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Die Zukunftsmacher Wie ETH-Alumni die Welt mitgestalten SEITE 14 NR. 1/2019 Mehr Durchblick dank Augmented Reality SEITE 10 Wenn Daten vom Himmel fallen SEITE 36 Schatzkammer der Pflanzen SEITE 40 BEILAGE: Leserbefragung Ihre Meinung interessiert uns!

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Page 1: Die Zukunfts macher - ethz.ch · Das Motto der ETH Alumni Vereinigung lautet denn auch: Con necting – engaging – inspiring. Eine gute Gelegenheit für Ehemalige, bestehende Verbindungen

Die Zukunfts macher

Wie ETH-Alumni die Welt mitgestaltenSEITE 14

NR. 1/2019

Mehr Durchblick dankAugmented RealitySEITE 10

Wenn Daten vom Himmel fallenSEITE 36

Schatzkammerder PflanzenSEITE 40

BEILAGE: Lese

rbefragung

Ihre Meinung

interessiert uns!

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EDITORIAL

GLOBENR. 1/2019

Titel: iStock / Editorial: Markus Bertschi

Globe, das Magazin der ETH Zürich und der ETH Alumni

Die Schweiz wird von circa 100 Bot- schafterinnen und Botschaftern rund um die Welt vertreten. Die ETH hat deren Tausende: Absolventinnen und Absolven-ten, die über den Globus verstreut, in unterschiedlichsten Rollen und Aufgaben immer wieder Bewunderns wertes leis- ten. Sie alle verbindet eines: eine gemeinsa-me Alma Mater, die sie in ihrem Denken und Handeln geprägt hat.

Deshalb erfüllt es mich als neuge wählten Präsidenten der ETH Zürich und Alum- nus mit grosser Freude, mein Amt just in dem Jahr antreten zu dürfen, in dem wir das 150-Jahr- Jubiläum der ETH Alumni Vereinigung feiern dürfen. Über das ganze Jahr verteilt werden spezielle Anlässe Absolventinnen und Absolventen zusam-

Joël Mesot, Präsident der ETH Zürich

men- und an die ETH führen. Das Motto der ETH Alumni Vereinigung lautet denn auch: Con necting – engaging – inspiring. Eine gute Gelegenheit für Ehemalige, bestehende Verbindungen zu pflegen und neue Kontakte zu knüpfen.

Auch die aktuelle Ausgabe des ETH- Magazins Globe steht ganz im Zeichen des Alumni-Jubiläums und widmet seinen Fokus den Leistungen und Ideen von Ab- solventinnen und Absolventen der ETH Zürich. Globe präsentiert unterschied- liche Persönlichkeiten, die alle auf ihre je eigene Art und Weise einen Beitrag zur Zukunft der Schweiz und der Welt leis- ten. Die vorgestellten Alumnae und Alumni sprechen unter anderem auch darüber, was die ETH-Ausbildung ihnen vermittelt hat und wie eine zukunftsfähige Ausbil-dung aussehen soll.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!

Eine starke Verbindung

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INHALT GLOBENR. 1/2019

C O N N E C T I N GE N G A G I N G

INS

PIR

ING

Alumni Vereinigung

www.alumni.ethz.ch

Bild: Sandro Ropelato, Gruppe Menozzi; Stephan Huwyler; Giulia Marthaler

COMMUNITY35 Verbunden mit der ETH

36 Wenn Daten automatisch vom Himmel fallen In einer interdisziplinären Initiative widmen sich ETH-Forschende der Daten-wissenschaft.

39 Kolumne

REPORTAGE40 Schatzkammer der Pflanzen

Botanische Sammlungen erleben eine Renaissance. Zu Besuch in den Vereinigten Herbarien von Universität und ETH Zürich

CONNECTED46 Begegnungen an der ETH

48 Agenda

5 FRAGEN50 Christoph Stadtfeld

Er erforscht, wie soziale Netz-werke zwischen Menschen entstehen und was sie bewirken.

NEW AND NOTED7 News aus der ETH Zürich

8 Digital wohnen und bauen

10 Mehr Durchblick dank Augmented Reality

FOKUS

14 Vielfalt aus der ETH-WeltAbsolventinnen und Absol- venten der ETH leisten immerwieder Grossartiges.

20 Eine Beziehung fürs LebenDrei ETH-Alumni erzählen über ihre Zeit an der ETH und was ihnen davon geblieben ist.

26 Stufen zum ErfolgWas die ETH-Ausbildung aus-zeichnet und wo sie noch besser werden könnte.

30 Ein ETH-Brückenkopf im US-PowerhouseDie Alumni sind weltweit wertvolle Botschafter der ETH.

32 Das Unternehmer-Gen aktivierenETH-Alumni sind für den Arbeitsmarkt gerüstet.

33 Ein Netzwerk für alle FälleDie ETH Alumni Vereinigunghat viel zu bieten.

Mit viel Fingerspitzengefühl am Werk – Seite 40

Üben am virtuellen Modell – Seite 10

IMPRESSUM — Herausgeber: ETH Alumni / ETH Zürich, ISSN 2235-7289 Redaktion: Martina Märki (Leitung), Isabelle Herold, Corinne Johannssen, Nicol Klenk, Karin Köchle, Florian Meyer, Samuel Schlaefli, Norbert Staub Mitarbeit: Claudia Hoffmann Inserateverwaltung: ETH Alumni Communications, [email protected], +41 44 632 51 24 Inseratemanagement: Fachmedien, Zürichsee Werbe AG, Stäfa, [email protected], +41 44 928 56 53 Gestaltung: Crafft Kommunikation AG, Zürich Druck, Korrektorat: Neidhart + Schön AG, Zürich Übersetzung: Burton, Van Iersel & Whitney GmbH, München; Clare Bourne, Nicol Klenk, ETH Zürich Auflage: 40 100 deutsch, 31 500 englisch, viermal jährlich Abonnement: CHF 20.– im Jahr (vier Ausgaben); in der Vollmitgliedschaft bei ETH Alumni enthalten Bestellungen und Adressänderungen: [email protected] bzw. für Alumni www.alumni.ethz.ch/myalumni Kontakt: www.ethz.ch/globe, [email protected], +41 44 632 42 52 Kostenlose Tablet-Version.

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NEW AND NOTED7

ETH GLOBE 1/2019Bild: Colourbox

Maschinelles Lernen

WENIGER FEHLALARME

Fehlalarme auf der Intensivstation sind häufig. Sie halten das Personal auf Trab, und es besteht die Gefahr, dass die echten Alarme in der Flut von Fehl-alarmen untergehen. Forschende der ETH Zürich haben nun in Zusammen-arbeit mit Wissenschaftlern der Neu-rochirurgischen Intensivstation des Universitätsspitals Zürich eine Metho-de des maschinellen Lernens geschaf-fen, um die Zahl falscher Alarme deut-lich zu reduzieren. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie nutzten die For-schenden umfassende Datenaufzeich-nungen dieser Intensivstation.

Die verschiedenen Überwachungs-geräte funktionieren unabhängig von-einander. Ebenso schlagen sie unab-

Spin-off-Bilanz

ERFOLGREICH WIE NIE

Die ETH Zürich erlebte 2018 ein neues Hoch bei den Spin-off-Grün-dungen: 27 Unternehmen wurden 2018 gegründet – so viele wie noch nie. Der grösste Teil der neuen Grün-dungen – insgesamt zwölf im Jahr 2018 – stammt aus dem Bereich In-formatik- und Kommunikationstech-nologie. Fi nanzierungsrunden von über 170 Millionen Franken und der Börsengang von Sensirion zeugen zu-dem vom Markt erfolg der ETH-Aus-gründungen.

hängig voneinander Alarm, nämlich dann, wenn der Messwert einen definierten Schwellenwert unter- oder überschreitet. Die Forschenden kom-binierten und synchronisierten nun die Daten der Messgeräte, um mit Hilfe von maschinellem Lernen nicht relevante Alarme zu identifizieren.

Damit ein Computer die Klassifi-zierung von Alarmen in Richtig und Falsch lernen kann, müssen üblicher-weise zuvor Menschen eine bestimmte Anzahl von Alarmen beurteilen. Die an der ETH geschaffene Machine- Learning-Methode zeichnet sich da-durch aus, dass dazu nur wenige Alarme klassifiziert werden müssen.

Insbesondere bei einer geringen manuellen Hilfestellung ist die neue Methode anderen existierenden Ma-chine-Learning-Methoden überlegen. Schon 25 oder 50 manuelle Beurtei-lungen reichen aus, um einen Grossteil der Fehlalarme auszusortieren.

Evolution

WIDERSPRUCH AUFGELÖST

Die Geschwindigkeit der Evolution lässt sich einerseits von Fossilien, an-dererseits von Verwandtschaftsbäu-men ableiten, oft jedoch mit abwei-chenden Ergebnissen. Eine Erklärung dafür haben nun ETH-Forschende mit weiteren Wissenschaftlern gefun-den: Die beiden Methoden basieren auf unterschiedlichen Annahmen, wie Artbildung abläuft. Gelungen ist den Forschenden dies mit Hilfe eines ei-gens entwickelten Computermodells, mit dem es möglich ist, beide Sicht-weisen zu vereinen.

Die aus Fossilienfunden abgeleiteten Entstehungs- und Aussterberaten sind oft höher als jene von Methoden, die auf DNA-Analyse heute lebender Arten basieren.

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Listen in to ETH Zurich’s new podcast!ANYmal can see, walk, and get up if it falls down. The robot dog is already a star on YouTube and has even appeared in the sci-fi series “The X-Files”. But will it find a good master? From exciting reports to expert opinions, we’ll deliver stories from the world of science to your ear: www.ethz.ch/podcast

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NEW AND NOTED NEW AND NOTED8 9

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019 Bild: Roman Keller

Eröffnung DFAB HOUSE

DIGITAL BAUEN UND WOHNEN

Hier können Forschende neue Bau- und Energietechnologien unter realen Bedingungen testen: im NEST, einem modularen Forschungs- und Inno - va tionsgebäude der Empa und der Eawag in Dübendorf. Acht Professu-ren der ETH Zürich machten von die-ser einmaligen Gelegenheit Gebrauch. Zusammen mit Wirtschaftspartnern entwickelten sie im Rahmen des Na tionalen Forschungsschwerpunkts Digitale Fabrikation das dreigeschos-sige DFAB HOUSE, das am 27. Feb-ruar 2019 im Beisein von Bundesrat Guy Parmelin eröffnet wurde.

DFAB HOUSE ist das weltweit erste Haus, das weitgehend mit digi-talen Prozessen entworfen, geplant und auch gebaut wurde. Gleich vier neuartige Bauverfahren konnten da-bei aus der Forschung in die architek-tonische Anwendung gebracht wer-den. DFAB HOUSE soll auch digitales Wohnen ermöglichen. Bald schon werden vier Personen das intelligente Zuhause beziehen und neue Smart- Home-Lösungen oder Internet-of- Things-Technologien testen.

→ www.dfab.ch/de

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ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

NEW AND NOTEDNEW AND NOTED

Bild: Sandro Ropelato, Gruppe Menozzi

Ein Proband testet das intelligente Tutorsystem für mikrochirurgische Eingriffe im Auge. Die Brille zeigt ihm ein vielfach vergrössertes Modell. (Fotomontage)

Wer Marino Menozzi in seinem Büro in Zürich besucht, wird zunächst von einem Auge, so gross wie ein Medizin-ball, empfangen. Aus Styropor gefer-tigt, liegt es auf der Schrankablage hin-ter Menozzis Pult. Was es damit auf sich hat, erfährt man im Labor neben-an. Dort liegt vor einem Computer-

bildschirm ein Holzbrett, auf dem zwei kleine Kameras im rechten Winkel zu-einander befestigt sind. Daneben ein Stift mit einer winzigen Pinzette und eine bullige Brille, die ein wenig an Ro-bocop erinnert. «Was Sie hier sehen, ist eine Simulationsplattform für Ope-rationen am Auge», erklärt Menozzi,

Privatdozent an der Professur für Consumer Behavior. Seit Monaten be-suchen angehende Augenärzte das La-bor, um ihre Handfertigkeit für die Operation der epiretinalen Gliose (auch Macular Pucker genannt) zu üben. Eine solche OP wird nötig, wenn die Bindegewebemembran um den

Training für Ärzte

Mehr Durchblick dank Augmented Reality

Operationen am Auge sind Präzisionsarbeit. Mit einer neuen Simulationsplattform, basierend auf Augmented Reality, können Ärzte

Eingriffe dreidimensional an einem virtuellen Modell üben.

Sichtfeld noch stark eingeschränkt. Während das natürliche Sichtfeld ei-nen Winkel von etwa 200° abdeckt, sind es mit der Mixed-Reality-Brille lediglich 35°. Für einen realistischen Eindruck wären 120° nötig. Akustik, Geruch und Haptik könnten die Prä-senz ebenfalls verstärken.

«App Store» für SimulationenSandro Ropelato, der den Simulator im Rahmen seiner Doktorarbeit entwi-ckelt, ist überzeugt, dass das Potenzial der Technologie weit über die Augen-chirurgie hinausreicht. Auch andere knifflige und risikoreiche Operationen könnten künftig vorgängig für die AR-Simulation modelliert werden, so dass Ärzte und Ärztinnen sämtliche Handgriffe im virtuellen Modell ein-üben könnten. Weitere Einsatzgebiete sieht er in der Elektronik, zum Beispiel bei der Präparation von Silizium- Wafern für Mikrochips.

Ropelatos längerfristige Vision: Eine Art «App Store» mit unterschied-lichen Simulationen für sein Hard-ware-Setup, bestehend aus Hololens, Mikrokameras und Computer. Die 3D-Simulation basiert nämlich auf «Unity», eigentlich eine Gaming-Soft-ware, die sich jedoch für allerlei AR- und VR-Anwendungen durchgesetzt hat. Deshalb sind übers Web tausende Softwareelemente verfügbar, die le-diglich für die eigenen Anwendungen adaptiert werden müssen. Ropelato und Menozzi planen mittelfristig ei-nen Spin-off zur Vermarktung der Si-mulationsplattform. «Davor müssen wir jedoch noch viel von den Nutzern lernen», betont Menozzi. «Ihre Ak-zeptanz ist für unseren Erfolg ent-scheidend.» — Samuel Schlaefli

Zur Forschungsgruppe von Marino Menozzi: → www.cb.ethz.ch/research/menozzi-group

Glaskörper des Auges trüb wird und Zug auf die Netzhaut ausübt, der zu Rissen führen kann. Die Folge: ein stark eingeschränktes Sehvermögen.

Diffizile OperationWährend der Operation wird zuerst der Glaskörper, also das durchsichtige Gel im hinteren Teil des Auges, ent-fernt. Danach wird über eine Kanüle von weniger als einem Millimeter Durchmesser die hauchdünne Mem-bran mit einer sehr feinen Pinzette von der Netzhaut abgezogen. Wenn alles gut läuft, hat der Patient wenige Wo-chen später wieder eine klare Sicht. Eine solche OP braucht viel Finger-spitzengefühl und Erfahrung. Ange-hende Ärzte assistieren deshalb oft jahrelang und üben die Operation zu-sätzlich an Plastikmodellen und am lebendigen Tier. Letzteres ist aufwän-dig und wirft ethische Fragen auf, zu-dem können schwierige Bewegungen nicht wiederholt geübt werden.

Hier kommt die Robocop-Brille in Menozzis Labor ins Spiel: Geübt wird virtuell und mit Hilfe von Augmented Reality. Wer sich die Brille überstreift, vor dem erscheint schwebend in der Luft ein achtfach vergrössertes, vir-tuelles Auge – genau die Vergrösse-rung, mit der Chirurgen normalerwei-se unter dem Mikroskop operieren. Anders als bei Virtual Reality (VR), bei der der Nutzer die Umwelt gar nicht mehr wahrnimmt, wird bei Augmen-ted Reality (AR) das reelle Bild ledig-lich mit zusätzlichen virtuellen Ele-menten angereichert. In diesem Fall sind dies das vergrösserte Auge sowie im Sichtfeld auftauchende Anweisun-gen für die OP. Zum Beispiel Pfeile, Linien und Kreise, die den Übenden einen Idealpfad anzeigen, den sie mit der Pinzette abfahren sollen. Rund um das vergrösserte Auge erscheint die reelle Umgebung, weshalb die Pro-banden auch ihre Hände und die Posi-tion des Operationsinstruments sehen können.

Da jede Handbewegung durch die Minikameras auf dem Brett aufge-zeichnet und an die Brille weitergelei-tet wird, kann der Computer genau

berechnen, wie genau ein Proband ge-arbeitet hat. Zudem können angehen-de Chirurgen virtuell ein «Intelligent Tutoring» durchlaufen. Sprich, ein Al-gorithmus berechnet, welche Etappen der Operation erfolgreich durchge-führt wurden und welche Mühe berei-teten. Darauf basierend wird eine Übungssequenz zusammengestellt, die den maximalen Lerneffekt ver-spricht. «Wir hoffen, dass wir dadurch den Trainingseffekt verbessern kön-nen, so dass angehende Ärzte schneller für OPs bereit sind und weniger Fehler machen», sagt Menozzi.

Fehlende Haptik und Verzögerung Derzeit werden der Nutzen und die Akzeptanz der Simulation im Rahmen dreier Masterarbeiten und mit 23 an-gehenden Ärztinnen und Ärzten getes-tet. Gian-Luca Köchli ist einer von ih-nen. Er ist im letzten Jahr seines Medi-zinstudiums und hat den AR-Simulator bereits sechsmal getestet. Sein Fazit: «Die Simulation ist sehr empfindlich und genau; ich war erstaunt, wie realis-tisch das bereits wirkt.» Störend fand er hingegen, dass die Bilder auf der Brille leicht verzögert zur tatsäch-lichen Bewegung erscheinen. Zudem fehle bisher noch eine realistische Haptik. Grundsätzlich findet er den Ansatz, OPs am Simulator zu üben, aber vielversprechend, bevor man da-mit an den Menschen gehe.

Menozzi sieht derzeit drei grosse Herausforderungen: Da die virtuellen Bilder, abhängig von den Handbewe-gungen, zuerst von einem Computer berechnet und per WLAN auf die Bril-le geschickt werden, erscheinen diese, wie erwähnt, 20 bis 30 Millisekunden verzögert. Damit sei die Latenzzeit noch zu hoch, stellt Menozzi fest. Zweite Herausforderung: Manche Pro banden reagieren auf bestimmte Simulationen mit Schwindel oder so-gar Erbrechen. Dritte Herausforde-rung ist das Gefühl von Präsenz wäh-rend der Simulation. «Sie ist für uns ein wichtiges Indiz dafür, wie gut die Ergebnisse während einer Simulation auf die Realität übertragbar sind», so Menozzi. Derzeit ist zum Beispiel das

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ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019 Bild: Colourbox; Shutterstock Bilder: Katrin Lindbaeck; ETH Zürich, Montage

Zellbiologie

WIE PROTEINE IN DIE MEMBRAN KOMMEN

Fast ein Drittel aller Proteine von Le-bewesen stecken in einer Biomembran fest. Wie Membranproteine über-haupt in die Membranen reinkommen, haben Forschende der ETH unter-sucht. Sie nutzten dazu eine hochprä-zise Methode, mit der sie einzelne Pro-

teine aus Membranen herausziehen oder auf Membranen deponieren kön-nen. Einzelmolekül-Kraftspektrosko-pie nennt sich die Methode, bei der eine winzige computergesteuerte und nur wenige Nanometer dicke Blattfe-der präzise an einen Ort auf einer Membranoberfläche gelenkt werden kann. Adhäsionskräfte sorgen dafür, dass ein sich dort befindendes Protein an der Blattfeder haftet.

In Experimenten mit bakteriellen Proteinen konnten die Forschenden die Rolle von zwei Helferproteinen aufklären, welche es den Membran-proteinen ermöglichen, sich in die Membran einzufügen. Beide Helfer-proteine sorgen dafür, dass sich in der Membran eine Pore öffnet. Damit ha-ben die Wissenschaftler zum ersten Mal Schritt für Schritt beobachtet und beschrieben, wie sich ein ganzes Pro-tein in eine Membran einfügt und drei-dimensional formt.

Erdbebenforschung

GEWALTIGE KRÄFTE AM WERK

Nepal wurde 2015 von einem Beben der Magnitude 7,8 heimgesucht. Doch dem Land könnten noch weit-aus stärkere Erdbeben drohen. Das schliessen Erdwissenschaftler der ETH aus Simulationen mit einem neuen Modell, welches die Vorgänge in der Bruchzone zwischen der Eurasischen und der Indischen Platte abbildet. Damit konnten die ETH- Forscher nun zum ersten Mal mit hoher Auflösung die Erdbebenzyklen an einem Querschnitt der Bruchzone simulieren.

Schwangerschaftsvergiftung

BEHANDLUNG IN SICHT

Weltweit erleidet etwa jede zwan-zigste Schwangere eine Schwanger-schaftsvergiftung. Sie gehört zu den häufigsten Todesursachen während der Schwangerschaft. Zurzeit gibt es keine Behandlung. Das einzige Mittel ist eine frühzeitige Entbindung.

Während sich gesunde Gefässe bei Bedarf zusammenziehen können, schwellen die Gefässzellen bei einer Schwangerschaftsvergiftung auf, und die Blutgefässe verlieren ihre Elastizi-tät. Ein internationales Team mit Be-teiligung der ETH Zürich hat nun im Mausmodell Signalwege aufgeklärt, die zu verdickten und weniger elasti-schen Blutgefässen führen. Diese Re-sultate weisen einer möglichen medi-kamentösen Behandlung den Weg.

Membranproteine haben zentrale Funktionen.

Statine gehören weltweit zu den am häufigsten verwendeten Medikamenten.

Leben unter extremer

Erdbeben gefährdung: Bewohnerinnen

und Bewohner auf dem

Gemüsemarkt in Kathmandu

Glaziologie

EISVOLUMEN NEU BERECHNET

Der gegenwärtige Klimawandel lässt Gletscher weltweit schrumpfen. Mit dem schmelzenden Eis gehen buch-stäblich auch Süsswasserreserven bachab: Ohne Schmelzwasser würden zahlreiche Flüsse viel weniger Wasser führen, gerade solche, die durch Tro-ckengebiete wie die Anden oder Zent-ralasien fliessen und dort beispielswei-se Landwirtschaft erst ermöglichen. Um einschätzen zu können, wie sich Gletscher und die damit verbundenen Süsswasserreserven künftig entwi-ckeln, aber auch, wie sich der Meeres-spiegel verändern wird, sind aktuelle Kenntnisse über das heutige weltweit vorhandene Eisvolumen nötig.

Ein internationales Team von Gletscherforschenden unter der Lei-tung der ETH Zürich und der Eid-

genössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft hat nun anhand einer Kombination von ver-schiedenen Modellen das Eisvolumen aller Gletschergebiete der Erde mit Ausnahme der Eisschilde Grönlands und der Antarktis neu bestimmt. Das Eisvolumen dieser rund 215 000 Glet-scher beträgt gemäss der Studie aktuell rund 158 000 Kubikkilometer. Vor ein paar Jahren lag die Schätzung noch rund 18 Prozent höher.

Die Forscher benutzten für ihre Berechnungen eine Kombination von bis zu fünf unabhängigen Computer-modellen. Mehrere Informationsquel-len – etwa die Umrisse von Gletschern, die aus Satellitenbildern abgeleitet wurden, und digitale Höhenmodelle der Gletscheroberfläche – wurden darin mit Informationen über das Fliessverhalten der Gletscher kombi-niert. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die räumliche Verteilung der Eisdicke.

Cholesterinsenker

WENIGER GUTES FETTWer nicht nur weisses, sondern auch braunes Fettgewebe hat, leidet weni-ger häufig an Übergewicht und Diabe-tes. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung der ETH Zürich hat nun herausgefunden, dass die Bildung von «gutem» braunem Fettgewebe durch die Medikamentenklasse der Statine reduziert wird. Diese Choles-terinsenker werden unter anderem zur Reduktion des Herzinfarktrisikos verschrieben.

Zellkulturexperimente haben ge-zeigt, dass bei der Fettumwandlung der für die Herstellung von Choleste-rin verantwortliche Stoffwechselweg eine zentrale Rolle spielt. Obschon die Studie einen negativen Effekt von Statinen aufzeigt, warnen die Studien-autoren davor, diese Medikamente schlecht zu reden, weil sie äusserst wichtig zur Prophylaxe von Herz-kreislauferkrankungen seien.

Arktische Inseln wie Spitzbergen weisen die grössten Eisvolumen ausserhalb der Eisschilde Grönlands und der Antarktis auf.

Mehr Informationen zu diesen und weiteren Forschungsnachrichten aus der ETH Zürich finden Sie unter:→ www.ethz.ch/news

NEW AND NOTEDNEW AND NOTED

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Forscherin

Architektin

Gründer

Komiker

Nobelpreisträger

Robotik-Ethikerin

Unternehmer

Philanthrop

Spitzensportlerin

Stadtpräsidentin

CEO

Bundeskanzler

150 Jahre ETH-Alumni

Vielfalt aus der ETH-Welt

ETH-Absolventinnen und -Absolventen leisten immer wieder Grossartiges, sei es als Architekten, Ingenieure,

Forschende oder in ganz anderen Gebieten. Und seit 150 Jahren pflegen sie das Netzwerk der ETH Alumni.

Was sie motiviert und befähigt, zeigen wir Ihnen auf den folgenden Seiten.

FOKUSFOKUS

ETH GLOBE 1/2019 ETH GLOBE 1/2019

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FOKUS FOKUS1617

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019 Bilder: ETH-Bibliothek; © WEF; Christian Scholz; © Sennheiser

Corine Mauch,Stadtpräsidentin

von Zürich

baute es unter dem neuen Namen «Hilcona» zum führenden Frische-Conve-nience-Unternehmen aus. Seit dem Verkauf von Hil-cona an die Coop-Gruppe baut er mit seinem Sohn Rico das «Family Office» auf und gründete die «Stiftung Zukunft.li», die sich mit den zukünftigen Herausforderungen von Liechtenstein befasst.

06Annemarie Huber-HotzStudium Raumplanung, Präsidentin des Schweize-rischen Roten Kreuzes

Von 2000 bis 2007 war Annemarie Huber-Hotz Bundeskanzlerin und die erste Frau in diesem Amt. Sie studierte Soziologie, Ethnologie und Politik-wissenschaft an den Uni-versitäten Bern, Uppsala (Schweden) und Genf. An der ETH absolvierte Huber-Hotz 1976/77 einen Nachdiplomlehrgang in Raumplanung. Seit 2011 ist Annemarie Huber-Hotz Präsidentin des Schweize-rischen Roten Kreuzes.

07Corine Mauch Studium Agrarökonomie, Stadtpräsidentin von Zürich

Corine Mauch schloss 1986 an der ETH als Agrarökonomin ab. Am Studium, für das sie nach Zürich kam, faszinierte sie die interdisziplinäre Denk-weise und die lösungs-orientierte Verbindung von Wissenschaft und Praxis. Später folgte berufsbeglei-tend ein Master of Public Administration an der Universität Lausanne. Seit 2009 ist sie Stadtpräsi-dentin von Zürich.

08Urs Schaeppi Studium Maschinenbau, CEO Swisscom

Urs Schaeppi arbeitet seit 21 Jahren bei Swisscom, leitete seit 2008 den Gross-kundenbereich und seit Anfang 2013 Swisscom Schweiz. Ende 2013 wurde er vom Verwaltungsrat zum CEO Swisscom er-nannt. Er verfügt über Ab-schlüsse als dipl. Ing. ETH und lic. oec. HSG. Vor seiner Zeit bei Swisscom

war Urs Schaeppi bei Iveco, Ascom AG und bei der Papierfabrik Biberist in verschiedenen Führungs-positionen tätig.

09Urs Hölzle Studium Informatik, Senior Vice President bei Google Inc.

Urs Hölzle ist verantwort-lich für Design und Betrieb der Server, Netzwerke und

Rechenzentren, die die Dienste von Google betrei-ben, sowie für die Entwick-lung der Cloud-Plattform von Google. Er kam als ers-ter Vice President of En-gineering zu Google, nach-dem er zuvor als Professor für Informatik an der Uni-versity of California, Santa Barbara, tätig war. Urs Hölzle studierte von 1983 bis 1988 Informatik an der ETH Zürich.

10Walter Thurnherr Studium Physik, Bundeskanzler der Schweiz

Walter Thurnherr studierte von 1983 bis 1987 an der ETH Zürich theoretische Physik. Anschliessend war er am Mathematischen Seminar und am

01Richard Ernst Studium Chemie, Nobelpreisträger

Richard Ernst studierte von 1952 bis 1956 an der ETH Chemie, 1962 schloss er seine Doktorarbeit in physikalischer Chemie ab. Nach fünf Jahren in den USA kehrte er an die ETH zurück. 1991 gewann Ernst den Nobelpreis für Chemie für seine Beiträge zur Entwicklung der Kernspinresonanz-Spekt-roskopie. Auch nach seiner Emeritierung 1998 blieb er ein bestimmender Faktor in der internationalen For-schungslandschaft.

gen von denkmalgeschütz-ten Objekten und auf In-nenarchitektur und Raum-design.

04Jörg Sennheiser Studium Elektrotechnik, Aufsichtsratsmitglied Sennheiser

Jörg Sennheiser begann sein Elektrotechnik-Studi-um in Hannover und führte dieses an der ETH fort. 1973 promovierte er am Institut für Fernmelde-technik. Nach ersten beruf-lichen Erfahrungen begann er 1976 im Familienunter-nehmen Sennheiser, das sein Vater gegründet hatte. 1982 übernahm er die Un-ternehmensführung des Audio-Herstellers. Derzeit ist er Mitglied des Auf-sichtsrats.

05Jürgen Hilti Studium Elektrotechnik und Betriebswirtschaft, Verwaltungspräsident Hilcona AG

Nach seinem Studium stieg Jürgen Hilti 1971 zusam-men mit seinem Bruder Ekkehard in die Geschäfts-führung des vom Vater Toni Hilti gegründeten Unternehmens Scana Kon-servenfabrik AG ein und

20 prominente und nicht ganz so prominente Alumnae und Alumni stellt Globe hier ins

Rampenlicht. Sie stehen stellvertretend für alle ETH-Absolventinnen und -Absolventen, die mit ihrem Wissen die Welt mitgestalten.

ZUSAMMENGESTELLT VON Nicol Klenk

dustrielle Revolution» wurde in über 30 Sprachen übersetzt und mehr als eine Million mal verkauft.

03Tilla Theus Studium Architektur, Architektin

Tilla Theus studierte von 1963 bis 1968 Architektur an der ETH Zürich. Nach dem Studium eröffnete sie ein eigenes Atelier, seit 1985 als Tilla Theus und Partner AG. Sie ist spezia-lisiert auf die Projektierung und Ausführung von Neu-bauten in städtebaulich an-spruchsvollem Kontext, auf Umbauten und Sanierun-

Hören Sie Richard Ernst im Podcast:→ www.ethz.ch/podcast

02Klaus Schwab Studium Maschinenbau, Vorsitzender WEF

Klaus Schwab ist Gründer und Vorsitzender des Welt-wirtschaftsforums WEF. Die in Genf ansässige in-ternationale Organisation ist eine Plattform für Füh-rungskräfte aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesell-schaften zur Bewältigung globaler Herausforderun-gen. Sein 2016 erschiene-nes Buch «Die Vierte In-

Bilder: © Jürgen Hilti; Charles Erik Huber; © Dominique Meienberg; © Swisscom; © Google

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FOKUS FOKUS1819

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

Physio logischen Institut der Universität Bern tätig. 1989 trat Thurnherr ins Eidgenössische Departe-ment für auswärtige Ange-legenheiten ein. Ende 2015 wurde er vom Parlament zum Bundeskanzler ge-wählt.

11Pascale Vonmont-Bachmann Studium Chemie, Direktorin der Gebert Rüf Stiftung

Pascale Vonmont-Bach-mann studierte an der ETH Zürich Chemie, promo-vierte 1993 im Bereich Biopolymere und erwarb zeitgleich das Lehramt für Chemie. Seit 2017 ist sie als Direktorin bei der Ge-bert Rüf Stiftung tätig. Die grösste private Stiftung für Wissenschaft und Inno-vation in der Schweiz för-dert mit einem Jahresbud-get von CHF 15 Mio. den Transfer innovativer Wis-senschaftsprojekte auf den Markt.

Weltspitze im alpinen Ski-rennsport, 2014 wurde sie an den Olympischen Win-terspielen in Sochi Olym- piasiegerin in der Königs-disziplin Abfahrt. Von 2015 bis 2018 studierte sie Physik an der ETH Zürich und schloss im September 2018 mit einem Bachelor ab. Seit Oktober 2018 ist sie als CEO der Stiftung Schweizer Sporthilfe tätig und macht so weiter ihre grösste Leidenschaft zum Beruf.

20Eva BaierStudium Umwelt natur-wissenschaften, Gründerin Fischwanderung.ch

Aufgewachsen in Kons-tanz, kam Eva Baier 2010 für das interdisziplinäre Umweltnaturwissenschaf-ten-Studium an die ETH. Nach ihrem Abschluss 2016 hat sie die Fischwan-derung.ch GmbH gegrün-det. Ihre Motivation ist, massgeblich zur Lösung von Gewässerschutzprob-lemen beizutragen.

12Felix Graf Studium phys. Chemie, CEO NZZ-Mediengruppe

Felix Graf schloss 1994 sein Diplom an der ETH als interdisziplinärer Naturwissenschaftler ab. 1998 promovierte er in Physik am Lehrstuhl für physikalische Chemie. Da-nach war Graf in leitenden

Positionen für McKinsey, Swisscom, Teleclub und CKW tätig. Seit 2018 ist er CEO der NZZ-Medien-gruppe, eines der grössten privaten Medienunterneh-men der Schweiz.

13Roberto Cirillo Studium Maschinenbau, CEO Schweizerische Post

Roberto Cirillo schloss 1995 als Maschinen-bauingenieur an der ETH ab. Später arbeitete er bei McKinsey & Company als Associate Principal. Da-nach war Cirillo vier Jahre lang CEO der Optegra Ltd.

und acht Jahre lang Mit-glied der Konzernleitungder Sodexo SA. Roberto Cirillo ist aktuell als Mit-glied des Verwaltungsrates der Croda International Plctätig. Ab April 2019 über-nimmt Roberto Cirillo als CEO die Führung der Schweizerischen Post.

14Myke NäfStudium Informatik, Gründer Doodle

Myke Näf ist Gründer und ehemaliger CEO von Doodle, dem weltweit führenden Online-Termin-planer. Vor Doodle arbeite-te er als Dozent, Security Officer, Projektleiter,

Engineer sowie Berater in verschiedenen Firmen in der Schweiz, den USA, in Bhutan und auf den Philippinen. Heute ist er als Business Angel, Advisor von Start-ups und mit eigenen Firmengründun-gen aktiv.

15Christian Buhl Studium Physik, CEO Geberit Gruppe

Christian Buhl hat von 1993 bis 1999 an der ETH Zürich Physik studiert und anschliessend an der Uni-versität St. Gallen promo-viert. Von 2000 bis 2003 war er in der Forschung und Lehre an den Universi-täten St. Gallen und Basel tätig. Von 2004 bis 2008 arbeitete er bei McKinsey & Company. Im Jahr 2009 trat Christian Buhl in die Geberit Gruppe, den euro-päischen Marktleader für Sanitärprodukte, ein und ist seit 2015 Vorsitzender der Konzernleitung.

16Reto FreiStudium Betriebs- und Produktions wissen-schaften, Gründer des Restaurants tibits

tibits, abgeleitet aus dem Englischen «tidbits», «klei-ne Leckerbissen», steht für genussvolles, frisches und gesundes Essen und Trin-ken. Der Familienbetrieb wurde im Jahr 2000 von den Gebrüdern Daniel, Christian und Reto Frei und der Familie Hiltl ge-gründet. Die Idee zu tibits entstand im Rahmen des Businessplan-Wettbewerbs Venture 98, einer Veran-staltung der ETH Zürich und McKinsey.

Myke Näf,Gründer Doodle

17Fabian UntereggerStudium Lebensmittel-wissenschaften, Schweizer Komiker und Moderator

Fabian Unteregger schloss 2003 an der ETH Zürich das Studium der Lebens-mittelwissenschaften ab und erlangte 2004 den di-daktischen Ausweis ETH. 2008 bis 2014 studierte er an der Uni Zürich Human-medizin. 2017 folgte die Promotion zum Doktor der Medizin. Unteregger ist beim Theatersport, als Imitator oder als Modera-tor auf diversen Bühnen anzutreffen.

18Kate DarlingStudium am D-GESS, Robotik-Ethikerin

Kate Darling ist preisge-krönte Forscherin am MIT, wo sie soziale Robotik un-tersucht und Studien zur Mensch-Roboter-Interak-tion durchführt. Mit ihrer Forschung wirft sie einen Blick auf Fragen zur Wei-terentwicklung der Robo-tik in den kommenden Jahrzehnten. Kate Darling hat 2014 im Departement Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften ihr Doktorat abgeschlossen.

19Dominique GisinStudium Physik, Olympiasiegerin Abfahrt-Ski

Dominique Gisin gehörte von 2007 bis 2015 zur

Kat

e D

arling, R

obotik-Ethikerin

Bilder: Schweizerische Bundeskanzlei; Christoph Läser Phtograph AG Basel; © NZZ; © Die Schweizerische Post;

Katharina Wernli; Florian KalotayBilder: © tibits, Pascal Triponez; Flavia Schaub; Fabian Unteregger; © Dominique Gisin; Eva Baier

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FOKUS2021

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

Eine Beziehung fürs Leben

Drei ETH-Alumni erzählen über ihre Zeit an der ETH und was ihnen

davon geblieben ist.

BILD Meng Studio Shanghai UND Daniel Winkler

FOKUS

Xi Zhang Architektin in Shanghai und Zürich

H eute in Zürich, vorges-tern in Hongkong, vor drei Tagen in Shanghai. Die ETH-Architektin Xi Zhang ist erfolgreich.

Sie hat je ein Büro in Zürich und Shang-hai, pendelt in der Regel monatlich hin und her. Das Geschäft läuft gut. «Wir bieten, was der Markt braucht», erklärt Zhang ihr Erfolgsrezept. «In China die Schweizer Qualität, in der Schweiz die chinesische Geschwindig-keit.»

Aufgewachsen ist Zhang in einer Künstlerfamilie in Xi’an. Ihr Vater hat aber bald eingesehen, dass die chinesi-

sche Malerei nichts für seine Tochter ist. «Ich habe einen anderen Charak-ter», sagt Zhang. «Ich bin kribbelig und multitasking. Ich muss nach fünf Minuten mit etwas fertig sein, um et-was Nächstes zu machen.»

Ausserdem lagen ihre Stärken in der Schule bei den Naturwissenschaf-ten. Und so kam die Familie auf die Idee mit der Architektur: Sie verbindet das Technische mit der Kunst. Als Zhang 1997 mit dem Studium an der Tongji University in Shanghai anfing, war schnell klar, dass es genau das Richtige für sie ist. «Ich hatte Glück, einfach perfekt.»

Nach dem Abschluss 2002 wollte Xi Zhang unbedingt Auslanderfahrung sammeln. Es zog sie in die Schweiz. «Ich hatte ein einfaches Motiv», blickt Zhang zurück. «Die ETH ist die

«Ich wollte an die beste Architekturschule der Welt.»Xi Zhang

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FOKUS FOKUS22

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

beste Architekturschule der Welt.» Da wollte sie hin. Doch dann gab es Prob-leme mit dem Visum und sie verpasste den Semesterstart. Pech? Mitnichten. Um die Zeit bis zum nächsten Semes-ter zu überbrücken, bewarb sie sich um ein Praktikum bei Herzog & de Meuron, wurde genommen und konn-te als Juniorarchitektin bleiben. Unter anderem arbeitete sie am Vogelnest in Peking. «Ich konnte Praxiserfahrung im besten Architekturbüro sammeln», freut sich Zhang noch heute. «Ich hatte wirklich Glück.»

Xi Zhang redet oft von Glück oder Zufall. Von ihrem Können und ihren unzähligen Talenten nicht. Aber sie gibt gerne zu, wie hart sie für ihren heutigen Erfolg gearbeitet hat, noch immer arbeitet. Phasenweise waren da gar keine Projekte, dann wiederum musste das ganze Team selbst an Weih-nachten bis tief in die Nacht arbeiten. «Alles, was man tut, lohnt sich», ist die Chinesin überzeugt, und dass alles zu-rückkommt. «Wenn ich dir ein Lachen schenke, lächelst du sofort zurück. Aber je visionärer die Idee, desto län-ger dauert es.»

Zhangs Karriere als selbständige Architektin startete 2006 gleich nach Abschluss ihres Studiums. Mit dem ETH-Master in der Tasche ging sie zu-rück nach Shanghai und gründete dort mit einem Partner ihr Architekturbüro EXH Design. «Als ich an der ETH war, hatte ich gar nicht gemerkt, was ich über die reine Architektur hinaus alles lernte», blickt sie zurück. Wie man einen Vertrag abschliesst, in welcher Phase man aufpassen muss, wie man mit Mitarbeitenden umgeht. Erst im Nachhinein hat sie realisiert, dass die ETH sie alles gelehrt hat. Als sie an-fing, die eigene Firma zu führen, hat die Jungunternehmerin die alten Bü-cher hervorgeholt und nochmals gele-sen. «Nicht für die Prüfung, sondern für mich selbst.»

In China beschäftigt ihre Firma heute 22 Angestellte, in Zürich sind es bislang deren drei. Der europäische Standort ist noch jung. Erst 2016 hat die Firma nach Europa expandiert. Das helle, reduzierte Büro liegt an bes-

ter Lage direkt am Zürichsee. Der kul-turelle Unterschied zwischen den bei-den Büros ist gross. «Hier in Zürich reden alle von der Work-Life-Balance, aber ich trenne das nicht», sagt Zhang. «Mein Ziel ist es, dass ich aus meiner Aktivität, egal ob Arbeit oder Ferien, Energie hole. Meine Arbeit ist zwar hart, aber ich werde inspiriert.»

Inspiriert hat sie auch das Studium an der ETH. «Die ETH war für mich ein Ozean des Wissens», schwärmt Zhang. «Ich habe so viel absorbiert.» Zum Beispiel Architekturgeschichte: In China lernte Zhang, was in welchem Jahr passiert ist. In der Schweiz sind die Innovationen der jeweiligen Epo-che wichtig. Die Geschichte wird da-durch dynamisch und lebendig. Die junge Studentin hat auch gelernt, die-ses Wissen anzuwenden: «Wenn ich mit den an der ETH gelernten Metho-de meine eigene Kultur anschaue, dann sehe ich sofort die viele Schätze in mei-ner Heimat.»

An der ETH durfte die Chinesin auch kritische Fragen stellen und ihre Meinung frei äussern. So hat sie neben dem eigentlichen Architekturhand-werk auch eine neue Denkweise ge-lernt. «Die ETH hat mir die Augen geöffnet – eigentlich den ganzen Kopf», sagt Xi Zhang und lacht dabei. — Corinne Johannssen

Cédric Waldburger Firmengründer mit vielen Ideen und wenigen Dingen

E r trinkt nur Wasser, duscht ausschliesslich kalt. Er be-sitzt nur 64 Dinge, alle schwarz. Dass er einen «Spleen» habe, musste

sich Cédric Waldburger schon oft an-hören. Der Digitalunternehmer hielt sich in den letzten Jahren nie länger als vier Tage an einem Ort auf. Kalifor-nien, Berlin, Hongkong. Eine Woh-

nung machte keinen Sinn mehr, also gab er sie auf. Er übernachtete mal im Hotel, mal auf der Couch bei Freun-den, den Rucksack mit all seinen Sa-chen gleich einem Schneckenhaus im-mer dabei.

So wenig er an Materiellem hat, so zahlreich sind die Ideen und Projekte des 30-Jährigen: Er gründete mehrere Software-Startups, investiert in ausge-wählte junge Firmen anderer – immer mit dem Ziel, möglichst viel zu lernen. «Ich liebe es zu experimentieren, und Erfahrungen sind mir so viel wichtiger als Sachen», fasst Waldburger zusam-men. Wenig zu besitzen, empfindet er nicht als Einschränkung, sondern als Freiheit. Lieber als von einem Minima-listen spricht er von sich als einem «Es-senzialisten»: Nicht die Anzahl Dinge ist entscheidend, sondern der Fokus auf das, was wichtig ist und glücklich macht. Pünktlich alle 90 Tage reflek-tiert er sein Leben. Er analysiert zwölf Bereiche wie Geschäft, Beziehung oder Fitness und will sich auf diese Weise konstant optimieren.

Sein ausgeprägtes logisches Den-ken fiel den Eltern – beide Nicht-Aka-demiker – schon früh auf, mit sechs Jahren schrieb er mit dem älteren Cousin erste Computerprogramme. Er sei ein «Kellerkind» gewesen, sagt Waldburger, introvertiert und am liebsten am Tüfteln. Ab der 3. Klasse nahm er nicht mehr am regulären Ma-thematikunterricht teil, sondern hielt Vorträge und besuchte Begabtenförde-rungskurse. Die 6. Primarklasse über-sprang er kurzerhand. Mit den Mit-schülern verband ihn wenig; lieber gab er sich mit älteren Jungs ab. Einer da-von studierte Elektrotechnik an der ETH und nahm Waldburger mit in eine Vorlesung. Ein prägender Mo-ment: Waldburger war fasziniert von der komplexen Materie und spürte, wie viel er hier lernen könnte. Die Stu-dienwahl stand fest. Betriebswirt-schaft hätte ihn zwar auch interessiert, aber im Gegensatz zur Elektrotechnik, dachte Waldburger, könne er sich die-se auch selbst beibringen.

Den ersten Tag an der ETH ver-passte er prompt, da er genau dann

beim Notar die Gründung seiner ers-ten Firma Mediasign abwickelte, eine Web-Agentur, die er mit einem Pfadi- freund ins Leben rief. Es gibt sie noch heute. Im Studium traf er Kollegen, die ihm mathematisch um ein paar Nasen-längen voraus waren, und er musste sich zum ersten Mal in seinem Leben reinknien. Die Professoren prophezei-ten schon in der ersten Woche, nur je-der zweite werde die Basisprüfung be-stehen. Waldburger nahm es sportlich, hätte sich jedoch mehr Wohlwollen gewünscht. Ausgleich zum teilweise als zu theoretisch empfundenen Studi-um bot ihm seine Firma, wo er nach Vorlesungsschluss bis Mitternacht ar-beitete. «Wie ich das geschafft habe, weiss ich selber nicht mehr, es war un-glaublich intensiv, aber ging irgendwie auf», erinnert sich Waldburger, nicht ohne Stolz.

Das Wertvollste, das er an der ETH gelernt hat: Sich selber komplexe Dinge beizubringen und keine Angst vor grossen Problemen zu haben – eine Kompetenz, die ihm heute als Un-ternehmer enorm hilft. Eine weitere Qualität des ETH-Studiums wurde ihm später als Arbeitgeber bewusst: «ETH-Absolventen gehen ruhig und selbständig an Aufgaben heran und kommen dann mit sehr klaren Fragen. Diese Eigenschaft treffe ich bei Abgän-gern von amerikanischen oder asiati-schen Schulen nicht im selben Mass an».

Waldburgers Verbindung zur ETH ist nie abgebrochen und dürfte

«Ich habe an der ETH gelernt, keine Angst vor grossen Problemen zu haben.»Cédric Waldburger

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FOKUSFOKUS2425

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

deutlich weniger. Selbst wenn die Liste seiner Besitztümer nun etwas länger wird, Überflüssiges wird man in der Wohnung vergeblich suchen. Ganz wichtig ist ihm das Gästezimmer: So wie er selber oft dankbar war für ein Bett bei Freunden, soll auch sein Heim jederzeit Platz für digitale Nomaden aus dem Bekanntenkreis bieten. — Isabelle Herold

Aeneas Wanner Umweltwissenschaftler und Mitbegründer von myclimate

G eschäftsführer, Politiker, Verwaltungsratsmit glied: «Langweilig wird mir nicht», lacht Aeneas Wanner, wenn man ihn

fragt, wie er seine vielfältigen Aufga-ben unter einen Hut bekommt. Der 39-jährige Umweltnaturwissenschaft-ler leitet seit mehr als 12 Jahren die Geschäfte von Energie Zukunft Schweiz. Das Unternehmen unter-stützt Energieversorger, Immobilien-firmen und Hausbesitzer bei der Um-stellung auf erneuerbare Energien. Es berät sie unter anderem zu Fragen der Gebäudedämmung, der Energieef-fizienz oder der Vermarktung von Ökostrom. «So treiben wir die Ener-giewende voran.»

Er sei ein Macher, sagt der Basler von sich. Zusammen mit seinem Team entwickelt er Geschäftsmodelle und stellt neue Projekte auf die Beine. «Mein Ziel ist jeweils, mich überflüssig zu machen.» Also die Dinge so weit zum Laufen zu bringen, dass andere sie übernehmen können. So hat er etwa einen Online-Vertrieb für Wärmepum-pen gegründet, der nun als eigenstän-diges Unternehmen fungiert. Und die Spin-off-Firma Act Cleantech, deren Verwaltungsratspräsident er ist, un-terstützt im Auftrag des Bundes mehr als 300 Industrieunternehmen bei der

Steigerung der Energieeffizienz und bei und der Reduktion von Treibhaus-gasemissionen.

Als sich der damals 26-jährige Wanner um die Stelle als Geschäfts-führer bei Energie Zukunft Schweiz bewarb, hatte er sein ETH-Studium noch nicht lange abgeschlossen. Er stiess zufällig auf die Stellenausschrei-bung und wusste sofort: «Das ist mein Traumjob.» Obwohl er sich wenige Chancen ausrechnete, bewarb er sich – und wurde zu seiner Überraschung genommen. «Ausschlaggebend war wohl, dass ich bereits Erfahrung beim Aufbau eines Start-up-Unternehmens gesammelt hatte», sagt Wanner. Denn im Jahr 2002, noch während des Stu-diums, hatte er gemeinsam mit Studi-enkollegen die Klimaschutzstiftung myclimate ins Leben gerufen. Das er-folgreiche ETH-Spin-off bietet die Möglichkeit, CO2-Emissionen über Spenden zu kompensieren, welche wie-derum in Klimaschutzprojekte fliessen.

«Die Erhaltung unserer natürli-chen Lebensgrundlage ist für mich eine Herzensangelegenheit», sagt Wanner. Schon früh stand für ihn fest, dass er im Umweltbereich arbeiten möchte: Als Schüler wollte er Greenpeace-Ak-tivist werden. Nach der Matura ent-schied er sich für ein Studium der Um-weltnaturwissenschaften an der ETH – eine Wahl, die er wieder treffen wür-de. Ihm gefiel der interdisziplinäre Ansatz: «Das damals Gelernte kommt mir bei meiner heutigen Arbeit immer noch zugute.»

So unverhofft, wie Wanner Ge-schäftsführer von Energie Zukunft Schweiz wurde, so unverhofft fand er sich auch in der Politik wieder: 2009 wurde er ins Kantonsparlament Ba-sel-Stadt gewählt. Erst ein Jahr vorher war er der neu gegründeten Grün-liberalen Partei beigetreten. Als Wah-len anstanden, suchte man Kandidaten und fragte ihn, ob man ihn auf die Liste setzen dürfe. Wanner stimmte zu. «Ich hätte aber nicht gedacht, dass ich tat-sächlich gewählt werde.» Die ersten Jahre waren dann auch entsprechend harzig: «Ich hatte ja noch keine Ah-nung von Politik.»

Doch mit der Zeit sammelte er wert-volle Erfahrungen. 2013 lancierte er zusammen mit Allianzpartnern die Volksinitiative «Basel erneuerbar», die den vollständigen Umstieg auf erneu-erbare Energien bis zum Jahr 2050 fordert. Daraufhin wurde ein neues kantonales Energiegesetz erarbeitet, welches als Gegenvorschlag vom Par-lament angenommen wurde. Dieses schreibt unter anderem vor, dass beim Ersatz von Öl- und Gasheizungen in Basel-Stadt Systeme verwendet wer-den müssen, die erneuerbare Energie-träger nutzen. Laut Wanner ist das neue Gesetz eines der fortschrittlichs-ten der Schweiz: «Es war mein bisher grösster politischer Erfolg.»

Ausgleich zu seinen kopflastigen Tätigkeiten findet Wanner in den Ber-gen, beim Klettern, Gleitschirmfliegen oder auf Skitouren. Dafür hält er sich trotz seiner vielen Verpflichtungen die Wochenenden frei. «Man muss Priori-täten setzen», sagt er. Diese werden sich bald in eine neue Richtung ver-schieben: Er und seine Partnerin er-warten im Sommer Nachwuchs.

Ihm ist nach wie vor wichtig, sein Wissen und seine Erfahrung weiterzu-geben, unter anderem als Dozent an der ETH. Dort unterrichtet Wanner regelmässig den Kurs «Projektent-wicklung im Bereich erneuerbarer Energien». «Ich möchte den Studie-renden aufzeigen, welche spannenden Herausforderungen die Energiewende bietet – und dass das Engagement für die Umwelt einfach Spass macht.» — Claudia Hoffmann

«Die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist eine Herzensangelegenheit für mich.»Aeneas Wanner

künftig noch enger werden: Letzten Herbst eröffnete er für das Start-up DFINITY eine Niederlassung in Zü-rich und widmet den Grossteil seiner Zeit diesem Projekt, welches mittels Blockchain-Technologie eine neue Inf-rastruktur für Applikationen entwi-ckelt. Er prüft bereits Kooperationen mit Professoren und möchte bald Praktika für ETH-Studierende anbie-ten. Auch privat ist Cédric Waldburger sesshafter geworden: Vor kurzem hat er mit seiner Verlobten eine Wohnung nahe Zürich bezogen. Er reist nun

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FOKUS27

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

«Heute werden verstärkt überfachliche Kompetenzen nachgefragt. Diese wollen wir noch bewusster fördern.»Sarah Springman

26Die Gründer von Auterion, Lorenz

Meier (rechts) und Kevin Sartori (links), zusammen mit ETH-Rektorin

Sarah Springman.

Sind Sie eigentlich dank oder trotz des ETH-Studiums Firmengründer geworden? Lorenz Meier: Ich hatte meine erste Firma mit 18 – von daher ist die Frage schwer zu beantworten. Aber ich würde sagen: Sicher nicht trotz der ETH-Erfahrungen. Kevin Sartori: Auch ich habe bereits während des Gymnasiums an Unter-nehmensgründung gedacht, aller-dings keine Firma gegründet. Das ETH-Studium war ein guter Schritt auf diesem Weg.

Welche Kompetenzen brauchen ETH-Abgänger heute, um auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein? Sarah Springman: Sie müssen zu-nächst wirklich fundiertes Wissen in einem Bereich haben, die mathemati-schen und die naturwissenschaft-lichen Grundlagen in ihrem Fach, bei-spielsweise Robotik, wirklich beherr-schen. Ohne dieses Merkmal der ETH-Ausbildung ist man nicht der ETH-Abgänger oder die ETH-Ab-gängerin, die wir uns vorstellen. Heu-te werden zudem verstärkt überfach-liche Kompetenzen nachgefragt. Un-sere Studierenden lernen das in Projekten, durch Praktika und Ähn-

liches. Aber es wird bei uns bisher we-niger formell vermittelt, sondern man nimmt es eher nebenbei mit. Das wol-len wir ändern.

Welches sind die Qualitäten, die Sie als Arbeitgeber bei ETH-Alumni besonders schätzen? Meier: ETH-Absolventen und -Absol-ventinnen sind fachlich hervorra-gend. Sie haben ein hohes Qualitäts-bewusstsein und man kann sich auf sie verlassen. Wenn sie direkt nach dem Abschluss kommen, fehlt aber oft die praktische Berufserfahrung. Dann müssen wir noch viel investie-ren, bis sie im beruflichen Umfeld zu-rechtkommen. Sartori: Die Fähigkeit, die ich bei Leu-ten mit Berufserfahrung besonders schätze, ist die «self-awareness», das Wissen um die eigenen Stärken und

Schwächen und eine Offenheit, ent-sprechend dazuzulernen, um weiter-zukommen.

Wie wollen Sie solche «soft skills» kon-kret fördern und sichtbar machen?Springman: Wir beginnen gerade ein Talent-Projekt, mit dem Ziel, dass die Studierenden nicht nur ein Zeugnis über ihre akademische Leistung erhalten, sondern auch einen Nach-weis über Methodenkompetenzen, Sozialkompetenzen und personale Kompetenzen. Dazu zählen Dinge wie analytische Fähigkeiten, Prob-lemlösungsverhalten, aber auch ge-sellschaftliches Engagement, Kom-muni kations fähigkeit, Teamfähigkeit Selbstreflektion – alles Dinge, die man eigentlich ständig macht, über die man aber nicht nachdenkt. Damit können wir Mehrwert schaffen. Meier: Ich finde das sehr gut. Das sind genau die Dinge, die uns in einem Job-interview interessieren.

Und wie können diese Kompetenzen erfasst werden?Springman: Wir stehen mit unseren Überlegungen noch am Anfang. Zu-nächst haben wir ein Raster der ver-schiedenen Kompetenzen erstellt – auch mit Hilfe von Interviews bei Industriepartnern und akademi-schen Partnern. Nun wollen wir ein Softwaretool entwickeln, das den Studierenden hilft, entsprechende Erfahrungen und Feedbacks aus Pro-jekten zu speichern. Wir haben bei-spielsweie das beste studentische Team in der Formula Student Elec-tric (AMZ), Weltrekordhalter mit einem super Teamgeist. So etwas sollte man dokumentieren, als Basis für zukünftige Jobinterviews.

Stufen zum Erfolg legen

Was zeichnet die ETH-Ausbildung aus und wo könnte sie noch besser werden?

Rektorin Sarah Springman im Gespräch mit den Alumni Lorenz Meier und Kevin Sartori, Gründer einer Firma für Drohnensoftware.

TEXT Isabelle Herold, Martina Märki BILD Daniel Winkler

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FOKUS FOKUS2829

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

Springman: Deshalb läuft gerade ein grosses Digitalisierungsprojekt quer durch die ETH, mit dem wir die Infor-matik viel besser in den Studiengän-gen verankern werden. Heute müssen auch Biostudierende die Möglichkeit haben, sich in Bioinformatik kompe-tent zu machen oder Machine Lear-ning anzuwenden.

Gibt es etwas, das Sie an der ETH vermisst haben? Meier: Ich fände es gut, wenn es in al-len Departementen noch mehr Frei-räume für unternehmerische Aktivi-täten gäbe und diese auch entspre-chend mit Credits gewürdigt würden, wie bei den Fokusprojekten im De-partement Maschinenbau. Ich habe die Drohnensoftware Pixhawk mit anderen parallel zum Masterstudium entwickelt. Es war möglich, aber es war auch eine extreme Doppelbelas-tung, und ich stand manchmal kurz vor dem Scheitern.

Wie haben Sie Ihre unternehmerische Ader trotzdem umgesetzt?Meier: Ich wollte einfach einen flie-genden Roboter bauen. Und bin erst-mal mit vielen Problemen konfron-tiert worden, weil das Studiensystem in meinem Departement so ein Pro-jekt gar nicht vorgesehen hatte. Ich habe mich dann irgendwie durchge-wurstelt. Als ich feststellte, dass ich es allein nicht schaffen würde, waren Semester-, Bachelor- und Masterar-beiten die Lösung. Schliesslich habe ich ein Team von Studenten geführt, die zwei Jahre älter waren als ich. Ich hatte Glück, dass mein Professor be-reit war, alles mitzumachen. Sartori: Eine meiner besten Erfahrun-gen während des Studiums war das Fokusprojekt in Maschinenbau. Ich habe dort mit fünf anderen Studenten das Formula Student Team gestartet. Es gab viele Credits, aber man musste auch wahnsinnig viel arbeiten. Einige haben ein Semester drangehängt – ich auch. Dennoch hat es mir viel gebracht. Die Arbeitgeber haben diese praktische Erfahrung immer honoriert. Als Arbeitgeber suche ich

Weg in die Industrie und die Start-up- Karriere. Dennoch sollte die ETH in ihrer Spin-off-Politik noch etwas umdenken. Es ist zwar schön, dass 95 Prozent der Spin-offs die ersten fünf Jahre überleben, es bedeutet aber auch, dass viele eher klein bleiben, also keine Googles und Facebooks werden. Für die internationale Wett-bewerbsfähigkeit wäre es aber wich-tiger, dass einige wenige grosse Un-ternehmen entstehen, die das Poten-zial zum Weltmarktführer haben. Das passiert hier zu wenig.

Wie könnte man das besser erreichen? Sartori: Bei den amerikanischen Unis pusht man gezielt die Gewinner, die, von denen man denkt, sie könnten richtig gross werden. Man fördert nicht den Durchschnitt. Und man kreiert Role Models, die dann auch Studierende inspirieren können.

Wie erleben Sie die Beziehung zur ETH als Alumni?Meier: Ich finde diese Beziehung wichtig und halte oft Vorträge vor Studierenden. Die Verbindung zwi-schen Alumni und ETH könnte aber noch enger sein. ETH-Alumni sind in Top-Entscheidungspositionen, auch international, und wenn dort eine grössere Verantwortung gegenüber der Alma Mater und gegenüber Ab-solventen spürbar wäre, würde ein viel stärkerer Netzwerk-Effekt er-zeugt, als es heute der Fall ist.Sartori: Ich war im ETH Alumni Chapter im Silicon Valley dabei. Im Ausland war es einfach, mit anderen Alumni Kontakt zu pflegen. In der Schweiz fühlt man sich nicht so ver-antwortlich untereinander. Das ist in Berkeley ganz anders. Man wird von Anfang an dazu erzogen, den anderen zu helfen. Dieser Support funktio-niert von Student zu Student, aber auch von Seiten des Career Manage-ments oder des Marketing-Teams. Ich bekomme heute noch viele Rück-meldungen, etwa über Social- Media-Kanäle, im Sinn von «Ich habe einen Kollegen, der auch in dem Bereich arbeiten möchte, vernetzt

Sarah M. Springman, Professorin für Geotechnik

und Rektorin der ETH Zürich, ist verantwortlich für alle Belange der ETH-Lehre.

Als Alumna unterstützt sie ihre Alma Mater Cambridge.

Lorenz Meier studierte an der Universität Konstanz und

absolvierte ein Masterstudium und Doktorat in Computer

Science an der ETH. Er entwickelte während des

ETH-Studiums das Drohnen-software-Projekt Pixhawk

und ist Co-Gründer der Firma Auterion. Er erhielt mehrere

Fellowships und Preise.

euch doch» oder «Was kann ich tun, um dir zu helfen?». Diese Kultur fehlt mir noch etwas an der ETH. Auch der Mechanismus des «give-back» ist sehr stark in Berkeley. Man beginnt, Donationen zu machen, noch bevor man Alumnus ist. Ich habe angefangen, die ETH Zürich Founda-tion zu unterstützen, weil ich das in Berkeley erlebt habe.

Und was wünscht sich die ETH von ihren Alumni? Springman: Ich wünsche unseren Ab-solventinnen und Absolventen Erfolg bei der Arbeit, aber auch Erfüllung in anderen Lebensbereichen. Auch «so-cial innovation», das «Make the world a better place», gehört dazu. Das, was sie von der ETH mitnehmen, soll ih-nen ein Fundament geben, auf das sie bauen können. Und natürlich hoffe ich, dass die Investition der Steuer-zahler und der ETH in ihre Ausbil-dung einen Mehrwert schafft. Es ist wichtig, dass Alumni in der Gesell-schaft zeigen, was die ETH leistet, und dass es sich lohnt, in die ETH zu investieren.

Kevin Sartori studierte Maschinenbau und schloss sein ETH-Studium mit dem Master ab. Er arbeitete drei Jahre bei der Boston Consulting Group in Zürich, dann folgte ein MBA-Studium an der University of California in Berkeley. Während seines ETH-Studiums war er bereits am Pixhawk-Projekt beteiligt. Er ist Co-Gründer von Auterion.

Was hat Ihnen von den Dingen, die Sie an der ETH gelernt haben, am meisten gebracht?Sartori: Ich habe eine technische Aus-bildung an der ETH und einen MBA in Berkeley absolviert. Was mir die ETH mitgegeben hat, ist vor allem methodisches und analytisches Vor-gehen. Diese Art zu denken und zu analysieren hilft im Job genauso wie im täglichen Leben. Meier: Die Industrie verändert sich schnell. Dennoch haben viele der Vor-lesungen, die ich im Informatikstu-dium hatte, bis heute Gültigkeit.

Und wo besteht noch Handlungs-bedarf?Meier: Genau hier. Wenn man als Tu-tor im Fach «Einführung in die Infor-matik 1» von Maschinenbaustudie-renden im dritten Semester hört: «Ich studiere doch Maschinenbau – wieso soll ich das lernen?», dann wundert man sich doch. Denn vermutlich wer-den 90 Prozent von ihnen irgendwann mal eine Software schreiben. In der Industrie ist heute praktisch alles software-defined.

heute bei den Kandidaten auch nach solchen Erfahrungen.Springman: Einige Departemente sind in Bezug auf solche Projekte fort-geschrittener als andere. Wir haben jetzt im Rahmen einer ETH+-Runde einen Vorschlag von Studierenden er-halten, mehr solcher multidisziplinä-ren Projekte auf Bachelorstufe umzu-setzen. Vielleicht können wir bald ein Pilotprojekt mit zwei, drei Departe-menten starten. Vor einigen Jahren haben wir die «ETH-Woche» entwi-ckelt, in der wir quer durch die Depar-temente circa 200 Studierende ein Problem von globaler Wichtigkeit bearbeiten lassen. Und bald starten wir mit einem «ETH-Monat» in Sin-gapur eine etwas längere Version der ETH-Woche, für die die Studieren-den ebenfalls Credits erhalten.

Es gibt an der ETH spezielle Mass-nahmen, um das Unternehmertum zu fördern – von welcher haben Sie besonders profitiert?Meier: Ich durfte als gutes ETH-Kind praktisch von allen Programmen pro-fitieren (ESOP, Pioneer Fellowship etc.). Das Pioneer Fellowship ist sehr gut positioniert und nimmt techni-sche Naturen sehr gut mit auf den

Talente fördern Dank der Unterstützung von Donatorinnen und Donatoren sowie Förderpartnern kann die ETH Zürich Foundation Ausnahmetalente an der ETH fördern. Dazu zählen die Exzellenz-Stipendiatinnen und -Stipendiaten und die Pioneer Fellows.

Das Pioneer-Fellowship-Programm ermöglicht jeweils rund 15 Fellows, Technologien mit Potenzial rasch auf den Markt zu bringen. Die ETH möchte das Programm auf 20 Fellowships ausbauen.

Mit den Exzellenz-Stipendien (ESOP) werden jährlich 50 Ta lente mit einem Stipendium für das Masterstudium gefördert, die zu den besten zwei bis drei Prozent ihres Jahrgangs gehören. So können sie sich ganz auf ihr Stu-dium konzentrieren und erhalten Freiraum für exzellente Forschung.

→ www.ethz-foundation.ch

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FOKUS FOKUS3031

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

New England

Rund um den Globus verfolgten An-fang Februar 2019 Sportbegeisterte, wie die New England Patriots beim Super Bowl triumphierten, dem pres-tigeträchtigsten Duell im amerikani-schen Sportjahr. Neuengland ist ein Synonym für Spitzenleistung: Neben dem Sport gilt das auch für Wissen-schaft und Wirtschaft. In der Region Boston herrscht weltweit die höchste Konzentration an Spitzenuniversitä-ten. An die sechzig Hochschulen und Forschungsinstitute sind hier ange-siedelt, und von diesen sind Harvard und das MIT nur die klingendsten Na-men. Damit Hand in Hand geht auch eine pulsierende High-Tech-Industrie.

Stützpunkt im InnovationsmekkaIn diesem innovationsaffinen Umfeld amtet Patrick Anquetil seit 2016 als Präsident des ETH Alumni Chapter New England. Der 44-jährige Sohn eines Franzosen und einer Deutschen ist Absolvent von ETH, MIT und Harvard und heute Medtech-Unter-nehmer. Er verkörpert vielleicht ide-altypisch, wozu ein ETH-Studium befähigt: zu einer von der Neugier geleiteten Karriere, für die Grenzen keine Rolle spielen. Er sei, so Anque-til, ein «erklärter ETH-Fan» und en-

gagiere sich deshalb mit Leidenschaft für das Netzwerk. Als Maschinenbau-student, der aus Frankreich nach Zü-rich kam, habe er sich an der ETH extrem gut aufgehoben gefühlt. «Die einzigartige Ausbildung und die Kon-takte, die ich hier knüpfen konnte, waren für meinen späteren Lebens-weg prägend. Mit meinem Engage-ment für die Alumni will ich der ETH etwas davon zurückgeben.»

Das Alumni Chapter New Eng-land wurde 2010 gegründet und hat heute rund 300 Mitglieder – es ist da-mit eines der grössten ausserhalb der Schweiz. «Die ETH-Brücke Zürich- Neuengland war damals überfällig. Nicht zuletzt, um die Suche nach neu-en Talenten für die Hochschule zu un-terstützen», erzählt Anquetil.

Gemeinschaft vom ersten Tag anEin zweiter Anstoss sei der riesige Wissensschatz der Ehemaligen gewe-sen. «Wir sind zuständig für den Rea-lity-Check von Forschung und Lehre. Wir hoffen, dass die Fragen und Lö-sungswege, mit denen ETH-Absol-venten im Beruf täglich arbeiten, in die ETH-Curricula einfliessen.» Dar-über hinaus sind auch nichtfachliche Erfahrungen gefragt. Etwa, wie Uni-

Neu: ETH Circle «Die Alumni sind weltweit wertvolle Botschafter der ETH», sagt Jürg Brunnschweiler, Leiter von ETH Global und Ver-treter der Schulleitung im Vorstand der ETH Alumni Vereini-gung. Deshalb will die ETH Zürich das Potenzial der Alumni noch stärker nutzen. Sie hat dazu im Januar 2019 am WEF in Davos den ETH Circle lanciert. Der ETH Circle ist eine neue, die Alumni-Vereinigung ergänzende Gemeinschaft von ETH-Botschaftern. Er bringt renommierte Persönlich-keiten des ETH-Netzwerks aus der ganzen Welt zusammen, die sich für die Hochschule verstärkt engagieren wollen. Ihr Erfahrungsschatz, ihre Kompetenzen und Kontakte sollen die internationale Positionierung der ETH unterstützen.

ETH bietet eine absolute Spitzenaus-bildung, und das zu einem lächerlich tiefen Preis!» Gemessen am hervorra-genden wissenschaftlichen Ruf der ETH sei ihr Bekanntheitsgrad noch zu tief: «Die ETH ist in der Hoch-schulwelt vielleicht das bestgehütete Geheimnis.»

Was tun die Bostoner Alumni, um das zu ändern? Erstens: bewusst netz-werken. «Die Verbindungen zur ETH und unter den Chapters wurden in den letzten Jahren systematisiert, so-dass der globale Austausch unter ETH-Alumni heute rascher und effi-

ETH-Brückenkopf im US-PowerhouseDas ETH Alumni Chapter New England ist ein Vorposten der Hochschule inmitten eines der weltweit vitalsten Innovationsräume. Vom Engagement der Alumni profitieren der Techsektor der US-Ostküste und die ETH Zürich.

TEXT Norbert Staub

Patrick Anquetil, seit 2016 Präsident des Alumni Chapter New England: Maschinenbau-studium an der ETH, Master an der Universität Tokio, doktoriert am MIT, MBA an der Harvard Business School. Er gründete mehrere Unternehmen. Heute CEO von Portal Instruments, das ein nadelfreies Injektions-system entwickelt hat.

rer Alumni legten diese Hochschulen besonderen Wert. «Aber», so Patrick Anquetil, «das hat auch mit der Suche nach finanziellem Support zu tun. Denn die meisten Topuniversitäten sind privatrechtlich organisiert und vom Goodwill Privater abhängig – sprich, vielfach von ihren Alumni».

Das bestgehütete GeheimnisDas ETH-Studium als einzigartiges «Produkt» und Schlüssel zum Erfolg – diese Botschaft platziert der Unter-nehmer wiederholt. Wer Einblick in Universitäten hat, merke rasch: «Die

versitäten wie Harvard oder das MIT es schaffen, den sozialen Kitt zu er-zeugen, um den sie weltweit beneidet werden.

Hat Patrick Anquetil die Ant-wort? «Nun, sie bringen es fertig, ein unheimlich starkes Band um ihre Community zu schmieden, und zwar ab Tag 1 des Studiums.» An der Har-vard Business School werde den Stu-dierenden ein derart starker Gemein-schaftsgeist eingeimpft, «dass man buchstäblich alles stehen und liegen lässt, wenn sich jemand aus diesem Netzwerk meldet». Auf die Pflege ih-

zienter vonstatten geht», erklärt An-quetil. Wenn ein ETH-Alumnus aus Tokio nach Boston reise, finde er heu-te sofort Anschluss und könne sich vernetzen.

Zweitens: Das Netzwerk dient als Plattform, um die Passion für For-schung und Technologie zu pflegen, die alle ETH-Alumni teilen und in ihr Umfeld tragen. «Und drittens: Die Alumni sehen sich als Botschafter für die ETH Zürich und den Wissens-platz Schweiz. Das ist für die ETH gerade hier in Boston eine grosse Chance.» Ein idealer Knotenpunkt dafür ist Swissnex, die Schweizer Drehscheibe für Wirtschaft und Wis-senschaft in der Nachbarschaft von Harvard und dem MIT.

Die am besten besuchten Anlässe seien jene, wenn der ETH-Präsident das Chapter besucht, verrät Patrick Anquetil. Was wird er Joël Mesot fra-gen, sollte er ihm demnächst begeg-nen? «Vieles würde mich interessie-ren, aber das Wichtigste ist wohl: Wie will die ETH nicht nur für die Proble-me der Schweiz, sondern für die weltweit drängenden Fragen wie Kli-ma, Ernährung und Weltbevölke-rung Lösungen erarbeiten? Und vor allem: Wie können wir als Alumni die ETH dabei unterstützen? Wir freuen uns darauf, dazu unseren Beitrag zu leisten.»

Bild: ETH Alumni Vereinigung; zVg.

Weltweit vernetzt: Weltkarte mit Standorten von ETH Alumni Chapters (rote Punkte)

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FOKUS3233

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

FOKUS3233

Herr Heckner, Sie sind ETH-Alum-nus. Schlägt Ihr Herz höher, wenn Sie eine Absolventin oder einen Absolven-ten der ETH Zürich für eine hohe Führungsposition vermitteln können?Nein, das wäre nicht professionell. Aber es ist schon so: ETH-Absolven-tinnen und -Absolventen haben aus-gezeichnete Voraussetzungen, um in anspruchsvollen Positionen zu reüs-sieren.

Welche Voraussetzungen meinen Sie konkret?Bekanntlich verlangt die ETH sehr viel von ihren Studierenden. Sie ge-hen durch einen kompetitiven Selek-

tionsprozess und lernen, komplexe Probleme zu durchleuchten und ei-genständig überzeugende Lösungs-konzepte zu erarbeiten. Wer von der ETH kommt, ist neugierig, zukunfts- und innovationsaffin. Schliesslich kann die ETH mit ihrer Internationa-lität punkten, beim Lehrköper wie bei den Studierenden.

Trotzdem ist der Erfolg ja nicht garantiert. Wie überprüfen Sie, ob ein Kandidat oder eine Kandidatin die Erwartungen auch erfüllt?Wir klopfen jeden Bewerber und jede Bewerberin sorgfältig auf ihr Potenzi-al als Führungspersönlichkeit ab. Im Zentrum stehen die Faktoren Neu-gier, die Art des Herangehens an komplexe Probleme, Sensitivität und die Fähigkeit andere zu motivieren, Resilienz und charakterliche Eig-nung. Das kommt dem, was ein ETH-Studium vermittelt, also recht nah.

Sie kennen die Entwicklung der Anfor-derungen im obersten Management ge-nau. Worauf kommt es da heute an?Wir leben in einer Welt mit weit mehr Unsicherheit und schnelleren Brü-chen als noch vor zehn Jahren. Die Folge: Der einsam-allwissende Chef wird zum Auslaufmodell. Er oder sie muss mehr experimentieren, rasch neue Ansätze ausrollen und weniger

top-down planen. Führen funktio-niert heute stärker über das Delegie-ren von Verantwortung, über Ziele und Visionen und via Teamwork. Wer führt, muss sein Umfeld begeistern können und Sicherheit in einer Welt von Unsicherheiten ausstrahlen. Und ganz wichtig: Führungskräfte, selbst CEOs, müssen sich laufend weiterent-wickeln.

Sind Kandidatinnen und Kandidaten mit einer ETH-Ausbildung für diese neue Situation gerüstet?Nach meiner Beobachtung ja, was die Bereitschaft betrifft, Verantwortung für andere und ein gewisses Risiko zu übernehmen. Ich sehe aber noch Raum für Optimierungen.

Wo genau?Zum einen bezüglich Selbstreflexion. Wer versteht, was er oder sie in einer bestimmten Aufgabe noch dazuler-nen muss, wird erfolgreich sein. Dazu gehört etwa, bewusst wahrzunehmen, wie man unter Druck agiert und wie man Selbstkontrolle und Balance wahrt. Andererseits könnten ETH- Studierende noch intensiver im Team-work geschult werden und darin, an-dere für ihre Ideen zu gewinnen. Ich denke, die ETH ist daran, bei Studie-renden auch diese Kompetenzen zu entwickeln, wie die «Critical Thin-king»-Initiative zeigt.

Wie schätzen Sie die ETH-Ausbildung generell ein?Ich sehe die ETH Zürich als Hoch-schule, die grundsätzlich nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftler ausbilden will, sondern jun-ge Menschen, die die Welt verändern wollen, Unternehmer also im besten Sinn. Das ist eine fundamentale Posi-tionierung und macht die ETH so in-teressant, wahrscheinlich auch ein Stück weit einzigartig. Wenn es der ETH gelingt, bei ihren Studierenden das Unternehmer-Gen noch bewuss-ter zu aktivieren, wird sie, und mit ihr das ganze Land, noch deutlich mehr Erfolg haben als bisher.

«Das Unternehmer- Gen aktivieren»Ein ETH-Studium ist ein ausgezeichneter Boden, sagt Executive Search Consultant Frank Heckner. Doch immer wichtiger werden Teamwork, Selbstreflexion und persönliche Weiterentwicklung.INTERVIEW Norbert Staub

Frank Heckner studierte an der ETH Zürich Chemie. Nach einem Doktorat in Betriebswirtschaft und Führungspositionen in Beratung und Industrie wechselte er zum Personalberatungsunternehmen Egon Zehnder, das auf die Vermitt-lung und Entwicklung von Top- Führungskräften spezialisiert ist.

150 Jahre

Ein Verein,der zählt

Walter Gränicher, Präsi-dent der ETH Alumni Vereinigung, hat Grund zur Freude: Vor 150 Jah-ren, am 24. April 1869, gründeten 22 ehemalige Polytechniker offiziell die Gesellschaft ehemaliger Studierender des eidge-nössischen Polytechni-kums (G.e.P). Heute sind über 30 500 ehemalige Studierende der ETH in den Fach- und Regional-organisationen der ETH Alumni Vereinigung ein-geschrieben. Das Netz-werk bietet fachspezifi-sche, soziale und kulturelle Veranstaltungen und ver-netzt Alumni global.

→ www.alumni.ethz.ch

Benefits

Dabei seinlohnt sichMitglieder der ETH Alum-ni Vereinigung profitieren von einem Netzwerk mit 59 Mitgliederorgani-sationen. Mit dem Alumni Newsletter Update und dem ETH-Magazin Globe bleiben sie über die ETH und die ETH Alumni

Vereinigung informiert. Sie können sich über die Mitgliederplattform MyAlumni vernetzen, ha-ben Zugang zu speziellen Events und profitieren von Angeboten in Berei-chen wie Versicherung und Gesundheit, Finan-zen, Ferien und Mobilität.

→ www.alumni.ethz.ch/ member-benefits1

Organisationen

Vielfalt in GemeinschaftDie Vielfalt der Mitglie-derorganisationen unter dem Dach der ETH Alum-ni Vereinigung bietet für jeden und jede etwas: Seien es eher beruflich- fachliche Interessen, die Suche nach einem Netz-werk im lokalen Umfeld oder gemeinsame Hobbys und Themen. Fachgrup-pen und Fachvereine,

lokale Ortsgruppen, landes-weit organisierte Chapter in Europa, Amerika, Asien und Australien oder Clubs für Sport, Kultur und Hob bys – vom Alumni

Sinfonie Orchester bis zum Alumni Wine Club – sind unkomplizierte Anlaufstellen.

→ www.alumni.ethz.ch/ mitgliedsorganisationen

Career Services

Frischer Windfür die Karriere

Die ETH Alumni Vereini-gung bietet zudem ein breites Angebot im Be-reich Karriere an. Die Job-plattform und das Stellen-mail informieren über offene Stellen, die ETH- Qualifikationen vorausset-zen. Firmenreferenzen und -porträts sowie Execu-tive Search and Coaching helfen, potenzielle Arbeit-geber zu finden. Und nicht zuletzt können ETH- Alumni auch die Dienst-leistungen des Career Center der ETH Zürich in Anspruch nehmen.

→ www.alumni.ethz.ch/career_services

Ein Netzwerk für alle Fälle

Nach dem Studium mit der ETH verbunden bleiben:

Die ETH Alumni Vereinigung hat viel zu bieten.

Zus

amm

en et

was bewirken: Alumni Sinfonie Orchester

Bilder: Tobias und Eva Durband; ETH Alumni VereinigungBild: zVg

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COMMUNITYSchool for Continuing Education

www.sce.ethz.ch

Challenge the best

Ready?

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Visionen zum

Leben erwecken

Ein Kunstherz, das eines Tages anstelle von Spenderherzen eingesetzt werden kann – eine Vision, die nicht zuletzt durch ein Legat im Polyfonds in die Tat umgesetzt wird.

Grosses beginnt mit einer Vision – und dem

Willen, diese in die Tat umzusetzen.

Mit Ihrem Engagement ermöglichen Sie, dass

Grosses entsteht. Ihre zweckungebundene

Donation schenkt der ETH Zürich die Freiheit,

schnell, flexibel und unbürokratisch visionäre

Ideen zum Leben zu erwecken.

www.ethz-foundation/polyfonds

35

ETH GLOBE 1/2019

MAS ETH in Applied Technology

TECHNISCHE GRUNDLAGEN

Wer in einem technologieorientierten Industrieunternehmen strategische Entscheide fällt, braucht neben Ma-nagementfähigkeiten technologisches Wissen und Verständnis. In solchen Unternehmen stossen auch herausra-gende Mitarbeitende mit einem sozial- oder wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund im Laufe ihrer Karriere an Grenzen. So liegt Potenzial brach. «Für Personen mit einer Ausbildung im sozial- oder wirtschaftswissen-schaftlichen Bereich fehlt bisher ein Angebot, das ihnen ermöglicht, die notwendigen technischen Grundlagen zu erwerben», erklärt ETH-Rektorin Sarah Springman.

Das künftige Hochschulgebiet mit dem neuen Universitätsspital und dem neuen Forum UZH

So hat die ETH Zürich im Austausch mit dem Verband der Schweizer Ma-schinenindustrie Swissmem und Ver-treterinnen und Vertretern von Tech-nologiefirmen wie ABB und Ruag ein Weiterbildungsprogramm entwickelt. Der «Master of Advanced Studies ETH in Applied Technology» soll den Teilnehmenden die wichtigsten Tech-nologien vermitteln und ihnen künf-tige Trends aufzeigen. Das MAS- Programm ist modular aufgebaut und besteht aus vier verschiedenen CAS- Programmen, die je mit einem CAS- Diplom (Certificate of Advanced Stu-dies) abgeschlossen werden. Die ersten drei CAS konzentrieren sich auf be-stimmte Technologiebereiche: Infor-mationstechnologie, Fertigungstech-nik und Energie. Das vierte CAS ver-mittelt die Grundlagen von Forschung, Entwicklung und Innovation.

Planung

HOCHSCHULGEBIET IN ZEHN JAHREN

Die ersten Architekturprojekte für das Hochschulgebiet von ETH und Universität Zürich sind bekannt: Herzog & de Meuron hat den Projekt-wettbewerb Forum UZH gewonnen und wird für die Universität Zürich den Neubau dieses Bildungs- und For schungszentrums realisieren. Das Forum UZH wird geschaffen für 6500 Studierende und 1100 Mitarbeitende und bietet rund 700 Arbeitsplätze für Studierende. Den Studienauftrag USZ Kernareal hat das Architektur-büro Christ & Gantenbein für sich entschieden. Der Spitalpark wird die grüne Mitte des Hochschulgebiets.

Donation

CS FÖRDERT ROBOTIKKünstliche Intelligenz und Machine Learning boomen. Die ETH Zürich möchte in diesem Zusammenhang den Bereich Robotik weiter ausbauen. Mit einer Schenkung von 7 Millionen Franken fördert Credit Suisse Asset Management entsprechende For-schung und Lehre an der ETH Zürich. Der Beitrag wird über die Dauer von zehn Jahren gesprochen und ermög-licht die Einrichtung einer Professur im Bereich Robotik. Sie wird sich auf Themen wie Robotersysteme, Wahr-nehmung, Machine Learning und künstliche Intelligenz fokussieren.

Bild: HGZZ

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COMMUNITY COMMUNITY3637

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019 Illustration: Niklas Briner Bild: Eline Keller-Soerensen

Philanthropie

DAS GEBURTSTAGS­GESCHENK

Von Donald Tillman

Besondere Anlässe wie eine Pensionierung, ein Dienstjubilä-

um, ein Mitarbeiterfest oder ein Jahrgangstreffen sind

Ge legenheiten, anstelle von Geschenken für die Feiernden die Lehre und Forschung an der ETH zu unterstützen. In

besonders guter Erinnerung ist mir eine Donation rund um

den 80. Geburtstag von Dieter Seebach, der von 1977 bis 2003 als Professor am Labo ratorium für Organische Chemie an der

ETH Zürich tätig war.

Um ein schönes Fest ausrichten zu können, hatten die Gäste

eine Anmeldegebühr entrichtet. Nach dem Fest ist ein beacht-licher Betrag übrig geblieben. Was tun mit dem Geld? Eine

seiner ehe maligen Doktorandin-nen hat eine Idee – nämlich den Betrag im Namen von Professor Dieter Seebach den Exzellenz-

Stipendien zur Verfügung zu stellen. Die Donation zu gunsten

der ETH Foundation kommt den besten Masterstudierenden

zugute und erlaubt es ihnen, sich voll und ganz auf ihr Studium

zu konzentrieren. Eine Form von Geschenk, die nicht nur Freude,

sondern auch Wissen stiftet.

→ www.ethz-foundation.ch

Wer heute mit dem Smartphone foto-grafiert, erhält automatisch ganze Fo-toalben mit Titel, Datum, Reisekarte und Standortbezeichnungen digital zusammengestellt. Ohne eigenes Zu-tun. Die Resultate sind erstaunlich gut, jedenfalls so, dass ein Betrachter nicht einfach beurteilen kann, wer das Al-bum erstellt hat: ein Mensch oder eine Maschine? Das ist nur ein Beispiel, wie Computer im Alltag bestimmte Aufga-

ben lösen können, die früher dem Menschen vorbehalten schienen, weil sie Intelligenz und Lernfähigkeit vor-aussetzen.

Für die Technologien und Metho-den, die das möglich machen, haben sich klingende Namen wie «künstliche Intelligenz» oder «maschinelles Ler-nen» durchgesetzt. Gemeint sind da-mit in der Regel lernfähige Berech-nungsverfahren, sogenannte intelli-

gente Algorithmen, mit denen sich kluges Lösen von Aufgaben automati-sieren lässt.

Wie Daten zu Erkenntnis werdenEffiziente, intelligente Algorithmen, die selber lernen, wie sie in den Daten das erwünschte Wissen finden, wirken sich nicht nur auf private Nutzer und industrielle Abläufe aus, sie verändern auch die Art, wie sich Forschende und

Computer ihre Arbeit teilen. Beson-ders bei sehr grossen, komplexen und uneinheitlichen Datenmengen können solche Algorithmen wertvolle Er-kenntnisse ermöglichen, die sonst un-bemerkt blieben.

Sowohl Beobachter als auch Ge-stalter dieser rasanten Entwicklung der datengetriebenen Methoden ist Peter Bühlmann. Von Haus aus ist der ETH-Professor ein Statistiker. Seit Jahresbeginn leitet er die neue Initiati-ve der ETH Zürich für die «Grundla-gen der Datenwissenschaft». Wie man aus Daten Informationen und Er-kenntnisse gewinnen kann, ist seit je-her das Kerngeschäft der Statistik.

Die datengetriebenen Ansätze un-terscheiden sich jedoch von den klassi-schen, sagt Bühlmann mit der Prise Witz, die ihn auszeichnet: «Im klassi-schen Ansatz der Statistik ging ein For-scher von einer wissenschaftlichen Fragestellung aus und überlegte sich sehr sorgfältig, welche Daten er mit welcher Methode erhob, um daraus möglichst informative Schlüsse zu zie-hen. Weil die Daten heute, zugespitzt gesagt, wie automatisch vom Himmel fallen, ist das oftmals nicht mehr so.»

Eine neue DimensionDie neuen Ansätze, die intelligente Algorithmen verwenden, können auch ohne geplante Datenerhebung auto-matisch interessante Information aus vorhandenen Datenmengen heraus-ziehen. Aus diesen neuen Möglichkei-ten sind in den vergangenen Jahren die Datenwissenschaften entstanden: Heute sind sie ein interdisziplinäres Forschungs- und Entwicklungsgebiet im Schnittbereich von Statistik, Infor-matik, Informationstechnologie und Mathematik.

«Datenwissenschaften sind etwas Neues. Sie sind nicht einfach Statistik, nicht einfach Informatik und auch nicht einfach Informationstechnolo-gie, sondern ein Zusammenwirken von allen drei Elementen», sagt Peter Bühlmann. Mit der Initiative stärke die ETH die datenwissenschaftliche Grundlagenforschung. Beteiligt sind elf Professuren aus drei ETH-Departe-

menten, die in den Bereichen Statistik, Maschinelles Lernen und Informati-onstechnologie forschen.

Der Fokus liegt auf Grundlagen-fragen der mathematischen Theorien und der algorithmischen Methoden. Dazu gibt es je ein Programm für Post-doktorierende und für wissenschaftli-che Gäste. Die Initiative ergänzt die Aktivitäten in der Ausbildung (Master in Data Science, DAS in Data Science) und im Wissens- und Technologie-transfer zwischen den Disziplinen und zur Industrie (Swiss Data Science Center). Gestartet ist sie am 1. Januar 2019. Unterstützt wird sie mit 2,7 Mil-lionen Franken von «ETH+», der ETH-weiten Initiative zur Förderung von interdisziplinären Projekten.

Verantwortung und faire AlgorithmenDa sich datenwissenschaftliche Neue-rungen auf viele Nutzer in Wissen-schaft, Wirtschaft und Gesellschaft auswirkten, trage die Grundlagenfor-schung eine besondere Verantwor-tung, so Bühlmann. Eine Herausforde-rung sieht er darin, Algorithmen zu entwickeln, die auch bei anspruchsvol-len Datensätzen stabile, zuverlässige und gut interpretierbare Ergebnisse lieferten, sagt Bühlmann.

Nicht in jedem Fall gelingt die Au-tomatisierung schliesslich so elegant wie in der erwähnten Foto-App. Mit-unter kann die Anwendung intelligen-ter Algorithmen durchaus problema-tisch werden: Wenn zum Beispiel Computer aufgrund von Merkmalsda-ten (Alter, Geschlecht, Nationalität, Gesundheit etc.) auslesen, wer kredit-würdig ist, oder wenn sie Richtern Hinweise geben, mit welcher Wahr-scheinlichkeit Angeklagte schuldig sein könnten – dann sollten sich dar-aus keine Benachteiligungen ergeben. «Als Grundlagenforscher will ich et-was Sinnvolles für die Gesellschaft produzieren. Ich will wissen, wann eine Anwendung zuverlässige Resulta-te liefert und wann weniger», sagt Bühlmann. — Florian Meyer

ETH Foundations of Data Science

Wenn Daten automatisch vom Himmel fallen Intelligente datenwissenschaftliche Ansätze verändern Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. In einer interdisziplinären Initiative widmen sich ETH-Forschende deshalb den Grundlagen der Datenwissenschaft.

Intelligente Ansätze der Datenwissenschaften verän-

dern das Zusammenspiel von Mensch und Computer.

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ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

Franke Holding

SCHUB FÜR STUDENT PROJECT HOUSE

Ideen entwickeln, an Projektplänen feilen, sich über die Grenzen unter-schiedlicher Disziplinen hinaus mit Studierenden und Coaches austau-schen oder Prototypen innovativer Produkte anfertigen: Das alles kön-nen Studierende der ETH Zürich im Student Project House. Die kreative Denk- und Werkstätte ist seit Herbst 2016 als Pilot auf dem Hönggerberg in Betrieb. Dank einer Donation der Firma Franke über vier Millionen Franken kann das Student Project House sein Angebot über die kommen-den Jahre nun massiv ausbauen.

Der Pilot des Student Project House ist gut angelaufen: 30 Projekte wurden in den vergangenen zwei Jah-

ETH-Rektorin Sarah Springman, Michael Pieper, Inhaber von Franke, und der damalige ETH-Präsident Lino Guzzella mit der neuen Donatorentafel

ren entwickelt, 120 Veranstaltungen durchgeführt, knapp 800 Studierende haben sich bisher im Makerspace re-gistriert. In dieser Umgebung können die Studierenden Ideen testen, die nicht zwingend realisiert werden müs-sen. In den Augen von Rektorin Spring-man ein echter Vorteil: «Es ist eine Art geschütztes Labor, in dem Projekte auch mal scheitern dürfen.»

Zurzeit entsteht im ehemaligen Fernheizkraftwerk am Standort Zent-rum ein Student Project House, das 2020 eröffnet werden soll. Rund fünf Jahre später soll dann das Student Project House auf dem Hönggerberg neue Räume beziehen.

Neben der Franke Holding unter-stützen zudem die Ernst Göhner Stif-tung, die Baugarten Stiftung, Plastic Omnium, die Schwyzer- Winiker Stiftung und die Kudlich Stiftung das Projekt.

ETH Zürich Foundation

ERFOLGREICHES 2018Dank dem grosszügigen Engagement von zahlreichen Alumni, Stiftungen und Unternehmen, konnte die ETH Zürich Foundation in diesem Jahr Zu-wendungen in Höhe von 130,1 Milli-onen Schweizer Franken für die Wissenschaft entgegennehmen. Mit den Mitteln werden Talentförder-programme für herausragende Stu-dierende und Jung unternehmer so-wie wegweisende Initiativen und Pro-jekte an der ETH Zürich ermöglicht.

Zu den vielen Highlights im Jahr 2018 zählt unter anderem die Förde-rung der Reha-Initiative der ETH Zürich durch die Wilhelm Schulthess- Stiftung. Die Familie August von Finck ermöglichte der ETH mit einer grosszügigen Donation die Beschaf-fung eines neuen Kryo-Elektronen-mikroskopie-Geräts. Zudem konnten die ETH Zürich und die Universität Basel dank Unterstützung seitens der Fondation Botnar gemeinsam das Botnar Research Centre for Child Health (BRCCH) in Basel gründen.

Die Donatorinnen und Donato-ren leisten einen wichtigen Beitrag, um einzigartige Vorhaben umzuset-zen, und unterstützen damit nicht nur die ETH, sondern auch den Wirt-schaftsstandort Schweiz und dessen Wettbewerbsfähigkeit. «Auf Ihre Un-terstützung zählen zu dürfen, ist ein Privileg. Ich möchte Ihnen von Her-zen danken für all das, was Sie für die Hochschule getan haben. Und ich lade Sie ein, mit uns die ETH auch in die-sem Jahr voranzubringen», sagt Joël Mesot, Präsident der ETH Zürich.

Michael Pieper freut sich, zum

Ausbau des Student Project House

beitragen zu können.

W enn neuen Bekanntschaften klar wird, dass ich Vollzeit arbeite, kommt zwangsläufig die Frage auf: «Was ist denn dein Job?» Die

Antwort «ETH-Professorin in Elektrotechnik» löst häufig Erstaunen aus. Zum einen wohl aus Bewun-derung, denn es ist ja kein 08/15-Job, aber wahr-scheinlich auch, weil eine zierliche Frau von knapp vierzig nicht so ganz in dieses Berufsbild in einer Männerdomäne zu passen scheint. Genauso zwangsläufig folgt danach die Frage: «Und was macht dein Mann?» (Ob diese Frage umgekehrt auch so oft gestellt würde?) Daraufhin kommen die Fragenden nicht mehr aus dem Staunen heraus, denn er ist Vollzeit-Hausmann und Vater. Er kocht zu Hause (als gelernter Koch und Lebensmittel-ingenieur ein No-Brainer), er wäscht die Wäsche, putzt die Wohnung und hat Hunderte von Windeln gewechselt.

I n den Augen der heutigen Gesellschaft ist unsere Rollenverteilung immer noch eine «verkehrte» Welt. Jede Familie soll natürlich die Rollenauf-

teilung so wählen, wie es für sie sinnvoll ist. Aber solange Kinder in ihrem gelebten Umfeld, aber auch in Schulbüchern und Zeitschriften zum grössten Teil die Mutter zu Hause und den Vater bei der bezahlten Arbeit sehen, bleibt das auch für sie die Norm. Und bekanntlich braucht es Überwindung, um aus der Norm auszubrechen. Mehr Kinder-betreuungsplätze, Unterstützung für Männer, die Teilzeit arbeiten möchten, Elimination der Lohn-unterschiede zwischen Mann und Frau und aufzei-gen, dass Berufe nicht geschlechtsspezifisch sind: Diese Massnahmen sind sehr wichtig, um zum einen Frauen das Karrieremachen zu erleichtern und es finanziell lohnenswert zu machen und zum anderen, um den Frauenanteil in STEM-Fächern zu erhöhen. Meiner Meinung nach ist es aber genauso wichtig, ein Umdenken in den Köpfen der Menschen zu bewirken, sodass die «verkehrte» Welt unserer Familie nicht mehr automatisch als so verkehrt wahrgenommen wird. Deshalb bin ich der Meinung, dass mein Mann einen genauso bedeuten-den Beitrag zur Frauen förderung leistet wie ich.

A uch ich erwische mich manchmal dabei, dass ich im Alltag auf eine Weise reagiere, die klar aus der traditionelle Rollenverteilung

entspringt, in der auch ich aufgewachsen bin. So zum Beispiel, wenn ich dem Schulkollegen unseres Sohnes sage, dass er seine Mutter – wieso nicht einfach einen Elternteil? – fragen soll, ob er mit uns mitkommen darf. Aber indem man sich dies be-wusst vor Augen führt und sich in der nächsten Situation daran erinnert, leistet man einen kleinen Beitrag an dieses Umdenken. Versuchen Sie es doch auch!

Kolumne

Unsere «verkehrte»

Welt

Bild: Renato Kessi Illustration: Benedikt Rugar; Bild: Giulia Marthaler

Gabriela Hug ist Professorin am Institut für Elektrische Energieübertragung. In ihrer Kolumne denkt sie darüber nach, wie sich hinderliche Rollen- und Ver-haltensmuster für Frauen und Männer überwinden lassen.

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REPORTAGE REPORTAGE4041

ETH GLOBE 1/2019 ETH GLOBE 1/2019

Herbarmitarbeiterin Viola Frei zeigt das Ordnungssystem: In diesen Rollregalen lagern mehr als 2,4 Millionen Pflanzenbelege.

Schatzkammer der Pflanzen

Einst waren sie der Stolz von Fürsten und Universitäten. Heute erleben botanische Sammlungen eine Renaissance – dank

moderner Forschungsmethoden. Ein Besuch in den Vereinigten Herbarien von Universität und ETH Zürich.

TEXT Martina Märki BILD Stephan Huwyler

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REPORTAGE REPORTAGE4243

ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

Links: Seerose, von Hans Ernst Hess gesammelt und präpariert Rechts: Das Buch auf dem Tisch enthält die ältesten Pflanzenbelege der Sammlung.

Kuratorin Alessia Guggisberg

hier nicht rein.» Wir aber dürfen. Zwei Glastüren weiter stehen wir in einem grossen Raum, der kaum freie Fläche bietet. Rechts und links türmen sich graue Rollregale in langen Reihen. Ein schwacher Papiergeruch liegt in der Luft. Wir sind am Ziel, in der Samm-lung für Gefässpflanzen.

Die Regalreihen sind bis zur De-cke gefüllt mit aufeinandergestapel-ten, gefalteten Papierbogen. Doch in diesen unscheinbaren Hüllen verber-gen sich Schätze: gepresste Blüten, Blätter, Wurzeln, getrocknete Früchte, Astteile. Mehr als 2,4 Millionen Ob-jekte lagern hier auf rund 1000 Quad-ratmetern Rollregalen, in kontrol-liertem Klima bei 50 Prozent Luft-feuchtigkeit und einer konstanten Temperatur von 19 Grad Celsius, er-klärt ETH-Kuratorin Alessia Guggis-

D er Weg durch den Botanischen Garten ist an diesem eisigen Januarmorgen wenig einladend,

die Pflanzen starr im Winterschlaf. Spontan lockt nur der Wegweiser zu den Tropenhäusern. Doch unser Ziel liegt im Untergeschoss eines gros sen Gebäudes, dem Institut für Systemati-sche Botanik der Universität Zürich. Hier befindet sich der grösste Standort der «Vereinigten Herbarien Z+ZT» von Universität und ETH Zürich, wie die offizielle Bezeichnung lautet.

Ein sachliches Treppenhaus, lange Gänge, wir könnten in irgendeinem Bürogebäude sein, wären da nicht die vielen Pflanzenfotografien an Wänden und Bürotüren. Ungewöhnlich auch die Warnschilder an den Glastüren im Untergeschoss, die ein kleines Insekt zeigen und die Aufschrift: «Wir dürfen

4 Millionen Belege und sind damit nach Genf zweitgrösstes Herbar der Schweiz und viertgrösstes Herbar an Hochschulen weltweit.

Heimisches und ExotischesGuggisberg führt uns zu einem langen Tisch in der Mitte des Raums. Ein braunes Buch liegt aufgeschlagen da – die Seiten vor Alter aufgequollen und gewellt wie Rinde. Eingeheftete Pflänzlein, dazu Zettel mit hand-schriftlichen, schwer lesbaren Notiz-krakeln. Das Buchungetüm enthält die ältesten Pflanzenbelege der Samm-lung, zu Lebzeiten zusammengetragen vom Schweizer Arzt und Naturfor-scher Johann Jakob Scheuchzer (1672 – 1733), im gebundenen Herbar von Johannes Gessner (1709 – 1790), dem Gründer der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich.

Daneben auf dem Tisch liegen, auf hellem Papierbogen sorgfältig ange-ordnet und fixiert, Präparate weiterer Gewächse, jede gepresste Pflanze auch ein ästhetischer Genuss, jeder Bogen versehen mit maschinengeschriebe-nen Beschreibungen und einer Land-karte, die den Fundort bezeichnet. Es sind Pflanzenbeispiele aus dem tropi-schen Zentralafrika, insbesondere An-

gola, die von Professor Hans Ernst Hess in den Jahren 1950 bis 1952 in zwei Expeditionen teils im Auftrag der Ciba gesammelt wurden. Während rund die Hälfte der Gefässpflanzen-sammlung Objekte der schweizeri-schen Flora umfasst, ist die Sammlung Hess ein Beispiel aus den ebenfalls be-deutenden Beständen ausländischer Pflanzenwelten. Ein Bogen zieht die Blicke besonders auf sich: Eine ge-presste Seerose zeigt immer noch zarte Violetttöne. «Die Blütenfarben so zu erhalten, ist nur möglich, indem man die Pflanzen sehr rasch presst und trocknet», erzählt die Kuratorin. Hess habe sich jeweils am Abend in den Mis-sionsstationen, wo er übernachtete, sofort an die Arbeit gemacht. Sie selbst habe im Mittelmeerraum mit dem Trocknen von Pflanzen auf dem hei-ssen Autodach auch schon mal sehr gute Ergebnisse erzielt.

Klima und GenforschungGuggisberg bestimmt seit 2016 als Ku-ratorin die Geschicke der Pflanzen-sammlung mit. «Bis man so eine Sammlung wirklich kennt, dauert es Jahre», sagt Guggisberg bescheiden. Ihr Ziel ist es, die Sammlung nicht nur zu bewahren, sondern auch stetig zu

berg. Sie betreut die Sammlung ge-meinsam mit Reto Nyffeler, Kurator der Universität Zürich, betreut. «Wür-den wir alle unsere Bestände aufeinan-dertürmen, ergäbe das einen Stapel von 3000 Metern Höhe!» Die Gefäss-pflanzensammlung ist damit der gröss-te Teil der Vereinigten Herbarien und besteht zu ungefähr gleichen Teilen aus Belegen der Universität und der ETH. Dazu kommen eine Pilz- und Flechtensammlung, die im ETH Zen-trum gelagert wird, und eine Moos-sammlung, die wiederum an der Uni-versität gepflegt wird. Aus der Zusam-menlegung der Herbarien erklären sich auch die ominösen Kürzel im Namen der Vereinigten Herbarien. Ein Z bezeichnet die Bestände der Universität, ZT diejenigen der ETH. Insgesamt umfassen die Herbarien fast

erweitern und die Belege bestmöglich Forschung und Lehre zugänglich zu machen. Ihre eigene Arbeit widmet sie etwa zu je einem Drittel der Lehre, der Forschung und dem Herbar. So führt sie mit Studierenden regelmässig bota-nische Exkursionen durch. Pflanzen-sammlungen werden durch aktuelle Probleme wie die Klimaerwärmung, aber auch durch neue Forschungsme-thoden wieder verstärkt an Bedeutung gewinnen, ist die Botanikerin über-zeugt: «Dank neuester molekularbio-logischer Techniken können beispiels-weise erbliche Veränderungen infolge Klimaerwärmung in der DNA von Herbarbelegen untersucht werden. Ausserdem enthalten Herbarbelege nicht nur Pflanzenmaterial, sondern auch Gewebe von Mikroorganismen oder Inhaltsstoffe wie Schwermetalle aus ihrem Lebensraum, die analysiert werden können.»

Guggisberg führt auch selbst sol-che Studien durch. Ziel war beispiels-weise, herauszufinden, ob sich die An-passung von Pflanzen an unterschied-liche Bodenzusammensetzungen auch in genetischen Unterschieden mani-festiert. Gerade eben werden in einem Nebenraum noch letzte Pflanzenprä-parate von Arabidopsis arenosa konser-viert, Kreuzblütler, die Guggisberg im Rahmen dieser Studie 2012 im Tatra-gebiet in Tschechien und in den öster-reichischen Voralpen gesammelt hat. Zwischen Bogen von Zeitungspapier, getrennt durch dünne Filzmatten, die die Feuchtigkeit aufsaugen, und Kar-tonbogen, die für Luftzirkulation sor-gen, hat Guggisberg ihre Pflanzenfun-de noch während der Sammelreise ge-presst.

Ein Neueingang wird präpariertNun entfaltet ihre Mitarbeiterin Viola Frei vorsichtig den obersten Zeitungs-bogen. Mit einer Pinzette entnimmt sie behutsam die gepresste Pflanze,

«Alle Bestände aufeinandergetürmt

ergäben einen Stapel von 3000 Metern Höhe.»

Alessia Guggisberg

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REPORTAGE REPORTAGE4445

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kreisen Kapsel genannt. Die Kapsel wird wie die Pflanze samt Inhalt auf dem Archivpapier befestigt. «Diese Pflanzenreste sind gerade für geneti-sche Untersuchungen sehr nützlich», erklärt Frei, «so muss man die präpa-rierte Pflanze selbst nicht durch Pro-benentnahme beschädigen.» Nun fügt Frei noch eine Etikette mit Angaben zum Pflanzennamen, Sammler, Fund-

pustet allzu lose Erdreste im Wurzel-bereich beiseite und drapiert die Pflan-ze auf ein helles Blatt Archivpapier. Dort fixiert sie sie mit feinen weissen Klebstreifen. Im Zeitungspapier zu-rückgebliebene Pflanzenteilchen, ab-gebrochene Blätter oder Blütenreste, selbst winzige Samen wischt sie zu-sammen und schüttet sie in ein quadra-tisch gefaltetes Papiertütchen, in Fach-

erläutert Guggisberg, indem sie eine leere Fläche neben ein paar wenigen eingezeichneten Häusern auf der Kar-te am Bildschirm markiert. Ein Web-portal macht die erfassten Daten öf-fentlich zugänglich.

Mit einem Digitalisierungsprojekt ist nicht nur das Fotografieren und Eingeben der Daten verbunden. Vor-her müssen die Belege überprüft, in-ventarisiert und möglicherweise sogar umbenannt werden. Wie wichtig das ist, zeigte ein durch die ETH-Biblio-thek finanziertes Pilotprojekt, die Digitalisierung der umfangreichen Kreuzblütler-Sammlung mit rund 82 000 Belegen. Diese Pflanzenfamilie beherbergt den Weltstar der heutigen Pflanzengenetik – ein unscheinbares Gewächs, Arabidopsis thaliana ge-nannt. Dessen Stammesgeschichte er-fuhr in den letzten Jahren dank geneti-scher Studien einige Korrekturen. «Das bedeutete auch, dass im Herbari-um vieles angepasst werden musste», sagt Guggisberg: «Insgesamt haben wir 2315 Taxonnamen überprüft. 971 mussten wir aktualisieren.» Ein weite-res Projekt umfasste die Digitalisie-

rung des Typus-Herbars. Typus-Bele-ge, Präparate neu entdeckter Pflanzen, sind die wichtigsten Belege einer Sammlung. Die Gefässpflanzen samm - lung der Vereinigten Herbarien beher-bergt 16 000 solcher Belege, und alle sind inzwischen auch digital zugäng-lich.

… zur Citizen ScienceIn Zukunft möchte Guggisberg nicht nur mit der Digitalisierung der Bestän-de fortfahren, sondern auch weitere damit verbundene Möglichkeiten nut-zen. So hat sie kürzlich bei der

ort und Sammelzeitpunkt hinzu. Da-mit ist das Pflanzenpräparat fertig montiert und bereit fürs Archiv – fast jedenfalls. Denn bevor es in den Her-barraum darf, muss es noch, wie alle anderen Neuzugänge, in Quarantäne. Eingehüllt in Plastik wandert es für mindestens eine Woche bei minus 30 °C in den Tiefkühler. «So wollen wir verhindern, dass Schädlinge wie Insek-ten, die die Präparate zerstören könn-ten, eingeschleppt werden», erklärt Guggisberg. Zuletzt wird noch ein Barcode auf den Papierbogen geklebt. Er überführt das Präparat ins digitale Zeitalter.

Von der Digitalisierung …Dies ist dringend gefragt, wie die Schweizer Akademien der Naturwis-senschaften kürzlich an einer Tagung zur Bedeutung naturwissenschaft-licher Sammlungen festhielten. In der Schweiz lagern über 60 Millionen Ob-jekte verteilt in allen Kantonen. Sie sind für die moderne Forschung jedoch kaum verwendbar, da sie lückenhaft bestimmt und klassifiziert und nur ge-rade 17 Prozent der Objektdaten digi-tal erfasst sind. In der Gefässpflanzen-sammlung lässt man sich das nicht zweimal sagen. An zwei Digitalisie-rungsstationen in einem speziell dafür reservierten Abteil können hier bis zu 3000 Bildaufnahmen von Präparaten pro Woche fotografiert werden und mit den dazugehörigen Beschreibun-gen ins hauseigene Datenbanksystem namens digitalis Z+ZT eingefügt wer-den. Das Potenzial der integrierten Möglichkeiten zur Georeferenzierung zeigt Guggisberg an einem Beispiel: «Finde ich bei einem Präparat das Jahr 1910 und den Ortshinweis Oerlikon/Feucht wiese, kann ich mir eine histori-sche Karte von Oerlikon anzeigen las-sen. Ich erkenne dann, dass es sich höchstwahrscheinlich um dieses ehe-malige Sumpfgebiet gehandelt hat»,

Das Montieren von Pflanzen belegen auf dem Archivbogen erfordert viel Fingerspitzengefühl.

«Ein digitales Bild wird niemals das reale

3D-Objekt völlig ersetzen können.»

Alessia Guggisberg

Eine Mitarbeiterin beim Digitalisieren von Herbar-Beständen

ETH-Bibliothek ein Citizen-Science- Projekt über die Walliser Flora einge-reicht. Damit sollen interessierte Lai-en bei der Übertragung von Belegbe-schreibungen in die Datenbank helfen können. Eine Arbeit, die nicht nur bo-tanisches Interesse, sondern auch de-tektivische Fähigkeiten verlangt. Denn wer kann heute noch ohne Wei-teres alte handschriftliche Notizen wie diejenigen aus dem Herbar von Johan-nes Gess ner entziffern? In der Daten-bank würden solche Informationen für alle lesbar und zugänglich.

Doch bei aller Begeisterung für die neuen Möglichkeiten der Digitalisie-rung: «Ein digitales Bild wird niemals das reale 3D-Objekt völlig ersetzen können», sagt Guggisberg, als sie uns aus dem Digitalisierungsraum noch einmal zurück in die Sammlung führt. Die stille Präsenz von mehr als zwei Millionen Objekten verleiht ihren Worten eine besondere Resonanz.

Zürcher Herbarien:→ www.zuerich-herbarien.ethz.ch

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ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019

AG, Joël Mesot, ETH-Präsident, und Heinz Brenner, Leiter Business De-velopment & Marketing Siemens Mo-bility AG (v.l.n.r.), freuen sich über die Zusammenarbeit. Die Donation trägt dazu bei, dass wegweisende Lö-sungen für die Mobilität der Zukunft entwickelt werden.

4 Neuer ETH-Präsident

STEUERRAD­ ÜBERGABE Am Weihnachtsapéro der Schullei-tung überreichte der noch amtierende ETH-Präsident Lino Guzzella (3.v.l.) mit einem symbolischen Steuerrad feierlich seine Amtsgeschäfte an sei-nen Nachfolger Joël Mesot (3.v.r.). Die weiteren Schulleitungsmitglieder bleiben im Amt: Robert Perich, Vize-präsident Finanzen und Controlling (1.v.l.), Rektorin Sarah Springman (2.v.l.), Detlef Günther, Vizepräsi-dent Forschung und Wirtschaftsbe-ziehungen (2.v.r.), und Ulrich Weid-mann, Vizepräsident Personal und Ressourcen (1.v.r.).

5 Extraterrestrisch

ERFOLGREICHE LANDUNGIm November fieberten die Besucher auch in der Bar bQm an der ETH Zürich live bei der erfolgreichen Lan-dung von InSight auf dem Mars mit. Kurze Zeit nach der Ankunft des Lan-ders fotografierten zwei Kameras das Gelände, um den Mitgliedern des Missionsteams dabei zu helfen, zu be-stimmen, wo das Seismometer und die Wärmesonde positioniert werden sollen. Im Dezember dann hat InSight sein Seismometer auf der Oberfläche des Mars platziert, um im Frühling erste Ergebnisse zu publizieren.

1 ETH goes WEF

RETHINKING DESIGNBereits zum dritten Mal präsentierte sich die ETH Zürich am WEF in Da-vos. Die Ausstellung «Rethinking Design» legte dabei die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Design frei, liess die Zukunft der Architektur physisch und virtuell erfahren und zeigte Anwendungsmöglichkeiten intelligenter Materialien auf. Ein Highlight war der Skaterbot auf dem Eis mit dem HC Davos (grosses Bild).

2 Alfred-Escher-Preis

PREIS FÜR SCHÜLER UND SCHÜLERINNEN Im Februar hätte Alfred Escher sei-nen 200. Geburtstag gefeiert. Die ETH Zürich verlieh aus diesem An-lass den Alfred-Escher-Preis an junge Innovatorinnen und Innovatoren. Ausgezeichnet wurden Schüler und Studierende, die dank ihres Mutes und Weitblicks die «Eschers von mor-gen» werden können. Den ersten Preis gewannen die ETH-Studentin Silvia Lama und der Gymnasiast Je-remias Baur für ihre smarten Lern-umgebungen.

3 Mobilitäts-Initiative

NEUER INDUSTRIEPARTNERDie Siemens Mobility AG schliesst sich als erster Industriepartner der «Mobilitäts-Initiative» an, die im Jahr 2018 von der ETH Zürich zusammen mit der SBB lanciert wurde. Im Rah-men des WEF wurde der Vertrag un-terzeichnet. Detlef Günther, ETH-Vi-zepräsident für Forschung und Wirt-schaftsbeziehungen, Gerd Scheller, Präsident und CEO Siemens Mobility

1 ETH goes WEF

4 Neuer ETH-Präsident

5 Extraterrestrisch

3 Mobilitäts-Initiative

Bilder: Andreas Eggenberger (3); Alessandro Della Bella (2); NASA/JPL-Caltech (Mars); Michèle Marti

2 Alfred-Escher-Preis

Bundesrat Guy Parmelin

liess sich im Wissenschafts-

restaurant Tastelab von

kulinarischen Experimenten

überraschen.

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ETH GLOBE 1/2019ETH GLOBE 1/2019 Bilder: Peter Rüegg; Saloon Creatives GmbH; Toni RussoBilder: © Željka Marušić/Andreas Helbling; Céline Neubig; Timm Schroeder; Barbara Brauckmann; vdf-Verlag

FÜHRUNGEN 26. März 2019, 18.15 – 19.15 Uhr Big Brother der regenerativen MedizinViele unserer Organe können sich dank Stammzellen nach Verletzungen selber reparieren. Wie zukünftige Stammzell - therapien entwickelt werden und wie Stammzellen durch Videomikroskopie beobachtet werden können, darüber gibt die Führung einen spannenden Einblick.

ETH Basel, D-BSSE, Mattenstrasse 26

7. Mai 2019, 18.15 – 19.15 Uhr Kein Genuss ohne ReueEs gab Zeiten, als «Kaffeeschnüffler» ums Haus schlichen wie Detektive. Auch das Übertreten des Tabakverbots wurde einst strenger geahndet, in Lüneburg 1691 sogar mit der Todesstrafe. Bestaunen Sie die Relikte dieser nicht allzu fernen Vergangenheit in der Chemischen und Pharmakognostischen Sammlung.

ETH Zürich, Hönggerberg, Gebäude HCI

Diese und viele weitere spannende Führungen sowie Informationen zur Anmeldung unter:→ www.fuehrungen.ethz.ch

AUSSTELLUNGEN

Bis 14. April 2019 Ding / Unding. Die Entgrenzung des Künstler*innenbuchsImmer wieder erweitern Kunstschaffende unsere Vorstellung, was überhaupt noch als Buch gelten kann. Muss es gebunden sein? Gedruckt? Aus Papier bestehen? Die Ausstellung wirft einen Blick auf die Künstlerbücher aus der Graphischen Sammlung ETH Zürich.

ETH Zentrum, Graphische Sammlung→ gs.ethz.ch/agenda

Bis 30. Juni 2019 Insekten – lebenswichtig!Insekten bestäuben Wild- und Kulturpflanzen, sind eine unersetzbare Nahrungsgrundlage. Doch diverse Insektenarten sind vom Aussterben bedroht. Welche Konsequenzen hat dies für unseren Alltag?

Zoologisches Museum, Universität Zürich→ www.zm.uzh.ch/de/

sonderausstellungen/2019insekten

VERANSTALTUNGEN

Es wird gefeiert!Rund um das 150-Jahre- Jubiläum der ETH Alumni Vereinigung finden vielseitige Anlässe statt. Laufend aktualisierte Informationen unter: → www.alumni.ethz.ch/150jahre/

programm

9. April 2019, 18.30 – 21.00 Uhr Blockchain und Kryptowährung für AnfängerDer Begriff Blockchain ist heute in aller Munde. Der Focus Event der ETH Alumni erklärt verschiedene Begriffe wie kryptografische Verfahren, Bitcoin oder Kryptowährung.

ETH Zentrum, HG F5→ www.alumni.ethz.ch/events

25. Mai 2019, 10 – 17 Uhr AgriTech DayWie kann Technologie genutzt werden, um das Ernährungssystem nachhaltiger zu gestalten? Am AgriTech Day erfahren die Besucher, wie Forschung und die landwirtschaftliche Praxis zusammen nachhaltige Lösungen erarbeiten.

AgroVet-Strickhof, Eschikon, Lindau→ www.worldfoodsystem.ethz.ch/

smartfarming

Lesbar

TOPIARIA HELVETICA 2019: WAS KEIMT DENN DA? VON SAMEN UND SORTEN

Saatgut wurde über Jahrtausende ge-schaffen. Menschen haben Samen ge-wonnen, Sorten gezüchtet und Wis-sen angesammelt. Doch ist dies ein durchaus ambivalenter Prozess. Mit dem Ziel der Optimierung ist auf der einen Seite viel Neues auf dem Saat-gutmarkt entstanden – auch hybride Einwegpflanzen, die nicht mehr sa-menfest sind.

Auf der anderen Seite sind gerade dadurch alte Kultursorten verdrängt worden – obwohl sie günstige Eigen-schaften aufwiesen und an spezifische Standorte angepasst waren. Das ge-genwärtig breite Interesse an Samen und Sorten verdeutlicht, dass wir bei jeglichen Weiterentwicklungen Ver-antwortung tragen.

vdf HochschulverlagHerausgeber: SGGK Schweizerische Gesellschaft für GartenkulturISBN: 978-3-7281-3926-9, CHF 42

Agenda

Treffpunkt Science City

BIOPLASTIK UND PFLANZENFLEISCH

17. März – 7. April 2019 Am Treffpunkt Science City haben die Besucher die Möglichkeit, sich in die Wunder der Materialforschung zu vertiefen: Kön-nen neue Nanowerkstoffe den Bedarf

der Menschheit in den Bereichen Ener-gie und Gesundheit decken? Bei Vorle-sungen, Workshops, Talkrunden und Demos erfahren Besucher und Besu-cherinnen alles über Bioplastik, ge-züchtete Haut, künstliche Organe oder Fleisch aus Pflanzen.

Detailliertes Programm und Anmeldung unter: → www.ethz.ch/treffpunkt

CreativeLabZ

WORKSHOPS FÜR JUGENDLICHE

Ab April 2019 Die Projekte der Creati-veLabZ-Initiative bauen auf Leben-digkeit und Begeisterung statt Leis-tungsdruck und Stress. Sie kombinie-ren Kunst und Wissenschaft, um kreatives und kritisches Denken bei Jugend lichen zu fördern. Die Work-shopreihe zum Thema «Designing life on Mars» startet im Mai. Weitere finden im Student Projekt House der

ETH statt. CreativeLabZ ist eine Initi-ative des Plant Science Centers der ETH Zürich sowie der Unis Zürich und Basel in Zusammenarbeit mit Partnern aus Kunst und Design.

Mehr Informationen unter:→ www.creativelabz.ch

Wettlauf um das perfekte Material

CONNECTED

Željka Marušić und Andreas Helbling, Nada. Das Reiseorakel, 2004, Graphische Sammlung ETH Zürich

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Wir produzieren und vermarkten Rohstoffe für das moderne Leben.

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5 FRAGEN50

ETH GLOBE 1/2019 Bild: Giulia Marthaler

Was konkret untersuchen Sie in Ihrem Forschungsgebiet?Mich interessiert, wie soziale Netzwerke – etwa aus Freundschaft, Zusammenarbeit oder Kon-flikt – zwischen Menschen entstehen und welche Effekte sie auf die Individuen haben. So zeigen wir in einer aktuellen Publikation, wie sich Stu-dierende im ersten Semester miteinander vernet-zen und dass der Grad der sozialen Integration den späteren Studienerfolg beeinflusst. In einem anderen Projekt versuchen wir zu verstehen, wie sich Persönlichkeit und psychische Gesundheit auf die Vernetzung auswirken.

Um solche Fragen zu beantworten, benötigen wir neue statistische Methoden, Berechnungs-verfahren und Analysesoftware – all das entwi-ckeln wir in meiner Gruppe. Mit dem Boom der sozialen Medien hat meine Forschungsrichtung einen Riesenschub bekommen, da auf einmal grös sere und komplexere Datenmengen zur Ver-fügung stehen. Sie können eine spannende Er-gänzung sein zu unserer klassischen Datenerhe-bung mit Fragebögen und direkter Beobachtung.

Wie aktiv sind Sie selber in den sozialen Medien?Ich nutze Twitter als wissenschaftliche Informa-tionsquelle und um Kolleginnen und Kollegen aus dem Fach über die Arbeit meiner Gruppe zu in-formieren. Besonders aktiv bin ich aber nicht, da ich viel lieber persönlich kommuniziere.

Wie würden Sie den «ETH-Spirit» beschreiben?Dazu gehören sicher das Out-of-the-box-thin-king und das Streben, Grenzen zu überschreiten. In meinen vier Jahren an der ETH habe ich eine Menge interdisziplinärer Forschungsprojekte kennengelernt, die extrem spannend sind und die es so an anderen Unis nicht gibt. Den ETH-Spirit zeichnet neben seinem Weltklasseanspruch ehr-liche, fundierte Forschung aus, die nicht nur den nächsten Knalleffekt sucht. Ein bisschen Schwei-zer Understatement eben, im allerbesten Sinne.

Was möchten Sie Ihren Studierenden mitgeben? Für viele Studierende ist die Kombination von Statistik und Datenanalyse mit sozialwissen-schaftlichen Theorien völlig neu. Mit meinen Kursen im «Science in Perspective»-Programm und im neuen Master in Data Science möchte ich im Sinne des «Critical Thinking» aufzeigen, dass komplexe Netzwerkdatenanalyse helfen kann, gesellschaftliche Fragen zu beantworten. Dazu braucht es smarte Forschungsdesigns, die auch ethische Herausforderungen berücksichtigen.

Mit wem würden Sie gerne für eine Woche den Arbeitsplatz tauschen?Da gäbe es viele Optionen! Ich wäre zum Beispiel gerne einmal für eine Woche Fussballcoach bei meinem Lieblingsclub FC Köln. Nicht weil ich denke, dass ich das besonders gut könnte, son-dern wegen der guten Sicht auf das Spielfeld von der Bank. — Aufgezeichnet von Isabelle Herold

Christoph Stadtfeld ist Professor für Soziale Netzwerke am Departement für Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften. → www.sn.ethz.ch

«Wir suchen nicht nur den Knalleffekt».

Forschung mit Weltklasseanspruch, die ehrlich und fundiert ist: Dies macht für Christoph Stadtfeld den ETH-Spirit aus.

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