Quo in der wenige vs viele Frauen in der Politik Bedingung.

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2. 4. Studie 4 : „Injunctification“ des Ungleichgewichts zwischen Geschlechter in

der Berufswelt

In Studie 4 wurden den Testpersonen Information gezeigt, die den Status Quo

bezüglich der Gender-Anordnung in der Geschäftsleitung in 500 Top-Unternehmen in

Kanada darstellen. Den Teilnehmern wurden Datensätze, jeweils einer von zwei,

präsentiert, der den Gender Zusammenbruch, „gender breakdown“, von Männern und

Frauen in diesen Positionen in Hochleistungsunternehmen beschrieb.

Um die Glaubwürdigkeit der manipulierten Bedingungen aufrecht zu erhalten, wurde

den Testpersonen der Anschein vermittelt, dass Männer häufiger in hohen Positionen

vertreten sind, als vergleichsweise Frauen. Der relative Geschlechtsunterschied war in

der einen Bedingung extremer als in der anderen Bedingung. Die Teilnehmer glaubten

an einer Gedächtnisaufgabe mitzuwirken und bekamen, nachdem sie randomisiert in

zwei Gruppen aufgeteilt worden waren, vor der eigentlichen Testung einen Artikel mit

dem Inhalt einer „System-Bedrohungs-Manipulation“: Kanada befindet sich im

sozialen und wirtschaftlichen Rückgang.

Es wurden zwei abhängige Variablen verwendet:

Zuerst wurde die „Injunctification“ des vorherrschenden Status Quo bezüglich

Geschlechter beurteilt, dass heißt gleiche oder ungleiche Bewertung der Männer und

Frauen in höheren Management Positionen. Des Weiteren wurde auch eine feinere,

ökologisch gültigere und höchstkonsequente abhängige Variable verwendet.

Am Ende des Experiments wurde den Teilnehmern mitgeteilt, dass der Versuchsleiter

eine Wirtschaftsstudentin von einer nahe gelegenen Universität ist und dass dieses

Projekt ein Teil ihrer Wirtschaftsausbildung ist. Später sollten die Testpersonen die

Versuchsleiterin beurteilen. Es wurde vorausgesagt, dass eine Interaktion zwischen

Bedrohung und Status Quo Manipulation für beide abhängigen Variablen auftreten

würde.

Die Erwartung fokussiert in der hohen Bedrohungs-Bedingung, dass Teilnehmer den

Status Quo so ausrichteten, dass Männer als Manager erwünschter wären und dass die

weibliche Wirtschaftsstudentin auf sie kompetenter wirken würde.

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In der Nicht-Gefahr-Bedingung, würde man erwartet, dass sich der Effekt von der

Status Quo Manipulation auf beide abhängigen Variablen beträchtlich verringert oder

sich komplett auflöst.

2. 4. 1. Methode/Prozedur

Insgesamt gab es 36 Versuchspersonen, es waren nur Studenten mit einem

Durchschnittsalter von 20 Jahren. Die Streuung liegt bei 1,80.

Die Studenten nahmen an dieser Studie teil, weil sie dafür einen Studienbonus

bekommen sollten. Weiters waren alle Teilnehmer weiblich und in Kanada geboren.

Die Teilnehmer wurden ins Labor gebeten, um dort „angeblich“ einen Fragebogen

über kanadische Arbeitsplätze auszufüllen. Der Bogen inkludiert zwei Manipulationen

entsprechend einem 2x2 Design – System Bedrohung vs. keine System-Bedrohung,

die Status Quo Manipulation, die wichtigsten abhängigen Variablen, die

„Injunctification“ Items und die Bewertungen des weiblichen Versuchsleiters.

Die erste Seite des Bogens war die System-Bedrohungs-Manipulation in Form eines

Artikels. Dieser wurde, diese Information erhielten die Testpersonen, aus einer

britischen Zeitung entnommen. Die System-Bedrohungs-Manipulation wurde zur

Prüfung der „Injunctification“ gewählt, weil frühere Studien aufgezeigt hatten, dass

unter einer Systembedrohung Rechtfertigungsmotive bezüglich des aktuellen Status

Quo zunahmen und verstärkt wurden. Die Teilnehmer der Kontrollbedingung lasen

solch einen Artikel nicht.

Die nächste Seite im Bogen dient der Manipulation des Status Quo. Die Testpersonen

setzten sich mit einem von den zwei Artikeln auseinander. Die Artikel waren

angeblich von „Statistics Canada“ geschrieben, in welchen ein Kreisdiagramm die

Geschlechterunterschiede von Geschäftsführern in den 300 besten Unternehmen

entweder groß (z.B.: 5:95 Mann-Frau-Verhältnis) oder weniger extrem (z.B.: ein 45:55

Mann-Frau-Verhältnis) dargestellt wurden. Als eine Manipulationsprüfung wurden die

Testpersonen danach gebeten, das Ausmaß auf eine Skala einzuschätzen, in wieweit

sie mit der folgender Aussage übereinstimmten: „Basierend auf der Information aus

dem Artikel, gemäß den kanadischen Statistiken gibt es viele weilbliche

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Geschäftsführer.“ (1= nicht wirklich richtig – 7=sehr richtig). Auf der letzten Seite

waren 3 Items anhand derer die Teilnehmer die Existenz des Ungleichgewichts, also

„Injunctification“, der aktuellen Geschlechtsanordnungen in der Geschäftswelt,

beurteilen sollten: „Im Allgemeinen sollten Männer und Frauen gleiche Chancen

haben um Führungspositionen zu erhalten/ um Geschäftsführer zu sein.“, „Im

Allgemeinen sollten Männer und Frauen gleich berücksichtigt werden, wenn sie sich

für eine Führungsposition bewerben/ansuchen.“ und „In welchem Ausmaß glauben

Sie, ist es erwünscht, dass eine Frau eine Geschäftsführerin ist.“ Nachdem die

Testpersonen die Fragebögen wieder dem Versuchsleiter zurückgaben, teilte der

Versuchsleiter den Teilnehmern mit, dass der eigentliche Versuchsleiter eine

Wirtschaftsstudentin einer nahe gelegenen Universität wäre und diese Studie

durchgeführt hat, weil es ein Teil ihrer Wirtschaftsausbildung sei. Nun sollten die

anwesenden Testpersonen die Versuchsleiterin bewerten mit dem Wissen, dass diese

die Bewertung nicht einsehen konnte. Unter anderem wurden folgende Fragen für die

Bewertung verwendet: „Umfassend, wie fühlten Sie sich, dass dieser Versuchsleiter

die Studie machte?“ (1= nicht sehr gut – 7=sehr gut) bzw. „Wie kompetent fanden Sie

die Versuchsleiterin“ (1= nicht zu sehr kompetent – 7 = sehr kompetent).4 Danach fand

eine Nachbesprechung mit eventuellen Erklärungen der Studie statt.

2. 4. 2. Ergebnisse

In der Manipulationsprüfung wurde bestätigt, dass Testpersonen, die gelesen hatten,

dass es nur kleine Abweichungen in der Zahl der weiblichen und männlichen

Geschäftsführer gab, der Aussage „es gibt viele weibliche Geschäftsführer“ mehr

zustimmten, als Testpersonen, die gelesen hatten, dass eine große Diskrepanz

zwischen männlichen und weiblichen Geschäftsführern existiert. Es wurde mit Hilfe

einer zweifachen Varianzanalyse die Daten ausgewertet. Ein Haupteffekt der Status

Quo Bedingung trat auf. Die Personen, die gelesen hatten, dass es wenige weibliche

Führungskräfte gab, stimmten weniger zu, dass Frauen in Unternehmen führend sein

sollten, als die Teilnehmer, die über eine größere Anzahl weiblicher Führungskräfte 4 Kay, A. C., et al. (2009a), Journal of Personality and Social Psychology, 97, 429.

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gelesen hatten. Die Interaktion zwischen der Bedrohungs- und Status Quo-Variable

ergab keine Signifikanz. Unter keiner Bedrohung, unterschieden sich die Bedingungen

in ihren Bewertungen nicht.

Die Bewertung des weiblichen Versuchsleiters beinhaltete die hauptabhängige

Variable. Die Daten wurden wieder anhand einer zweifachen Varianzanalyse

ausgewertet und wieder trat ein Haupteffekt der Status Quo Bedingung auf. Die

Testpersonen, die über wenige weibliche Geschäftsführer gelesen hatten, bewerteten

die Versuchsleiterin weniger positiv als die Personen, die über eine große Anzahl von

Geschäftsführerinnen gelesen hatten. In der Bedingung ohne Bedrohung, gab es

wieder keine Differenzen zwischen den Bewertungen.

Diese Resultate der durchgeführten Studien sind konsistent mit der Injunctification-

Hypothese: Menschen sind motiviert zu zeigen, dass der aktuell vorherrschende Status

Quo, der wünschenswerteste Status von Angelegenheiten und Systemen ist. In der

Bedingung hoher System-Bedrohung mit der Manipulation, dass Frauen in der

Geschäftswelt stark unterrepräsentiert sind, bewerteten die Teilnehmer die weibliche

Wirtschaftsstudentin als signifikant weniger sympathisch und weniger kompetent.

Die Implikationen von diesen Ergebnissen für Vorgänge in Zwischengruppen

(intergroup)-Beziehungen und Aufrechterhaltung von Ungleichheit sind unverkennbar.

Darüber hinaus wurde gezeigt, dass Testpersonen in der kritische Bedingung – hohe

System-Bedrohung und hohe Unterrepräsentation der Frauen in der Berufswelt –

waren signifikant vermehrt der Meinung, dass Frauen solche Positionen nicht besetzen

sollten, als die Teilnehmer in den anderen drei Bedingungen.

Abb. 4: Bewertung des weiblichen Versuchsleiters als eine Funktion der System Bedrohung und der Status Quo der wenige vs viele Frauen als leitende Führungskraft im Büro zeigt.

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3. Diskussionsanregungen

Die Ergebnisse der vier durchgeführten Studien zeigen auf, dass die „Injunctification“,

also die Verteidigung und Aufrechterhaltung des vorherrschenden Status Quo hohe

Zustimmung von den Testpersonen erhielt. Diese eigentlich erwarteten Werte werden

in jedem Kontext aufgezeigt, sowohl im politischen, als auch in öffentlichen

Bereichen. In den beiden letzten Studien wurde ebenso die Repräsentation der Frauen

in der Politik und in der Wirtschaft getestet und trotz offensichtlicher Ungleichheit

entsprachen die Ergebnisse den Erwartungen. Da die Ungleichheit in jeder der

manipulierten Situationen von den Teilnehmern aufrecht erhalten und verteidigt

wurde, scheinen Veränderungen eines Systems sehr schwer durchführbar zu sein und

werden generell eher verhindert. Aus dieser aufgezeigten Tatsache ergibt sich unter

anderen die Frage, wie sehr Personen von einem System formbar und manipulierbar

sind. In diesem Zusammenhang ist der Einfluss der Medien, die in jedem System

existieren besonders zu beachten, denn diese ermöglichen der Öffentlichkeit den

Zugang zu Informationen bezüglich des Systems. Im Grunde haben Medien die

Aufgabe unter anderen politisches Vorgehen und Umsetzungen für die Öffentlichkeit

zugänglich zu machen. Dies ist nicht nur für die Menschen, die in diesem System

leben und wirken wichtig, sondern auch für die Politik selbst. Das Problem der

Entpolitisierung ist in Folge der Notwendigkeit des Informationsflusses und der

dahinter stehenden Macht, ein zentriertes Problem. Die Politik ist auf die mediale

Kommunikation angewiesen. Medienunternehmen bauen ihre Machtpositionen aus um

Interessen spezifischer durchsetzen zu können. Wenn die Medien von spezifischen

Interessen geleitet werden, wie wirkt sich das auf den vorherrschenden Status Quo

aus? Die Macht der Medien entspricht der Möglichkeit das System zu beeinflussen

und die Meinung über den Status Quo zu manipulieren.5

Nicht nur Medien beeinflussen Systeme und deren Rechtfertigung, sondern auch

Stereotypen. Den Geschlechterunterschied kommt in der Arbeitswelt und in der Politik

eine große Bedeutung zu, da immer noch eine große Ungleichheit existiert. Einer Frau

5vgl. http://www.lfm-nrw.de/fileadmin/lfm-nrw/Pressemeldungen/studie-medienkonzentration.pdf (10.05.2011)

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werden ihre Zerbrechlichkeit und ihre zierliche Art nicht zur Last gelegt, sondern

betont und legitimiert die Ungleichheit. In jeder Kultur gibt es angemessene „Rollen“

für Mann und Frau und da der vorherrschende Status Quo akzeptiert wird, werden

diese Ideale beibehalten und gelebt.

Aus zahlreichen aktuellen Ereignissen kann man erkennen, dass in Form von

Revolutionen und Erlassungen neuer Gesetze und Regelungen, der Status Quo einem

Wandel zu Grunde liegt. In jüngster Zeit wurde in Österreich eine Frauenquote in der

Politik festgelegt. Dies wäre als ein Beispiel für eine (kleine) Veränderung in einer

demokratische Regierung, die das System betrifft. Die in der Bevölkerung herrschende

Meinung bezüglich Veränderungen in Richtung Gleichheit ist mit Sicherheit eine

Zweigeteilte und bietet Angriffsfläche für Diskussionen und Konflikte. Revolutionen

und Aufstände gegen lang erhaltene Diktaturen streben Veränderung des gesamten

vorherrschenden Systems an und sind von Unmut und Hass gegenüber der

Ungerechtigkeit beeinflusst und motiviert. Ist eine Veränderung eines verfestigten

Systems durch Diskussionen, Gewalt und weitere Konflikte möglich? Wie viel

Motivation können Personen aufbringen Ungerechtigkeit zu verteidigen und zu

rechtfertigen um in Sicherheit leben zu können?

Zu den vier beschriebenen Studien ist noch anzumerken, dass die verwendeten

Stichproben nicht ausreichend repräsentativ sein können. Die Daten wurden in einem

Land – Kanada – erhoben. Die Stichproben waren nicht nur zu klein, sondern auch

ungleich in der Aufteilung bezüglich Männer und Frauen. In Studie 2 konnte diese

Unterscheidung auf Grund der fehlenden Daten nicht getroffen werde und in Studie 3

wurden ausschließlich nur weibliche Studentinnen getestet. Studien, die

„Injunctification“ thematisieren, wären für Europa interessant. Vielleicht wäre es

möglich einen internationalen Vergleich bezüglich der Rechtfertigung von

Ungleichheit anhand von wissenschaftlichen Studien aufzustellen.

PS Sozialpsychologie: Soziale Konflikte, Dilemmata und Konfliktlösungen Bernard, Deix & Kaufmann SS 2011

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