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Entomologica Austriaca 9 / 2003 Kolloquium 2003 Emil Hölzel - ein Leben für die Entomologie Emil Hölzel - a life for entomology Herbert Hölzel Eppersdorf 1,9371 Brückl, [email protected] Abstract The life's work of the Carinthian entomologist Emil Hölzel (1894-1973) is described. Keywords Emil Hölzel, biography, Carinthia. Vor 30 Jahren, am 1. Juni 1973, verstarb mein Vater Emil Hölzel in seinem langjährigen Wohnort Viktring bei Klagenfurt. Ich bin der Österreichischen Entomo- logischen Gesellschaft und insbesondere deren Vor- standsmitgliedern zu großem Dank verpflichtet, dass sie aus diesem Anlass, gerade hier beim Kolloquium in Klagenfurt, das Gedenken an ihn aufs Programm gesetzt haben. Mehr als 35 Jahre seines Lebens arbeitete Hölzel als ehrenamtlicher Kustos für Entomologie im Kärnt- ner Landesmuseum, wo er nicht nur die schon vor- handenen Insektensammlungen neu aufstellte, son- dern auch für viele Ordnungen neue Sammlungen mit Tieren, die er selbst gesammelt hatte, anlegte. Sein Leben fiel in eine unruhige Zeit mit mehrfachen gravierenden politischen und gesellschaftlichen Ver- änderungen, verursacht durch zwei große Kriege 1914-1918 und 1939-1945 sowie durch etliche klei- nere Revolutionen in der Zwischenkriegszeit in der Ersten Republik. Es gibt daher in seiner Biographie Brüche, die aus heutiger Sicht nur schwer oder auch gar nicht zu verstehen sind. Emil Hölzel wurde am 9. September 1894 in Ot- tensheim bei Wels (OÖ) als Sohn eines Gendarme- riebeamten geboren. Die Familie hatte insgesamt sie- ben Kinder (vier Söhne und drei Töchter). Als erstge- borener Sohn durfte Emil das Humanistische Gym- nasium in Wels besuchen, wo damals auch Latein und Altgriechisch unterrichtet wurden. Schon in der Schulzeit wurde sein Interesse für die Insektenwelt geweckt, und er begann schon früh mit der Anlage einer Käfersammlung. Er vollendete die Schulaus- bildung im Jahre 1914 mit der Matura, als-fast zeit- gleich - der Erste Weltkrieg ausbrach. Als Einjährig- Freiwilliger wurde er zu einer tschechischen Einheit, zum Infanterieregiment 75 in Böhmen, eingezogen. Als Kadett führte ihn der Frontdienst 1915 nach Gali- zien, wo ihm u. a. auch die Große Silberne Tapfer- keitsmedaille verliehen wurde. Er absolvierte die Of- fiziersausbildung, wurde als Leutnant in den Aktiv- stand übernommen und kam sodann zur Isonzofront. Er machte dort ab 1915 alle 12 Isonzoschlachten ohne größere Verwundungen mit und kam im November 1918 als Oberleutnant in seine Heimatgarnison Wels zurück. Dort wurde er als aktiver Offizier in das neue österreichische Bun- desheer übernommen. Ins Jahr 1921 fällt seine Ehe- schließung mit Anna Schiffmann, die von da ab über 50 Jahre lang seine Partnerin war. Im Jahre E"iiiHöizei(i894-1973) 1925 wurde der einzige Sohn, Herbert, in Wels ge- boren. Seine Tätigkeit als Berufssoldat hinderte Emil Höl- zel nicht daran, seine entomologischen Interessen weiterzuverfolgen und Sammlungen verschiedener Insektenordnungen anzulegen. Sein Hauptinteresse galt dabei den Käfern, die ihm bis zu seinem Lebens- ende immer eine Quelle reiner Freude waren. Sein größter Wunsch wares, die Insektenfauna derSüd- ostalpen studieren zu können, und so nützte er die Möglichkeit zur Versetzung und kam im Jahre 1925 nach Klagenfurt. Dort kam er bald in Kontakt mit dem Naturwissenschaftlichen Verein für Kärnten und mit dem von diesem begründeten und geführten Natur- kundlichen Landesmuseum. Seine landeskundliche Tätigkeit und seine Mitarbeit im Naturwissenschaftli- chen Verein führten dazu, dass ihm im Jahre 1927 die Betreuung der entomologischen Sammlungen des Museums übertragen wurde. Diese Tätigkeit wurde 1932 unterbrochen, da ihn sein Beruf noch für meh- rere Jahre von Klagenurt wegführte, zuerst für zwei Jahre nach Villach, dann für zwei Jahre nach Straß in der Steiermark und zuletzt nach Enns in Oberös- terreich. Dort beschloss er dann endgültig, seinen Beruf aufzugeben, und er wurde auf sein Ansuchen hin im Jahre 1937 pensioniert. Er kehrte sobald wie möglich nach Kannten zurück, bezog im Frühjahr 1938 seinen Wohnsitz in Viktring bei Klagenfurt und nahm sogleich seine Mitarbeit im Naturwissenschaftlichen Verein und im Museum wieder auf. Der im März 1938 erfolgte politische Umbruch mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich führte auch zu Änderungen im Bereich des Muse- ums. Der Naturwissenschaftliche Verein wurde ent- eignet, Haus und Sammlungen gingen in den Besitz des Landes über. Das Museum bekam einen neuen - politisch „erprobten" - Direktor und der Verein ei- nen ebenfalls ausgesuchten „Vereinsführer". Da bei 20 -Entomological Society of Austria- © Österr. Ent. Ges. [ÖEG]/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

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Entomologica Austriaca 9 / 2003 Kolloquium 2003

Emil Hölzel - ein Leben für die EntomologieEmil Hölzel - a life for entomology

Herbert HölzelEppersdorf 1,9371 Brückl, [email protected]

AbstractThe life's work of the Carinthian entomologist Emil Hölzel(1894-1973) is described.

KeywordsEmil Hölzel, biography, Carinthia.

Vor 30 Jahren, am 1. Juni 1973, verstarb mein VaterEmil Hölzel in seinem langjährigen Wohnort Viktringbei Klagenfurt. Ich bin der Österreichischen Entomo-logischen Gesellschaft und insbesondere deren Vor-standsmitgliedern zu großem Dank verpflichtet, dasssie aus diesem Anlass, gerade hier beim Kolloquiumin Klagenfurt, das Gedenken an ihn aufs Programmgesetzt haben.

Mehr als 35 Jahre seines Lebens arbeitete Hölzelals ehrenamtlicher Kustos für Entomologie im Kärnt-ner Landesmuseum, wo er nicht nur die schon vor-handenen Insektensammlungen neu aufstellte, son-dern auch für viele Ordnungen neue Sammlungenmit Tieren, die er selbst gesammelt hatte, anlegte.Sein Leben fiel in eine unruhige Zeit mit mehrfachengravierenden politischen und gesellschaftlichen Ver-änderungen, verursacht durch zwei große Kriege1914-1918 und 1939-1945 sowie durch etliche klei-nere Revolutionen in der Zwischenkriegszeit in derErsten Republik. Es gibt daher in seiner BiographieBrüche, die aus heutiger Sicht nur schwer oder auchgar nicht zu verstehen sind.

Emil Hölzel wurde am 9. September 1894 in Ot-tensheim bei Wels (OÖ) als Sohn eines Gendarme-riebeamten geboren. Die Familie hatte insgesamt sie-ben Kinder (vier Söhne und drei Töchter). Als erstge-borener Sohn durfte Emil das Humanistische Gym-nasium in Wels besuchen, wo damals auch Lateinund Altgriechisch unterrichtet wurden. Schon in derSchulzeit wurde sein Interesse für die Insektenweltgeweckt, und er begann schon früh mit der Anlageeiner Käfersammlung. Er vollendete die Schulaus-bildung im Jahre 1914 mit der Matura, a ls- fast zeit-gleich - der Erste Weltkrieg ausbrach. Als Einjährig-Freiwilliger wurde er zu einer tschechischen Einheit,zum Infanterieregiment 75 in Böhmen, eingezogen.Als Kadett führte ihn der Frontdienst 1915 nach Gali-zien, wo ihm u. a. auch die Große Silberne Tapfer-keitsmedaille verliehen wurde. Er absolvierte die Of-fiziersausbildung, wurde als Leutnant in den Aktiv-stand übernommen und kam sodann zur Isonzofront.Er machte dort ab 1915 alle 12 Isonzoschlachten ohne

größere Verwundungenmit und kam im November1918 als Oberleutnant inseine HeimatgarnisonWels zurück. Dort wurde erals aktiver Offizier in dasneue österreichische Bun-desheer übernommen. InsJahr 1921 fällt seine Ehe-schließung mit AnnaSchiffmann, die von da abüber 50 Jahre lang seinePartnerin war. Im Jahre E"iiiHöizei(i894-1973)1925 wurde der einzige Sohn, Herbert, in Wels ge-boren.

Seine Tätigkeit als Berufssoldat hinderte Emil Höl-zel nicht daran, seine entomologischen Interessenweiterzuverfolgen und Sammlungen verschiedenerInsektenordnungen anzulegen. Sein Hauptinteressegalt dabei den Käfern, die ihm bis zu seinem Lebens-ende immer eine Quelle reiner Freude waren. Seingrößter Wunsch wares, die Insektenfauna derSüd-ostalpen studieren zu können, und so nützte er dieMöglichkeit zur Versetzung und kam im Jahre 1925nach Klagenfurt. Dort kam er bald in Kontakt mit demNaturwissenschaftlichen Verein für Kärnten und mitdem von diesem begründeten und geführten Natur-kundlichen Landesmuseum. Seine landeskundlicheTätigkeit und seine Mitarbeit im Naturwissenschaftli-chen Verein führten dazu, dass ihm im Jahre 1927die Betreuung der entomologischen Sammlungen desMuseums übertragen wurde. Diese Tätigkeit wurde1932 unterbrochen, da ihn sein Beruf noch für meh-rere Jahre von Klagenurt wegführte, zuerst für zweiJahre nach Villach, dann für zwei Jahre nach Straßin der Steiermark und zuletzt nach Enns in Oberös-terreich. Dort beschloss er dann endgültig, seinenBeruf aufzugeben, und er wurde auf sein Ansuchenhin im Jahre 1937 pensioniert. Er kehrte sobald wiemöglich nach Kannten zurück, bezog im Frühjahr 1938seinen Wohnsitz in Viktring bei Klagenfurt und nahmsogleich seine Mitarbeit im NaturwissenschaftlichenVerein und im Museum wieder auf.

Der im März 1938 erfolgte politische Umbruch mitdem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reichführte auch zu Änderungen im Bereich des Muse-ums. Der Naturwissenschaftliche Verein wurde ent-eignet, Haus und Sammlungen gingen in den Besitzdes Landes über. Das Museum bekam einen neuen- politisch „erprobten" - Direktor und der Verein ei-nen ebenfalls ausgesuchten „Vereinsführer". Da bei

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Insektensammlungen keine politischen Lorbeeren zuholen waren, trat hier weiter keine Änderung ein, undHölzel wurde 1941 zum ehrenamtlichen Kustos fürZoologie und Entomologie am Landesmuseum fürKärnten bestellt. Vorher musste er, zu Kriegsbeginnim August 1939, nochmals eine Uniform anziehen undfür einige Monate Dienst als Kommandeureines Lan-desschützenbatallions leisten. Die Position des Kus-tos behielt Hölzel auch über den Regimewechsel1945 hinaus bis 1965. In diesem Jahr wurde erstmalsein graduierter Zoologe als hauptamtlicher Kustos fürZoologie und Entomologie eingesetzt.

Der immer näher rückende Bombenkrieg führtedazu, dass die wertvollsten Sammlungen des Muse-ums ausgelagert werden mussten. Hölzel konnte dengrößten Teil der Insektensammlungen im SchlossEbental bei Klagenfurt deponieren und so vor derGefahr der Zerstörung bewahren. Noch im Jahre1945 erfolgten die Rückführung in das Landesmuse-um und die Neuaufstellung.

Schon während der Kriegsjahre bemühte sich Höl-zel darum, alle im Land Kärnten lebenden Entomo-philen und Entomologen zu erfassen und in einerFachgruppe des Naturwissenschaftlichen Vereines zuvereinigen. So wurden schon ab 1940 Jahresver-sammlungen mit Vorträgen abgehalten. Die formelleGründung der Fachgruppe für Entomologie und Na-turschutz erfolgte dann 1947. Ab diesem Jahr wurdeauch ein Mitteilungsblatt der Fachgruppe herausge-geben, von dem bis 1958 zwölf Folgen erschienen,die eine Reihe von fachlichen Beiträgen und faunisti-sche Kurzmitteilungen enthielten. Zweifellos wurdendurch diese Aktivitäten der Fachgruppe einige neueMitglieder gewonnen.

Wesentliche Anregungen für seine entomologischeTätigkeit bekam Hölzel vom bekannten Koleoptero-logen und Tiergeographen Dr. Karl Holdhaus, der

als Nachfolgervon Ludwig Gangibauerdie Coleop-tera-Abteilung des Naturhistorischen Museums inWien leitete. Beide Herren kannten sich persönlich,da Hölzel sich des Öfteren Rat und Hilfe bei Hold-haus holte. Nach dem Erscheinen von dessen Werk„Die Spuren der Eiszeit in derTierwelt Europas" (1954)hat Hölzel sich zunehmend für tiergeographischeProbleme, im Besonderen für die „Massifs derefuge" - Gebirgsteile am Rande der Alpen, in denenbodenständige Tierarten die Kälteperioden der Eis-zeit überdauern konnten - interessiert. Holdhaus hatteu. a. die Vermutung ausgesprochen, dass auf der Kor-alpe der Buchenwald in montanen Lagen währendder Eiszeit persistiert haben und dass in diesem Fal-le auch eine präglaziale Blindkäferfauna dort gefun-den werden könnte. Hölzel schilderte 1956, dass er,zusammen mit seinem Freund Strupi, nach dreijähri-ger vergeblicher Suche noch gut erhaltene Buchen-wälder fand. Tatsächlich führte die Untersuchung derBodenfauna zur Entdeckung neuer endemischerKäferarten (darunter eine blinde Leptusa-Ari und ei-nige Pselaphiden). Eine Anzahl weiterer Publikatio-nen beschäftigen sich mit diesem Thema.

Die Käferfauna Kärntens wurde schon im 19. Jahr-hundert intensiv erforscht. In einem „Verzeichnis derbisher in Kärnten beobachteten Käfer" (1900-1906)von K. Holdhaus und T. Prossen und einem 1. Nach-trag dazu (1910-1913) von T. Prossen wurdeninsgesamt 4.163 Käferarten im Lande nachgewie-sen. Auf diesen Daten und auf der im Museum be-findlichen Sammlung aufbauend, publizierte Hölzelvon 1936 bis 1961 fünf weitere Nachträge zu diesemVerzeichnis, das am Ende 4.841 Arten auswies. Eingroßer Teil dieser Nachweise ging auf seine persön-liche Sammeltätigkeit in über 40 Jahren zurück, ent-hielt aber natürlich auch viele Daten anderer im Lan-de vorübergehend oder auch für längere Zeit tätiger

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Sammler. Diese werden im letzten Nachtrag 1961 per-sönlich genannt und gewürdigt. Hier sind auch mehrals 100 in den vorhergehenden Jahren neu gefunde-ne und neu beschriebene Arten enthalten. Ein gro-ßer Teil davon ist aus der Familie Staphylinidae undwurde vom bekannten Spezialisten Dr. Otto Scheer-peltz bearbeitet. Dieser war durch viele Jahre in denSommermonaten in Eisenkappel tätig, wo ihn Hölzelmehrmals zum Zweck gemeinsamer Exkursionen indie umliegende Bergwelt aufgesucht hat. Hölzel hat-te nie ein besonderes Naheverhältnis zur Alpha-Ta-xonomie. Er zog es vor, die Tiere in ihrer Umwelt auf-zusuchen und zu beobachten. So hielt er u. a. jahre-lang lebende Carabus-Spezies in Terrarien in seinerWohnung. Insgesamt hat er selbst nur sechs neueArten beschrieben und alles ihm unbekannte Materi-al stets an Spezialisten weitergeleitet.

Über seine Tätigkeit für das Museum und den Na-turwissenschaftlichen Verein hinaus stand Hölzelstets in hilfsbereiter Weise zur Verfügung, wenn fach-liche Anliegen an ihn herangetragen wurden. Mit demWegfall der Grenze zu Deutschland im Jahre 1938setzte ein starker Zustrom von Entomologen undSammlern nach Österreich und besonders nach Käm-ten ein, von denen sich viele im Museum bei Hölzeleinfanden und um Hilfe beim Aufsuchen von Sam-melplätzen etc. baten. Das führte zu etlichen Sam-melexkursionen mit diesen Kollegen, ein Brauch, derzwar durch den bald ausbrechenden Krieg unterbro-chen wurde, sich aber danach über Jahrzehnte fort-setzte. In gleicherweise wurden von Hölzel auch Stu-denten und Anfänger immer gerne betreut und ein-geladen, an seinen Exkursionen teilzunehmen, wo-bei er seine Sammelmethoden, wie Sieben, Schwem-men und Keschern etc., demonstrierte.

Eine große Zuneigung verband Hölzel auch mit denAmeisen (Formicidae). Schon seine erste Publikati-on überhaupt befasste sich 1936 mit den myrmeko-philen Koleopteren der Steiermark und ihren Wirts-ameisen. Darin berichtet er von Untersuchungen ei-ner Anzahl von Nestern verschiedener Ameisenar-ten, in denen er weit über 100 myrmekophile Käfernachweisen konnte. Einige Arten davon hielt er zu-sammen mit ihren Wirtsameisen in künstlichen Nes-tern und publizierte wiederholt in den folgenden Jah-ren über seine Beobachtungen. Im Jahre 1966 konnteer schließlich diese Familie im Catalqgus Faunae Aus-triae bearbeiten. Darin werden für Österreich 81 Ar-ten nachgewiesen, nicht weniger als 68 davon auchfür Kärnten. Der größte Erfolg seiner Tätigkeit warwohl die Entdeckung einer neuen, noch unbekann-ten Art, ausgerechnet in Mauerritzen in dem von ihmbewohnten Haus in Viktring. Es handelte sich dabeium eine 2-3 mm kleine Art, die später als Leptotho-rax carinthiacus beschrieben wurde. In jahrelangenBeobachtungen gelang es ihm, ein Nest in einer Mau-

erritze zu finden und auch den Hochzeitsflug zu se-hen. Dieserfand im Übrigen auch zeitgleich in einemkünstlichen Nest, das er in seiner Wohnung hatte,statt. Die Art wurde im Laufe der Jahre auch an an-deren Orten im Lande gefunden.

Als Ergebnis einerjahrelangen, intensiven Sammel-tätigkeit erschien 1955 eine Publikation über „Heu-schrecken und Grillen Kärntens". Darin werden fürdas Land 78 Arten (66Acrididae, 29Tettigoniidae und6 Gryllidae) nachgewiesen (österreichweit waren zudiesem Zeitpunkt 115 Arten bekannt). Das Werk istmit 2 Farbtafeln ausgestattet und bringt Bestimmungs-schlüssel für alle Taxa.

Eine zusammenfassende Darstellung deraus Kärn-ten bekannt gewordenen Arten der OrdnungenDermaptera, Mantodea undBlattaria erschien 1960.Eine Reihe kleinerer Veröffentlichungen befasstesich mit Kärntens Hemiptera und Homoptera. In zu-sammenfassenden gebietskundlichen Arbeiten wur-den wiederholt Funde von interessanten Tieren, Ord-nungen und Klassen, wie z. B. Aphaniptera, Diptera,Arachnida (bes. Pseudoskorpione), Crustacea (bes.Isopoda), Myriapoda und selbst Gastropoda, erwähnt.

Eine seiner letzten Publikationen, die ihmbesonders am Herzen lag, war eine Zusammenstel-lung aller in Kärnten entdeckten Arthropoden( 1967).In diesem Werk sind 169 Arten besprochen, die ent-weder nach Kärnten bzw. nach einzelnen Teilen die-ses Landes oder nach ihrem Entdecker benannt sind;36 dieser Arten waren zu diesem Zeitpunkt nur ausKärnten bekannt. Das Buch ist mit 3 Farbtafeln nachOriginalen von C. Demelt ausgestattet.

Wie warder Mensch Emil Hölzel? Seine Hinneigungzur Insektenkunde war uneingeschränkt und gren-zenlos. Trotzdem blieb er sein Leben lang immerauchein wenig der „alte Soldat", der von seiner Umgebungstets respektvoll „Major" genannt wurde. Er pflegteeinen spartanischen Lebensstil, schlief immer aufeinem eisernen Feldbett und lebte äußerst beschei-den, ohne jegliche Ansprüche an besonderen Kom-fort. Er aß und trank gerne und war auch einem GlasWein durchaus nicht abgeneigt. Sein Fortbewegungs-mittel war bis ins hohe Alter das Fahrrad, mit dem ertäglich von seinem Wohnort Viktring zum Museumfuhr. Ein Vergnügen, das er sich häufig leistete, wardas Schwimmen in der Drau, die er in den Sommer-monaten liebend gerne aufsuchte. Die Drauauen beiMaria Rain waren jahrzehntelang ein bevorzugterSammelplatz, und es hat ihn sichtlich schwer getrof-fen, als in seinen letzten Lebensjahren der Auwaldabgeholzt wurde, um einem Stausee Platz zu ma-chen. Er machte sein Leben lang nie „Urlaub" im heu-tigen Sinne, sondern war immer zu Zielen mit ento-mologischem Bezug unterwegs. Diese Ziele lagenfast ausschließlich im Land Kärnten oder im Grenz-gebiet zur Steiermark. Sein ständiges Reisegepäck

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war der Rucksack, darin befanden sich stets ein Kä-fersieb, ein Entomologisches Beil, ein Streifsack und- last but not least - eine Thermoskanne mit Tee oderKaffee, dazu Schwarzbrot mit Butter und Käse. Aus-landsreisen interessierten ihn überhaupt nicht.

Erst in seinen letzten Lebensjahren kam ein Fern-seher ins Haus. Er brauchte diese Art der Unterhal-tung nicht, solange er lesen konnte. Erlas immer viel,besonders natürlich Fachliteratur, sonst noch Bellet-ristik aller Art. Gerne hatte er Geschichten von KarlMay, wie ihn überhaupt ein Hauch von „Indianerro-mantik" bis ins hohe Alter begleitete. Er hatte nie eineZeitung im Haus, alle Verbindung zum Geschehen inder Welt lieferte das Radio.

Aus der Sicht des Sohnes war er ein herzensguterVater, mit dem es im ganzen Leben nie ernsthafteDifferenzen gab. Schon im frühen Kindesalter durfteich ihn sehr oft begleiten und ihm beim „Käfersam-meln" helfen. Ich habe so, im Lauf der Jahre, eineumfassende Grundausbildung in Insektenkunde ge-nossen, alle seine Sammeltechniken erlernt und gro-ße Formenkenntnis erworben. Als ich etwa mit 14Jahren begann, eine eigene Schmetterlingssamm-lung anzulegen, hat er mich dabei unterstützt, allenötigen Geräte für mich besorgt und mich sodannstets durch viele Jahre hindurch bei allen Lichtfang-abenden begleitet. Dabei versäumte er es nicht, michbehutsam darauf hinzuweisen, dass es außer denSchmetterlingen noch andere hochinteressante undwenig erforschte Insektenordnungen gibt, die zu stu-dieren sich lohnen würde. So habe ich relativ frühbegonnen, mich auch für Trichoptera und Neuropte-ra zu interessieren und bin bei den Letzteren auf Le-benszeit geblieben. Ich habe es nie bereut und binmeinem Vater für seine Anleitung ewig dankbar.

Hölzeis Verdienste um den NaturwissenschaftlichenVerein, dem er durch fast fünf Jahrzehnte als Vor-

standsmitglied angehörte und dessen Fachgruppe fürEntomologie er gegründet und viele Jahre lang ge-leitet hat, fanden schließlich noch kurz vor seinemAbleben (1973) durch die Ernennung zum Ehrenmit-glied des Vereines die verdiente Anerkennung.

Schon einige Jahre vorher (1970) wurde ihm vomBundespräsidenten der Berufstitel „Professor" verlie-hen, und die Universität Innsbruck verlieh ihm „inWürdigung der hervorragenden Verdienste um dieErforschung der wirbellosen Tierwelt Kärntens" dasEhrenzeichen „Excellenti in litteris" mit gleichzeitigerEintragung in das Ehrenbuch der Universität. Zwei-fellos bereitete es ihm auch große Freude, dass ihnseine Wohnsitzgemeinde Viktring, in der er 35 Jahrelang lebte, zum Ehrenbürger ernannte. Außerdemträgt eine Straße dieses Ortes, der inzwischen mitKlagenfurt vereint wurde, seinen Namen.

Hölzel hat mit seiner vielseitigen und unermüdli-chen Arbeit zur Erforschung der Fauna des LandesKannten Wesentliches geleistet, was am besten durchdie umfangreichen Insektensammlungen vieler Ord-nungen, die heute im Landesmuseum verwahrt sind,und seine 111 diesbezüglichen Publikationen de-monstriert wird. Nicht zuletzt wird auch die nach ihmbenannte Straße in Klagenfurt dazu beitragen, dassder Name Emil Hölzel weiterleben wird.

Literatur

KREISSL, E., 1978: Professor Emil Hölzel zum Gedenken. -Mitt. Abt. Zool. Landes museum Joanneum, Jg. 7 , H. 1, 10pp. (In dieser Publikation findet sich ein komplettes Ver-zeichnis aller Veröffentlichungen von E. Hölzel).

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