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PS Sozialpsychologie: Soziale Konflikte, Dilemmata und Konfliktlösungen Bernard, Deix & Kaufmann SS 2011
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Inequality, Discrimination, and the Power of the Status Quo: Direct Evidence for a Motivation to See the Way Things Are as the Way They
Should Be
Aaron C. Kay, Danielle Gaucher, Jennifer M. Peach, Kristin Laurin, Justin Friesen, Mark P. Zanna, and Steven J. Spencer
University of Waterloo
Journal of Personality and Social Psychology 2009, Vol.97, No. 3, 421 - 434
Zusammengefasst und erweitert von
Fabienne Bernard (0902653)
Stephanie Deix (0902991)
Marlene Kaufmann (0906500)
PS Sozialpsychologie: Soziale Konflikte, Dilemmata und Konfliktlösungen Bernard, Deix & Kaufmann SS 2011
2
Inhalt 1. Einleitung ..............................................................Fehler! Textmarke nicht definiert.
1. 1. Die Motivation den Status Quo zu rechtfertigen................................................ 5
1. 1. 1. Die Natur der vergangenen Beweise........................................................... 5
1. 1. 2. Die Beurteilung der Motivation .................................................................. 7
1. 1. 3. Abhängigkeit vom System.......................................................................... 7
1. 1. 4. Unausweichlichkeit des System .................................................................. 8
1. 1. 5. System unter Bedrohung ............................................................................ 8
1. 2. Rationalisierung des Status Quo......................................................................... 8
2. Aktuelle Forschung ........................................................................................................9
2. 1. Study 1: Injunctification der Politischen Macht............................................... 10
2. 1. 1. Methode/Prozedur ................................................................................... 10
2. 1. 2. Ergebnisse ................................................................................................. 11
2. 2. Studie 2: „Injunctification“ des öffentlichen Bereichs...................................... 11
2. 2. 1. Methode/Prozedur................................................................................... 12
2. 2. 2. Ergebnisse ................................................................................................. 12
2. 3. Studie 3: „Injunctification“ der Ungleichheit zwischen Geschlechtern im politischen Kontext................................................................................................... 13
2. 3.1. Methode/Prozedur .................................................................................... 14
2.3.2. Ergebnisse ................................................................................................... 15
2. 4. Studie 4 : „Injunctification“ des Ungleichgewichts zwischen Geschlechter in der Berufswelt ................................................................................................................ 16
2. 4. 1. Methode/Prozedur ................................................................................... 17
2. 4. 2. Ergebnisse ................................................................................................. 18
3. Diskussion...................................................................................................................... 20
4. Literaturverzeichnis................................................................................................... 22
PS Sozialpsychologie: Soziale Konflikte, Dilemmata und Konfliktlösungen Bernard, Deix & Kaufmann SS 2011
3
1. Einleitung
Wie mächtig ist der Status Quo? Wie sehr setzen sich Personen für den Erhalt des
vorherrschenden Systems ein und wie sehr werden Personen von diesem manipuliert?
Wissenschaftler betrieben Studien mit dem Fokus auf den Status Quo und fanden
heraus, dass Personen „Injunctification“ – die aktuelle Ungleichheit, die im Status Quo
beinhaltet ist – nicht nur akzeptieren, sondern auch mit hoher Motivation verteidigen,
weil der vorherrschende Status Quo als allgemein wünschenswert und fair betrachtet
wird. Die Motivation ein System zu rechtfertigen, trotz Ungleichheit geht von
politischen Systemen und Ordnungen über soziale Systeme. Die folgenden vier
Studien zeigen Ergebnisse auf, die die Akzeptanz und Verteidigung von
Ungerechtigkeit wiederspiegeln. Die theoretische Schlussfolgerung für das
Rechtfertigungssystem ist unter anderem die Entstehung von Stereotypen,
Zustimmung von Aufrechterhaltung der Ungleichheit, usw. (Kay, Gaucher, Peach,
Laurin, Friesen, Zanna & Spencer, 2009a).
Nach Jost und Banaji (1994) unterscheidet man drei Rechtfertigungsmotive. Die
Rechtfertigung des Ichs (Ego Justification), die Rechtfertigung einer Gruppe (Group
Justification) und die Rechtfertigung des Systems (System Justification). Ersteres
beschreibt das Motiv auf die eigenen Bedürfnisse zu achten, sich zu entwickeln und
sein eigenes Selbstbild aufrechtzuerhalten. Außerdem ist die Aussage zentral, dass
jeder Mensch als individuelles Wesen angesehen werden will. Die Rechtfertigung
einer Gruppe bezieht ihren Inhalt aus dem Gefühl der Gruppenzusammengehörigkeit.
Der Erhalt eines vorteilhaften Images ist unter anderem ein zentraler Punkt der
Verteidigung der Gruppe. Zuletzt beinhaltet das System der Rechtfertigung im
Allgemeinen die Tendenz, soziale, wirtschaftliche und psychologische Bedürfnisse,
die dem aktuellen Status Quo entsprechen, zu akzeptieren und somit zu verteidigen.
Die Theorie der sozialen Identität (Tajfel & Turner, 1986) erweitert das Verständnis
um die ersten beiden Theorien, Rechtfertigung des Ichs und Rechtfertigung einer
Gruppe. Diese Theorie beschreibt das soziale Verhalten im Ganzen und fokussiert
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besonders das zwischenmenschliche Verhalten und in weiterer Folge das
Intergruppenverhalten. Eine weitere Theorie in Verbindung mit „Group und System
Justification“ ist die Theorie der sozialen Dominanz. Der Inhalt bezieht sich auf eine
Erklärung bestehender Ungleichheiten und einer der Grundannahmen ist, dass
Hierarchien durch Diskriminierung hergestellt und etabliert werden.
Ungleichheit im System unter anderem in der Gesellschaft ist verbreitet. Im Jahre
2003 gab es einen 15,7%igen Anteil an Frauen in Firmenbüros in Amerika. Von den
500 größten Firmen von Amerika waren nur 1,1% der Frauen in Führungspositionen.
Weiters wurde aufgezeigt, dass Frauen in Amerika weniger gut bezahlt wurden, als
vergleichsweise ihre männlichen Kollegen. Auch in Kanada waren Frauen
unterrepräsentiert in Bereichen der bestbezahlten Position, wie zum Beispiel im
Firmensektor und im oberen Management (Statistic Canada, 2006). Frauen müssen
mehr Hindernisse, seien es private oder berufliche Hürden, überwinden. Auch in der
Gesellschaft bzw. als Voraussetzungen für ein gutes Vorbild gilt es bei den weiblichen
Prestigeträgern mehr Bemühen und Können zu präsentieren. Trotz dieser
offensichtlichen Ungleichheit zwischen Frauen und Männer, akzeptieren Personen
diesen momentanen Stand, den Status Quo. Die Motivation die Ungleichheit und somit
das aktuell bekannte System zu erhalten, stabilisiert die Fairness und Legitimität des
Systems (Jost & Banaji, 1994; Kay, Gaucher, Napier, Callan, & Laurin, 2008). Kanada
repräsentiert eine große ökonomische Ungleichheit zwischen der Mehrheit der
Bevölkerung und Minderheiten. Des Weiteren verdient eine Frau vergleichsweise mit
einem Mann durchschnittlich um 30 Cent weniger (Canadian Labour Congress, 2008).
Frauen bzw. auch Minderheiten sind in hohen Positionen unterrepräsentiert. Obwohl
Angehörige von Mindergruppen eine akademische Ausbildung haben, ist deren
Arbeitslosenrate doppelt so hoch als bei den Kaukasiar (Black & Hicks, 2006; Klie,
2007).
Folgende Zielsetzungen werden in den vier Studien fokussiert. Das Ausmaß der
„Injunctification“ soll erhoben und gemessen werden. In weiterer Folge wird auch auf
einen Zusammenhang zwischen öffentlicher Politik und vorherrschender Ungleichheit
geachtet. Die Frage in welchen Bereichen sich „Injunctification“ auswirkt und wie sich
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die Motivation der Rechtfertigung unter Systembedrohung verändert ist ebenfalls
zentral.
1. 1. Die Motivation den Status Quo zu rechtfertigen
1. 1. 1. Die Natur der vergangenen Beweise
Laut des Systems der Rechtfertigungstheorie (Jost & Banaji, 1994) sind Leute
motiviert ihr System in dem diese leben und mitwirken, mit all seinen Regeln und
sozialpolitischen Einrichtung zu verteidigen. „According to system justification theory
(Jost & Banaji, 1994), people are motivated to defend and legitimize the systems in
which they operate – that is, the rules and sociopolitical institutions within which
people functions (also see Kay et al., 2008).”1
Naturgemäß verteidigen und legalisieren Personen ihr System. Dieses psychologische
Verhalten wirkt angst- bzw. bedrohungsreduzierend (Jost & Hundyday, 2002). Eine
innere Reaktion der Menschen wirkt bedrohungsvermeidend, dass heißt, wenn
Veränderungen auftreten, reagiert man mit Angst, weil die Akzeptanz und die
Motivation zur Rechtfertigung des Status Quo hoch sind (Kay, et al., 2009b; Laurin,
Kay & Moscovitch, 2008). Veränderung kann Jobverlust, Mobbing oder Ausgrenzung
aus der Gesellschaft bedeuten. Die Motivation und der Antrieb das soziale und
wirtschaftliche System zu erhalten, trotz herrschender Ungerechtigkeit ist der generelle
Grundsatz der „justification of system“ (Kay, et al., 2009a), also die Rechtfertigung
eines Systems.
Frühere Untersuchungen haben die Existenz des Systems – legitimierten Stereotypen
und ihre Bereitschaft zur Manipulation und deren Konsequenzen untersucht. Forscher
fanden unter anderem heraus, dass Personen die Verwendung von Stereotypen
innerhalb eines Gruppenstatus unterstützen (e.g., Glick & Fiske, 2001; Haines & Jost,
2000; Jost & Banaji, 1994; Jost, Pelham & Carvallo, 2002). Kognitive Aktivität eines
Rechtfertigungssystems beeinflusste Personen, den Status Quo vermehrt als fair
1 Kay, A. C., Gaucher, D., Peach, J. M., Laurin , K., Friesen, J., Zanna, M. P., & Spencer S. J. (2009a),
Journal of Personality and Social Psychology, 97, 422.
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anzusehen (Jost & Kay, 2005, Kay, Czaplinksi, & Jost, 2008, Kay & Jost, 2003; Kay
et al.; 2007). In weiterer Folge wurde bei erhöhter Motivation ein System zu
akzeptieren, die Verwendung von Stereotypen gesteigert (see Kay, Jost & Young,
2005; Lau, Kay, & Spencer, 2008).
In der Studie von Jost, Kivetz, Rubini, Guermandi & Mosso (2005) bezüglich des
Themas Funktionen der Systemrechtfertigung mit dem Fokus auf regionalen und
ethischen Stereotypen im nationalen Vergleich, wurde die Stereotypenverwendung zur
Sicherung der Legitimität des Status Quo aufgezeigt. Zur Erfassung der
unterschiedlichen Stereotypenbildung wurden die Testpersonen in zwei Gruppen
aufgeteilt. Eine Gruppe wurde als „agentic“ (selbst kreierte Stereotypenverwendung)
und leistungsorientiert eingestuft, während die andere Gruppe eine Tendenz zur
allgemeineren und interpersonalen Orientierung aufzeigte. In beiden Gruppen
befanden sich Testpersonen mit hohem und niedrigerem Status. Die Datenerhebung
erfolgte in drei unterschiedlichen Ländern, aus diesem Grund kann man hier von einen
nationalen Nachweis –„cross national evidence“ – ausgehen, der sich hinsichtlich der
Verteilung von wirtschaftlichen und sozialen Status, sowie von ethischen Normen
ergab. Unter anderem wurde diese Studie in Israel durchgeführt, da in diesem Land
eine ethische Teilung vorliegt (Levin & Sidanius, 1999). Die anderen zwei Länder
waren England, auf Grund seiner Teilung im industriellen Bereich und Italien, da dort
Vergleiche zwischen Nord- und Süditalien angestellt werden konnten. Die
Haupthypothesen aller drei durchgeführten Studien lauteten, dass die Personen ihr
System verteidigen und rechtfertigen und in diesem Zusammenhang Stereotypen
verwenden, abhängig vom Status. Es wurde erwartet, dass die Personen mit hohem
Status vermehrt „agentic terms“ für Stereotypenbildung verwenden und Personen mit
niedrigerem Status zu den „communal terms“ greifen. Diese Erwartungen bestätigten
sich weitgehend. Die Funktion der Rechtfertigung eines Systems ist mit der
Notwendigkeit der Rechtfertigung des Systems zusammengehangen, daher entsteht in
statusunterschiedlichen Gruppen jeweils ein anderer Stereotypengebrauch. Der
Unterschied im Stereotypengebrauch förderte in weiterer Folge die Auffassung der
Legitimität des vorherrschenden Systems. Die Unterschiede in der Stereotypenbildung
hingen nicht von der eigenen Identität, sondern waren von der Gruppenzugehörigkeit
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der Personen abhängig (Jost & Banaji, 1994). Hervorzuheben sind auch die
Unterschiede in den Stereotypen, wenn das System bedroht wird. Zusammenfassend
ist zu sagen, dass regionale und ethnische Stereotypen als Stabilität der Rechtfertigung
eines Systems wahrgenommen werden. Stereotypen ergeben sich aus der
Wahrnehmung einer speziellen Gruppe (e.g. Jost, 2001). 2
1. 1. 2. Die Beurteilung der Motivation
In einigen Studien waren es nicht nur Ziel einen direkten Beweis für die Verteidigung
des Status Quo im Bereich der öffentlichen Politik und im sozialen Kontext
aufzuzeigen, sondern auch die dahinter stehende Motivation zu fokussieren. Personen
deren System bedroht wird, gewinnen an Motivation dieses zu verteidigen. Drei
Manipulationen wurden in verschiedenen Kontexten in den nachfolgenden Studien
eingesetzt, um die Motivation hinter der Systemrechtfertigung zu erfassen. Zum einen
wurde den Teilnehmern ihre Abhängigkeit zum System deutlich gemacht. In einer
weiteren Manipulation erschien das vorherrschende System als unausweichlich. Die
Teilnehmer wurden auch im Kontext getestet, dass das System bedroht wird. In all
diesen Kontexten wurden die Werte von „Injunctification“ gemessen (Kay, et al.,
2009a).
1. 1. 3. Abhängigkeit vom System
Die Abhängigkeit von einem System ist eine starke Motivation um dieses zu
akzeptieren und zu rechtfertigen. Wenn eine Person von etwas abhängig ist, dann
steigt die Motivation der Systemrechtfertigung auch mit vorhandener Ungerechtigkeit
an (Kay & Zanna, 2009).
2 vgl. Jost, J.T., Kivetz, Y., Rubini, M., Guermandi, G., & Mosso, C. (2005, September 3), System-
Justifying Functions of Complementary Regional and Ethnic Stereotypes: Cross-National Evidence, Social
Justice Research, 18, 305-333.
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1. 1. 4. Unausweichlichkeit des System
Wenn ein System unausweichlich erscheint, dann sinkt die Motivation dieses zu
verlassen bzw. zu entkommen. Dies bedeutet jedoch wieder, dass die Motivation
dieses zu rechtfertigen steigt. Das Unausweichliche wird akzeptiert und verteidigt,
wobei der Status Quo rationalisiert wird (Laurin, Kay, Gaucher & Sheperd, 2009).
Zum Beispiel ist es für Personen schwer ihr soziales System, ihr Land, Familie etc.
aufzugeben, trotz herrschender Ungleichheit. Sie passen sich an (cf. Festinger, 1957).
1. 1. 5. System unter Bedrohung
„Just as self-threat manipulation increase the proclivity to engage in self-defensive
processes … threatening the system increases the penchant to engage in processes of
system justification …” 3
Je mehr das vorherrschende System bedroht wird, desto mehr steigt die Motivation
dieses zu verteidigen. In weiterer Folge kommt es auch zum stereotypischen Verhalten
innerhalb des Systems. Kay et al. (2005) hat herausgefunden, dass, wenn das System
bedroht wird, die Personen stereotypisches Verhalten annehmen und das System
rechtfertigen. Eine logische Schlussfolgerung ergibt sich aus den Ergebnissen von
Kay, et al. (2005): Wenn ein System bedroht wird, ist das eine wirksame Methode die
Motivation der Personen zu erhöhen ihr System zu verteidigen.
1. 2. Rationalisierung des Status Quo
McGuire &McGuire (1991) kamen zu den Ergebnissen, dass sich die Menschen ihren
Vorlieben nach anpassen und ihre Erwartungen in eine vorgefertigte Richtung setzen,
die auch später auftritt. Kay, Jimenez & Jost (2002) beschäftigten sich mit dem Status
Quo im politischen Kontext und erhoben Daten vor der Präsidentschaftswahlen 2000.
Die Testpersonen, eine Gruppe Republikaner und Demokraten, sollten ihren
favorisierten Kandidaten, G. W. Bush und Al Gore, nennen. Die Ergebnisse zeigten, 3 Kay, A. C., et al. (2009a), Journal of Personality and Social Psychology, 97, 423.
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dass die Testpersonen den Kandidaten als wünschenswerter bewerteten, wenn die
wahrgenommene Wahrscheinlichkeit zu gewinnen stieg.
Der Status Quo ist nicht an den politischen oder wirtschaftlichen Kontext gebunden,
sondern ist auch im Alltag existent. Kluwer (1998) hat in ihrer Studie die familiären
Aufgaben thematisiert im Bezug auf Ungleichheit. Männer rechtfertigen den
vorherrschenden Status Quo, dass Frauen für Haushalt und Kindererziehung primär
verantwortlich sind. Im Gegenteil zu den Frauen. Diese neigen in dieser Untersuchung
eher dazu den Status Quo zu ändern und sind in ihrem Vorhaben auch erfolgreich.
Männer geben den Forderungen der Frauen im familiären alltäglichen Kontext nach.
2. Aktuelle Forschung
Es wurden insgesamt 4 Studien zum Thema Ungleichgewicht bzw. Ungerechtigkeit,
also „Injunctification“ durchgeführt. In dieser Studie wurde erwartet, dass Personen
den vorherrschenden Status Quo akzeptieren und somit verteidigen werden. In jeder
Studie wurden Manipulationen geschaffen, um von den Teilnehmern den Wert für
„Injunctification“ zu messen. Des Weiteren ist die Motivation zur Verteidigung des
Status Quo mit enthaltener Ungleichheit zentral in den Studien. Die Studien
beinhalteten unterschiedliche Manipulationen: Die Testpersonen sollten sich abhängig
einem System gegenüber fühlen, die Unausweichlichkeit eines System annehmen und
in Studie 4 wurde das System bedroht. Weiters wurde auch der Kontext gewechselt,
sowohl der politische, als auch der öffentliche, wie auch ein Kontext mit
Arbeitsweltbezug. Die ungleiche Geschlechteraufteilung wurde ebenso in der Politik,
als auch in der Arbeitswelt berücksichtigt und gemessen. Den Teilnehmer wurden vor
der eigentlichen Manipulation Information über einen Status Quo im jeweiligen
Kontext gegeben.
Es wurde bei diesen Studien erwartet, dass der Status Quo gerechtfertigt wurde, wenn
die Manipulation diesen begünstigt.
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2. 1. Study 1: „Injunctification“ der Politischen Macht
Studie 1 demonstriert die Existenz eines Ungleichgewichts, also „Injunctification“ im
politischen Bereich. Vor der Manipulation wurden die Teilnehmer dieser Studie
gebeten Informationen über den vorherrschend politischen Status Quo zu lesen. Der
Inhalt dieser Information war, dass ein überwältigender Großteil der Beamten der
kanadischen Regierung, wohlhabende Personen seien. Um die Motivation der
„Injunctificaiton“ zu testen, wurden 2 Manipulationen verwendet. Zum einen die
Manipulation der Unausweichlichkeit und zum anderen die Manipulation der
Bestätigung. Der Fokus der Studie bezog sich darauf, ob sich die Testpersonen in
ihrer Motivation das System zu verteidigen steigerten oder verminderten.
2. 1. 1. Methode/Prozedur
Insgesamt nahmen 36 Personen an dieser Studie teil, davon waren 16 Männer und 20
Frauen im Durchschnittsalter von 23 Jahren. Die Teilnehmer waren Studenten die
Psychologie an der Universität Waterloo in Kanada studieren. Sie haben sich alle
freiwillig für eine Onlinestudie zur Einstellung gegenüber Weltproblemen gemeldet.
Die eine Hälfte der Teilnehmer las einen Abschnitt über die Gesetzmäßigkeit des
Kanadischen Systems, welches die eigentliche Manipulation implizierte. Die andere
Hälfte las einen neutralen Absatz, der als Inhalt die Verbesserung der Überlebensrate
der Spezies Frosch beschrieb. Diese Hälfte der Teilnehmer, sie erhielten keine
Manipulation, stellte die Kontrollgruppe dar. Danach mussten die Teilnehmer über
eine weitere Forschung lesen, in der es um die Manipulation des Systems der
Unausweichlichkeit geht. Zum einen konnte nachgelesen werden, dass es einfach war
von einem System in ein anderes zu wechseln und zum anderen wurde das Gegenteil
mitgeteilt. Eine Gruppe der Teilnehmer lasen einen Text, der Kanada als ein reiches
und wohlhabendes Land darstellte.
Nachdem die Teilnehmer die Information der vorgegebenen Texte gelesen hatten,
sollten sie den Aufbau der kanadischen Regierung bewerten und entweder ihre
Zustimmung oder ihre Ablehnung gegenüber den Zustand, dass derzeit wohlhabende
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Bürger in der Lage sein können, als Beamte in jener Regierung tätig zu sein,
beschreiben.
2. 1. 2. Ergebnisse
Für die Auswertung wurde eine 2x2 ANOVA herangezogen, diese war signifikant.
Weiters war auch die Interaktion zwischen 2 Faktoren signifikant. Innerhalb der
Kontrollgruppe wurde der vorherrschende Status Quo stärker verteidigt, wenn die
Testpersonen unter der Manipulation der Unausweichlichkeit des Systems standen.
Wenn das System durch Bestätigung gefestigt wurde, hatte die Teilnehmer wenig
Grund aus diesem ausbrechen zu wollen und akzeptieren dieses. Die „Injunctification“
innerhalb des politischen Kontextes war gegeben. Wenn die Motivation zur
Rechtfertigung hoch war, wurde der Status Quo akzeptiert.
2. 2. Studie 2: „Injunctification“ des öffentlichen Bereichs
Diese Studie beschäftigt sich mit der Aufrechterhaltung von Ungerechtigkeit im
öffentlichen Bereich. Die Erwartungen dieser Studie konzentrieren sich auf:
„Injunctification“, nicht nur im politischen Kontext, sondern auch im Öffentlichen.
Weiters sollten die Ergebnisse aus der ersten Studie wiederholt aufgezeigt werden,
dass heißt Rechtfertigungsmotive zu bilden, trotz herrschender Ungerechtigkeit.
Abb. 1: Höhe der Ungleichheit als eine Funktion der System Unausweichlichkeit und der Systembestätigung.
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Die dahinter stehende Forschungsfrage beinhaltet die Annahme, dass Menschen
glauben in einer gerechten und wünschenswerten öffentlich anerkannten Ordnung zu
leben. Diese Ordnung wird verteidigt und gerechtfertigt.
Um die Testung zu beginnen, wurden Manipulationen geschaffen. Hier wurden 2
Systeme verwendet. Eine Gruppe wurden unter Abhängigkeit der Universität getestet,
während die andere Gruppe in Abhängigkeit zu staatliche Institutionen standen. Die
„Injunctification“ musste von den Teilnehmern bewertet werden. Erwartet wurde eine
Interaktion zwischen Akzeptanz des System, sowohl das System der Universität, als
auch das Öffentliche, wenn sich die Versuchspersonen von diesen abhängig fühlen.
2. 2. 1. Methode/Prozedur
Getestet wurden für diese Studie insgesamt 55 Studenten, jedoch wurden keine
demografischen Angaben erhoben. Jeder von ihnen musste eine Broschüre lesen und
sie bekamen für die Teilnahme der Studie jeweils eine Schokolade. Die Teilnehmer
sollten 2 Paragraphen lesen, zum einen ein Text, der die Manipulation beinhaltet, zum
anderen wurde eine Universität-Kontrollbedingung geschaffen. Die Manipulation
erfolgte mittels eines Inhaltes, der die Abhängigkeit zum Land, also öffentlichen
Institutionen betonte. Der andere vorgelegte Text beschäftigte sich mit der
Abhängigkeit und mit dem Einfluss, der von der Universität ausging. In weiterer Folge
wurde von beiden Gruppen ein weiterer Text vorgelegt, der beschrieben hat, dass
(Geld)Mittel ungleich in verschiedene Bereiche aufgeteilt wurden. Um
„Injunctification“ zu messen, mussten die Teilnehmer ihr Gefühl bei dieser
ungerechten Aufteilung mittels eines 8 teiligen Items per Kreuzsetzung beschreiben.
Das Item ging von links „alle gleich“ bis rechts „ungleich“.
2. 2. 2. Ergebnisse
Es wurde mittels einer 2 x 2 ANOVA ausgewertet. Die Interaktion zwischen
Akzeptanz und abhängig fühlen ist signifikant. Dass heißt, wenn Personen im
Vorhinein erinnert wurden, wie abhängig sie von gewissen Systemen sind, dann haben
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sie auch höhere Werte in der Aufrechterhaltung von Ungleichheit, also
„Injunctification“ aufgezeigt. Die Abhängigkeit zeigt eine Befürwortung der
„Injunctification“ im öffentlichen Kontext auf. Testpersonen kreieren
Rechtfertigungsmotive gegenüber Ungleichheit bzw. Ungerechtigkeit, wenn sie von
einem System aktuell betroffen waren und selbst in diesem ungerechten System
involviert waren. Die Akzeptanz des vorherrschenden Status Quo betraf nicht alle
Systeme gleich stark, sondern jene Bereiche am stärksten, welche die Person am
meisten ausgesetzt ist. Hier zeichneten sich starke Motivationshintergründe zur
Erhaltung des Systems ab.
Sowohl in Studie 1, als auch in Studie 2 wurde der Grad der „Injunctification“ an
Hand von politischen Systemen bzw. im öffentlichen Kontext getestet. In Studie 1
wurde der Status Quo konstant gehalten, in Studie 2 variierte dieser.
2. 3. Studie 3: „Injunctification“ der Ungleichheit zwischen Geschlechtern im
politischen Kontext
In Studie 3 und 4 wurden wieder Manipulationen geschaffen um
Rechtfertigungsmotive des Status Quo zu erforschen jedoch mit dem Zusatz, dass es
sich in diesen Studien auch der Geschlechtsunterschied miteinbezogen wurde. In
Abb. 2: Höhe der Ungleichheit als eine Funktion des Systems der Abhängigkeit und Kontext der Regeln.
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Studie 3 wird „Injunctification“ sowohl mit Einbezug von Geschlechtsunterschiede,
als auch im politischen Bereich getestet.
Testpersonen wurden manipuliert um zu zeigen, ob ihre Rechtfertigungsmotive steigen
oder gesenkt werden, während sie normentsprechenden Anteile der Frauen in der
Politik gezeigt bekommen. Bewertet wurde die Anzahl der Personen mit
„Injunctification“, die die Norm und das Ausmaß betreffen. Zuerst haben die
Teilnehmer eine Vorinformation erhalten, wie viele Frauen in der Politik beschäftigt
werden, also wie hoch der Frauenanteil in der Politik ist. Es wurde erwartet, dass die
Testpersonen den jeweils angegebenen Anteil an Frauen in der Politik akzeptieren und
eine Änderung für nicht notwendig erachteten. Dieser Effekt trat dann auf, wenn die
Personen ihr vorherrschendes sozialpolitisches System akzeptierten und somit
rechtfertigen wollen.
2. 3. 1. Methode/Prozedur
Es waren an dieser Studie 64 Teilnehmerinnen beteiligt. Alle waren weibliche
kanadische Studentinnen, verschiedenster ethnischen Herkunft und nahmen freiwillig
teil. Als Belohnung für die Teilnahme erhielten 29 Teilnehmerinnen Bonuspunkte für
einen Kurs an der Universität, an der sie studierten und 25 Teilnehmerinnen eine
Schokolade. Das Durchschnittsalter lag bei 19,5 Jahren.
Die Testpersonen waren im Glauben, dass dies eine Studie über Vorstellungen und
Einstellungen bezüglich der kanadischen Politik sei. Zuerst wurden demografische
Informationen, Bewertung der politischen Einstellungen und mit 3 Item - Messungen
das persönliche Interesse an der Politik erhoben. Als nächstes wurde die Manipulation
eingeleitet mittels eines Textes mit systemabhängigem Inhalt. Des Weiteren wurde
einer Gruppe ein Graph gezeigt der einen kleinen Anteil an Frauen in der Politik
darstellte. Die Skala „Anteil“ reichte von 0% bis 100%. Die zweite Gruppe erhielt
einen Graphen, der einen großen Anteil an Frauen in der Politik zeigte. Dieser Graph
war nicht derselbe von der ersten Gruppe, denn er unterschied sich in der Beschriftung
des „Anteils“, der nur noch von 0% bis 25% ging. In beiden Fällen betrug der
Frauenanteil in der Politik 20%.
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Die Messung der „Injuctification“ wurde mit 8 Items gemessen.
2. 3. 2. Ergebnisse
Man verwendete wieder eine 2 x 2 ANOVA. Der Haupteffekt zeigte, dass
Versuchspersonen in der „wenig Frauen“ Bedingung den Frauenanteils als weniger
ideal einschätzten, als Versuchspersonen in der „mehr Frauen“ Bedingung. Ebenso gab
es eine hohe Systemabhängigkeit in der „mehr Frauen“ Bedingung. Der vorgegebene
Anteil der Frauen wurde hier als ideal angesehen. Bei niedriger Systemabhängigkeit
gab es keinen Effekt in der Status Quo Manipulation.
Die Ergebnisse sind vergleichbar mit jenen in Studie 1 und 2, dass heißt es gibt einen
Anstieg von „Injunctification“ bei hohem Systemabhängigkeitsgefühl. Testpersonen
in der „wenig Frauen“ Manipulation und unter hoher Systemabhängigkeit glaubten
sogar, dass Frauen in der Politik ungeeigneter sind.
Abb. 3: Höhe der Ungleichheit als eine Funktion des Systems der Abhängigkeit und des Status Quo in der wenige vs viele Frauen in der Politik Bedingung.
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2. 4. Studie 4 : „Injunctification“ des Ungleichgewichts zwischen Geschlechter in
der Berufswelt
In Studie 4 wurden den Testpersonen Information gezeigt, die den Status Quo
bezüglich der Gender-Anordnung in der Geschäftsleitung in 500 Top-Unternehmen in
Kanada darstellen. Den Teilnehmern wurden Datensätze, jeweils einer von zwei,
präsentiert, der den Gender Zusammenbruch, „gender breakdown“, von Männern und
Frauen in diesen Positionen in Hochleistungsunternehmen beschrieb.
Um die Glaubwürdigkeit der manipulierten Bedingungen aufrecht zu erhalten, wurde
den Testpersonen der Anschein vermittelt, dass Männer häufiger in hohen Positionen
vertreten sind, als vergleichsweise Frauen. Der relative Geschlechtsunterschied war in
der einen Bedingung extremer als in der anderen Bedingung. Die Teilnehmer glaubten
an einer Gedächtnisaufgabe mitzuwirken und bekamen, nachdem sie randomisiert in
zwei Gruppen aufgeteilt worden waren, vor der eigentlichen Testung einen Artikel mit
dem Inhalt einer „System-Bedrohungs-Manipulation“: Kanada befindet sich im
sozialen und wirtschaftlichen Rückgang.
Es wurden zwei abhängige Variablen verwendet:
Zuerst wurde die „Injunctification“ des vorherrschenden Status Quo bezüglich
Geschlechter beurteilt, dass heißt gleiche oder ungleiche Bewertung der Männer und
Frauen in höheren Management Positionen. Des Weiteren wurde auch eine feinere,
ökologisch gültigere und höchstkonsequente abhängige Variable verwendet.
Am Ende des Experiments wurde den Teilnehmern mitgeteilt, dass der Versuchsleiter
eine Wirtschaftsstudentin von einer nahe gelegenen Universität ist und dass dieses
Projekt ein Teil ihrer Wirtschaftsausbildung ist. Später sollten die Testpersonen die
Versuchsleiterin beurteilen. Es wurde vorausgesagt, dass eine Interaktion zwischen
Bedrohung und Status Quo Manipulation für beide abhängigen Variablen auftreten
würde.
Die Erwartung fokussiert in der hohen Bedrohungs-Bedingung, dass Teilnehmer den
Status Quo so ausrichteten, dass Männer als Manager erwünschter wären und dass die
weibliche Wirtschaftsstudentin auf sie kompetenter wirken würde.
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In der Nicht-Gefahr-Bedingung, würde man erwartet, dass sich der Effekt von der
Status Quo Manipulation auf beide abhängigen Variablen beträchtlich verringert oder
sich komplett auflöst.
2. 4. 1. Methode/Prozedur
Insgesamt gab es 36 Versuchspersonen, es waren nur Studenten mit einem
Durchschnittsalter von 20 Jahren. Die Streuung liegt bei 1,80.
Die Studenten nahmen an dieser Studie teil, weil sie dafür einen Studienbonus
bekommen sollten. Weiters waren alle Teilnehmer weiblich und in Kanada geboren.
Die Teilnehmer wurden ins Labor gebeten, um dort „angeblich“ einen Fragebogen
über kanadische Arbeitsplätze auszufüllen. Der Bogen inkludiert zwei Manipulationen
entsprechend einem 2x2 Design – System Bedrohung vs. keine System-Bedrohung,
die Status Quo Manipulation, die wichtigsten abhängigen Variablen, die
„Injunctification“ Items und die Bewertungen des weiblichen Versuchsleiters.
Die erste Seite des Bogens war die System-Bedrohungs-Manipulation in Form eines
Artikels. Dieser wurde, diese Information erhielten die Testpersonen, aus einer
britischen Zeitung entnommen. Die System-Bedrohungs-Manipulation wurde zur
Prüfung der „Injunctification“ gewählt, weil frühere Studien aufgezeigt hatten, dass
unter einer Systembedrohung Rechtfertigungsmotive bezüglich des aktuellen Status
Quo zunahmen und verstärkt wurden. Die Teilnehmer der Kontrollbedingung lasen
solch einen Artikel nicht.
Die nächste Seite im Bogen dient der Manipulation des Status Quo. Die Testpersonen
setzten sich mit einem von den zwei Artikeln auseinander. Die Artikel waren
angeblich von „Statistics Canada“ geschrieben, in welchen ein Kreisdiagramm die
Geschlechterunterschiede von Geschäftsführern in den 300 besten Unternehmen
entweder groß (z.B.: 5:95 Mann-Frau-Verhältnis) oder weniger extrem (z.B.: ein 45:55
Mann-Frau-Verhältnis) dargestellt wurden. Als eine Manipulationsprüfung wurden die
Testpersonen danach gebeten, das Ausmaß auf eine Skala einzuschätzen, in wieweit
sie mit der folgender Aussage übereinstimmten: „Basierend auf der Information aus
dem Artikel, gemäß den kanadischen Statistiken gibt es viele weilbliche
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Geschäftsführer.“ (1= nicht wirklich richtig – 7=sehr richtig). Auf der letzten Seite
waren 3 Items anhand derer die Teilnehmer die Existenz des Ungleichgewichts, also
„Injunctification“, der aktuellen Geschlechtsanordnungen in der Geschäftswelt,
beurteilen sollten: „Im Allgemeinen sollten Männer und Frauen gleiche Chancen
haben um Führungspositionen zu erhalten/ um Geschäftsführer zu sein.“, „Im
Allgemeinen sollten Männer und Frauen gleich berücksichtigt werden, wenn sie sich
für eine Führungsposition bewerben/ansuchen.“ und „In welchem Ausmaß glauben
Sie, ist es erwünscht, dass eine Frau eine Geschäftsführerin ist.“ Nachdem die
Testpersonen die Fragebögen wieder dem Versuchsleiter zurückgaben, teilte der
Versuchsleiter den Teilnehmern mit, dass der eigentliche Versuchsleiter eine
Wirtschaftsstudentin einer nahe gelegenen Universität wäre und diese Studie
durchgeführt hat, weil es ein Teil ihrer Wirtschaftsausbildung sei. Nun sollten die
anwesenden Testpersonen die Versuchsleiterin bewerten mit dem Wissen, dass diese
die Bewertung nicht einsehen konnte. Unter anderem wurden folgende Fragen für die
Bewertung verwendet: „Umfassend, wie fühlten Sie sich, dass dieser Versuchsleiter
die Studie machte?“ (1= nicht sehr gut – 7=sehr gut) bzw. „Wie kompetent fanden Sie
die Versuchsleiterin“ (1= nicht zu sehr kompetent – 7 = sehr kompetent).4 Danach fand
eine Nachbesprechung mit eventuellen Erklärungen der Studie statt.
2. 4. 2. Ergebnisse
In der Manipulationsprüfung wurde bestätigt, dass Testpersonen, die gelesen hatten,
dass es nur kleine Abweichungen in der Zahl der weiblichen und männlichen
Geschäftsführer gab, der Aussage „es gibt viele weibliche Geschäftsführer“ mehr
zustimmten, als Testpersonen, die gelesen hatten, dass eine große Diskrepanz
zwischen männlichen und weiblichen Geschäftsführern existiert. Es wurde mit Hilfe
einer zweifachen Varianzanalyse die Daten ausgewertet. Ein Haupteffekt der Status
Quo Bedingung trat auf. Die Personen, die gelesen hatten, dass es wenige weibliche
Führungskräfte gab, stimmten weniger zu, dass Frauen in Unternehmen führend sein
sollten, als die Teilnehmer, die über eine größere Anzahl weiblicher Führungskräfte 4 Kay, A. C., et al. (2009a), Journal of Personality and Social Psychology, 97, 429.
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gelesen hatten. Die Interaktion zwischen der Bedrohungs- und Status Quo-Variable
ergab keine Signifikanz. Unter keiner Bedrohung, unterschieden sich die Bedingungen
in ihren Bewertungen nicht.
Die Bewertung des weiblichen Versuchsleiters beinhaltete die hauptabhängige
Variable. Die Daten wurden wieder anhand einer zweifachen Varianzanalyse
ausgewertet und wieder trat ein Haupteffekt der Status Quo Bedingung auf. Die
Testpersonen, die über wenige weibliche Geschäftsführer gelesen hatten, bewerteten
die Versuchsleiterin weniger positiv als die Personen, die über eine große Anzahl von
Geschäftsführerinnen gelesen hatten. In der Bedingung ohne Bedrohung, gab es
wieder keine Differenzen zwischen den Bewertungen.
Diese Resultate der durchgeführten Studien sind konsistent mit der Injunctification-
Hypothese: Menschen sind motiviert zu zeigen, dass der aktuell vorherrschende Status
Quo, der wünschenswerteste Status von Angelegenheiten und Systemen ist. In der
Bedingung hoher System-Bedrohung mit der Manipulation, dass Frauen in der
Geschäftswelt stark unterrepräsentiert sind, bewerteten die Teilnehmer die weibliche
Wirtschaftsstudentin als signifikant weniger sympathisch und weniger kompetent.
Die Implikationen von diesen Ergebnissen für Vorgänge in Zwischengruppen
(intergroup)-Beziehungen und Aufrechterhaltung von Ungleichheit sind unverkennbar.
Darüber hinaus wurde gezeigt, dass Testpersonen in der kritische Bedingung – hohe
System-Bedrohung und hohe Unterrepräsentation der Frauen in der Berufswelt –
waren signifikant vermehrt der Meinung, dass Frauen solche Positionen nicht besetzen
sollten, als die Teilnehmer in den anderen drei Bedingungen.
Abb. 4: Bewertung des weiblichen Versuchsleiters als eine Funktion der System Bedrohung und der Status Quo der wenige vs viele Frauen als leitende Führungskraft im Büro zeigt.
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3. Diskussionsanregungen
Die Ergebnisse der vier durchgeführten Studien zeigen auf, dass die „Injunctification“,
also die Verteidigung und Aufrechterhaltung des vorherrschenden Status Quo hohe
Zustimmung von den Testpersonen erhielt. Diese eigentlich erwarteten Werte werden
in jedem Kontext aufgezeigt, sowohl im politischen, als auch in öffentlichen
Bereichen. In den beiden letzten Studien wurde ebenso die Repräsentation der Frauen
in der Politik und in der Wirtschaft getestet und trotz offensichtlicher Ungleichheit
entsprachen die Ergebnisse den Erwartungen. Da die Ungleichheit in jeder der
manipulierten Situationen von den Teilnehmern aufrecht erhalten und verteidigt
wurde, scheinen Veränderungen eines Systems sehr schwer durchführbar zu sein und
werden generell eher verhindert. Aus dieser aufgezeigten Tatsache ergibt sich unter
anderen die Frage, wie sehr Personen von einem System formbar und manipulierbar
sind. In diesem Zusammenhang ist der Einfluss der Medien, die in jedem System
existieren besonders zu beachten, denn diese ermöglichen der Öffentlichkeit den
Zugang zu Informationen bezüglich des Systems. Im Grunde haben Medien die
Aufgabe unter anderen politisches Vorgehen und Umsetzungen für die Öffentlichkeit
zugänglich zu machen. Dies ist nicht nur für die Menschen, die in diesem System
leben und wirken wichtig, sondern auch für die Politik selbst. Das Problem der
Entpolitisierung ist in Folge der Notwendigkeit des Informationsflusses und der
dahinter stehenden Macht, ein zentriertes Problem. Die Politik ist auf die mediale
Kommunikation angewiesen. Medienunternehmen bauen ihre Machtpositionen aus um
Interessen spezifischer durchsetzen zu können. Wenn die Medien von spezifischen
Interessen geleitet werden, wie wirkt sich das auf den vorherrschenden Status Quo
aus? Die Macht der Medien entspricht der Möglichkeit das System zu beeinflussen
und die Meinung über den Status Quo zu manipulieren.5
Nicht nur Medien beeinflussen Systeme und deren Rechtfertigung, sondern auch
Stereotypen. Den Geschlechterunterschied kommt in der Arbeitswelt und in der Politik
eine große Bedeutung zu, da immer noch eine große Ungleichheit existiert. Einer Frau
5vgl. http://www.lfm-nrw.de/fileadmin/lfm-nrw/Pressemeldungen/studie-medienkonzentration.pdf (10.05.2011)
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werden ihre Zerbrechlichkeit und ihre zierliche Art nicht zur Last gelegt, sondern
betont und legitimiert die Ungleichheit. In jeder Kultur gibt es angemessene „Rollen“
für Mann und Frau und da der vorherrschende Status Quo akzeptiert wird, werden
diese Ideale beibehalten und gelebt.
Aus zahlreichen aktuellen Ereignissen kann man erkennen, dass in Form von
Revolutionen und Erlassungen neuer Gesetze und Regelungen, der Status Quo einem
Wandel zu Grunde liegt. In jüngster Zeit wurde in Österreich eine Frauenquote in der
Politik festgelegt. Dies wäre als ein Beispiel für eine (kleine) Veränderung in einer
demokratische Regierung, die das System betrifft. Die in der Bevölkerung herrschende
Meinung bezüglich Veränderungen in Richtung Gleichheit ist mit Sicherheit eine
Zweigeteilte und bietet Angriffsfläche für Diskussionen und Konflikte. Revolutionen
und Aufstände gegen lang erhaltene Diktaturen streben Veränderung des gesamten
vorherrschenden Systems an und sind von Unmut und Hass gegenüber der
Ungerechtigkeit beeinflusst und motiviert. Ist eine Veränderung eines verfestigten
Systems durch Diskussionen, Gewalt und weitere Konflikte möglich? Wie viel
Motivation können Personen aufbringen Ungerechtigkeit zu verteidigen und zu
rechtfertigen um in Sicherheit leben zu können?
Zu den vier beschriebenen Studien ist noch anzumerken, dass die verwendeten
Stichproben nicht ausreichend repräsentativ sein können. Die Daten wurden in einem
Land – Kanada – erhoben. Die Stichproben waren nicht nur zu klein, sondern auch
ungleich in der Aufteilung bezüglich Männer und Frauen. In Studie 2 konnte diese
Unterscheidung auf Grund der fehlenden Daten nicht getroffen werde und in Studie 3
wurden ausschließlich nur weibliche Studentinnen getestet. Studien, die
„Injunctification“ thematisieren, wären für Europa interessant. Vielleicht wäre es
möglich einen internationalen Vergleich bezüglich der Rechtfertigung von
Ungleichheit anhand von wissenschaftlichen Studien aufzustellen.
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