das currency board system in argentinien 1991 - 2002 kritische faktoren, risiken und alternativen...
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Das Currency Board System in Argentinien 1991 - 2002
Kritische Faktoren, Risiken und Alternativen
Daniel Frank, Universität Basel
Currency Board in Argentinien - 2Aussenwirtschaft - Universität Basel - Januar 2005
Programm
• Historischer Abriss• Currency Boards: Überblick• Currency Boards: Kritische Faktoren• Systemversagen in Argentinien• Alternative Strategien• Zusammenfassung
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Historischer Abriss (I)
• Argentinien 1989– Wirtschaftskrise– Hyperinflation– Rezession– Soziale Unruhen
• Neuer Präsident: Carlos Menem
• April 1991: Currency Board System– Peg zum US Dollar zu pari (1 USD = 1 ARS)– Umsetzung in einem Gesetz: „Convertibility Law“– Unter Federführung des Finanzministers Domingo Cavallo
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Historischer Abriss (II)
• Sehr erfolgreich bis 1994– Stabiles Wirtschaftswachstum– Inflation innerhalb von zwei Jahren auf internationalem
Niveau– Anstieg der Arbeitslosigkeit
Argentinien: Hauptindikatoren
Jahr 1989 1990 1991 1992 1993 1994
GDP W‘tum [% p.a.] - 7.5 - 2.4 12.67 11.94 5.91 5.84
GDP Deflator [% p.a.] 3058 2077 134 11.92 - 1.5 2.85
Budget [% GDP] - 0.38 - 0.35 0.02 0.58 0.68 -0.16
Arbeitslosigkeit [%] .. .. 5.8 6.7 10.1 12.1
Currency Board
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Historischer Abriss (III)
• 1995: Finanzkrise in Mexico– Starke Kapitalabflüsse aus ganz Südamerika– Bankensystem verliert 18% aller Einlagen– Kurzfristiger Wirtschaftseinbruch– Markanter Sprung in der Arbeitslosigkeit– Aufbau eines moderaten Budgetdefizits
Argentinien: Hauptindikatoren
Jahr 1995 1996 1997 1998
GDP W‘tum [% p.a.] -2.85 5.53 8.11 3.85
GDP Deflator [% p.a.] 3.17 -0.05 -0.46 -1.71
Budget [% GDP] -1.16 -2.21 -1.46 -1.48
Arbeitslosigkeit [%] 18.8 17.2 14.9 12.8
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Historischer Abriss (IV)
• 1998: die Emerging-Markets-Krise– Krisen im internationalen Kreditmarkt– Japan, Russland, LTCM– Kreditspreads breiter, Refinanzierungskosten hoch– Anfang 1999: Brasilien gibt Peg zum USD auf
Argentinien: Hauptindikatoren
Jahr 1999 2000 2001 2002
GDP W‘tum [% p.a.] -3.38 -0.78 -4.41 -10.89
GDP Deflator [% p.a.] -1.84 1.04 -1.10 30.56
Budget [% GDP] -2.85 -2.27 -3.03 ..
Arbeitslosigkeit [%] 14.1 15.0 18.3 17.8
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Historischer Abriss (V)
• 2000 – 2001: Der Weg zur Krise– Dezember 1999: neuer Präsident Fernando De La Rúa– Steuererhöhung, um das Budgetdefizit einzudämmen
• Ohne den gewünschten Effekt• Steuererträge gehen sogar zurück• Erneute Rezession
– Anfang 2001: IMF bewilligt Rescue Package von 40 Mrd USD– März 2001: Regierungskoalition zerbricht. Domingo Cavallo
wird wieder Finanzminister– Cavallo betreibt eine sehr aktive Politik, verändert das System
und passt es an– Diese Veränderungen wirken im Endeffekt destabilisierend
auf das System
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Historischer Abriss (VI)
• 2001 – 2002: Die Krise– 1. Dezember 2001: Alle Bankdepositen werden eingefroren,
um Kapitalflucht zu verhindern.– Liquiditätsmangel lässt das Zahlungssystem kollabieren– Soziale Unruhen zwingen Präsident De La Rúa zum Rücktritt– Argentinien erklärt Zahlungsunfähigkeit über Staatsschulden
im Wert von USD 141 Mrd.– 6. Januar 2002: der Peso wird um 40% abgewertet– Devisenhandel wird eingestellt, Banken bleiben geschlossen
bis am 11. Januar 2002– Dual exchange rate System mit flexiblem Wechselkurs auf
Devisentransaktionenen und Fixkurs bei ARS/USD = 1.40 für Gütertransaktionen
– 11. Februar 2002: Fixkurs wird abgeschafft, Übergang zu flexiblen Wechselkursen
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Programm
• Historischer Abriss• Currency Boards: Überblick• Currency Boards: Kritische Faktoren• Systemversagen in Argentinien• Alternative Strategien• Zusammenfassung
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Currency Boards: Überblick (I)
• Das geldpolitische Trilemma– Siehe K&O, pp. 700– Es lassen sich nur zwei von drei Zielen verwirklichen
Wechselkurs-stabilität
Freier Kapitalverkehr
Autonomie der
Geldpolitik
Flexible Wechselkurse
Fixierte Wechselkurse
Kapitalverkehrs-kontrollen
Geldpolitisches Trilemma für offene Volkswirtschaften
Trilemma
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Currency Boards: Überblick (II)
• Strenges Fixkursregime– Vorstufe zur Dollarisierug
• Die Zentralbank – legt eine Ankerwährung und einen Fixkurs fest– hält 100% Reserven der monetären Basis– verpflichtet sich, jederzeit inländische Währung gegen
ausländische Ankerwährung zu festgelegtem Kurs zu tauschen
• Dadurch– ist die Geldpolitik / Geldmenge vollständig durch
Devisenreserven festgelegt– kann die Zentralbank nicht als Lender-of-Last-Resort wirken
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Currency Boards: Überblick (III)
• Kurs ARS/USD = 1.00
• Automatische Anpassung der monetären Basis– Inländer tauscht ARS gegen USD bei der Zentralbank– d.h. Inländer gibt der Zentralbank 100 ARS und bekommt
dafür 100 USD.– Geld im Umlauf nimmt um ARS 100 ab, Devisenreserven der
Zentralbank um 100 USD
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Programm
• Historischer Abriss• Currency Boards: Überblick• Currency Boards: Kritische Faktoren• Systemversagen in Argentinien• Alternative Strategien• Zusammenfassung
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Currency Boards: Kritische Faktoren (I)
• Geldpolitik und Institutionen• Ankerwährung• Institutionelle Umsetzung• Inländischer Finanzsektor• Exit Strategien• Inländischer Arbeitsmarkt• Offenheit der Volkswirtschaft• Fiskalpolitik
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Currency Boards: Kritische Faktoren (II)
• Geldpolitik und Institutionen– Aufgeben der unabhängigen inländischen Geldpolitik– Geldpolitik der Ankerwährung muss dupliziert werden, um
Parität zu gewährleisten– Keine Neutralisierung oder Sterilisierung von
Devisentransaktionen– Reserven der Zentralbank bilden immer 100% der monetären
Basis.
• Der Fall Argentinien– Gesetzliche Verpflichtung zu 100% Reservehaltung– Bis zu 30% der Reserven aus Staatsschulden in USD– Gesetzlich eng begrenzter Handlungsspielraum der
Zentralbank– Neutralisierung von Devisentransaktionen an der
Tagesordnung
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Currency Boards: Kritische Faktoren (III)
• Ankerwährung– Ankerwährung: die Währung, zu der die inländische
Währung fixiert wird– Eine der Hauptwährungen als Ankerwährung wählen
• Stabilität im Kurs• Liquidität der Märkte
– Grosser Teil des Aussenhandels in den Ankerwährungsraum– Wechselkursveränderungen der Ankerwährung gegenüber
Drittwährungen schlagen auf die inländische Währung durch
• Der Fall Argentinien– Ankerwährung USD als logische Wahl– USA zweitwichtigster Handelpartner (nach Brasilien)– Euro noch nicht verfügbar (heute Euroland zweitwichtigster
Handelspartner nach Brasilien)
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Currency Boards: Kritische Faktoren (IV)
• Institutionelle Umsetzung– Handeln der Zentralbank durch Gesetz bestimmt– Diskretionärer Spielraum der Zentralbank so weit wie möglich
einengen– Geeignete Rahmengesetze (Finanzsektor, Arbeitsmarkt etc.)– Schwieriges Gleichgewicht zwischen Einschränken der
Zentralbank und Erhalten der Flexibilität, um auf Schocks reagieren zu können
• Der Fall Argentinien– Gesetzliche Basis "Convertibility Plan"– Zentralbank führte regelmässig Devisenmarktinterventionen
(Neutralisierung) durch, vor allem nach 1994– Nach 2000 unter Domingo Cavallo sehr aktive Politik– Hanke: Exploitation of Loopholes
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Currency Boards: Kritische Faktoren (V)
• Finanzsektor– Kein Lender-of-Last-Resort in Fractional Reserves System– Präventive Finanzmarktregulierung, um Bank Runs und
Banking Panics zu verhindern• Einlageversicherung (Deposit Insurance)• Eigenkapitalvorschriften (Basel II)• Prompt Corrective Action• Prudential Restrictions
• Der Fall Argentinien– Vor 1991 viele schlecht regulierte, staatliche Banken– 1991 – 1994: Restrukturierung der Finanzmarktregulierung
• risikobasierte Reservehaltungsvorschriften• mehr Personal beim Regulator für mehr Durchsetzung• Privatisierung des stark öffentlich geprägten
Bankensektors
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Currency Boards: Kritische Faktoren (VI)
• Exit Strategien– Currency Boards heute meist in Ländern, die ökonomischen
und politischen Veränderungen gegenüberstehen– Zumeist aus einer Krisensituation heraus– Zentralbank soll an das Currency Board gebunden werden– Andererseits ändern sich ökonomische Rahmenbedingungen– Exit Strategien:
• Rückkehr zu flexiblem / quasiflexiblem System• Änderung der Ankerwährung, Anpassung des Pegs• Dollarisierung
• Der Fall Argentinien– Nach 1994: Verhandlungen mit Fed über Dollarisierung als
Exit Strategie– Erwies sich als politisch nicht durchführbar
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Currency Boards: Kritische Faktoren (VII)• Arbeitsmarkt
– Überbewertung der inländischen Währung muss durch tiefere Löhne abgefangen werden, um Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten
– Mobile Arbeit ermöglicht rasche Sektoradjustierung
• Der Fall Argentinien– unflexible Arbeitsmärkte– 35% der Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert– 2000: zwei Generalstreiks bringen das öffentliche Leben de
facto zum Erliegen– steigende Arbeitslosigkeit während Convertibility Ära– Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit, vor allem nach
Abwertung in Brasilien 1999
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Currency Boards: Kritische Faktoren (VIII)• Offenheit der Volkswirtschaft
– Wenige, geringe Terms of Trade Schocks– Aussenhandelssektor idealerweise
• nicht zu bedeutend• breit geographisch diversifiziert• über mehrere Sektoren verteilt
• Der Fall Argentinien– Exporte bilden ca. 10% von Argentiniens GDP– Bergbau- und Treibstoffprodukte, pflanzliche Produkte und
Nahrungsmittel und Luxusgüter je zwischen 15% und 20% des Exportvolumens
– Brasilien deutlich wichtigster Handelspartner Argentiniens mit über 20% Exportanteil, vor USA mit 15% - 20%.
– Seit 2000 (Euro-Einführung) Euroland zweitwichtigster Exportabnehmer.
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Currency Boards: Kritische Faktoren (IX)
• Fiskalpolitik– Tiefe Staatsschuld wichtig für Glaubwürdigkeit des Currency
Boards• Refinanzierungskosten• Investorenvertrauen• Anreize, Schulden weg zu inflationieren
– Kapitalflucht bedeutet das Ende des Currency Boards
• Der Fall Argentinien– Moderates, aber nach 1994 wachsendes Staatsdefizit– Ausgabeneinschränkung politisch nicht durchsetzbar– Kreditmarktkrise 1998– Steuererhöhungen 2000
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Programm
• Historischer Abriss• Currency Boards: Überblick• Currency Boards: Kritische Faktoren• Systemversagen in Argentinien• Alternative Strategien• Zusammenfassung
Currency Board in Argentinien - 24Aussenwirtschaft - Universität Basel - Januar 2005
Systemversagen in Argentinien (I)
• Komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren• Drei Faktoren im Mittelpunkt
– Fiskalpolitik – Überbewertung des Peso– Marktverhältnisse auf den internationalen Kreditmärkten
nach 1998
• Fiskalpolitik– Wachsendes Staatsdefizit seit 1994– Steuererhöhung nach 2000– Abfluss von ausländischen Direktinvestitionen aus
Argentinien– Rezession– Moderate Inflation nach jahrelanger Deflation– Investorvertrauen kollabiert
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Systemversagen in Argentinien (II)
• Überbewertung des Peso– Vor allem nach Abwertung in Brasilien 1999– Rückgang des Exports 1999, anschliessend nur noch
schwaches Exportwachstum– Jedoch nicht überbewerten; Exporte nur ca. 10% des GDP
• Kreditmarktkrise 1998– Japan: Untersuchungskomission für Sovereign Debt– Russland: Zahlungsausfall auf Staatsschuld und Abwertung– Einbruch der Staatsanleihen Rendite, Sprung der FX Swap
Spreads– LTCM muss rekapitalisiert werden– Brasilien beantragt Hilfe beim IMF, anschliessend Abwertung
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Systemversagen in Argentinien (III)
Currency Board in Argentinien - 27Aussenwirtschaft - Universität Basel - Januar 2005
Programm
• Historischer Abriss• Currency Boards: Überblick• Currency Boards: Kritische Faktoren• Systemversagen in Argentinien• Alternative Strategien• Zusammenfassung
Currency Board in Argentinien - 28Aussenwirtschaft - Universität Basel - Januar 2005
Alternative Strategien (I)
• Floating– Gegeben Argentiniens Geschichte von regelmässigen
Währungskrisen und an die Regierung gebundene Zentralbank keine Option
• Dollarisierung– Inländische Währung wird aufgegeben und durch
ausländischen Währung ersetzt; asymmetrische Währungsunion
– Wird manchmal als optimale Exit Strategie für ein Currency Board bezeichnet
– Nachteil: kaum mehr rückgängig zu machen– Diskretion der Zentralbank wird vollständig aufgegeben– Aufgeben der inländischen Währung politisch schwer
durchzusetzen
Currency Board in Argentinien - 29Aussenwirtschaft - Universität Basel - Januar 2005
Alternative Strategien (II)
• Dollarisierung (Forts.)– In Argentinien USD als parallele Währung für Transaktionen
zugelassen– Halten von USD-Konten erlaubt– De facto und de iure bereits stark dollarisiert– Verhandlung über Dollarisierung mit Fed
• USD wird (einzige) Währung in Argentinien• Fed übernimmt Bankaufsicht• Fed fungiert als Lender-of-last-Resort für argentinische
Banken• Seignorage Gewinne werden proportional an Argentinien
ausgeschüttet• Argentinien lässt Seignorage Gewinne als Collateral beim
Fed.
Currency Board in Argentinien - 30Aussenwirtschaft - Universität Basel - Januar 2005
Programm
• Historischer Abriss• Currency Boards: Überblick• Currency Boards: Kritische Faktoren• Systemversagen in Argentinien• Alternative Strategien• Zusammenfassung
Currency Board in Argentinien - 31Aussenwirtschaft - Universität Basel - Januar 2005
Zusammenfassung
• Das geldpolitische Trilemma ist bindend• Currency Boards sind geeignet, um die Zentralbank
aus einer Krise herauszuführen, Inflation einzudämmen und die Volkswirtschaft in geordnete Bahnen zu lenken
• Langfristig, mit der Veränderung fundamentaler Variablen, muss die Flexibilität der Volkswirtschaft sichergestellt oder eine Anpassung des Currency Boards vorgenommen werden