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Uwe W. Gehring . Cornelia Weins Grundkurs Statistik für Politologen und Soziologen

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Uwe W. Gehring . Cornelia Weins

Grundkurs Statistik für Politologen und Soziologen

UweW. Gehring . Cornelia Weins

Grundkurs Statistikfür Politologen undSoziologen5., überarbeitete Auflage

IIIVS VERLAG FÜR SOZIALWISSENSCHAFTEN

Bibliografisctle Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibl iothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d -nb,deabrufbar.

1. Auflage 19992. Auflage 20003. Auflage 20024. Auflage 20045., überarbeitete Auflage 2009

Alle Rechte vorbehaltene VS verleg für Sozialwissenschaften I GWIJ Fachverlage GmbH,Wiesbaden 2009

Lektorat: Frank Schmdler

VS Verlag für SOzialwissenschaften ist Teil der FachverlagsgruppeSpringer scence-ausness Media.www.vs-verlag.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrech tlich geschütztJede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrech tsgesetzesist ohne Zustirnrnung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson­dere für vervenäregungen, Übersetzungen, Mikroverfilrnungen und die Ein­speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen,

OieWiedergabe von ceoraucnsnamen. Handelsriemen. Warenbezeichnungen usw. in diesemWerk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme , dass solcheNamen im Sinne der werenzecnen- und Markenschutz ·Gesetzgebung als frei zu betrachtenwären und daher von jedermann benutzt werden dürften ,

Umschlaggestaltung: xünkettcpka Medienentwicklung. HeidelbergDruck und buchbindensehe Verarbeitung: Kr ips b.v., MeppelGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papierennteo in me Netherlands

ISBN 978.J.S31·16269.Q

Für Willy H. Eirmbter

Vorwort zur 5. Auflage

Die empirisch ausgerichte te n Sozialwissensch aft en verlangen von ihr en Ab­solvent en einen sicheren Umgang mit den Methoden der Datenerhebungund Datenanalyse. Auch im Studium der Politikwissenschaft und der So­ziologie spielt die Beschäftigung mit den Techniken der empirischen Sozi­alforschung und der Statistik eine wichti ge Rolle. Die Anwendung statis t i­scher Methoden wurde sicher nicht zuletzt du rch die rasante Entwicklungleistungsfähiger Personalcomputer und einfach bedienbarer Statis t ikpro­gramme begünstigt. Grundlegende Statistikkenn tni sse sind jedoch nichtnur bei eigenen Analysen unabdingbar . Ein erheblicher Teil der sozialwis­senschaft liehen Lite rat ur kann ohn e diese Kenntnisse nicht mehr nachvoll­zogen werden , wie man , um nur zwei Beispiele zu nennen, an den Art ikelnin der Polit ischen Vierteljahresschrijt oder der Kölner Zeitschrift für So­ziologie und Sozialpsychologie nachvollziehen kann . Nicht zuletzt stellenStatistikkenntnisse - und die Beherrschung ent sprechender Software - ei­ne Schlüsselqu alifikation für den Arbeit smarkt dar.

Das Buch ist au s einem Manuskript entstanden, das wir für die Teilneh­merinnen und Teilnehmer unserer Kurse "Einführung in die Methoden derempirischen Sozialforschung und Statistik" verfa sst haben . Vom Umfangund Inhalt her ist das Buch für einen Ku rs von vier Semesterwochenstun­den konzipiert. Ziel ist die Vermittlung grundlegender Kenntnisse in denMethoden der Dat enerh ebun g und der Statist ik, die eine eigenstä ndigeBeschäfti gung mit weiterführenden Methoden ermöglicht. MathematischeVorkenn tni sse werd en nicht vorausgeset zt.

Das Buch gliedert sich in die Teile Methodenlehre (Kapite l l - 4) , Deskrip­tive Statistik (Ka pite l 5 - 8) und Inferenzstatistik (Kapi tel 9 - 12).

Methodenlehre

In Kapitel 1 werden wissenschaf tstheoretisc he Grundlagen erläute rt . DieWahl eines geeigneten Forecliunqsdeeiqns,Kapitel 2, steht am Beginn einerUntersuchung. In Kapitel 3, Messen, geht es um die Frage, was unter einerMessung verst anden wird, welche Gütekriterien an eine Messung angelegtwerden können und wie man mehrere Messungen zu einem neuen Mess­instrument zusammenfassen kann . In den Sozialwissenschaften dominiertnach wie vor die Befragung, der aus diesem Grunde der zent ra le P latz inKapitel 4, Erh ebungsrnethoden, eingeräumt wurde.

viii

Statistik

Die Statist ik liibt s ich allgemein in einen deskriptiven lind einen infeTenz­,~t(ltis/L~chen Tei l glied ern. Mit deskri ptiven Statis tiken werden vorliegendeDaten beschrieben. Dip lnferenzstatis tik zi!'lt darauf a b. mit Dat en etuerAuswahl (Stichprohe) auf eine griik rf' C{'silllltllf' it zu schlle ken.

D('II de.~kriptivcn Teil beg inne n wir mi t einem Kapit el Zll Tot ellen undGmphiken (Kapitel 5). ;>. Iit Miücl- und StrcUJmg$Wer/efl (Kapitel G) wer­d('11 Verteilungen vun Xlorkmalen charakterisiert . Die Stärkt' der Beziehu ngzwisdwn zwei Merkmalen kann mit Z lw l11lm cnlum .lJMnajl p71 (Kapitel 7)<lusgf'driit"kt I\WI\('II , während die lülcure F:illfachrP!Jrc.~.~io71 (Ka pit el 8)PS ermöglich t , rlie Grök des [linearen] Einflusses eines Merkmals auf einanderes zu berechnen .

Den Au ftak t zum injereiizetatistischcn Teil bild..t Kapitel 9, in dem wir;>. liiglkhkpilPll darst ellen. per Au.~wahlve lfahfen Stichproben zu vtoheu. dieAussagen über eine Grundgesam theit er lauben. Grundlage solcherSchlüs­S<' sind lj/ahr.~ cheinlichkeit~verteilu1l9erl [Kapitel Iü] . Xlit Konfiden zinter­valh-n , Kapiteln 11, schätzen wir Paramet er der Crundgesarut heit a uf Ba­sis einer Stichprobe. Tcstucrjahren: Kapitel 12, dienen da zu. lIypotheS<'llüber eine Orundgcsemthcit an einer einzi gen Stirhprube zu testen.

Tu Anhrl1!.q A finden sich die für die lnferenzsraris tik notwendigen Z-, f­und \2_T<llwllt'll. ln Anhang n bieten wir die Lösungen Zll den Übungs­aufgaben. die sieh am Ende joxlt's Kapitels befinden. Diese Aufga ben sinddazu gedacht, sieh [ihn d ie wichti gsten Punkte jedt'S Kapitels nochmalsKlarholt zu verschaffen. Ein Regi.~ t e r soll helfen. schnelle Antworten aufkonkrete Fragen zu bekennneu. Schlicklieh bieten wi r mi t de r Online­Ullte,..~tiitzfmg zahl reiche weitere Informationen an, die \"0 11den allf Sf'ite xgenannten WWW-S('n N II IlPzogPIl werden kiillllen.

Das Buch ist so a ufgebaut, dass alle Berechnungen "011 Hand hZII" . mit ei­nem Taschenrechner nachvollzogen werden können. Unsere Erfahrung mi tSta tistikkursen und Einführungen in SPSS und Stata zeigt, dass P roblemewelliger in der Bedienung der Soft ware (vgl. zu SPSS: B rosius 2UUÜ: zu Ste­ta: Kohler und Krcu tcr 2U08) als vielmehr im Verständnis der stat ist ischenVerfahrenbestehen. Für diej enigen , die die BI'ispiple mit SPSS oderStatanachrechnen wollen. haben wir die Datensätze au f der Interne tseit e rlesBuches zur Yprfiigun g gestell t .

Das Burh wurde mit dem Text satzsystem UTF,\ 2€ gesetzt. die Gm­phlkon wurden weitgehend mit dem Programm TDA von Göt z Rohwerund Ulrich Pött er - eigentlich ein P rogramm zur En-ignisdateuunaly­Sf' - erzeugt . Ankerdem haben wir die Sra tlstik-Lernprogramme GSTATund GSTAT2 VOll Pred ßiikt'r verwand t, mit denen d ie Grundlagen derInferenzstat lstik auf einfache Art und \r pise nachvoll zogen worden kön­nen. Alle genannten Programme sind frei orbältltche Software : HTS\ 2e­ist 11. a. auf der Seite http : / /www . dan t e . de erhältlich . T DA wird un­ter http ; / / w_ . et.at . ruhr -uni -bochum.deltda . html zur Verfügung ge­stellt . GSTAT und GSTAT2 finden sich im Internet unte r http ; / / www.stat ­oek .v t s o . uni -goett ingen .ce/ csec/ r r ea/ . dip dazu gehürige Literaturkann preisgiinst ig über den Buchhandel bezogen werden (vgl. Böker 1993.1998).

In der ak tuellen Auftage haben wir den Titel geändert . \rir tragen damitder Tat sache Rechnun g. dass das Buch glcichcrm asen für Lehrvoraustal­tungen in der Politikwissenscha ft lind der Soziologie verwendet wird . Dieinhaltlichen Beispiele st ammen vorwiegend aus der pulirischen Soziologie,wodurch der .-\Il\\·pudungslwzng fiir Studierende beider Fächer gegelwllist.

Bei den Teilnehmerinnen lind Teilnehmern unserer Stat ist ik-Veraustal­tungen an den Universitäten Triel', :>'lainz, Jena und Siegen möchten wirUIlS für deren konstrukt ive Hinwelse bedanken. Das Buch hat von den de­tallllorten Anmerkungen durch Ila ns-Jürgen .-\ndn'b zur ers ten Auflagewesentlich profitiert. Hilfe bei der Übera rbeitung der verschiedenen Auf­lagen leisteten Xlanhias Pflume, Ulru-h Teusrh. Mar ti na Eltges . AndreaSchulze. Thonras I.t' IIZ lind Xicole Zillien.

Es gibt Menschen . die gerne im DU<!f'1I schmökern: Xlat thias P. Heck.Xlainz, ha t eint' Vorwendung der lH'IlE'Il deutschon Hrcht schreibung schonbei dor ersten Auftage angemah nt und (liest' bei der akt uellen Auflage dan nauch tatkräft ig unterstützt .

Trier , :'I lai 2009

UWt' Geh ring

Online-Unterstützung

Auf den unten genannte n WWW-Seiten biete n wir Mat erialien und ergä n­zende Informationen an . Unter ande rem findet sich dort eine Formelsamm­lung inklusive der Tabellen aus Anhang A. Die Tabellen, Abbildungen undFormeln dieses Buches können in stark vergrößerter Form (zum Beispielfür Folien) kopiert werden. Fü r diejenigen , die die Beispiele mit Hilfe vonSPSS, SAS oder Stata nachrechnen wollen, ste hen Dat ensät ze bereit . Schließ­lieh verweisen "Links" auf weitere Informat ionen im Netz .

http : / /www.grundkurs-statistik .de

Inhalt

Tabellenverzeichn is xv

Abbildungsverzeichnis XVII

1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen 11.1 Wissenschaftstheorien 11.2 Das Forschungsprogramm des Kritischen Rationalismus 4

1.2.1 Die Struktur einer wissenschaftlichen Erklärung 41.2.2 Falsifikation stat t Induktion 61.2.3 Basissatzprobl em . . . . . . 81.2.4 Probabilistische Hypothesen 9

1.3 Der Ablauf des Forschungsprozesses 101.3.1 "Der Kreis der Wissenschaft" . 101.3.2 Der Ablauf einer empirischen Untersuchung 11

2 Forschungsdesigns 152.1 Datenerhebung . . . . . . . . . 152.2 Ebene der Untersuchungseinheit 172.3 Unt ersuchungsanordnung . 222.4 Zeit dimension 31Übungsaufgaben 40

3 Messen 413.1 Messen in der empirischen Sozialforschung 413.2 Skalenniveaus . . . . 433.3 Skalierungsverfahren . 47

3.3.1 Likert-Skala.. 483.3.2 Guttman-Skala 55

3.4 Gütekriterien einer Messung 613.4.1 Reliabilität 613.4.2 Validität 64

Übungsaufgaben . . . 68

4 Erhebungsmethoden 704.1 Befragung . . . . . . . . . . . 71

4.1.1 Formen der Befragung 734.1.2 Die Fragen. . . . . . . 76

xii l,,/wll

4.1.3 Der Fragebogen . . . 844.1. 4 Der Ablauf der Befragung 88

4.2 ß eüha l"ht ulIg . . . . . . . . . . 914.2.1 Ka tf'go l" it'lll'nt ll'ieklu llg 934.2.2 n f'(lbal"!Jt ungssd lPltla 944.2.3 Ablauf einer Beobachtung 95

4.3 Inhal tsa na lyse 9GÜbu ngsaufgaben 99

5 Tabellen und Graphiken 100G. I Ta llt'1I1'n . lOO

G.l.I Ta bellarische Dar stellung ein es Merkmals . lOOG.l.2 Kreuz t ubollen 104

5.2 Graphikt'll . . . .. . . . . . . . . . 1105.2.1 Unterschiedliche Ar ten gra phische r Darste llungen 1105.2.2 ~lisshra1lCh graphischer Darstellungen . l1U

Übungsaufgaben 118

6 Lage- und StreuungsmaRe 120G.I Lagt'mabt' . 122

e.i .i Xlodalwert . 122G.l. 2 ~ 1t'1liall.. 123G.l.3 Arit hmetisches Mlrtel. 12G

G.2 St reuungsmako . 1311G.2.1 Index qualita tiver Varia tion 1311G.2.2 Variationsweite 131G.2..1 Quartflabstand . . 132G.2A \ "a rianz . 135G.2.5 Standardabweichung 1.17G.2.G Yanauonskoefft xlont 1.18

Übungsaufgaben 1411

7 ZusammenhangsmaRe 1417.1 Kreuztabellen lind statist ische Una bhängigkei t 1427.2 ~Iak für zwei dichot ome Merkmale 14G

7.2.1 Prozent sat zdifferenz 1457.2.2 Odds-Ratio 14G

7.3 ~lak für zwei nonnnals kalierte ~ Ierk male . 1487.3.1 Kont ingenzkoetfiz tent C lind Cramers Y 149

I"/lall xiii

7.3.2 Das PllE· ~ [at. lambda (Al 1537..1 :\laN' für zwei ordlnalskaliertc Merkmale 15G7,5 :\Iat. für ein nominalskalicrtes und ein met risches Merkmal:

eta-Quadrat (r/2 ) . 1617.6 :\lat.1> für zwei met rische :\lnkmalf'; Kovarianz und

Produk t-Momen t-Korrelatton 165Übungsaufgaben 175

8 lineare Regression 1778.1 Grundgedanke der Rpgn'ssiollsana lysp . 1778.2 Das mathematische Modell der linearen Regression 1788.3 Bestimmung der Regressionsfunktion 1798,4 Qualität der Regression . 18.tÜbu ngsaufgaben . , , , , 192

9 Stich probenziehung 1939,1 Grundlagen , , , , , , , . , , , . , , , .. , , , , , , . , , 19;)

9.1.1 Grundgesamtheit. Auswahlgesamtheit und Sti("h prolw l959.1.2 Befra gungsvorweigerung 198

9.2 Zufall und Wahrsehetnltchkolt . 2019.3 Zllfallsgl'Stf'lwrtf' Auswahlverfahren 20.t

9.3.1 Einfache Zufallsauswahlen 2059.3.2 Systemauseh e Zufallsauswahlen 2109.3.3 Komplex e Zufallsauswahlen , . 211

9..1 Xk-ht aufallsgesteueru- Auswahlverfah ren 219Übungsaufgaben , .. " ... " .. , .. , 222

10 Wahrscheinlichkeitsverte ilungen 22310.1 Relat ive Häufigkeit und ' Yahn;d willlit:hkf'it 22310.2 Häufigkeif en uud .....nteile in Stichproben 228

10.2.1 Btnomlalverretlnng 22810.2.2 lI ypt'rgf'()Illf't r ischf' Verteilung . 23--l

10.3 Stichprobenmittelwerte . . 23510.3.1 Normalverteilung und Sranda rdnormalvertoilu ng . 23810.3.2 Die Verteilu ng der Stichprobenmittelwerte 2.t.t

10,4 Der Zentrale Crcnzwertsatz 2.t8[lhungsaufgaben 253

xiv

11 Konfidenzint ervalle11.1 Punktschätzung11.2 Konfidenzintervall für tim Mittelwert 1I11.3 Konfidenzintervall für den Anteilswert 011...\ Der Eintluss des StlchprobeunmfangsÜbll ugsaufgabon

12 Hypothesenprüfung12.1 Grundlagen12.2 Test ('in.'s Mittelwerts12.3 Tests für Xllttclwertuuterschtedo

12.3.1 Test für unabhängig.. Stichproben12.3.2 Test für a bhängige Stichproben

12A X2. Tp);t Huf UnabhängigkeitÜbungsaufgaben .

l,,/wll

2542j-l

2;jG2GG2G8271

27227227528G2872922983UG

Anhang A: Tabellen zur Berech nung der Fläche unter den Wahr-scheinlichkeitsve rte ilungen 308

Anhang B: l ösungen der Übungsaufgab en

literaturverzeich nis

Register

312

329

342

Tabellenverzeichnis1.1 Deduktiv-nomologische Erklärung o1.2 Die CASMIN-Klassifikation 142.1 Schulb ildun g und geringfügige Beschäfti gung 2006 282.2 Wahlab sicht und Stimmabgabe in Er ie-County bei den Prä-

sidentschaftswahlen in den USA, 1940 . 342.3 Sti chprobenstruktur des Sozio-ökonomischen Panels 383.1 Ext remgruppenana lyse 533.2 Trennschärfe-Koeffizienten und Cronbachs 0: 543.3 Modellkonforme Antwortmuste r bei der Guttman-Skala 583.4 Nicht modellkonforme Antwortmuster bei der Guttman-Skal a 583.5 Guttman Skala - Politische Beteiligung 1998 604.1 Formen der Befragung in der Markt- und Meinungsforschung 744.2 Int erviewdau er bei ALLBUS-Umfragen 864.3 Interviewereffekt bei der mündlichen Befragung (Spalten-

prozente) . 905.1 Notat ion bei Häufigkeits aus zählungen . 1015.2 Häufigkeitsau szäh lung der \Vah labsicht im ALLBUS 1994. 1035.3 Häufigkeitsau szäh lung der Wahlab sicht mit unterschied-

licher Prozentui erungsbasis . 1045.4 Kreuztabelle der Wahlabsicht mit dem Schulabschluss - ab-

solute Häufigkeiten 1075.5 Kreu ztabelle der Wahlabsicht mit Bildung - absolute Häu-

figkeit en und Spaltenprozente 1085.6 Kreuztabelle der Wahlabsi cht mit dem Schulabschluss- ab-

solute Häu figkeit en und Zeilenprozent e 1095.7 Ergebnis der Reichstagswahl vom 14. Sept ember 1930 1185.8 Wirtschaft liche Einstellungen im ALLBUS 1994 1196.1 Semesterzahl von Polito logen: ungruppierte Daten 1206.2 Semesterzahl von Politologen : Häufigkeitstabelle 1216.3 Religionszugehörigkeit 1236.4 Schulab schluss 1256.5 Einfluss von Ausreißern . 1276.6 Semest erzahl - 5 Punkte-Zusammenfassung . 1336.7 Berechnung der Varianz aus der primären Tafel 1366.8 Berechnung der Varianz aus den gruppierten Dat en 1376.9 Univariate Maßzahl en und Skalenniveau 1397.1 Zusammenhangsmaße . 141

xvi

7.2

7.37..1

7.Zi

7.G

7.77.87.97.108.19.19.29.39A9.Zi10.1

10.210.3

lUAI U12.112.2

12.:3

Tabdl""u"" z" ic"" i~

Einstellu ng zur Abtreibung nach Erhebungsgebiet (Häufig­keiten] l ·UAllgemeine Form einer Kreuz tabelle . . . . . . . . . . . . . 14:3Beoba chtete lIäuligkpitf'n und Spaltf'llpmZf'IlIf' [Konnng-Pllztal~le ) . 1~

Erwartet e Hä uf i gkotton lind Spaltenprozente bei stansu-scher Unabh ängigkelt (Indifferenzt abelle] I .tZiEins tellung zur Abtreibung nach Religion BeobachteteHäufigkeitr-n und Spaltenprozente . . . . . . . .. IG2Zusammenhang Hili Kanzlerp räferenz lind \rah l <lb~ i('ht . 134Kreuz tabelle z\\'isdlf'1l Bildung und poli tischem Int eresse IGGEckenkorrela t ton in ein er 2x2-Talwlle . HiOArlw itstalwl1f' zur ß f'n'f !J liuIIg \'on Kovaria nz und r . . 171Berech nung rles Dctermlnationskoelfizienten 112 189Umfrageergebnis und latsächlidws Ergebnis der nT\\" 199.t 194Ausschöpfun g beim ALLOUS luoa 19'JMögliche Ereignisse heim zweimaligen WI'lf l' lI eines \ r ürfl'1s 204Walm d ll'inlichkl'itt'lI für Stichproben 2U7Auswahlwahrscheinlichkeit beim PPS-Des igll . . 21Gwahrsehotultchkott lind relative Hä uf i gkeit lx-im Werfen ei-UPS Wiil" fl'ls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223Anteilswerte der Zah l Gbl'i 100 Würfen 227Ametlswortc der Zahl Gbei 100 \riirfl>n und 1.000 wteder­holungcn . 229Altersdurchschnit te bei l.UOUSti chpr oben de r Gröbl' l.UUU 237Punkt- und Intervallschät zung . . . . . . . . . . . . . . . . 27UFehler bei der llypotheseuprüfung 274Konnugenztal.elle - Einstellung ZUlll Schwangerschaftsub-brur-h und Geschlecht 30aIndif f erenztabelle - Eins tellung Will Schwangcrscha ftsab..bruch und Geschlecht . . . :3(1:3

Abbildungsverzeichnis1.1 Der Status von Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2 Theoriegewinnung und Theorieprüfung . . . . . . . . . .. 102.1 St imm enant eile der NSDAP und der KPD bei Arbeitslosen

und bei allen Wähl ern (Angaben in Proz ent ) 222.2 Solomons Vier-Gruppen-Design . . . 232.3 Scheinkausal ität . . . . . . . . . . . . . . . . 292.4 Beziehun gen zwischen drei Vari abl en . . . . 302.5 Parteiidentifikation zwischen 1991 und 1994 322.6 Forschungsdes ign der Unte rsuchung "The People's Cho ice" 333.1 Messen - Schematische Darstellun g . . . . . 423.2 Messung ausländerfeindlicher Ein st ellungen. . . . . 493.3 Einste llungen gegenübe r Auslän dern 503.4 Messung unkon ventioneller politischer Par ti zipat ion 564.1 Sonntagsfrag e im ALLBUS 1990 . 814.2 Frage mit Mehrfachantworten . . . . . . . . 834.3 Rating-Form at mit sieben Stu fen 834.4 Parteiidentifikationsfrage im ALLI3US 1990. 874.5 Fiktives Beobachtungsprotokoll einer StuPa-Sitz ung 965.1 Balkendi agramm der Wahlab sicht . . . . . . . . . . 1105.2 Säulend iagramm der Wahl absicht . . . . . . . . . . 1115.3 Mini- j Midi-Job nach Schulab schluss und Geschlecht 1125.4 Tortendiagramm der Wahl absicht . . . . . . . . . . 1125.5 Alter von Kurst eilnehmern . . . . . . . . . . . . . . . 1135.6 NSDAP-Wähleranteil bei der Reichstagswahl 1933 . . 1155.7 Wahl ab sicht bei Veränderung des y-Achsen-Magstabes 1165.8 Wahl ab sicht mit korrekt er und falscher Grundlinie . 1176.1 Symmetrische und links st eile Vert eilung. 1296.2 Quar t ilab st and . . . . . . . . . . 1336.3 Box-and-Whi sker-Plot . . . . . . . . . . 1347.1 Kennt nisse in Alltagsma thematik . . . . 1617.2 Kennt nisse in Alltagsma themat ik nach Geschlecht 1637.3 St immena nteil der CDU und Katholikenanteil . . 1667.4 St imme nante il der CDU und Katholikenante il mit den je-

weiligen Mittelwert en . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1677.5 Stimmenanteil der CDU und Katholikenanteil in zwei

Wahlkreisen . . . . . . . . . . . . 1687.6 Lese- und Mathematikkenntni sse 173

xviii

t.t8.18.28.38A9.19.210.110.2

10.310.41O.;j

10.6

lU.iILl

11.211.3

11.4

11.512.1

12.2

12.:3

12.4

12.512.6

.4 b bild""!I~t'~,·z~i~""i~

Darstellung un terschiedlich hoher Kor relat ionen 1i 4vorschledenc lineare Funkt ionell 1i9Regression des CDU·St Immenanteils auf den Kat holiken anteill SäVarianzzerlegung imllnearen Rf'gn'ssiollslllllllt' ll 185~khtlinf'ilrf' Zusiltllmf'ultängf' 190Auswahlgesamtheit lind Grundgesamtheu 19i\r ahn;c heinlichkeitS\'f'rteilung des Frauen anteils :108Simulation des \rt'rfens eines \rürfl'!H . 2lGAnteilswerte der Zahl obei 100 würfen und 1.000 Wil 'der·holungcn . . . . . . . . . . . . . .. 230Altersdurchschnitte bei 1.00UStichproben <11'1' Griil;f' 1.0UO 238Xormalverteilun gen mit verschiedenen Parametern X lind S2 240Fläcln-n unter der Sramlanlnormalverteilung . . 242Altersverteilung der bundesdeutschen Bevölkerung 1974.J! = 37 ,27 und 17 = 22,46 J ahre 249Grundgesamtheit . Kennwerteverteilun g lind St ichp rnlw . 252!J,)7(.~Wahrsdwi nlichkei ts inter\"all einer Standard normal-

verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25i\Yahrschei nllchkeitsintervall einer St andnrdnorrual vert eilung 258\\ 'ahrschetnllchkei tsint orvall ei 1H' l" St ichprobenmit t (,I\\"('1" 1e-verteiluug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259Konfidenzinter valle bei unte rschiedlichen Srichprolx-n-mi rtelwerten 2G2I·Verteilungen in Abhä nglgkeit vom Freiheusgrad 2G5S t ichprobeumil t ('IIH'l"t e\"(' r t l'ilungen mit 110 = 13.5 und un­torschiedlieben Standardfehlern (Jt . . . . . . . . . . . . . . 2i8Zweiseitiger Ablehnungsbereich [grau schratfierte Fl äche}bf'i einem Signifikanzniveau \'011 5% in <1(' 1" St anda rdnot-malverteilurig . 281Ein seitiger Ablehnungsbereich (grau schraffiert e Ftächc) beieinem Signifikanz niveau von ;j % in der Stan dardno rmalver-teilurig . . 284lrrtumswahrscheinlichkeiten für den Wert 0 bei verschiede-

neu Xullhypothosen /l :::; 0 2!Jtl,\ 2. Verteilung für verschiedene Freiheitsgrade :301Ablehnungsbereich in einer ,\ 2..Verteilung mi t dj = 1 Ill'ieinem Signifika nzniveau \ ·011 ;j % 302

1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen

1.1 Wissenschaftstheorien 11.2 Das Forschungsprogramm des Kritischen Rationalismus 41.3 Der Ablauf des Forschungsprozesses 10

1.1 Wissenschaftstheorien

Es mag vielleicht verwundern , dass ein Buch zur empirischen Sozialfor­schung und Sta tis ti k mit einem Kapitel zur Wissenschaft stheorie beginn t .Da die Vorgehensweise einer Untersuchung jedoch vom wissenschaftstheo­retischen Blickwinkel geprägt wird, werden wir dieses Kapitel vor allemdazu nutz en, eine sehr bekannte wissenschaftstheoretische Posit ion, denKritischen Rationa lismus, zu skizzieren. Grundlegende Einführungen indie Wissenschaft sth eorie bieten Poser (2001) , Ritse rt (2003) und Chal­mers (2007).

Zunächst da zu, was Wissenschaft überhau pt ist. Mit Hilfe von Wissen­scha ft versuchen Menschen, ihre Erkennt nis über die Realität zu erweitern(vgl. Patzelt 2007, 67). Was passiert bei der Photosynthese, wie entstehenSterne, was sind die Ursachen gesellschaftlicher Ungl eichheit und welcheGründe sind aussch laggebend für die Wahl einer bestimmten Partei? Wis­senschaft liche Erkenntnisgewinnung un terscheidet sich da bei nicht prin­zipiell davon, wie man im Alltagsleben Wissen erwirbt . Folgert man ausder Beobachtung, dass das morgendliche Frühstücksei immer dann hartwird , wenn man es zehn Minuten lang kocht , dass alle Eier nach einemzehnminüt igen Kochvorgang hart sind , so hat man sein 'N issen auf diegleiche Art und Weise (nämlich durc h Verallgemeinerung) erweitert wieder Wissenschaftl er, der mehrmals nach Zugabe einer Substanz zu eineranderen die gleiche chemische Reaktion beobachtet und daraus ab leitet,dass diese Reaktion immer stattfindet. Im Gegensatz zum Alltagswissenzeichnet sich Wissenschaft jedoch durch einen höheren Abstraktionsgrad ,ein sys tema tischeres Vorgehen und vor allem die krit ische Überprüfungder gewonnenen Erkenntnisse aus. Leider ist es jedoch - wie wir späternoch sehen werden - auch mit Hilfe von Wissenschaft nicht möglich zuüberprüfen, ob die gewonn enen Erkenntnisse wahr sind.

2 Il'i.s~c",, <:h aftstheare t is(:}, c Gru ..dluy""

Wissf't\schaflstllPoripll (de r P lural zf'igt schon a n. dass es mohrore gibt )sind A Il.~ .~ (lg f'nbündd darüber, mas Wissensrhaft ist und wie diese \"01"7 11­

gehen hat. Sio sind a lso noch keine T heor ien über einen Ausschn itt derRf'alit iit [al so v:B. die Sternentstehu ng (Hier das \Yahlw rhaltf'JI). sondernTheorien über Theorien. di e auch als Metatheorien bezeichnet werden .\riSSI'lIsrh aftst\ll'ori l'll hestlmmen also. wie d ip f'igf'lI t lieh illtprpssien'ndpTheorie illx-r dif' Realit ät auszusehen ha t. Sif' beschäf'tlgen sich mit Fra­gen \\"11': Welche Aussagen sind in Theorien zulässig, welche Met hodenwerden a ngewendet , weicht, Ziele verfolgt \ris;;pl\scha ft? Sind norma l ivt­(wertende) Aussagen in de r Wi~~('n s{'h aft erta ub t oder nich t? Und: \\"{'!eheRolle spielen W('rte in der Wi~s('nsrhaft. Theorien treff en da gegen Aussa­gen iilll'r einen Ausschnit t der Realit ät , eine Theorie des Wählp rwrhal­tens also übr-r das Wahlverhalten . wie ('~ in Abbildung 1.1 zum Ausdruckkommt.

Abbildung 1,1: Der Stat us \ '01\ Theor ien

Wi"" nschafi,th<'t,ricn Au.",<,"" überTh"";,,"\ l. B. Krilisch", Raliorm);smus)

Aus",>,,,,, über die Rea l ; (~ 1

\7.R. Th"";e des Wählerwrh. IICn, )

In der deu tscheu Poliukwissens rhafc wur de lange Zeit eine Unu- rsclu-i­duug der wissenschaftstheoret ischen Posltionen in flo77lwtiv-ont{)lo!Jisch,cmpiri$ch -ana lyti,~ ch und hitisch-dial('kt i,~ch vergenommen (vgl. zur Ein­führu ng Druwe 19U-t , iJ j- j -t), Diese Ansätze uut ersrheidou sich vor allemin Bezug a uf den Erkenntnisgegens tand (\ \-as soll erkannt und erkl ärt wer­den"] und die Erkenntnisquelle (Empirie oder Vernunft "}. Die normntio-

ontolo9L~che It' issrnschaf t versucht , das IVesen ih res Cegeustandcs . alsoz.B. dPHSt aates oder de r Cescllsrhaft. zu erfassen. Ziel de r Ontologieist ps, (las \rf'S{'Il, rl.h. den Idealzustand eines Gpgl'lJstalulf's. zu erken­non lind daraus Handlungsa nleitungen abz uleiten. Im Vordergrund stehtrlas Xaehdeukon übrr Politi k mittels philosophischer RpHt'xiOllE'n, wozuvor allem dte Hermem-utik lind die Phänomenologie dienen. Dip kriiisch­diolciüsctie IVissen..~ chaft stellt dagegen die Totalität der Gesellschaf t unddie Emanzipat ion des Menschen aus Abhängigkeit en in den Vordergrund.Zif'1 ist es. mittels dialek t.ischer, ahn auch hermeneu tischer und emptri­sdwr ~rp tlj()d('n, Herrsrha ftsverhäl rmsse ofli.>llmlpgl'll und Ceseilschafts­kri tik zu iiben. Hierzu ziihlt die krit ische Theorie \ 'Oll Adomo lind lI a­lx-rmas. Die empiri.~ ch-analy ti.~ rhe Wü srnsrhaf t versucht domgcgouübcr,aufgrund von beobachtharer (= empirischer] Rt'alit iit Ges etzmäßigkeitrn«ouotcn Hanaetn« zu erkennen. Ihr Ziel ist die Bes chreib ung, Erklärunglind Prognose sozialer Tat bes t ände mit den Techn iken d er cmpinschcn So­zialforschung. Zu diesem Ansatz gehören r .B. der Fositioismus lind derKritische Rationausmus (sif'hp Kapite l 1.2),

Diese ans der Pol itikwissenschaft s tammende Einteilung wissenschafts­theoretischer Ans ätze sollte allerdings lediglich als grobes Raster ange­sehen werden. Dip Klassifikation der Allsätze ist allein deshalb problema­risch. weil ihre Eint eilun g nach Kriter ien erfolgt , die auf unt erschiedlichenEbenen an gesiedelt sind. On tologische lind krldsch-dinlektlsche Ansä tzewerden nach dem Ziel von Wis.'ieusd Hlft definiert , empirisch-analytischenach der ~ Iet hodt'. Bedeutsame wissenschaftstheoretische Standpunkte,wie etwa der Konstruldivi snms (vgl. Hitsort 2003, Kap itel 7), werden zu­dem nicht erfasst,

Dip Unterschiode zwischen vorschiedenon wissens chafts theoreusehenStandpunkten kristallisier ten sieh im 20. Jah rhundert in der Il eri ur­trilsdeblltte und im Positimsmuss treit heraus (vgl. Rit scr t 200;j. üfi-l ·1O).Im \\h tu rt{'ils.'itreit wurde im Verein für Sodalpolitlk \"01' alh-m Ulll dieFrag!' gestritten . welche Rollt' Wer te innerh alb der Wlsscnschaft sp ielen.Xlax WI,lw r vertrat in dieser Ausein andersetzung das Wertfreihe it~J!o.~ tu­

ltlt, die Forderung der Trennung von \r prtur tf'ilpn lind wissf'nsrhaftlid lpnAussagen. Im Pod uvtsr uusst rett wurde' d ie' Auset nandersetzung zwischenKar! POPPC'I' lind Hans Alb ert a ls Vertretern des kr tüscben Rationalis­mus auf der einen Seite lind Tbcodor Ado rno und Jürgon Ilabermas abVcruvtcm der kr it ischen T heori e auf der anderen Seite geführt , wobeidie Differenzen nicht einfach best immbar sind . Im Kern ging I'H auch

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hier IIIlI die Rolli' YOIl ,,"{'rh'JI in der WisSl' mwhaft lind die Aufgabt' vonWissenschaft. '\"iS~i\'lls('haft lidlt' Krit ik ist für Vertret er der kritischenTheorie immer auch Cesellschaftskritik .

1. 2 Das Forschungsprogramm des Kritische nRat ionalismus

Der Krit ische Rationalismus ist ein von Kar! Haimund Popper begründe­tcs Forschungsprogramm (vgl. Popper 1971). Der zen trale wtssenschafts­theoretische Beitrag besteht in der Aufgabe des Recht fer t igungsgedankensvon Theorien zugunsren des Falsifikat ionsprinzips . Xlit Rechtfert igungs­gedenke ist der Versuch gemeint, Theorien durch ihren Wabrhcirsgehaltzu bes t ätigr-n. \rah rl)('il bedeutet dabol nirhts andere s als die Überein­st immung mit der Realitä t. W il" werden die POPI)(,I" ' ~·whe "'{'nrh' in der\\T~SI'llschaftsttlt'ol"if'ausgf'hl:'llli von (1f'I" Struktur eine-r wissenschafthchenErklärung erläutern.

1.2.1 Die Struktur e iner wissenschaftlichen Erklärung

Ein Ereignis zu erklären hoist , dass wir os aus Gl'Splzpn und Randhedln­gungr'n rledukriv ableiten. Das von PoPWr gewählte ß pispipl zur Illus tra­tion einer wissensehaft firhen Erklärung ist ein Faden , der reist . Kausalist das Reisen des Fadens erklärt , wenn man weib, d ass der Fadr-n eineReibfes t igkeit von I kg besitzt , ahn mit einem Gewicht \"()[J 2 kg belastetwurde. Dif' Erkl ärung be inhaltet ein Gf'sptz (,.JPtlt'sma l, wenn ein Fadenmit einer Last \ '0)) einer gf'wis.'wn ~lilldl'St grüM> bel as te t wird, zerrp iMPJ" ) lind Randbedingungen ("F iir diesen Fad en hier lx-trägt (hpsr' GrÖN'I kg- und "Das an diesen Fadr-n angehängte Gewic ht ist ein z-kg-Ccwicbt'')(Popper lU7I, 31 f.),

\rf'i l durch logische Ablei rung (dedukuv) Wl!I einem Gesetz und denHand­bcdiugungen auf das zu er klärende Ereignis (da s Rcison des Fadens) gc­schlossen wird, heiet dieses ~ lod f'1I droljktiv-rwmolo9i~'("he Erk lärung. DieStruktur dieser Erklärung wurde von llempel und ÜP1)('uhpim (19..J.8) her­ausgearbeitet , weshalb dte so auch als ll-O-Schema bezeichnet wird (vgl.Opp 200:J, -lß..:J2 j,

Tabelle l.1: Dcdukuv-nomologischc Erklärung

Alle Rotdrosselnwauduru

AIIl' Arbeiterwählen 51'D

RandbedingungVu!!:d X ist eineRotd rossel

Zu erklärende Beobachtung

Person Ywiihlt die 51'D.

ExplanansPräm issen

.ExplauaudumKonklus ion

Eine dednkti\'-nomologisd){' Erklärung lx-steht also ans minrlestens einemGesetz. mindestens einer Rrmdbcdi7l!llmf/ und einer ß eoharhtllllg. l\ie er­klärt worden so ll (zu erklä,,~ndc.~ EIY' ignis). Gl's('\ ~ r sind determinist tsr-he,raumlieh und zeitlich unlwgrl'll7tf' Aussagen. Determinist isch bedeutet,dass Gl'SPtZI' als All-Aussagen formuliert werden können. Allen E11'1111'1I­ten der interessierenden :\k ngl' wird eine Eigenschaft zugeschrieben. Ge­setze und Randbedingungen werden auch als Explana ns oder P räm issenbezeichnet . der zu erklärende Sachverhalt als Explanandum oderKonklu­sion. Anband der beiden Beispiele in Tabelle l. 1 kann da s Prinzip ver­deu tlicht werden.

Im ersten Beispiel möchten wir erkläre n, warum ein bes timmter Vogelim \ r illT Pr die südllrhen Gefilde bevorz ugt , Opispiels\I'l'isp kiilllTtell wirden Vogel in unserem Garten als Rotd rossel Identifizieren lind uns nochdunkel a us dem Biologir-unterr icht daran erin nern, dass alle RotdrosselnZugvögel sind . DE'r beobachtete Vogel fliegt also im Winter in dE'JI SüdE'JI,weil er eint> Rotdros sel ist. Tm zweiten Or-ispiellautet da!;GI'!;{'\Z, da ss alleArbeiter Sf'D wählen. Xflt diesem Gpspt" lind der Randbediugung , dass Yein Arbeiter ist , können wir rlio Wahl der SPD durch Person Y ..rklä ren.

Ans wahren Prämi ssen lasSl>n sich mit Hilfe .ler deduk t iven Logik wahr eSchlüsse ahleiten. Das Umgekehrte gilt nich t . Aus empirisch zutreffendenSchlussfolgerungen kann nicht dte Wabrhett der Präm issen gefolgert 1\"E'r­

den . ß l'ispielsweisE' könnte der beobachtet e Vogel zwar wandern , aber nichtdeshalb. weil er ('ÜW Rotd rossel ist , sondern weil er zu einer anderen SorteZugvögel zählt . Das herangezogene Ges"tz wäre in diesem Fall also nichtdie richtige Erklärung für rlas Zugverhalten des Vogpls , weil es sirh nichtum eine Rotdrossel ha ndelt.

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Dip G iilt igkr it einer wissenschaft.llchr-n Erklä ru ng beruht dornnach auf derIf ah,-heil der im Explanans vorwendeten Aussagen. F ür die wlssensehafts­rheorettsche Auseinandersetzung SP1Plll' \"0 1" allem die Forderung wahrerGesetze eine groie Rolle. Eine Mögfichkcit , die immer wieder in Betrach tgezogl'n wurde, ist d ie Verlfikatlon von Grsrtzell durch Induktion (vgl. Po­ser 20(11 , 108-119). Die Indukt ion ist ebenso wie die Ded uktion ein Schluss­vorfahren. Allerdings worden bei der Induktion aus singulären Aussagen(..Dieser Schwan ist wci],", "d"1" Schwan dort hint en ist wei]," usw.] allg e­meine Aussagen ("..Alle Schwäne sind weib") abgeleitet . Im Gegensatz zudeduktiven Schlüssen sind indu ktive Schlüsse gehaltserweiter nd. weil wirauf eme grii~ere Zahl von Fällen sehlieN.'u. Die Verlfikatlon von Gf'sr tz t'ndurch Ind ukt ion hat allerdings einen Haken . der seit II UIlW als das lnd uk­ti ollsproblem bekannt ist. Auch wenn wir bisher immer nur wriN.> Schwänegesehen haben, können wir daraus »tcht folgern. dass dtes auch in Zukunftso sem wird. Zudem ist r-s miig lkh , dass es nichr-wetsc Schwäno gibt odergab, die wir nich t beobachten bzw. beobachtet haben. Dip ernüehremdeAntwort ist daher: \Yir könn en die \ r ahrlwit von C cset aen nicht durchInd ukt ion beweisen. Das lH'i~t natürlich uicht , (IBSS t-in Ceserz nicht wahrsein kann: die \r ahrtwit ist aher nicht feststellbar.

Popper hat diesklar erkannt und zeigt uns eine Alternarive au f. Ein Grlwtzlässt sich zwa r niemals durch Beobarht ungen bewahrheiten (ve riftzie n:1l l.Eine pinzige \\'idprsprf'dwudp Beol.a clu ung reicht jeelor-h aus, 1II11 eint' ge­sptzl'Sartigp Aussago ZlI wtdorlogon (fal.~ iftzi errn).

1.2,2 Falsifikation statt Induktion

\ \ 'pgell des Indu kt ionsproblems schlägt Popper vor, BIll' "Gesetze" st riktals Hypothes en aufzufassen. Als Möglichkeit der Falsifi kation von Hypo­tlu-sen kann das lf·O-ScJu:mu verwendet werden: Aus der l1ypot lwst' lindden Randbedlngnugen werden n m lJ<lch tungssä tze abgeleitet . d it' im kriti­sehen Hatioualismus ßßi;issr"itzc genannt werden. Erweist sieh ein ß asissa t zals falsch, so wird d ir Hypothese widerlegt. Sobald wir eine eiuzfgo Rot­drossel ent decken. dir- im Wtntor hier bleibt, Wi.~,~C7l wir, dass nicht alleRotd ros seln Zugvögel sind. Vorausgesetzt, es handelt sich tatsächlich umeint' Rotdrossel. Allgelllein formuliert: Liegt die Randbedingung vor, nichtaber die Schlussfolger un g, dan n ist die Hvpot hese wid erlegt.

IFir gchen so lang e VOl l der Gültigkeit dcf' llypothcse au,~ , bis diese sichcl« JaL~ch cnoiescn hat. Solange wir aussehltokllch Rot dr osseln beobach-

Da~ FUl"SdlU"y~p"uym", ,,, des Kritis che" lla liu "ali~"lU~ 7

ten. die im Wlntor in den Süden fliegen , gehen wir also von der Gült igkeitde r Aussage ,..-\lle Rotd rosseln wandern" aus. Eine Hypothese wird bctb e­ha lten, wenn die Randbedingung lind der Busissatz zutreffen. Gleichzeitigversuchen wir , unsere lI ypothl'st:> wiederholt an der Realität Z1I prüfen.Eine Theorie ha t sich nach Popper bcwii} l1t , wenn sie mehreren strengenP rüfungen stan dgehalt en hat. lI iil t eine Hyp oth ese etnor P rüfung nich tstand . S(} muss sip verworfen und durch pinf' neue ersetzt werden.

Falsifikation wird erst möglich , wenn die Hypot hesen auch tatsikhlieh ,,anrler Erfahrung s cheitern kiinlll'n" [vg l. POPIH'r 1971, 15). Die Aussagen,rlie in lIypotlll's f'1I und Gf'Sp tzl'lI "f'l"wPlldf't werden , müssen eml}i".~che'l

Gehalt haben. Die Aussage ,.\rf'r ßiist's 1I1t, landet in der Willp" beruhtwie alle metaphysischen AlIssa9eJJ nicht auf Erfahru ng und kann daherauch nic-ht durch Erfa hrung widerlegt WPf(!PIl ...... n der Reali t ät könnenebenso wellig Aussagen scheitern, die immer wahr sind. Solche Auxsa­gen werden als Trm tolo9ien bezeichnet. Ein Beispiel für eine Tautologiewäre: .X ach dem Lesen Ilt'::i Kapitels zur \Yis.'iellsrhart s tlworie verstehenSie da s Falsifikationspr inzip oder Sie vers tehen PS nicht: ' Dieser Sa tz istimmer wahr, denn dip Folgerung beinhaltet alle möglichen Ereignisse. Indiesem rrtvlalen Beispiel ist dte Tautologie natürlich leicht zu entdecken.111 sozialwissenschaftliehen Theorien kann das schon schwieriger sein (vgl.Dickmann 2U08, 157 f.), Dle pott'nzipl1f' Falsifizierbarkeit von lIypothf'so'llgrenzt empirische Wtssenschafton von nicht-empirischen \\'issl' IlS(~haft;'n

ab .

Nicht widerlegbar sind auch Exisicnzuus$ugen , d. h..Aussagen über dasVorhandensein eines Gegenstandes oder mehrerer Gegenst ände. Eint' mög­liehe Existenzaussage lautet etwa: "Es gibt eine n Iwitf'1J Schwan.' \\'olltl'l1wir diese Aussagf' widerlegen, so) IllÜS.~t t'1I wir rlie Farbe alle r Schwäne inVorgangmhelt , Gegenwart und Zukunft kennen. Umgekehrt reicht bereitsein einziger zutreffender Fall zu r ß ewahrhci t ung einer Existenzaussage. 5t'­hen wir einen weisen Schwan. dann ist die Aussage verifizier t. All diesemBeispiel zeigt sieh die Asymmetrie zwischen Falsifikulio n lind Verifikationbei All-Aussagen und Exis tenzaussagen. Bei einer Existenzaussage genü gteine zut reff ende Beobachtung zur Verifikation. während diese nicht wider­legt werden kann . Gerrauumgekehrt verhäl t t'S sieh mit den in ll ypothl'SO' llverwendeten All-Aussagen: T1i1'1" genügt bereits eine Willl'[Spn"{:lll'llflt' ßt'­obachtung zur Falsifikatlun, während All-Aussagen auch d urch noch soviolo zutreffende Beobacht ungen nicht verifiziert werden können. 50 wur­de die für Europäer durch znhlrciche Beobacht ungen lx-legte Aussago .A lle

Schwäne sind \\'pil<," mi t der Ent derkuug schwarzer Schwäne in AustraltonUlll 17Dt) widerlegt (vgl. Poser 20Dl , 111).

Das Modell einer wisscuschafr lichou Erklärung geht VOll raum-zeitlich UI1­

beschr änkten All-Aussagen aus. Häufig haben wir (' S jedoch mit raum­zeitlich lJl'grellzten Hypothesen hzw. Theorien zu tun. So behauptet dieTheorie des \\"l'r tp \\"allt lpls von Ronald lngh-ha rt (Ingleha rt 1977) in nach­industriellen Gesellschaften ein Wandel von materiellen hin Zlt postmate­riellen werten (vgl. einfü hrend ß iirklin lind Klein 1998). Räum lich undzeitlich wird die Theor ie auf .nach- indust riclle Ccsellschafu-rr besc hränk t(was daru nter verstanden wird, ist nur eine Definit iousfragc}. Über andereGesellschaften wird also -unärhst kl'int' Aussage gerrotten. Der lnforma­tionsgehalt rler Theorie wird du rch die Ein grenzuug geringer. Die Gefahrbes teht dari n, dass die raum-zeitliche Elngreuzung einer Theorie so weitgeht , dass I>S keine potenziellen Falsifikatoren mehr für die T heorie gibt .Die Theorie wäre dann w'gpnü lwr Kritik immunisiert.

1.2.3 Ba sissatzproblem

Die Falsifikation von lIypotlll>sl'll ist mi t einem P roblem kcnfrontiert , (lasPopper das Basiee aieproblem: genannt ha t. \rir haben gesagt, dass eineHypothese da nn falsifizie rt is t, wenn sie einer Konfront at ion mit de r Rea­lität nicht st andhäl t . Eine Hypoth ese kann je tloch nie d irekt du rch Ik llh..achtungen gepriift werden , sondern nur anhand einer Anssage über eineBeobachtung. Dteso Beobacht ungsaussage kann a ber fehlerha ft sein. Beob­achtungon - selbst Beobachtungen mit blcsem Auge - sind Be obacht ungr-nim Lichte einer Beobachtungs- bzw. xlcsstheorle. Dies e kan n sich gena u­so als falsch erweisen wie die eigentlich interessierende Theorie. z. n. weilunser Inst rument etwas anderes misst als das. was I'S messen sollte. Ba­sissäUe sind daher ..objekt iv krltlslerhare P rüfsät zf" " (Popper 1971, 7G),dere n \ r ahrllf'it ebenso wenig bewiesen werden kann . wie die der Theorieselhst ,

Aus diesem Dilemma hofreit sieh die \\" isspnSt.:haft, indem sie stlllsr-hwol­gcnd verr-inhart , dass der Forscher bet der Überprüfung elnor Theorie rlenhöchstmöglichen methodischen St a nda rd einhält und seine Vorgchcnswci­St.' nachprüfbar und damit der Krit ik zugän glich macht. Ist dies der Fall .dann werden die ßasissätzt>vorläufig anerkannt . Oif' Akzf'ptanz der ßa­sissiitzl' ist demnach ein!' konventionelle Festset zung. Popper hat für das

P roblem der schwankenden empiri schen Basis ein ans chauliches Bild ge­Funden. Die W iss t'IlS{'lwft ist für ihn ein Bau, dessen Pfeiler nicht auf Felsgründen. sonde rn sich .von ( 1)('11 her in den Sumpf senken - aber nich t biszu einem natürlichen 'gegebenen' Grund-: .wenn mall hofft , da ], sir dasGebäude tragen werden , Iwschlif'bt mall , sieh vor läufig mi t der Festigkeltder Pfeiler zu begnügen- (Popper 1971, IU).

1,2.4 Probebilistische Hypothesen

Das Fals ifika t ionspr inzip ist zwar eine feine Sache, fun ktioniert in der b.'­schru-benen Form jedoch nur Iwi lIypothpsPIl der Form ,.Imlller wenn X,da nn Y". Solche Hypothesen werden ab determinist isch bez(' id lllPt. Inden So-talwtssenscharten giht es aber hislu-r keine determinist ischen Hy­pothesen . Sozialwissenschaft hrhe T heor ien und Hypothesen werden dahera ls stut tst tsche bzw. prohabillsttsr-he Aussagen formuliert . \ \' ir behauptennicht mehr, dass alle Arbeiter di., SPD wählen . SOlidem treffen eine Wahr­schcinlichkcitsaussage. Beispipb\wise in der Form: .A rlx-iu-r sti mmen häu­figer für die SP D als für jede einzelne andere Partei." Be i Arbeitern müsstedie Sl'D denmach die stä rkste Partei sein.

Diese Einschrän ku ng ha t erhebliche Konsequenzen. Aus eine r probabil!s­rischen t1ypot lwse lind den Allfangsh('(lingullg('n kann das Explanandumnicht meh r m it Hilfe der deduktiven Logik ahgplf'it (' t werden. Ist eine Ppr­SOll Arbeiter, dann ist dto Wahrsehetnltchkott einer Wahlomschetdung zu­guns ten der SPD (bei G iilt igk t'it der Hypot hese] zwar hoch. beträgt abernicht 1001,il . \\,pil das Expla naudum nur wahrscheinlich (nicht aber logischzwingend] ist , sprechen wir hier VO ll einer induktiv-st anstischen Erklä­rung (vgl. üpp 2UOG, Gu f.). Eineinzelner Arbei ter , der PlTlI' ande re Parteia ls die Sf'D wählt , widerlegt nicht die lIypo thPSP. P robabillstische IIYJ!u­thesen können daher nicht d urch einen einzigen Fa ll falsifizier t 1\"('[(1 ,,11.Wi r sehen die Hypothes e jedoch dan n als .falsifiziert-' a n. wenn wir beieiner hin reichend groken Zahl von Arbeitern beispielsweise einen höherenProzentsa tz a n CDU· als an SPD-\ \'äh lefl\ fests tellen wü rden. Diese Ak­zep ta nz einer .Falsifikation' probabilistisrher Hypothes en beruht j edochauf de r Anunhrue, da ss die prob ahilist isd w Hypothese für jl'(!e Iwli!'bigrTeilmenge YO IT Fällen gilt (vgl. dazu P rim und Tilmann lUUi , SUff.) .

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1.3 Der Ablauf des Forschungsprozesses

1.3.1 "Der Kreis der Wissenschaft"

0 1'11 Ahlauf des Forsd lllllgsprnzl>ssPs kann ma n sieh wie in de r folgrn dl' llAbbihlung als Kreislauf vors tellen {vgl. Wallace 1971). Wissenschaft istC!'>IllIHH:h nicht s anderes als PIII(' Verzahnung von Theoriegewinnung lindThc07i cIJrüf ung mitt e ls Indukt ion lind Dedukt ion.

Abbildung 1.2: Tll('ori,'gpwiuuuug lIud TIH'oriep riifung

~The-;II"iell l}po,he-.:

INDI;~no~

Falsifikation,.'Re"ähru,,~

Beobachtungen

0 ('1" eigentlk-h kre a ti ve Tellbesteht in der Entwicklung von T bcorten bzw.Hyporhosen. W i,' die verschiedenen Pfeile in der Graph ik andeuten sollen.kann man BUr die unterschiedlichsten Arten Z II Theorien gelangen (z. B.durch Nar-hdenken]. Eine gphrä H<:hlidw ~ Iet ho"e bestl'h t in der Verall ge­meinerung einzelner ß f'()!>aeht llug" ll du rch Induktion. \\' ir könnten "I. n.eine Vielzahl Will Schwänen beobachten. Daraus. dass alle von uns beob­acht et en Schwäne wt'ib sind, gelangen wir zu dem Schluss, .,..\.11., Schwänesind wcls".

Wi r können noch so viele wt'ib;' Schwäne beobachten - ein Beweis für dieWahrheit de r Theorie ist es nicht, wie wir gesehen haben. Aus diesemGrunde schei det da s Ind uktionsprinzip zur Priif un9 einer Theorie aus.Als Möglic hkei t der Kritik \ ·011 T heorien wurde von Popper lleslmlh da sFalsifikationsprinzip vorgeschlagen. \\'ir leiten a us un serer Theorie Basis­sätzc ab und schauen. ob dicso mit unseren Beobachtungen in Ein klangstehen oder nicht . Im ersteren Fall hat sieh unsere Theorie bewährt . im

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let zteren ist sie fals ifiziert [ges t richelte Linie]. Damit beginnt der Kreis­lauf von l\t'UPIIl . Die vorhandenen Beobacht ungen kön nen als Grundlageder Modifikation der Theorie oder PiIH'1" neuen Theorie dienen.

l.akatos (1974) hat darauf hingewiesen. dass Theorien in ein P raxis nichtallein aufgr und fulsfftzterondor Beobachtungen aufgegeben werden (kön­111'11 ). Dips WHn' angcsk-hts de s Basissatzproblems lind der damit wrbuu­dl'IIt' 1I Uns iche rheit über di e empirische Basis a uch eine sclbs nnördcdschoStrategie , Eine Theorie wird erst dann preisgegeben. IWII I1 wir eine alter­native Theorie lJf'sitzPII, t\if' eine n theoretischen Gehaltsüberschuss auf­wotst (d ip einen gröN' rl' ll Ge ltungsbe reich als dle alte Theo rie hat ), derzumindest teilweise empirisch bewährt ist (progn:$.~ive Problemocrecnic­bUllg ). Wird eine falsifiz iprtp Th eorie mangels geeigneterer Theorien bei­lx-halten bzw. so mndifiziert , da», wldersprechende Beobacht ungen ausderen Geltungsbereich ausgeklammert werden, dann handelt (~ sieh umeine deqeneraiive Problemocrschidnnuj [vgl. zu r Einfü hrung in di e wissen­sehaftstllf'(jfptischpll Posit ionen von Kulm. Lakatos und Feyerabend Poser:2001).

1.3 .2 Der Ablauf einer empirischen Untersuchung

Allsgilllgs pllnkt einer Untersuchung ist im Idealfall eine Theorie, d. h. ein..Sy.~t etn lorJ i,~ch widerspruehs/reier A ll ,~MI.lJeti (Sät-e, IIYPolh pst' ll) Hln'rden jp\\"l'iligpn Untersuchungsgegenstand mit den zugehörigen Dcfinitio­nCII der vorwendeten Bpgr iffe" (Krom rey :WOG, 02). Logisch konsistentbedeutet , dass sich die Aussagen . die in einer T heorie enthalten sind.nich t widersprechen dürfen. Da es in den Sozialwissenschaften bisher kaumTheorien gibt, liegen d" IJ meisten Untersuchungen jPtloch IfYJl(J the.~ e ll zu­grunde . Ein t' zu iibprprüft'ndt' T1ypotht'st' kiinutt' h.'ispi t'lswPiSt' beinhalt en,(lass Vorurteile gegenüber Minderheiten mit der GrübE' de r Mluderheit ineinem Gehiet zunehmen (\'gl. bereits Blaloek HI( 7).

Präzisierung der Begriffe

Zur Überprüfung ein er ll vpot he«- müssen die verwendeten Begriffe zu­nächst präzise definiert werd en. Begr iffe sind Mittel, mi t deren Hilft, wirrlas Chaos von Eind rücken sprarhli..h ordnen. E~ sind Regeln zur Struk­turierung von wahmehmungen. Sie sind dabei niemals ident isch mit derRealit ät , sondern bezeichnen unser :-.rodl'lI von der Roalitär , Dip Bild ung

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von ß.>grilft 'll erfo rdert d aher immer ein gewisses ~ I ab an Abstraktion,rl. h. eine T heorie darüber, was die gemeinsamen Merkmale des mi t demBegr iff Bezckhneton sein sollen.

Begriffe haben unterschiedliche Funktionen : Sie ermöglichen die Kommu­nikation übe r Cegensrände und dienen der Klassifikation (vgl. ausführll­eher Mayntz e t al. 1978, 9 22). Di('S(' Aufgaben von Begriffen sind nich ttrivial : Ohne einen Begriff ,.Yorur tpi!e" ist eine Verstäudtgnng HIwI" die sesPhänomen nicht möglich. Begriffe, die mehrdeutig oder unbest immt sind,erfüllen ihr e Fun ktion nicht mehr. Mehrdeutig ist ein Begri ff, wenn ver­srhicdcne Inhalt e mi t demselben Begriff bezeich net W(' ('(] ,'II . z. B. kann mit.Hahn' das Ti.'!" 011('1" ein Wassrrhilll1\ genietut sein. Unbestimmt ist einßegriH', wenn er nicht pr äzise genug gefasst ist.

Aus dtesem Grunde wird die Verwendung von ß ogrttfen in wissonsch aftlt­chen Texten mit Hilfe von Definitionen (vgl. üpp 200 ::>, 106- 131) fest ge­legt . Realdefi nitionen treffen Aussagen über die Beschaffenheit der Rm li­tiit. Versucht wird nach dieser Auffassung. das \\'es('n eines Gpgl'nstandrszu erfassen. Die Form der Definition ent spricht normalerweise ein er r~t­

Aussilgt'. Realdefintriom-n beinhalu-n demnach empirfsche '-\l1ssagPIl nndhinnen dah er wahr oder falsch sein. Ein Beispiel wäre d ie Aussa ge ,,Sozio­lcgic ist eint' empirische \\'issellschaft.., Der Wahrheit sgehalt der Aussagekann beurteilt werden. \\'iirde Soziologip als \Yissf'lIsch aft s ich nicht au fErfahrung grtinde n. dann wäre dipsl' Definit ion falsch. Up !' (2U05. 113 f.)verweis t auf d ie Mehrdeutig keit von \\ 'esensbest illllllu ngen [Bedeutungs­an al vscn. empirische Gt'setw, Begriffsexplika tionen. nonnative AussagenIIS\\". ) und rät des halb von ihrer Verwendung ab.

In den Sozialwissenschaften werden in de r Rpgpl Xominaldefinitionen ver­wendet. Eilll' NOfllillfl ldejinit ion ist pinr Fesü d z1Jug def ' VC1'lvcttd 'l1IY einesBegriffes. Ein Beispie l fiir ('i!w nominale Definition von Herrscha ft findetsieh bei Xlax \\,('I)('r: .Herrschaft soll heiß en die Cha nce, fiir einen Be­fehl bestimmten Inhalts bei a ngehbaren Persenon Gehorsam zu finden­(Hcrvorhcbung ergänzt , \\"t'!)('r 1980, 28). Der Begriff dessen Bodeutuugfestgeleg t wird. hier Her rscha ft . wird auch als Definiendum bezeichnet, derdefinierende Ausdrurk "Chance ... Gehorsam zu finden" als Definiens. Dießpstiludtpilr ,Ies Defi niens müssen bekannt -etn. Es handelt s ieh um einetautologis<:\le Umformung. weil da s Detinieudum dem Definiens glpichgl'­St't~t wird. Stat t der Vorwoudung des ßt'gril fs Her rs chart könnte Max \\"c'­bor auc h immer .Chance ... Gehorsam zu finden- schreiben (was allerdings

etwas umst ändlich wäre). Eine Xominaldefinltion ist eine Festset zung überdir- \ 'orwendung eim-s Begriffs. Sir-beinhaltet keine empirische Behau ptungund kann daher auch nicht wahr oder falsch sein. Für ein gf'gebf'nps Un­tersuchungsimeresso kan n sieh eine Xomlnaldofinition lediglich als mehroder wl'uigf'r z\"p{:kmäbig erweise n. Xlax \ \"l'!Jl'I1; lh- rrsch aftsbegrlff be­zir-ht sieh ausschlteklich au f Int eraktionen zwischen Xleuschen. Herrsch aftüber Ti r-re, die Natur ..tc . wird durch seinen Herrschaftsbegriff nich t er­fasst. Eine nominale Definition von Vorurteilen künute .'I \\"<1 laut en: .U nt erVorur teilen sollen ut'gati\"f' Eins tellungen gf'gt'lliilwr de n Angehörigen .'i­ner sozialf'1l Gro!'gruppe verstanden werden-. \ 'or url eile werden damit alsEinstellungen definiert . Diese Definitton von Vorurteilen umfasst zudemnur negative Einstellungen.

Operat ionalisierung

Als Operationalisierung bezeichnet man alle Forschungsoperationen dienotwendig sind, Ulll einen BI'griff zu messen . Eine Operat ionalisierung von\ 'orurn.ilen gegpniilll' r Auslaudem könnt e etwa sein: ,Jt' s tärkl'r ein Befrag­tor der Aussage -wenn Arbei tsplä tze knapp werden. d ann s ollte man diein Deutschland lebenden Auslauder wieder in ihn' Heimat schicken ' aufeiner s it:'bf'llst ufigpn Skala zustimmt. Il111S0 griibpr s ind dessen Vorurteilegegenüber Ausländem ausgeprägt-. Diese Operauonahsterung zielt a uf pi­I\(' Befragung "Oll Personen ah . Der Ausländeranteil kan n operationalisiertwerden als das Verh ältnis der bei den Einwohnemold cämrem regist riert enPersonen mit ausländischer Staatshiirgersch aft zu allen bei den Einweh­uemeldcämtem registrierten Personen. Hier wird auf amtflehe Daten zur~ 1t:'s,>;ulIg vurüekgcg r iffcn.

Es gibt für [erlen Begriff \'l'rschil'{ll'lIp Möglichkeiten der Ol'l'ra t iolla lisil'­run g. Im amenkaufschon Kont ext wird Bild ung häufig als di,' Zahl derSchulj ahre operationalisiert . dto eine Person absolviert hat. Eine altern a­tive Operationalisierung ist die CAS~ IIX-Skala (z. B. Lechort et al. :lOOG).CAS~ II:'\ steht für Cornparative Analysis of Soci al Mobili ty in lndus trta lNations. CAS~ II I'\ kombin iert allgemeine und beratliehe Zertifikate zu ver­sehiedenen Stufen (Tabelle 1.2). I Für die Ope rat tonalisn-rnng de r Bildung

Dil' l\ a tPKurip li 2" - 2h - 2,. Hill(J n'rt1111M,ht, w(>iJ im dput""IJ<'lI ll ildullKsHyHtplll dipallgemeine Sek und a ra us bildung [Xlitt len- Rt'ifl', 2b ) im Ausrhluss an d ie allgomciucS,.hllihi ld lllll'\ " in"f I)('rutlidl" n Aushildull K(2a ) v'''''' lIsl'\''ht ("1'\1. L,~,h('r' ('\. <I!. 2006.I).

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Tabelle 1.2: Dil' CAS~II:\-l\lassifikatioll

Kein AbschlussHauptschulabschluss ohne beruflichen Ahsdlhll'.'>Hauptsrhulahsehluss und berufliche AuabilduugMittk-re Roifo ohne ln-rufficln- AusbildullgMittlere Reife und berufliehe AusbildungFachhuehschulruifa /Ahitur ohne Iwrtl tl id lP Ausb ildun gFachhoehsehulreifu/Abitur und lx-ruftiche AusbildungFachlnx-hschulahschlussUniversi tärer Abschluss

durch die CAS~1T;\-Skal<l spricht , dass diese die starke Stratifizicrung all­geme iner AbschlüsS(' [Haupt schule , Realschule lind G....mnasium ) lind dipherufliche Spexitit ät des deutschen ß ild lllJgsSYSIPIllS angemessen erfasst ,die sieh unt er anderem fiir die berufbebe Erstplatzierung als bedeutsamerwiesen haben (vgl. 7.. B. Müller und Shavlt lU9S).

Eine gegebene Opcraucnalisieruug k<H1II sich im Verla uf des Forschu ngs­prozesses als a ngemessen Oller unangemessen erweisen. {Iperationalixie­rungell müssen daher genauso zur Disposition stehen wie Hypothesenauch. Ist die Datenerhebung abgeschlossen , d(IJIII kann der Fehler ka ummehr korrigiert werden.

Erhebung und Auswertung von Daten

Der let zte lind fü r die P rüfung der Theorie entscheidende Schritt besteht inder Erhebung von Dat en durch Beobachtung im weiteren Sinne, Die klas­slschen Fermen der Datenerhebung sind die Befragung. die Inhaltsana lyseund die Beobacht ung. :-' Ian muss jedoch nicht zwangsläufig eigene Datenrrhebt' tl. Für viele Ulltersucllllllgs/ WPck!:' kann man aurDaten -urückgret­fcn. di r Andere erboben haben und für wissenschaftliche Analysen zurVerfügung s tellen. Wir werden im folgendon Kapitel darauf zurück kom­rnen . Die Daten miissen dann im Hinblick auf die tnteross torende Hypo...

these st atistisch ausgewertet werden. Voraussetzung fü r die Akzeptanz derempirischen Resultate ist die Einh altung der methodischen Standards.

Die Erhebung und d ie st at ische Auswertung Hili Daten sind Gegenstandrler weiteren Kapitel dieses ß Ud IPS.