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Research Collection Report Nichtlineare FE-Analyse von Stahlbetonplatten und -schalen mittels linearisierter Fliessbedingungen im Knotenkraftraum Author(s): Glanzer, Günter Fritz Publication Date: 2000 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-004179665 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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Research Collection

Report

Nichtlineare FE-Analyse von Stahlbetonplatten und -schalenmittels linearisierter Fliessbedingungen im Knotenkraftraum

Author(s): Glanzer, Günter Fritz

Publication Date: 2000

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-004179665

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Nichtlineare FE - Analysevon Stahlbetonplatten und -schalen

mittels linearisierter Fliessbedingungenim Knotenkraftraum

von

Günter Fritz Glanzer

Institut für Baustatik und Konstruktion

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich

November 2000

I

Vorwort

Die zielgerechte Dimensionierung der Bewehrung von Flächentragwerken aus Stahlbe-

ton sowie die darauffolgenden Nachweise aufgrund von Tragsicherheitsanforderungen

sind Problemstellungen, welche in der Praxis oft Schwierigkeiten bereiten. Der Haupt-

grund dafür liegt darin, dass bei Flächentragwerken eine rein elastische Bestimmung der

Schnittkräfte nicht befriedigend ist. Wegen der statischen Unbestimmtheit solcher Trag-

werke und der beim Stahlbeton immer wieder beobachteten Fähigkeit zur sogenannten

„Selbsthilfe des Materials“ bei lokalen Überbeanspruchungen ist es notwendig, Schnitt-

kraftumlagerungen zu berücksichtigen.

Aufgrund dieser Feststellungen hat man vor einigen Jahren ein umfassendes For-

schungsprojekt in Angriff genommen, das die computerunterstützte, optimale elastopla-

stische Bemessung der Bewehrung von Flächentragwerken zum Ziel hat. Dies erfolgt

nach einem neu konzipierten, auf den einfachen Grenzwertsätzen der Plastizitätstheorie

basierenden Verfahren. Dieses Bemessungsverfahren, welches bereits Eingang in die

Praxis gefunden hat, erlaubt zwar eine sichere und rationale Dimensionierung der Be-

wehrung, liefert jedoch keine Auskunft über die zu erwartende Verteilung der plasti-

schen Verformungen und der daraus resultierenden Verschiebungen. Insbesondere

bleibt die heute als wichtig betrachtete Frage des Duktilitätsbedarfs vom Bewehrungs-

stahl unbeantwortet.

Herrn Glanzer wurde deswegen die Aufgabe gestellt, ein Verfahren zu entwickeln, bei

dem die äusseren Lasten bis zum Erreichen der Traglast in relativ kleinen Inkrementen

erhöht werden, wobei in jedem Lastschritt die dazugehörigen plastischen Verformun-

gen ermittelt werden. Traglast und Kollapsmechanismus werden damit bestimmt, was

eine unabhängige Kontrolle der vorher dimensionierten Bewehrung darstellt. Wichtiger

für die Praxis ist jedoch, dass sich damit der Duktilitätsbedarf der Stahlbewehrung nach-

weisen lässt.

Behandelt wurde der für die Praxis wichtige Fall der Stahlbetonplatten, die infolge von

Dickensprüngen, Unterzügen oder grossen Verschiebungen auch eine Membranwir-

kung aufweisen können. Im Vergleich zu herkömmlichen FE-Programmen für die nicht-

lineare Tragwerksanalyse zeichnet sich Herrn Glanzers Verfahren durch verschiedene

Neuerungen aus. Die wohl wichtigste liegt in der numerischen Erfassung des elastopla-

stischen Materialverhaltens "im Knotenkraftraum". Dabei werden die nichtlinearen Be-

ziehungen zwischen den Knotenverschiebungen jedes Elementes und den

dazugehörigen Kräften direkt, d.h. ohne die übliche Arbeitsintegration über das Ele-

mentvolumen formuliert.

Zu den weiteren, in Herrn Glanzers Verfahren eingeführten und in seinem Computer-

programm implementierten Neuerungen sind noch zu erwähnen: Die Herleitung der

II

geometrischen Steifigkeitsmatrix direkt aus den Membranknotenkräften (d.h. wiederum

"im Knotenkraftraum") sowie die Behandlung von Dickensprüngen, Unterzügen und lo-

kalen Maschenverfeinerungen mit Hilfe von automatisch generierten kinematischen

Bindungsgleichungen.

Schliesslich ist zu erwähnen, dass Herrn Glanzers Programm auch zur Abschätzung des

Tragwiderstandes existierender Plattentragwerke, d.h. unabhängig vom Bemessungs-

modul, eingesetzt werden kann. Dies ist für die Praxis interessant, da es oft vorkommt,

eine genauere Berechnung des tatsächlichen Tragwiderstandes bestehender Bauwerke

durchzuführen, sei es wegen einer nachträglichen Erhöhung der aufzunehmenden

Nutzlasten oder im Falle von Korrosionsschäden.

November 2000 Prof. Dr. E. Anderheggen

III

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit ist Bestandteil eines grösseren Projektes, das die optimale Bemes-

sung und Analyse von Stahlbetonplatten und -schalen zum Inhalt hat. Da im Zuge der

Bemessung weder die Verformungen noch der Duktilitätsbedarf des Baustahles kontrol-

liert werden, analysiert folgende Arbeit einerseits diese Nachteile und liefert anderer-

seits als Zusatz noch die Traglast. Dafür wird ein nichtlineares Berechnungsverfahren

nach der Methode der finiten Elemente entwickelt, das ein eigens dafür entwickeltes Ele-

mentgesetz im Knotenkraftraum zum Kernstück hat.

Nach der Darstellung der kontinuumsmechanischen Grundlagen und der fundamenta-

len Gleichungen für eine finite Element Diskretisierung, folgt die Beschreibung der Ele-

mentmodelle. In dieser Arbeit werden drei- und vierknotige ebene Elemente nach der

Free Formulation Theorie für Platten und Schalen verwendet. Eine Formulierung mit ko-

rotierten Koordinaten erlaubt es, beschränkt auf kleine Verzerrungen, sowohl geometri-

sche, als auch materialbedingte Nichtlinearitäten zu berücksichtigen.

Um die Effizienz der nichtlinearen Analyse zu erhöhen, erfolgt hier eine Materialbe-

schreibung im Knotenkraft - Verschiebungsraum und nicht wie bisher im Spannungs -

Verzerrungsraum. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass die Knotenkräfte mit den äus-

seren Knotenlasten exakt im Gleichgewicht sind, was für die Berechnung bzw. für die

Analyse von Stahlbetonkonstruktionen besonders wichtig ist. Ausserdem entfallen bei

dieser Modellierung auch die aufwendigen Integrationsprozeduren zur Neubildung der

Elementsteifigkeitsmatrix. Als Grundlage zur Materialbeschreibung dienen linearisierte

Fliessbedingungen, durch die sich elastoplastische Materialen beschreiben lassen. Zen-

trale Probleme sind einerseits die Entwicklung eines computergerechten Algorithmus

zur Modellierung dieses Materialgesetzes, welches in Folge als Elementgesetz bezeich-

net wird, und andererseits, um das Konzept der Knotenkräfte aufrecht zu erhalten, die

Herleitung der geometrischen Steifigkeitsmatrix für das Biegeverhalten aus den Mem-

branknotenkräften.

Abgerundet wird diese Arbeit noch durch zusätzliche Werkzeuge, wie die Maschenver-

feinerungen für bestimmte Strukturbereiche oder die Behandlung von unterschiedlichen

Plattenstärken. Auch ein Verfahren zur Modellierung von Unterzügen mittels Schalen-

elementen wird vorgestellt. Zum Abschluss wird das entwickelte Programm anhand

von numerischen Beispielen erläutert, und die daraus erhaltenen Lösungen mit theore-

tisch bekannten Lösungen verglichen. Auch die Handhabung des gesamten Programm-

paketes, welches Bemessungs- und Analysemodul vereint, wird anhand eines

praktischen Beispiels gezeigt.

Summary

IV

Summary

This thesis is part of a larger project involving the optimum reinforcement dimensioning

and nonlinear analysis of concrete plates and shells. During the optimisation process the-

re is no deflection and ductility check and therefore this work analyses these disadvan-

tages and in addition calculates the ultimate load. Therefore a nonlinear analysis is used,

based on the finite element method, which has as a main item a newly developed ele-

ment law in the element nodal force space.

After summarizing the basic equations of continuum mechanics and for finite element

discretisation, plate and plane shell elements with three or four nodes are described ba-

sed on the Free Formulation theory. A formulation with corotated coordinates allows,

for small strains only, to take into account geometrical and material nonlinearities.

In order to increase the efficiency of nonlinear analysis, a material description in the

nodal - displacement space and not as is usually done in the stress - strain space, is car-

ried out. This description has the advantage that the nodal forces are in perfect equilibri-

um both with one another and with the external loads. This is very important for

example in the analysis of reinforced concrete structures. In fact, the expensive numeri-

cal integration procedures for determining the tangential element stiffness matrices and

element forces are no longer needed. The basis of the material description with nodal

forces is the theory of plasticity as well as the method of linear yield conditions, which

has been applied successfully for elasto - plastic materials. The main problems to be sol-

ved were the development of an algorithm to allow a computerized modelling of elasto

- plastic materials in the element nodal force space with an element law, as well as, fol-

lowing the concept of the nodal forces, the determination of the geometric stiffness ma-

trix directly from the membrane nodal forces.

Finally, the development of some essential tools, like mesh refinement for certain struc-

tural regions and the treatment of different plate thicknesses is illustrated. Also a new

method of modelling beams with shell elements is proposed. The work is completed by

the presentation of the developed program and verifying it by means of some numerical

examples. These solutions are compared with the theoretical ones. The use of the whole

package, in combination with dimensioning and analysis, is demonstrated using practi-

cal examples.

V

Inhaltsübersicht

1 Problemstellung und Lösungsansatz

1.1 Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.2 Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.3 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2 Methode der finiten Elemente

2.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2.2 Verschiedene Arten von Nichtlinearitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.3 Knotenkräfte und tangentielle Steifigkeitsmatrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.4 Lastschrittalgorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.5 Ablauf einer FE - Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Herkömmlicher dreistufiger Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Neues Ablaufschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

3 Elementmodelle

3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3.2 Lineare Modelle für Platten- und Schalenelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Plattenelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Schalenelemente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

3.3 Verzerrungen und Spannungen bei grossen Verschiebungen . . . . . . . . . . 30

Verzerrungstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Spannungstensor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.4 Herleitung der geometrischen Steifigkeitsmatrix aus denMembranknotenkräften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Die geometrische Steifigkeitsmatrix aus den Knotenkräften . . . . . . . . . . . 37

3.5 Methode der korotierten Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

4 Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweisfür ein finites Element

4.1 Grundlagen der Plastizitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Inhaltsübersicht

VI

Grenzwertsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

4.2 Linearisierung der Fliessbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Stahlbetonscheiben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Stahlbetonplatten und -schalen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

4.3 Fliessbedingungen für Platten und Schalen im Knotenkraftraum . . . . . . . 62

Verallgemeinerte Grössen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

Der Knotenkraftraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

Fliessbedingungen für Platten im Knotenkraftraum . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Fliessbedingungen für Schalen im Knotenkraftraum. . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Linearisierte Fliessbedingungen für Dreieckelemente . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Querkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

4.4 Plastische Widerstände aus den Bewehrungsfeldern . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

4.5 Maschenparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

4.6 Duktilitätsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

5 Elastoplastisches Elementgesetz im Knotenkraftraum

5.1 Grundlagen der ‘Face’ Methode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

5.2 Tableau - Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

5.3 Modifizierter Tableau - Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

5.4 Kontrollierter Rangabfall der Steifigkeitsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

5.5 Verfestigungsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Kinematische Verfestigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Isotrope Verfestigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

6 Kinematische Bindungsgleichungen und ihre Anwendungen

6.1 Numerische Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

6.2 Maschenverfeinerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

6.3 Dickensprünge in Platten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

6.4 Modellierung von Unterzügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

7 Implementierung

7.1 Die Programmstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

7.2 Graphische Benutzerschnittstelle von IANA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

8 Beispiele

8.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

8.2 Quadratische Platte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Nichtlinearität im Materialverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

Inhaltsübersicht

VII

Geometrische Nichtlinearität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

8.3 Platte mit Öffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

8.4 Kreisplatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

9 Schlussbetrachtungen

9.1 Zum verwendeten Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

9.2 Weitere Anregungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Anhang

A Newton - Raphson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

B Steifigkeitsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

1

1 Problemstellung und Lösungsansatz

1.1 Problemstellung

In den Arbeiten von Despot [12] (Stahlbetonscheiben), Steffen [27] (Stahlbetonplatten)

und Tabatabai [29] (räumliche Stahlbetonfaltwerke) werden zwei neue Grundideen zur

Bemessung von Flächentragwerken aus Stahlbeton vorgestellt. Die erste Grundidee be-

ruht darauf, dass die Plastizitätsbedingungen im Raum der Knotenkräfte und nicht, wie

sonst üblich, im Spannungsraum aufgestellt werden. Dabei wird jedes finite Element als

eine unabhängige Bemessungseinheit angesehen, das durch seine Knotenkräfte belastet

ist. Für diese Elementknotenkräfte werden mit Hilfe von verallgemeinerten Spannungs-

grössen die linearisierten Fliessbedingungen aufgestellt. Die Verwendung von Knoten-

kräften anstelle der Spannungen im Element stellt eine Approximation im Beschreiben

des Materialverhaltens dar, aber im Gegensatz zu den Spannungen sind die Knotenkräf-

te mit den äusseren Knotenlasten exakt im Gleichgewicht. Dieser Umstand scheint für

die Berechnung von Stahlbetonkonstruktionen wichtiger zu sein, als das de facto

schlecht modellierbare Materialverhalten von Stahlbeton. Auf dem unteren Grenzwert-

satz der Plastizitätstheorie beruht die zweite Grundidee. Diese besteht darin, dass die

elastische Spannungsverteilung infolge der äusseren Lasten durch Superposition von

homogenen lastfreien Gleichgewichtszuständen (Spannungszustände) so modifiziert

wird, dass die daraus ermittelte Bewehrungsverteilung optimal wird. Unter optimal ver-

steht man hier die Minimierung des Stahlgewichts in einer Stahlbetonkonstruktion unter

Berücksichtigung aller normentechnischer und konstruktiver Angaben. Für die Mini-

mierung des Stahlgewichts wird die lineare Programmierung (Simplex - Verfahren) ver-

wendet.

Dieses Bemessungsverfahren, das die Optimierung des Stahlgewichtes zum Ziel hat,

kontrolliert weder die Verformungen noch die Dehnungen (Duktilität) im Stahl. Um die-

se Nachteile aus dem Weg zu räumen, kam man auf die Idee, das vorliegende Projekt

zur Analyse von Stahlbetonplatten und -schalen durchzuführen. Neben den Verformun-

gen und den Dehnungen im Stahl liefert die Analyse noch zusätzlich die Traglast als Er-

gebnis.

1.2 Lösungsansatz

In dieser Arbeit wird, basierend auf der ersten Grundidee, ein ‘Elementgesetz’ als Mate-

rialgesetz hergeleitet. Um die Duktilität im Bewehrungsstahl und die Verformungen in

Problemstellung und Lösungsansatz

2

einer Stahlbetonplatte beurteilen zu können, muss ein Lastschrittverfahren verwendet

werden, wie es zur Lösung von nichtlinearen Problemen und zur Traglastermittlung in

der Strukturmechanik üblicherweise eingesetzt wird. Dieses Elementgesetz mit seiner

Formulierung im Knotenkraftraum führt im Berechnungs- bzw. Analyseablauf zur Ein-

sparung einer Berechnungsstufe. Der sonst dreistufige Ablauf (siehe 2.5.1), bestehend

aus System-, Element- und Materialstufe, wie er bei den meisten finiten Element Pro-

grammen vorkommt, reduziert sich durch den Wegfall der Materialstufe auf zwei Stu-

fen. Somit besteht das zweistufige System (siehe 2.5.2) nur mehr aus einer System- und

einer Elementstufe.

Auf Systemstufe kommt der Newton - Raphson, bzw. der modifizierte Newton - Raph-

son Algorithmus als Zeitschrittverfahren zur Anwendung. Die Assemblierung der loka-

len Elementsteifigkeitsmatrizen zur globalen Steifigkeitsmatrix, die Bildung des

globalen Lastvektors, resp. die des Residuallastvektors sowie die Neulösung des Glei-

chungssystems fällt somit in diese Stufe.

Aufgabe der Elementstufe ist es, aus dem momentanen Verschiebungszustand eines Ele-

ments die Knotenkräfte sowie die tangentielle Steifigkeitsmatrix zu bestimmen. Hier

wird für die Ermittlung der Elementknotenkräfte und der tangentiellen Steifigkeitsma-

trix nicht wie bisher ein Volumenintegral für das entsprechende Stoffgesetz in den dis-

kreten Integrationspunkten ausgewertet, sondern es kommt das Elementgesetz zum

Einsatz, das die Steifigkeitsmatrix mit den zugehörigen Elementknotenkräften direkt lie-

fert.

Das neu entwickelte Elementgesetz wird für dreieckige und viereckige Platten- und

Schalenelemente hergeleitet. Dazu muss das elastoplastische Materialgesetz im Knoten-

kraft - Verschiebungsraum aufgestellt werden, um für das gesamte Element gültig zu

sein. Basierend auf den Postulaten der klassischen Plastizitätstheorie wird eine Lineari-

sierung der nichtlinearen Fliessbedingungen vorgenommen, die die Fliessfigur durch li-

nearisierte d.h. aus ebenen Teilflächen bzw. Hyperebenen aufgebaute Fliessflächen

approximiert. Diese Fliessbedingungen werden nicht punktweise für die Spannungs-

werte im Element, sondern für die Elementknotenkräfte formuliert. Es können dabei ver-

schiedene Arten der Materialverfestigung (kinematische und isotrope)

mitberücksichtigt werden, aber keine zeitabhängigen Effekte wie Kriechen und Schwin-

den. Besondere Sorgfalt wird auch auf die numerische Effizienz des Elementgesetzes ge-

legt, für dessen Behandlung ein eigener Tableaualgorithmus (siehe Kapitel 5) entwickelt

wird. Dieser Algorithmus liefert die materialbedingte tangentielle Steifigkeitsmatrix di-

rekt.

Zur Behandlung der grossen Verschiebungen wird die Methode der korotierten Koordi-

naten verwendet. Die einzelnen Elemente können beliebig grossen Starrkörperverschie-

bungen und -rotationen ausgesetzt sein, die Verzerrungen im Element hingegen müssen

klein bleiben. Somit kann das Elementgesetz auch in einem lokalen, mit dem Element

mitgehenden Koordinatensystem formuliert werden, was eine unabdingbare Vorausset-

zung für die Anwendung der klassischen Plastizitätstheorie ist. Im Zuge dieser Formu-

lierung wird auch erstmals die Bildung der geometrischen Steifigkeitsmatrix für das

Lösungsansatz

3

Biegeverhalten aus den Elementknotenkräften der Membranwirkung gezeigt. Dem Kon-

zept der Knotenkräfte bleibt man damit treu. Die direkte Bildung aus den Knotenkräften

führt auch hier zum Wegfall der Integration über das Elementgebiet.

Ergänzt wird das Projekt durch kinematische Bindungsgleichungen. Diese erlauben die

Berücksichtigung von Beschränkungen oder Zwängungen an bestimmten Lösungsva-

riablen. So können auch die in der Praxis oft vorkommenden Fälle, wie z.B. Dicken-

sprünge, konsistent modelliert werden. Auch die Verfeinerung der Masche, was

beispielsweise bei hohen Lastkonzentrationen sinnvoll ist, wird über Bindungsgleichun-

gen behandelt. Abgerundet wird das Thema der kinematischen Bindungsgleichungen

durch die Modellierung von Unterzügen mittels Schalenelementen. Hierzu wird eine

spezielle ‘Master’ - ‘Slave’ Beziehung vorgeschlagen. Die Erkenntnisse daraus werden

mit der klassischen Balken - Schalenlösung verglichen.

Für das hier vorgestellte Projekt gelten noch folgende Einschränkungen

Es können nur ebene Platten- und Schalenstrukturen berechnet werden.

Die Elementformulierung beruht auf der klassischen Theorie dünner Platten und

Schalen ohne Schubverformungen senkrecht zur Schalenebene.

Die einzelnen Schalenelemente einer Struktur können beliebig grosse Starrkörper-

verschiebungen und -rotationen ausführen. Die Verzerrungen müssen dabei aber

klein bleiben, da angenommen wird, dass die ursprüngliche Form des Elementes

sich nur infintesimal ändert.

Elementlasten bleiben während der Verformung nach Richtung und Grösse gleich.

Es werden keine Lasten behandelt, deren Richtungen von den Verschiebungen der

Struktur abhängig sind.

Es können elastoplastische Materialien mit kinematischer oder isotroper Verfesti-

gung behandelt werden. Zeitabhängige Materialeigenschaften, wie Kriechen und

Schwinden, werden nicht berücksichtigt.

Konstruktionsdetails, wie z.B. die Ausbildung von Auflagern und die Einleitung

von hohen Einzellasten, werden ausser Betracht gelassen. Auch die Anordnung und

konstruktive Ausbildung der Bewehrung, z.B. im Eckbereich von Platten, wird nicht

behandelt. Bei der Definition der Bewehrungsfelder muss daher die Verankerungs-

länge der Stähle bereits enthalten sein.

Zur Analyse von Stahlbetonplatten und -schalen wird mit dem neuen Elementgesetz

auch ein graphisch interaktives Computerprogramm ‘IANA’ (Incremental ANAlysis)

erstellt. Dieses kann als ‘Nachlaufmodul’ an die optimale Bemessung verwendet wer-

den, oder auch als eigenständiges Programm zur Duktilitätskontrolle und zur Traglast-

analyse von bereits existierenden Gebäudeteilen. Hier wird der Bewehrungsgehalt und

die Anordnung der Bewehrung aus bestehenden Plänen entnommen, während bei der

Bemessung mit optimierten Bewehrungsgehalten aus gewählten Bewehrungsfeldern ge-

arbeitet wird. Da diese neue Analysemethode auch der Praxis dienen soll, wurde auf

eine einfache Handhabung und Benutzerfreundlichkeit des Programms grossen Wert

gelegt.

Problemstellung und Lösungsansatz

4

1.3 Übersicht

Die vorliegende Arbeit gliedert sich im wesentlichen in vier Abschnitte: Der erste Teil be-

handelt vor allem die in diesem Projekt benötigten Grundlagen der Kontinuumsmecha-

nik, sowie die zum allgemeinen Verständnis notwendigen Begriffe. Der zweite Teil ist

den Elementmodellen gewidmet. Dabei wird auch die Herleitung der geometrischen

Steifigkeitsmatrix aus den Elementknotenkräften gezeigt. Die Modellierung und die Be-

handlung des Elementgesetzes bilden den Hauptbestandteil des dritten Abschnitts. Der

letzte Teil erörtert weitere Modellierungswerkzeuge mit einer Beschreibung des dazu

entwickelten Programms IANA. Abschliessend werden anhand von praktischen Bei-

spielen die Anwendungsmöglichkeiten von IANA aufgezeigt.

5

2 Methode der finiten Elemente

2.1 Einführung

Zur Lösung von kontinuumsmechanischen Differentialgleichungen werden heute zu-

meist Näherungsverfahren verwendet, da eine geschlossene Lösung in den seltensten

Fällen möglich ist. Diese Näherungsverfahren haben zum Ziel, den Verschiebungs-, den

Verzerrungs- und den Spannungszustand eines Tragwerkes für einen bestimmten Zeit-

punkt zu ermitteln. Diese drei Zustände werden durch ortsabhängige vektorielle Grös-

sen erfasst. Dabei wird der Verschiebungszustand durch den Vektor , der

Verzerrungszustand durch den Vektor und der Spannungszustand durch den Vektor

erfasst (Anderheggen [2], Bathe [6]).

Betrachtet man zunächst ein lineares Tragwerksverhalten, so bestehen zwischen den

Komponenten der oben erwähnten Vektoren lineare Zusammenhänge. Die Verzerrun-

gen sind dabei eine lineare Funktion der Verschiebungen

(2.1)

Mit wird die lineare Operatormatrix bezeichnet, welche vom jeweiligen Problemtyp

(Scheibe, Platte, etc.) abhängig ist. Setzt man weiter ein linear - elastisches Materialver-

halten voraus, so lassen sich die Spannungen aus der linearen Beziehung

(2.2)

berechnen. Die Matrix bezeichnet die materialabhängige, positiv - definite Elastizi-

tätsmatrix und bezeichnet die initialen Verzerrungen wie z.B. eine Temperaturein-

wirkung.

Die Methode der finiten Elemente ist ein Näherungsverfahren zur Lösung von kontinu-

umsmechanischen Problemstellungen. Bei dieser Methode wird eine bestehende Struk-

tur als ein Verbund von ‘finiten’ Elementen aufgefasst, deren mechanisches Verhalten

mit Hilfe von lokalen Elementmatrizen und Elementlastvektoren beschrieben wird. Dar-

aus können die globalen Systemmatrizen und Lastvektoren ermittelt werden, die

schliesslich das Gesamtsystem beschreiben. Dies ist möglich, weil die einzelnen finiten

Elemente in den Knotenpunkten miteinander verbunden sind, in denen geeignete Kno-

tenverschiebungsparameter eingeführt werden. Diese Knotenverschiebungsparameter

sind vom jeweiligen Tragwerkstyp abhängig. Bild 2.1 zeigt z.B. eine durch finite Elemen-

te diskretisierte Scheibe. Für ein einzelnes Element sind die Knotenverschiebungen

und sowie die Knotenkräfte und dargestellt.

σ

ε u

ε L u=

L

σ D ε ε0–( )=

Dε0

aiaj qi qj

Methode der finiten Elemente

6

Bild 2.1 - Diskretisierung einer Scheibe

Aus den Elementknotenverschiebungen können die Verschiebungen eines beliebi-

gen Elementpunktes mit Hilfe der Verschiebungs - Interpolationsmatrix berechnet

werden mit

(2.3)

Die Verzerrungen nach (2.1) schreiben sich unter der Annahme von infinitesimal kleinen

Verschiebungen mit (2.3) zu

(2.4)

wobei die ortsabhängige Verzerrungs - Verschiebungsmatrix darstellt. Dabei wird an-

genommen, dass die Verzerrungen und die Verschiebungen im Inneren eines Elementes

nur von den Knotenverschiebungen des Elementes abhängig sind. Wendet man das

Prinzip der virtuellen Verschiebungen auf die Verschiebungen im Inneren eines Ele-

mentes an, so gilt für den virtuellen Verschiebungszustand, der sich über das Gebiet des

- ten Elementes erstreckt

(2.5)

Für die aus den virtuellen Verschiebungen hergeleiteten Verzerrungen

(2.6)

gilt für infinitesimal kleine Verschiebungen die Beziehung

ai

ajqi

qj

ξ

η

y

x

blockierte Knoten

a uH

u H a=

ε LHa Ba==

B

u

e

δu H δa=

δu

δε ε u δu+( ) ε u( )–=

u

Einführung

7

(2.7)

wobei die zu den kinematisch kompatiblen Knotenverschiebungen bezeichnet.

Sucht man die Knotenkräfte , die von einem Element auf das Nachbarelement übertra-

gen werden, so ergeben sich diese zu

(2.8)

mit als Lastvektor der externen Lasten und mit , die zu den inneren Spannungen

statisch äquivalenten Knotenkräfte. Drückt man das Gleichgewicht über die virtuelle

Arbeitsgleichung

(2.9)

aus, die für beliebige gültig ist, so errechnen sich daraus die Elementknotenkräfte

mit

(2.10)

Dabei bezeichnet das Volumen des Elements. Ersetzt man durch (2.2) und durch

(2.4) so können die Knotenkräfte noch aus

(2.11)

berechnet werden. Darin ist die linear - elastische Steifigkeitsmatrix und der Last-

vektor infolge der im Element vorgeschriebenen initialen Verzerrungen . Nun werden

die lokalen Elementmatrizen und Elementlastvektoren zur globalen Steifigkeitsmatrix

und zum globalen Lastvektor zusammengefasst. Nachdem die Auflagerbedingungen

und sonstige kinematische Bindungsgleichungen berücksichtigt sind, erhält man für den

linearen Fall das folgende lineare algebraische Gleichungssystem

(2.12)

das nach den unbekannten Verschiebungen zu lösen ist. stellt die globale Steifig-

keitsmatrix des Systems dar, den globalen Lastvektor. Die globale Steifigkeitsmatrix

wird durch die Beiträge der einzelnen Steifigkeitsmatrizen aus den Elementen ge-

bildet. Eine wichtige numerische Eigenschaft ist, dass die globale Steifigkeitsmatrix

positiv definit ist bzw. positiv definit gemacht werden kann. Die Steifigkeitsmatrix

wird dann als positiv definit bezeichnet, wenn die innere Verzerrungsenergie des Sy-

stems, die sich aus berechnet, für jeden beliebigen Vektor grösser Null

wird. Vorausgesetzt wird dabei, dass die Struktur stabil gelagert ist und ist. Ist die

Struktur instabil bzw. nicht gelagert, so existiert eine bestimmte Anzahl von linear un-

abhängigen Vektoren , für die der Ausdruck wird und folglich

auch . Für den Verschiebungsvektor wird in diesem Fall keine Verzer-

δε Lδu B δa==

δa δuq

q p– f b+=

f b b p

δaT p δεTσ VdV∫= δaT BTσ Vd

V∫=

δa p

p BTσ VdV∫=

V σ εp

p BT DB VdV∫

a BTD ε0 V ka f 0–=dV∫–=

k f 0ε0

KA F=

A KF

K kKK

1 2⁄ ATK A AA 0≠

qA1 A2 … Aq, , , K A i 0=

A iTK A i 0= A i

Methode der finiten Elemente

8

rungsenergie im System gespeichert. Der Vektor stellt dann einen sogenannten Starr-

körpermode dar, demnach ist die Anzahl möglicher Starrkörpermoden. Die innere

Verzerrungsenergie wird dann zu und wird daher als positiv semi-

definit bezeichnet.

2.2 Verschiedene Arten von Nichtlinearitäten

Da im Bereich der nichtlinearen Strukturmechanik keine einheitliche Auffassung über

die Bedeutung der einzelnen Begriffe besteht, soll an dieser Stelle kurz aufgezeigt wer-

den, welche Arten von Nichtlinearitäten existieren und welchen Stellenwert sie im Rah-

men dieser Arbeit besitzen. Man unterscheidet Nichtlinearitäten im Systemverhalten

und Nichtlinearitäten in den Grundgleichungen. Die Zuordnung der einzelnen Nichtli-

nearitäten ist im Bild 2.2 dargestellt.

Bild 2.2 - Formen von Nichtlinearitäten

Die im Bild 2.2 zugeordneten Begriffe sollen nun kurz erläutert werden (Anderheggen

[1])

Initiale Spannungenspielen vor allem bei schlanken, mit hohen Normal- bzw. Membrankräften beanspruch-

ten Stab- und Schalentragwerken eine grosse Rolle. Da initiale Spannungen verschie-

bungsabhängig sind, muss zu ihrer Erfassung eine nichtlineare Analyse durchgeführt

werden. Bei der sogenannten linearen Theorie 2. Ordnung werden sie hingegen als kon-

A iq

1 2⁄ ATK A 0≥ K

Nichtlinearitäten

SytemverhaltenGrundgleichungen

Kontaktprobleme

verschiebungs-

abhängige Lasten

initiale Spannungen

grosse Verschiebungen

grosse Verzerrungen

nichtlineare

Materialgesetze

Verschiedene Arten von Nichtlinearitäten

9

stant und als verschiebungsunabhängig angenommen.

Grosse VerschiebungenWird die geometrische Form eines Tragwerkes stark verändert aber nicht die Form des

einzelnen Elementes, so spricht man von grossen Verschiebungen. Die Verzerrungen

bleiben in diesem Falle klein. Grosse Verschiebungen beeinflussen stark das Tragverhal-

ten der Struktur.

Grosse VerzerrungenWird die geometrische Form eines Elementes stark verändert, so spricht man von gros-

sen Verzerrungen. Es herrscht keine Linearität zwischen Verzerrungen und Verschie-

bungen mehr, somit sind die bekannten Spannungs - Verzerrungsbeziehungen nicht

mehr gültig. Diese Effekte sind sehr schwierig zu erfassen und zu erklären.

Nichtlineare Materialgesetzedienen zur Ermittlung des Spannungszustandes bei gegebenen Verzerrungen, wenn die

Elastizitätsgrenze des Werkstoffes überschritten wird. Das Materialverhalten beruht oft

auf den Grundprinzipien der Plastizitätstheorie, bei denen elastoplastische Spannungs -

Verzerrungsbeziehungen mit oder ohne Verfestigung zur Anwendung kommen. Setzt

man voraus, dass die Verzerrungen klein sind, so kann das nichtlineare Materialverhal-

ten unabhängig von den anderen nichtlinearen Effekten behandelt werden.

Kontaktproblemetreten auf, wenn es im Zuge der Laststeigerung zu einer Änderung in den kinematischen

Zwangsbedingungen kommt. Ein häufig vorkommender Fall ist das Abheben einer

Struktur aus seiner Lagerung. Solche Probleme werden meistens über eigens dafür ent-

wickelte Kontaktelemente behandelt. Dies sind Federelemente mit einer nichtlinearen

Charakterisitik.

Verschiebungsabhängige Lastentreten auf, wenn sich die Richtung und die Intensität der Belastung als Funktion der Tag-

werksverschiebungen einstellt. Ein Beispiel hierfür sind flüssigkeitsgefüllte Druckgefäs-

se, bei denen der Flüssigkeitsdruck immer senkrecht zur Tragwerksfläche wirkt. Die

Belastung ist somit eine Funktion der Verschiebungen bzw. der Orientierung von beste-

henden Oberflächen. Dieser Fall hat nur Bedeutung bei grossen Verschiebungen.

Alle erwähnten nichtlinearen Effekte können einzeln oder kombiniert auftreten und

werden in einer finiten Elementberechnung durch entsprechende Elementmodelle er-

fasst.

Im Rahmen dieser Arbeit werden nur materialbedingte Nichtlinearitäten aufgrund eines

nichtlinearen Materialgesetzes berücksichtigt, sowie eine Kombination dieser mit gros-

sen Verschiebungen bei kleinen Verzerrungen. Die Behandlung der grossen Verschie-

bungen erfolgt durch die Methode der korotierten Koordinaten (z.B. Crisfield[10]).

Methode der finiten Elemente

10

2.3 Knotenkräfte und tangentielleSteifigkeitsmatrizen

Ermittelt man die zu den Elementspannungen statisch äquivalenten Elementknoten-

kräfte , die vom - ten Element nach (2.8) zusammen mit den Knotenkräften an

seine Nachbarelemente übertragen werden, so ergeben sich diese im linearen Fall zu

(2.13)

Dabei stellt die verschiebungsunabhängige und konstante Elementsteifigkeitsmatrix

dar und den Lastvektor zufolge initialer Verzerrungen. Diese Knotenkräfte müssen

im nichtlinearen Fall unter Berücksichtigung geometrischer und/oder materialbeding-

ter Nichtlinearitäten für jede vorgegebene Elementkonfiguration direkt bestimmt wer-

den. Sind die virtuellen Elementverschiebungen aus (2.5) gegeben und errechnen sich

daraus die entsprechenden Verzerrungen mit

(2.14)

dann folgt aus der virtuellen Arbeitsgleichung mit (2.14)

(2.15)

für die Elementknotenkräfte die allgemeine Bestimmungsgleichung

(2.16)

Die Verzerrungs - Verschiebungsmatrix ist im Gegensatz zur Matrix (siehe (2.4))

nicht nur orts- sondern auch verschiebungsabhängig. Die Spannungen in (2.16) errech-

nen sich aus den momentanen effektiven Verzerrungen mit einem bestimmten

Materialgesetz. Will man den Einfluss grosser Elementverschiebungen berücksichtigen,

so müssen die Verzerrungen aus den entsprechenden nichtlinearen Verzerrungs - Ver-

schiebungsbeziehungen berechnet werden. Diese nichtlinearen Beziehungen verlangen

ein inkrementelles Vorgehen. Dazu entwickelt man die Knotenkräfte in die Taylorreihe

(2.17)

Es ergibt sich unter der strengen Erfüllung von Gleichgewicht für und

folgende inkrementelle Beziehung

(2.18)

Mit bezeichnet man die tangentielle Steifigkeitsmatrix des Elementes. Der Ausdruck

in (2.18) ist gleichbedeutend mit der inkrementellen Änderung der Knotenkräfte .

Unter der Verwendung von (2.16) lässt sich mit

σp e f b

p ka f0–=

kf 0

δε ε u δu+( ) ε u( )– B δa= =

δaT p δεTσ Vd∫=

p BT

σ VdV∫=

B B

ε ε0–

ε

p a da+( ) p a( ) ∂p a( )∂a

--------------da+=

p a( ) p a da+( )

dp p a da+( )= p a( )–∂p a( )

∂a--------------da kT da= =

kTdp

dp

Lastschrittalgorithmus

11

(2.19)

anschreiben. Das erste Glied zeigt den Einfluss der initialen Spannungen , die in der

betrachteten, unter Umständen stark verschobenen und rotierten Elementkonfiguration

vorhanden sind. In der gleichen Konfiguration werden durch das zweite Glied die ma-

terialbedingten Nichtlinearitäten erfasst. Für die infinitesimale Änderung der Spannun-

gen infolge des Verzerrungsinkrementes gilt die lineare inkrementelle Beziehung

(2.20)

Dabei bezeichnet die tangentielle Elastzitätsmatrix, welche für den betrachteten Ver-

zerrungszustand die gültigen Spannungs - Verzerrungsbeziehungen beschreibt. Im li-

nearen Fall gilt . Mit (2.20) kann für (2.19) noch geschrieben werden

(2.21)

Für das nichtlineare Materialmodell müssen die Spannungen und die Tangentenela-

stizitätsmatrix bei einem gegebenen Verzerrungsinkrement bzw. ausge-

wertet werden. Je nach Materialverhalten und Modellierungsverfahren kommen hier

verschiedene Verfahren zur Anwendung.

Aufgabe jedes Elementprogramms ist es, bei gegebenen Knotenverschiebungen die Kno-

tenkräfte und die tangentielle Steifigkeitsmatrix zu bestimmen (neben wird mei-

stens das Inkrement gegeben, sodass und für die Knotenverschiebungen

bestimmt werden). Zumeist werden die zu den verschiedenen Elementen gehö-

renden Programme zu einer Bibliothek zusammengefasst.

2.4 Lastschrittalgorithmus

Betrachtet man eine Verschiebung eines deformierbaren Körpers mit der Zeit als Zu-

standsvariable, so gilt für den Gleichgewichtszustand die Bedingung

(2.22)

Mit bezeichnet man die Resultierende der internen Knotenkräfte und mit die gege-

benen äusseren Knotenkräfte, die sich aus konzentrierten Knotenlasten und Element-

knotenlasten zusammensetzen. Von diesem bekannten Zustand kann auf den

Gleichgewichtszustand zum Zeitpunkt mit der zu erfüllenden Bedingung

(2.23)

geschlossen werden. ∆t entspricht dabei den inkrementellen Zuwachs der Zeit t. Diese

Strategie von einem bekannten Zustand aus auf den unbekannten Zustand zu schliessen

dp dBTσ V B

Tdσ V kT=d ad

V∫+d

V∫=

σ

dσ DT dε DT B da= =

DTε

DT D=

dp BTσd V B

TDTB Vd ad

V∫+d

V∫=

σDT ε ε dε+

p kT ada p kT

a da+

t

P t( ) F t( )=

P F

tt ∆t+

P t t∆+( ) F t t∆+( )=

Methode der finiten Elemente

12

wird nun sooft wiederholt, bis der gesamte Verschiebungssablauf des Körpers bekannt

ist. Ausser bei Langzeitverformungen stellt die Zeit bei statischen Analysen einen Last-

parameter dar. Das Ablaufschema für den Lastschrittalgorithmus ist im Anhang A dar-

gestellt.

Steigert man ausgehend vom Gleichgewichtszustand zum Zeitpunkt mit

die äusseren Lasten auf das Lastniveau von bei unveränderten Knotenver-

schiebungen , so entstehen gleichgewichtsverletztende, d.h. nichtverschwindende

Residuallasten von der Grösse

(2.24)

Das Tragwerk wird dann mit diesen Residuallasten belastet, die den Charakter von

äusseren Lasten haben. Die aus den Residuallasten verursachten Knotenverschiebungen

werden aus der Lösung des globalen linearisierten Gleichungssystems

(2.25)

bestimmt, wobei die zu Beginn des Lastschrittes gültige tangentielle Steifigkeitsma-

trix des Systems darstellt. Die Verschiebungsinkremente können dann aus

(2.26)

bestimmt werden, wobei die inverse Matrix von darstellt. Die Residuallasten

(2.27)

für die mit geänderten Knotenverschiebungen werden dann berechnet. Bei

linearen Tragwerksverhalten wären die Residuallasten nun Null. Für die nächste Itera-

tion wird die zu den Knotenverschiebungen entsprechende tangentielle Steifig-

keitsmatrix bestimmt und die verbesserten Verschiebungsinkremente

(2.28)

wieder durch Belastung des Tragwerkes mit den Residualkräften , bzw. durch Lösung

des entsprechenden globalen Gleichungssystems bestimmt. Solche Gleichgewichtsitera-

tionen werden solange wiederholt, bis die Residuallasten klein genug sind. Trifft dies zu,

dann gilt das Gleichgewicht für als erreicht, und es wird zum nächsten Lastschritt

übergegangen.

Bild 2.3 zeigt das ‘mehrdimensionale’ - Diagramm mit den Gleichgewichtsitera-

tionen innerhalb eines Lastschrittes. Betrachtet man die daraus resultierende Last -

Durchbiegungskurve, so ist ersichtlich, dass Konvergenz erreicht wird, solange die Last

- Durchbiegungskurve eine Steigung aufweist. Diese Steigung entspricht der tangentiel-

len Steifigkeitsmatrix , die regulär und damit invertierbar ist. Bei zunehmender Be-

lastung wird die Last - Durchbiegungskurve flacher und bei Erreichen der Taglast wird

die tangentielle Steifigkeitsmatrix singulär. Auch unendlich grosse Verschiebungsinkre-

mente können dann nicht mehr zu einem Gleichgewicht führen, die Lastaufnahme des

t

t P t( ) F t( )=F t ∆t+( )

A t( )

R F t ∆t+( ) P t( )–=

R

∆A

KT∆A R F t ∆t+( ) P t( )–= =

KT

∆A KT1– R KT

1– F t ∆t+( ) P t( )–( )= =

KT1– KT

R F t t∆+( ) P A ∆A+( )–=

∆A A ∆A+

A A∆+KT

A∆ A KT1– R+∆ A KT

1– F t t∆+( ) P A ∆A+( )–( )+∆= =

R

t ∆t+

P A( )

KT

Ablauf einer FE - Berechnung

13

Systems ist erschöpft.

Bild 2.3 - Lastschrittalgorithmus zur Lösung von nichtlinearen Gleichungen

Das Konvergenzverhalten dieses lastgesteuerten Algorithmus kann durch die Neubil-

dung der tangentiellen Steifigkeitsmatrix wesentlich beeinflusst werden. Die dafür

notwendigen Rechenschritte (Bildung der lokalen tangentiellen Steifigkeitsmatrizen

und deren Assemblierung) sind zumeist sehr aufwendig. Eine Alternative dazu stellt die

sogenannte Anfangssteifigkeitsmethode oder ‘Initial Stress Method’ dar, die immer die

gleiche, zu Beginn der Berechnung einmal bestimmte linear - elastische Steifigkeitsma-

trix verwendet. Bei hochgradig nichtlinearen Problemen führt jedoch dieses Verfahren

zu einer hohen Anzahl von Gleichgewichtsiterationen, sodass unter Umständen wieder

auf die nicht modifizierte Form des Algorithmus zurückgegriffen werden muss. Dann

wird wiederum die tangentielle Steifigkeitsmatrix zu Beginn jedes Zeitschrittes und

auch bei jeder Gleichgewichtsiteration neu bestimmt (vollständiger oder ‘Full’ Newton

- Raphson). Wird im Gegensatz dazu die Steifigkeitsmatrix nur bei jeden Lastschritt neu

bestimmt, so spricht man vom modifizierten oder ‘Modified’ Newton - Raphson.

2.5 Ablauf einer FE - Berechnung

2.5.1 Herkömmlicher dreistufiger Ablauf

Die Daten, die während einer nichtlinearen Analyse für die einzelnen Zeitschritte, bzw.

F t ∆t+( )

F t( )

A t( ) A t ∆t+( )

KT

A∆

P A ∆A+( )

R

P

A

P t( ) F t( )=

P t ∆t+( ) F t ∆t+( )=

KT

Methode der finiten Elemente

14

während der Gleichgewichtsiterationen zwischen System-, Element- und Materialstufe

ausgetauscht werden müssen, sind im Bild 2.4 ersichtlich. Nach der Lösung des lineari-

sierten Gleichungssystems auf Systemstufe innerhalb einer Gleichgewichtsiteration

(2.29)

erhält man die globalen Inkremente der Knotenpunktverschiebungen .

Bild 2.4 - Ablaufschema für System-, Element- und Materialstufe

Aufgabe der Systemstufe ist es nun, jedem finiten Element seine lokalen Knotenpunkt-

verschiebungen aus zukommen zu lassen. Auf Elementstufe werden aus den lo-

kalen Knotenverschiebungen die Verzerrungen bzw. Verzerrungsinkremente

berechnet und an die Materialstufe weitergeleitet. Auf Materialniveau werden nun die

Spannungen und die tangentielle Elastizitätsmatrix berechnet und an die Elementstufe

KT ∆A R=

∆A

aus , , ,

aus

=

=

A t ∆t+( ) A t( ) P t ∆t+( ) KT t ∆t+( ) F t ∆t+( )

p t ∆t+( ) p a ∆a+( ) P pe∑=

kT t ∆t+( ) kT a ∆a+( ) KT kTe∑=

mitp BT

σ VdV∫= B B a ∆a+( )=

kT BTDT B V kG σ a ∆a+,( )+d

V∫=

σ σ t ∆t+( ) f ε ∆ε+ ε Geschichte–,( )= =

DT DT t t∆+( ) f ε ∆ε+ ε Geschichte–,( )= =

Elementstufe

Materialstufe

a ∆a,

ε ∆ε,

p kT,

σ DT,

Systemstufe

∆a ∆A∆a

Ablauf einer FE - Berechnung

15

zurückgegeben. Diese wiederum berechnet die lokale tangentielle Steifigkeitsmatrix

und den zugehörigen internen Knotenkraftvektor, die dann beide an die Systemstufe

weitergeleitet werden. Nun startet der eigentliche Assemblierungsprozess. Die lokalen

Matrizen und Vektoren werden zu globale Stukturen zusammengefasst, der Residual-

vektor wird berechnet und je nach Grösse des Residuums wird wiederum das Glei-

chungssystem (2.29) gelöst, und der Prozess wiederholt sich von vorne. Liegt jedoch die

Grösse des Residuums innerhalb des Toleranzbereiches, so kann ein weiterer Lastschritt

aufgebracht werden.

2.5.2 Neues Ablaufschema

In der vorliegenden Arbeit wird eine neue Implementation für die nichtlineare Analyse

vorgelegt und gezeigt. Die herkömmlichen Programme arbeiten nach einem dreistufi-

gen Verfahren mit System-, Element- und Materialstufe (siehe 2.5.1). Im Gegensatz dazu

wird hier ein zweistufiges Verfahren gezeigt, bestehend aus System- und Elementstufe

(siehe Bild 2.5).

Bild 2.5 - Zweistufiges Ablaufschema

Dafür muss das Materialgesetz im Knotenkraft - Verschiebungsraum mit den linearisier-

ten Fliessbedingungen für das gesamte finite Element aufgestellt werden. Auf System-

stufe werden wieder die Daten für das finite Element, die Knotenverschiebungen ,

bzw. deren Inkremente bereitgestellt. Die Elementstufe ermittelt aus diesen bereit-

aus , , ,

aus

=

aus

=

A t ∆t+( ) A t( ) P t ∆t+( ) KT t ∆t+( ) F t ∆t+( )

p t ∆t+( ) p a ∆a+( ) P pe∑=

kT t ∆t+( ) kT a ∆a+( ) KT kTe∑=

p p t ∆t+( ) f a ∆a+ a Geschichte–,( )= =kT kT t t∆+( ) f a ∆a+ a Geschichte–,( )= =

Systemstufe

Elementstufe a ∆a, p kT,

a∆a

Methode der finiten Elemente

16

gestellten Daten die tangentielle Steifigkeitsmatrix und den internen Knotenkraft-

vektor und liefert diese zurück an die Systemstufe, wo sie zu globale Vektoren und

Matrizen assembliert werden. Danach wird der Residualvektor berechnet und je nach

Grösse des Residuums wird wiederum das Gleichungssystem (2.29) gelöst, und der Pro-

zess wiederholt sich von vorne. Liegt jedoch die Grösse des Residuums innerhalb des

Toleranzbereiches, so kann ein weiterer Lastschritt aufgebracht werden, bis die Traglast

erreicht wird. Durch die Definition des Elementgesetzes kommt es zu einer Einsparung

im Berechnungsablauf. Die genaue Beschreibung des in dieser Arbeit verwendeten ela-

stoplastischen Elementgesetzes erfolgt im Kapitel 5. Das Aufstellen der geometrischen

Steifigkeitsmatrix aus den Knotenkräften wird im Kapitel 3 gezeigt.

kTp

17

3 Elementmodelle

3.1 Grundlagen

Bei elastischen Materialien können Gleichgewichtsformulierungen nicht nur nach dem

Prinzip der virtuellen Verschiebungen, sondern auch nach dem Prinzip vom Minimum

des Gesamtpotentials aufgestellt werden (Bathe[6]). Beide Formulierungen führen

zum äquivalenten globalen Gleichungssytem zur Bestimmung der unbekannten Ver-

schiebungsgrössen. Das Gesamtpotential einer diskretisierten Struktur lässt sich aus

den Beiträgen der einzelnen finiten Elemente durch Aufsummation von

(3.1)

berechnen. stellt das Potential eines finiten Elementes dar, dass sich aus

(3.2)

berechnet. entspricht dabei der inneren Verzerrungsenergie eines Elementes und

ist die Arbeit der äusseren Knotenlasten , die statisch äquivalent zu den am Ele-

ment wirkenden Lasten sind. Bei linear elastischen Elementen errechnet sich zu

und (3.3)

Die lokale Steifigkeitsmatrix eines finiten Elementes ist symmetrisch ( ), sin-

gulär und positiv semidefinit, da die innere Verzerrungsenergie ist. Ein Koeffi-

zient der lokalen Elementsteifigkeitsmatrix stellt die - te Einspannkraft infolge einer

einheitlichen Knotenverschiebung dar.

Durch die Diskretisierung einer Struktur mittels finiter Elemente sollte mit zunehmen-

der Elementanzahl die Lösung zur exakten analytischen Lösung der Differentialglei-

chung des Problems konvergieren. Die Annäherung zur exakten Lösung kann entweder

monoton oder nicht monoton erfolgen. Für eine monotone Annäherung müssen die Ele-

mente vollständig und kompatibel sein. Ein Element wird als vollständig bezeichnet,

wenn man mit seinen Verschiebungsfunktionen Starrkörperverschiebungen und

konstante Verzerrungszustände erfassen kann. Starrkörperverschiebungen sind solche,

die das Element als starrer Körper ausführen kann, ohne dass dabei Spannungen entste-

hen. Folglich gilt für die Knotenkräfte

(3.4)

Π

Π

Π Πe Minimum→e∑=

Πe

Πe Ue We–=

UeWe f b

Ue

Ue12--- εTσ V

12--- aTk a=d

V∫= We aT f b=

k kij k ji=Ue 0≥

kij iaj 1=

aSK

p k aSK 0= =

Elementmodelle

18

Der Rang der Steifigkeitsmatrix entspricht der Matrixdimension (d.h. der Anzahl der

kinematischen Freiheitsgrade) vermindert um die Anzahl der unabhängigen Starrkör-

perverschiebungen (im dreidimensionalen Fall sechs: drei Verschiebungen und drei Ro-

tationen, im zweidimensionalen drei: zwei Verschiebungen und eine Rotation). Aus der

Beziehung (3.4) folgt, dass die Knotenkräfte für beliebige Knotenverschiebun-

gen untereinander im Gleichgewicht sind.

Löst man das Eigenwertproblem

(3.5)

mit als - tem Eigenwert und mit als zugehörigem Eigenvektor, so zeigen die Ei-

genwerte, wie steif ein Element in den entsprechenden Verschiebungsmoden ist. Aus

der Beziehung

(3.6)

lässt sich schliessen, ob Starrkörpermoden und welche zusätzlichen Verzerrungsmoden

vorhanden sind. bezeichnet die quadratische Matrix der Eigenvektoren und enthält

die zu den Eigenvektoren zugehörigen Eigenwerte mit . Bei Starrkör-

perverschiebungen und mit sind die zugehörigen Eigenwerte und

für die Eigenvektoren gilt . Da finite Element Berechnungen die Steifigkeit

stets überschätzen, ist ein Element umso ‘effektiver’, je kleiner die Eigenwerte sind (gilt

nur für kinematisch konforme und exakt integrierte finite Elemente). Wesentlich ist, dass

bei symmetrischen und positiv semidefiniten Matrizen die Eigenwerte stets reell und

grösser gleich Null sind.

Die Forderung nach Kompatibiltät bedeutet, dass die Verschiebungsansätze so gewählt

werden müssen, dass die für das jeweilige verwendete mechanische Modell gültigen ki-

nematischen Kontinuitätsbedingungen zwischen den Elementen nicht nur in den Kno-

ten sondern auch entlang der Elementränder erfüllt sind (‘kinematic conformity’). Trifft

dies nicht zu, dann wird eine nach der Herleitung des Prinzips der virtuellen Verschie-

bungen formulierte Voraussetzung verletzt. Physikalisch gesehen bedeutet dies, dass

sich zwischen den Elementen Spalten und Klüfte auftun und Materialüberlappungen

entstehen können.

Auf der Suche nach verbesserten Modellbeschreibungen für die Eigenschaften der fini-

ten Elemente entwickelte man inkompatible Elemente. Sie erzwingen durch die Einfüh-

rung eines kinematischen Fehlers eine ‘Erweichung’ im Systemverhalten, da ja die

Gleichgewichtsfehler eine versteifende Wirkung herbeiführen. Auf diese Art und Weise

versucht man eine Kompensation herbeizuführen. Als kinematisch inkompatibel wer-

den Elemente bezeichnet, deren Kontinuitätsbedingungen zwischen den Elementen ver-

letzt sind: Die Verschiebungen zwischen den Elementen verlaufen nicht mehr

kontinuierlich. Es hat sich gezeigt, dass sich dabei das Konvergenzverhalten verbessern

lässt, wenn man von mathematisch korrekten Formulierungen abweicht (inkompatible

Elemente, reduzierte oder selektive Integration). Mit dem Verlust der Kompatibilitätsbe-

dingung muss auch die Forderung nach monotoner Konvergenz fallengelassen werden.

k

p ka=a

k λi I–( )φi 0=

λi i φi

φTkφ Λ=

φ ΛΛ diag λi( )= q

i 1…q= λi 0=φi aSKi=

Grundlagen

19

Wenn schon das Ziel für monotone Konvergenz aufgegeben werden muss, sollte man

Bedingungen stellen, die zumindest eine nichtmonotone Konvergenz sichern. Die Voll-

ständigkeitsbedingung muss ja immer erfüllt sein. Mit der Verfeinerung des finiten Ele-

ment Netzes soll und muss sich jedes Element einem konstanten Verzerrungszustand

nähern. Für inkompatible Elemente muss diese Bedingung nicht im einzelnen, sondern

für eine Gruppierung von Elementen erfüllt sein.

Bild 3.1 - Der Patch - Test

Zur Abklärung der Vollständigkeitsfrage wird der auf eine Gruppierung (‘Patch’) von

Elementen angewendete Patchtest von Irons [16] vorgeschlagen (Bild 3.1). Bei diesem

Test wird eine Gruppe von unregelmässigen, mit gleichen Materialeigenschaften ausge-

statteten Elementen zu einem ‘Patch’ zusammengefasst. Auf dieses rundum voll einge-

spannte Elementmodell wirken keine äusseren Lasten. Zwingt man nun den äusseren,

nichtfreien Knoten als kinematische Randbedingung Verschiebungen auf, die überall ei-

nem Zustand konstanter Verzerrung entsprechen, dann müssen sich aus der Lösung des

Gleichungssystems für die inneren freien Knoten Verschiebungen ergeben, die diesem

konstanten Verzerrungszustand entsprechen. Wird diese Forderung erfüllt, so wird ga-

rantiert, dass bei einer Verfeinerung der Elementmasche, selbst bei kinematisch nicht

verträglichen Elementmodellen Konvergenz eintritt.

Ein Beispiel für inkompatible Elemente sind die in dieser Arbeit verwendeten Free For-

mulation Elemente (Bergan [7]). Die Knotenfreiheitsgrade, Knotenkräfte und die gene-

ralisierten Spannungen sind bei einem Membranelement gegeben durch

(3.7)

und für ein Platten- (bzw. Biege-)element durch

Nicht freier Knotenaber mit auf-gezwungenen Ver-schiebungen

volleingespannterRand

freier Knoten

x

y

am

u

v

θz

= pm

px

py

mz

= σm

nx

ny

nxy

=

Elementmodelle

20

(3.8)

Der Index steht für Membran, der Index für Biegung.

Bild 3.2 - Membran- und Biegelement nach der Free Formulation Theorie mit seinen

Knotenfreiheitsgraden und Knotenkräften

Im Bild 3.2 sind am Knoten die Freiheitsgrade für Membranelemente mit , , und

für Plattenelemente mit , , angegeben, Knoten stellt die Membranknotenkräfte

, , und die Biegeknotenkräfte , , dar. Die Normalkräfte , und

die Schubkraft werden zum Membranspannungsvektor , die verallgemeinerten

Spannungen (Momente) , und das Drillungsmoment werden zum Momen-

tenvektor zusammengefasst.

Bild 3.3 - Deutung des Rotationsfreiheitsgrades für das Free Formulation Membranele-

ment

Die Membranelemente nach der Free Formulation Theorie besitzen einen zusätzlichen

Rotationsfreiheitsgrad , der sich aus

ab

θx

θy

w

= pb

mx

my

pz

= σb

mx

my

mxy

=

m b

u

vθz

px

py

mz

wθx

θy

mx

my

pz

i i

j j

i u v θzθx θy w j

px py mz mx my pz nx nynxy σm

mx my mxyσb

A

0B

α ∂v∂x------=

β ∂u∂y------–=

θzα β+

2-------------

12--- ∂v

∂x------ ∂u

∂y------–

= =

0'

B'

A'

x

y

dx

dy

θz

Lineare Modelle für Platten- und Schalenelemente

21

mit und (3.9)

berechnet. Die auch als ‘fiktiv’ bezeichnete Rotation wird als Mittelwert der Rotatio-

nen der Seiten 0A und 0B zu 0’A’ und 0’B’ eines differentiellen - Elementes inter-

pretiert (Bild 3.3). Dieser Rotationsfreiheitsgrad ist in bezug auf die Wahl des

kartesischen , - Koordinatensystems invariant.

3.2 Lineare Modelle für Platten- undSchalenelemente

Aus den jeweiligen linearen Verzerrungstensoren für Platten- und ebene Schalenele-

mente soll unter Einbezug der entsprechenden Spannungs - Verzerrungsbeziehungen

die Bildung der lokalen Steifigkeitsmatrizen gezeigt werden (Anderheggen [2], Zien-

kiewicz [30]).

3.2.1 Plattenelemente

Platten sind ebene Flächentragwerke, die je nach Plattentheorie ausschliesslich senkrecht

zur Mittelfläche belastet sind und die eine bzw. beide Hypothesen nach Bernoulli erfül-

len. Diese beiden Hypothesen besagen

I) Die Punkte einer Normalen zur Plattenmittelfläche liegen auch nach der Verfor-

mung auf einer Geraden.

II) Die Normale zur Plattenmittelfläche bleibt auch nach der Verformung wiederum

normal zur Plattenmittelfläche.

Bei der Plattentheorie nach Reissner wird nur die erste Hypothese nach Bernoulli erfüllt.

Die Schubverformung wird dabei mit = const. über die Plattendicke näherungsweise

erfasst. Näherungsweise deshalb, weil die Schubspannungen nicht konstant, sondern

aus Gleichgewichtsgründen parabelförmig über die Plattendicke verlaufen müssen. Be-

trachtet man nun die verformte Lage eines Plattenpunktes , so lässt sich diese durch

die beiden Rotationen , und durch die Transversalverschiebung beschreiben.

Es gilt die Voraussetzung, dass die Plattenmittelebene mit den Verschiebungen in der

Plattenebene eine Antimetrieebene darstellt. Bild 3.4 zeigt die

verformte Mittelfläche eines Plattenelementes sowie die Freiheitsgrade eines Platten-

punktes , die zusammen die Verschiebungskomponenten des Vektors

θz12--- α β+( )= α ∂v

∂x------= β ∂u

∂y------–=

θz

dx dyθz

x y

γτ

Pθx θy w

u x y 0, ,( ) v x y 0, ,( ) 0==

P

Elementmodelle

22

(3.10)

bilden.

Bild 3.4 - Plattenfreiheitsgrade und Longitudinalverscheibung eines beliebigen Plat-

tenpunktes

Die drei Verschiebungskomponenten , , eines beliebigen Plattenpunktes im

kartesischen Koordinatensystem ergeben sich nach Bild 3.4 zu

(3.11)

(3.12)

(3.13)

Betrachtet man nun die Verformungsgeometrie eines infinitesimalen Plattenschichtele-

mentes, so gelten für den Verzerrungstensor folgende Beziehungen (siehe Bild 3.5)

(3.14)

ub

θx

θy

w

=

θy

x

yz

wθx

θyP

u zθy=

z

h

Q

x

z

P u

w

uQ

u v w Q

u x y z, ,( ) zθy x y,( )=

v x y z, ,( ) z– θx x y,( )=

w x y z, ,( ) w x y,( )=

ε

ε

εx

εy

γ xy

∂u∂x------

∂v∂y-----

∂u∂y------ ∂v

∂x------+

= =

Lineare Modelle für Platten- und Schalenelemente

23

Bild 3.5 - Verformungsgeometrie in der , - Ebene

Setzt man (3.11) und (3.12) in (3.14) ein, so ergibt sich für eine bestimmte Plattenschicht

zu

(3.15)

Berücksichtigt man die Vorzeichenregelungen im Hinblick auf die Krümmungen, und

die Tatsache, dass der Krümmungsvektor orthogonal zum Rotationsvektor steht, so

kann der Verzerrungstensor noch wie folgt angeschrieben werden

(3.16)

mit seinen tensoriellen Komponenten

(3.17)

Für die Schubverzerrung gilt

u∂u∂x------dx+

y

xdx

dy

u 1 εx+( )dx

v∂v∂y-----dy+

v

1 εy+( )dy

∂v∂x------dx

∂u∂y------dy

γ

x y

ε

ε z

.∂

∂x------

∂∂y-----– .

∂∂x------–

∂∂y-----

θx

θy

=

ε

ε z–

χx

χy

χxy

=

χx

∂θy

∂x--------–= χy

∂θx

∂y--------= χxy

∂θy

∂y--------–

∂θx

∂x--------+=

γ

Elementmodelle

24

(3.18)

Definiert man den Verzerrungstensor für Platten aus den Krümmungen , und

der Drillung sowie aus den über die Dicke konstant verlaufenden Schiebungen

und , so ergibt sich dieser zu

(3.19)

mit als die lineare 5x3 Operatormatrix. Den 5 Verzerrungskomponenten entsprechen

die 5 Komponenten des Spannungsvektors mit

(3.20)

der sich aus den beiden Biegemomenten und (arbeitsassoziiert mit den Krüm-

mungen und ) und dem Drillungsmoment (arbeitsassoziiert mit der Drillung

) zusammensetzt, die sich aus

(3.21)

definieren, sowie aus den in z - Richtung wirkenden Querkräften und (arbeitsas-

soziiert mit den Schiebungen und ), die sich wiederum aus

γγ xz

γ yz

∂u∂z------ ∂w

∂x-------–

∂v∂z----- ∂w

∂y-------–

θ– y

θx

=

∂∂x------

∂∂y-----

– w. 1– ∂

∂x------–

1 . ∂∂y-----–

θx

θy

w

== =

εb χx χyχxy γ xz

γ yz

εb

χx

χy

χxy

γ xz

γ yz

. ∂∂x------– .

∂∂y----- . .

∂∂x------ ∂

∂y-----– .

. 1– ∂∂x------–

1 . ∂∂y-----–

θx

θy

w

Lbub== =

Lbσb

σb

mx

my

mxy

qx

qy

=

mx myχx χy mxy

χxy

mx σx z zd

h 2⁄–

h 2⁄

∫= my σy z zd

h 2⁄–

h 2⁄

∫= mxy τxy z zd

h 2⁄–

h 2⁄

∫=

qx qyγ xz γ yz

Lineare Modelle für Platten- und Schalenelemente

25

(3.22)

definieren. Betrachtet man die Gleichgewichtsbedingungen am infinitesimalen Platten-

element mit den Abmessungen und , welches mit einer gleichmässig verteilten

Belastung beansprucht wird, so ergibt sich aus dem Kräftegleichgewicht in z -

Richtung

(3.23)

und aus den Momentengleichgewichtsbedingungen um die x - bzw. y - Achse

(3.24)

Bild 3.6 - Verallgemeinerte Spannungen an einem infinitesimalen Plattenelement mit

den Abmessungen und

Setzt man aus (3.23) in (3.24) ein, so kann die Gleichgewichtsformulierung wie folgt

angeschrieben werden

(3.25)

Mit der 5x5 Elastizitätsmatrix lassen sich die Spannungs - Verzerrungsbeziehungen

durch

qx τxz zd

h 2⁄–

h 2⁄

∫= qy τyz zd

h 2⁄–

h 2⁄

∫=

dx dyb x y,( )

∂qx

∂x--------

∂qy

∂y--------+ b=

qx

∂mx

∂x----------

∂mxy

∂y------------+=

qy

∂my

∂y---------

∂mxy

∂x------------+=

qy

∂qy

∂y--------dy+

mx

∂mx

∂x----------dx+

qx

∂qx

∂x--------dx+

my

∂my

∂y---------dy+mxy

∂mxy

∂y------------dy+

x

yz

mxymy

qy

myx

h

myx

∂myx

∂x------------dx+

bmxqx

dx

dy

dx dy

q

∂2mx

∂x2

------------ 2∂2

mxy

∂x∂y--------------

∂2my

∂y2

------------+ + b=

D

Elementmodelle

26

(3.26)

ausdrücken, wobei der Index b die Biegebeanspruchung und der Index q die Schubbe-

anspruchung anzeigt. Mit bezeichnet man den Einfluss der initialen Verzerrungen,

bzw. mit den Einfluss der initialen Krümmungen und mit den Einfluss der initia-

len Schiebungen. Aus (3.26) lässt sich zeigen, dass die Krümmungen keine Querkräfte

und die Schiebungen keine Momente verursachen. Die Momenten - Krümmungsmatrix

und die Querkraft - Schiebungsmatrix sind dabei vollständig entkoppelt. Für

und gilt

(3.27)

Die Koeffizienten der Momenten - Krümmungs - Matrix bis werden aus der In-

tegration über die Plattendicke bestimmt unter der Annahme, dass in jeder Lamelle

mit der Dicke ein ebener Spannungszustand vorliegt (Anderheggen [2]). Im isotro-

pen Fall gilt

(3.28)

und für die Koeffizienten der Querkraft - Schiebungsmatrix gilt

mit (3.29)

Dabei bezeichnet den Elastizitätsmodul, den Schubmodul und die Querdeh-

nungszahl.

Für den Sonderfall der Plattentheorie nach Kirchhoff, die beide Bernoulli - Hypothesen

streng erfüllt, sind die Rotationen und keine unabhängigen Grössen mehr. Sie er-

rechnen sich aus den Ableitungen der Plattendurchbiegung nach bzw.

(3.30)

Dabei verschwinden die Schiebungen und , d.h. die Schubverformungen werden

unterdrückt. Dies bedeutet, dass die Schubsteifigkeit gegenüber der Plattensteifigkeit

unendlich gross ist, was ausser bei sehr dicken Platten auch weitgehend zutrifft. Der

Verzerrungstensor reduziert sich auf drei Komponenten, die sich nun direkt über die

Plattendurchbiegung ausdrücken lassen mit

σσb

σq Db .

. Dq

εb

γ εb0

γ0

D ε ε0–( )= = =

ε0εb0 γ0

Db DqDb Dq

Db

d11 d12 .

d21 d22 .

. . d33

= Dqd44 .

. d55

=

d11 d33h

dz

d11 d22Eh

3

12 1 ν2–( )

-------------------------= = d12 d21 ν d11= = d33Gh

3

12----------=

d44 d55 Gh= = GE

2 1 ν+( )--------------------=

E G ν

θx θyw x y

θx∂w∂y-------= θy

∂w∂x-------–=

γ xz γ yz

εbw ub w =

Lineare Modelle für Platten- und Schalenelemente

27

mit (3.31)

ist hier die lineare 3x1 Operatormatrix. Den 3 Verzerrungskomponenten entsprechen

die 3 Komponenten des Spannungsvektors mit

(3.32)

Die Querkräfte und lassen sich nicht mehr aus den Schiebungen und be-

rechnen, da ja diese im Zuge der Kirchoffschen Plattentheorie zu Null werden. Ebenso

lässt sich die Gleichgewichtsbedingung in (3.24) nicht mehr erfüllen (wohl aber die

Gleichgewichtsbedingung in (3.25)). Die Querkräfte können aus den Gleichgewichtsbe-

dingungen (3.24) berechnet werden.

Wählt man bei der Diskretisierung nach der Methode der finiten Elemente für einen

Verschiebungsansatz nach (2.3) in der Form

(3.33)

wobei als Knotenverschiebungsvektor und als Matrix der Ansatzfunktionen be-

zeichnet wird (bzw. die Verschiebungs - Interpolationsmatrix), so erhält man daraus die

Standardgleichung

(3.34)

(ohne Berücksichtigung des Lastvektors , der sich aus den vorgeschriebenen initialen

Verzerrungen im Element ergibt). Gleichung (3.34) kann noch in der Form (siehe auch

(2.11))

(3.35)

dargestellt werden. Der Spannungsvektor ist durch

(3.36)

und die Verzerrungs - Verschiebungsbeziehung ist durch

(3.37)

definiert.

εb

χx

χy

χxy

∂2

∂x2

--------

∂2

∂y2

--------

2∂2

∂x∂y------------

w Lbub= = = Lb

∂2

∂x2

--------

∂2

∂y2

--------

2∂2

∂x∂y------------

=

Lb

σb

mx

my

mxy

=

qx qy γ xz γ yz

ub

ub Hbab=

ab Hb

kbab pb=

f 0ε0

kbab BbT DbBb Vd∫( )ab Bb

Tσb V pb=d∫==

σ DbBbab=

Bb LbHb=

Elementmodelle

28

Bei der Kirchhoffschen Plattentheorie muss die Kontinuität nicht nur für die einzige Ver-

schiebungskomponente gewährleistet sein, sondern auch für ihre Ableitungen in Sei-

tenquerrichtung. Daher müssen die Ansatzfunktionen - Kontinuität erfüllen. Im

Gegensatz dazu müssen Plattenelemente nach der Reissner Theorie nur - kontinuier-

lich sein, da die 3 Verschiebungskomponenten , und voneinander unabhängig

sind. Der Versuch kinematisch voll verträgliche ‘konforme’ Plattenelemente nach der

klassischen Kirchhoffschen Plattentheorie zu entwickeln, erwies sich als schwierig, so-

dass man die nicht konformen Elementmodelle entwickelte. Diese die Kinematik verlet-

zenden Elementmodelle erfüllen die Kirchhoffsche Plattentheorie zwar flächendeckend,

jedoch nicht an den Elementrändern. Zu dieser Gruppierung von Elementen gehören

auch die Free Formulation Elemente, die aufgrund bestimmter auferlegter Orthogonali-

tätsbedingungen für die Verschiebungsansätze das Bestehen des Patchtests garantieren

und damit die Konvergenz sichern.

3.2.2 Schalenelemente

Bei ebenen Schalenelementen ist die Biege- und Membranwirkung im elastischen Aus-

gangszustand entkoppelt. Zunächst wird hier die Bildung der lokalen Steifigkeitsmatrix

für den ebenen Spannungszustand bei Scheibenelementen gezeigt. Am Ende des Ab-

schnittes wird schliesslich erläutert, wie sich die Steifigkeitsmatrix für ein Schalenele-

ment aufbaut.

Charakteristisch für Scheiben ist, dass sie in ihrer Ebene beansprucht werden, und dass

ihre Mittelfläche bei einer Formänderung eben bleibt. Eine in der - Ebene definierte

Scheibe mit Dicke h kann sich in z - Richtung frei ausdehnen - es liegt ein sogenannter

ebener Spannungszustand vor. Da die Scheibenoberfläche frei von äusseren Kräften ist,

gilt: . Die zur Mittelfläche parallelen Schnitte sind somit span-

nungsfrei. Die verformte Lage eines Scheibenpunktes lässt sich durch die Verschiebun-

gen und in der - Ebene beschreiben (analoge Beziehungen wie im Bild 3.5 bei

den Plattenelementen).

Aus (3.14) ergibt sich der Verzerrungstensor für ein Membranelement zu

(3.38)

stellt die für Scheiben gültige 3x2 Operatormatrix, den Verschiebungsvektor dar.

Das Kräftegleichgewicht für ein differentielles Scheibenelement mit den Tangentialbela-

stungen , wird ausgedrückt durch

wC1

C0w θx θy

x y,

σz τxz τyz 0= = =

u v x y,

εm

∂∂x------ .

.∂

∂y-----

∂∂y----- ∂

∂x------

u

v

L um m==

Lm um

bx by

Lineare Modelle für Platten- und Schalenelemente

29

oder (3.39)

Bild 3.7 - Differentielles Scheibenelement mit Membranspannungen

Das Momentengleichgewicht um die z - Achse liefert den Beweis für die Dualität der

Schubspannungen mit

(3.40)

Für die Bildung der Steifigkeitsmatrix werden die Ansatzfunktionen für die

Verschiebungen aufgestellt, und die Diskretisierung wird analog zu den Plattenelemen-

ten durchgeführt. Die Steifigkeitsmatrix für ein Scheibenelement lässt sich mit

mit (3.41)

angeben. Dabei ist der Materialtensor für den ebenen Spannungszustand (Ander-

heggen [2]).

Die kinematischen Kontinuitätsbedingungen verlangen, dass die Ansatzfunktionen für

die Membranverschiebungen einfach oder - kontinuierlich sein müssen. Dies lässt

sich mit Hilfe von isoparametrischen Ansatzfunktionen leicht erfüllen. In dieser Arbeit

kommen die inkompatiblen Free Formulation Membranelemente zur Anwendung, die

unter Verwendung eines dritten Freiheitsgrades, des fiktiven Rotationsfreiheitsgrades

(siehe (3.9)), ein ausgezeichnetes Konvergenzverhalten aufweisen.

Die entkoppelte Steifigkeitsmatrix eines Schalenelementes

∂∂x------ .

∂∂x------

.∂

∂y----- ∂

∂x------

σx

σy

τ

bx

by

0=+ LmT σ b 0=+

x

yz

σx

∂σx

∂x---------dx+

τyx

∂τyx

∂x----------dx+

τyx

∂τyx

∂x----------dx+

σy

∂σy

∂y---------dy+

σyτyx

τyx

σx

bx

by

dx

dy

τ τxy τyx= =

km Hm

km

km BmT DmBm Vd∫= Bm LmHm=

Dm

C0

θz

k

Elementmodelle

30

(3.42)

setzt sich aus der Plattensteifigkeitsmatrix und der für den ebenen Spannungszu-

stand zusammen. Stellt die Elementmittelebene eine Symmetrieebene dar, so ist die

Plattenwirkung von der Membranwirkung vollständig entkoppelt. Da die Anzahl der

Knotenfreiheitsgrade eines Schalenelementes bei der Verwendung von Free Formulati-

on Elementen sechs ist (drei aus der Plattenwirkung, drei aus der Membranwirkung), er-

gibt sich bei Rechteckelementen eine lokale Steifigkeitsmatrix von bzw. bei

Dreieckelementen von Koeffizienten.

3.3 Verzerrungen und Spannungen bei grossenVerschiebungen

3.3.1 Verzerrungstensor

Zwei beliebige Lagen eines bewegten Körpers werden zum Zeitpunkt und zum

Zeitpunkt betrachtet. Die Körperpunkte, die in der unverformten Referenzkonfigura-

tion zur Zeit auf einer Geraden mit der infinitesimalen Ausgangslänge liegen,

bilden nun in der verformten Konfiguration zum Zeitpunkt eine Linie mit unterschied-

licher infinitesimaler Länge und Orientierung (vgl. Bild 3.8). Der Körper hat sich de-

formiert (Bathe [6], Crisfield [9]).

Bild 3.8 - Der Verformungszustand eines allgemeinen deformierbaren Körpers

Der Unterschied der Quadrate der infinitesimalen Längen

(3.43)

kkb .

. km

=

kbkm

k 24x2418x18

t 0=t

t 0= dLt

dl

x1

x2

x3

A

B

A’

B’

Anfangszeitpunkt

Zeitpunkt t

dLdl

dl( )2dL( )2

Verzerrungen und Spannungen bei grossen Verschiebungen

31

stellt ein Mass für die Deformation dar. Die Koordinaten eines beliebigen Körperpunktes

zum Zeitpunkt seien mit gegeben, die in seiner Anfangslage mit . Bezeichnet man

den Verschiebungsvektor zum Zeitpunkt mit so ergibt sich für die Koordinaten ei-

nes Körperpunktes zum Zeitpunkt

(3.44)

Die infinitesimale Änderung der Umgebung des Körperpunktes zufolge der Verschie-

bung ergibt sich zu

(3.45)

resp. in Komponentenschreibweise

(3.46)

Mit als Deformationsgradient und mit

(3.47)

als Verschiebungsgradient. Der Deformationsgradient lässt sich in das Produkt

(3.48)

aufspalten. Dabei stellt eine orthonormale Rotationsmatrix mit und eine

symmetrische Streckmatrix dar. Wird ein Körper ohne Formänderung rotiert, so ändert

t x Xt u

t

x X u+=

u

dx∂x∂X------- dX

∂ x u+( )∂X

---------------------dX FdX===

dx FdX

∂x1

∂X1---------

∂x1

∂X2---------

∂x1

∂X3---------

∂x2

∂X1---------

∂x2

∂X2---------

∂x2

∂X3---------

∂x3

∂X1---------

∂x3

∂X2---------

∂x3

∂X3---------

dX1

dX2

dX3

==

1 ∂u∂X1---------+

∂u∂X2--------- ∂u

∂X3---------

∂v∂X1--------- 1 ∂v

∂X2---------+

∂v∂X3---------

∂w∂X1--------- ∂w

∂X2--------- 1 ∂w

∂X3---------+

dX1

dX2

dX3

I D+[ ]dX==

F

D

∂u∂X1--------- ∂u

∂X2--------- ∂u

∂X3---------

∂v∂X1--------- ∂v

∂X2--------- ∂v

∂X3---------

∂w∂X1--------- ∂w

∂X2--------- ∂w

∂X3---------

u1 1, u1 2, u1 3,

u2 1, u2 2, u2 3,

u3 1, u3 2, u3 3,

ui j,∂u∂X-------= = = =

F

F RU=

R RTR I= U

Elementmodelle

32

sich lediglich die Rotationsmatrix. Die Streckmatrix wird zur Einheitsmatrix.

Aus Formel (3.43) ergibt sich mit und

(3.49)

Setzt man (3.46) in (3.49) ein, so ergibt sich das Verzerrungsmass bezogen auf die Ur-

sprungskonfiguration zu

(3.50)

wobei der Faktor 2 historisch bedingt ist. Der vollständige Green - Lagrangesche Verzer-

rungstensor nimmt nun die folgende Gestalt an

(3.51)

Der erste Term der rechten Seite von (3.51) ist eine lineare Funktion der Verschiebungs-

ableitungen und wird deshalb als linearer Verzerrungstensor oder oft auch auch als ‘En-

gineering Strains’ bezeichnet. Der zweite Term stellt den nichtlinearen Anteil des

vollständigen Green - Lagrangeschen Verzerrungstensors dar. Ausgedrückt in den Ver-

schiebungen lässt sich der Green - Lagrangesche Verzerrungstensor wie folgt angeben

(3.52)

mit

(3.53)

als dem linearen Anteil (‘Engineering Strains’) und mit

(3.54)

als dem nichtlinearen Anteil des Green - Lagrangeschen Verzerrungstensors. Die Haupt-

eigenschaft des Green - Lagrangeschen Verzerrungstensors ist seine Invarianz gegen-

über Starrkörperrotationen und -translationen. Für eine reine Starrkörperrotation gilt

(3.55)

und der Verschiebungsgradient wird mit Hilfe von (3.46) zu

(3.56)

Eingesetzt in (3.51) und mit der Orthogonalitätsbedingung wird . Die

dl( )2dxT

dx= dL( )2dXT

dX=

dxTdx dXT

dX dXT FTF( )dX dXTdX–=–

d= XT FTF I–( )dX

dXT2E dX=

2 E I D+( )T I D+( ) I–=

E12--- FTF I–( ) 1

2--- D DT

+( ) 12---DT D+= =

Eij12--- ui j, uj i, uk i, uk j,+ +( )=

εij12--- ui j, uj i,+( )=

ηij12--- uk i, uk j,=

dx RdX=

D R I–=

RTR I= E 0=

Verzerrungen und Spannungen bei grossen Verschiebungen

33

Komponenten des Green - Lagrangeschen Verzerrungstensors für eine reine Starrkör-

perrotation sind Null und sie ändern sich auch nicht während einer solchen Bewegung.

Betrachtet man aber im Gegensatz dazu nur dessen Näherung, also den linearen Teil des

Green - Lagrangeschen Verzerrungstensors (‘Engineering Strains’) , was bei kleinen

Verschiebungen üblich ist, so erhält man für

(3.57)

Ausgewertet im zweidimensionalen Fall für die Rotationsmatrix

(3.58)

welche eine Starrkörperrotation um den Winkel beschreibt, ergibt sich zu

(3.59)

Die berechneten Dehnungen verschwinden nicht, sondern nehmen mit dem Quadrat

des Rotationswinkels zu!

3.3.2 Spannungstensor

Ein Spannungsmass, das oft Verwendung findet, ist der 2. Piola - Kirchhoffsche Span-

nungstensor. Dieser errechnet sich aus (Crisfield [9])

(3.60)

wobei den ‘wahren’ oder Cauchyschen Spannungstensor mit seinen Komponenten

zum Zeitpunkt darstellt. Diese ‘wahren’ Spannungen sind durch ‘innere Kräfte des

Körpers pro Flächeneinheit’ zur Zeit definiert in den globalen - Richtungen. stellt

den Deformationsgradienten zum Zeitpunkt bezogen auf die Anfangskonfiguration

dar. Es kann nun gezeigt werden, dass der 2. Piola - Kirchhoffsche Spannungsten-

sor zum Green - Lagrangeschen Verzerrungstensor energetisch konjugiert ist. Ebenso

energetisch konjugiert sind der Cauchysche Spannungstensor mit dem linearen Verzer-

rungstensor. Daher kann die gesamte innere virtuelle Arbeit sowohl mit dem 2. Piola -

Kirchhoffschen als auch mit dem Cauchyschen Spannungstensor berechnet werden.

(3.61)

Der Ausdruck stellt die virtuelle Arbeit zur Zeit im ursprünglichen Einheitsvo-

lumen dar, während die virtuelle Arbeit zum selben Zeitpunkt, aber im augen-

blicklichen Einheitsvolumen darstellt. Die Volumina zum Zeitpunkt und zum

εij

ε 12--- R RT

+( ) I–=

R ϕcos ϕsin–

ϕsin ϕcos=

ϕ ε

ε ϕ 1–cos( ) Iϕ2

2------ I≅=

εii

S detF( ) F 1– σ FT( )1–

=

σσij t

t X Ft

t 0=

δAi δET S V0 δεTσ V

td

Vt∫=d

V0∫=

δETS tV

0 δεTσV

tt

Elementmodelle

34

Zeitpunkt weisen folgenden Zusammenhang auf

(3.62)

Die Gültigkeit dieser Beziehung (3.62) wird im Dreidimensionalen gezeigt (Bild 3.9).

Bild 3.9 - Element zum Zeitpunkt 0 und t

Das Volumen ergibt sich in diesem Fall zu

(3.63)

Zur Vervollständigung der Beziehungen zwischen dem 2. Piola - Kirchhoffschen Span-

nungstensor und den Cauchyschen Spannungstensor muss auch eine Beziehung zwi-

schen den virtuellen Verzerrungstensoren und hergeleitet werden. Für gilt

mit Hilfe der Kettenregel

(3.64)

mit

(3.65)

t 0=

d Vt

detF( ) d V0

=

dX1

dX2

dX1

1

0

0

ds1=

dx1

dX3

dx2dx3

d V0

d Vt

x1

x2x3

dX3

0

0

1

ds3=

dX2

0

1

0

ds2=

dx F dX=

d Vt

dx1 dx2×( )= dx3

detF( )ds1 ds2 ds3 detF( )d V0

==

δE δε δE

δE12--- δD δDT

+( ) 12---DTδD

12---δDT D+ +=

12---= FTδD

12---δDTF+

δD ∂δu∂X---------

∂δu∂x

--------- ∂x∂X-------

∂δu∂x

---------F== =

Verzerrungen und Spannungen bei grossen Verschiebungen

35

und für die virtuellen linearen Verzerrungen (‘Engineering Strains’)

(3.66)

Gleichung (3.64)und (3.65) führen zu folgender Beziehung zwischen den beiden Verzer-

rungstensoren

(3.67)

Eingesetzt in (3.61)

(3.68)

und ausgewertet, ergibt sich unter Ausnützung der Symmetrieeigenschaften der Verzer-

rungstensoren folgender Zusammenhang

(3.69)

Formel (3.60) für den 2. Piola - Kirchhoffschen Spannungstensor erhält man einfach

durch Umformung von (3.69).

Unter der Annahme von kleinen Verzerrungen wird die Streckmatrix (siehe (3.48))

näherungsweise zur Einheitsmatrix. Der Deformationsgradient entspricht nunmehr

der Rotationsmatrix . Mit ergibt sich folgender Zusammenhang zwi-

schen dem 2. Piola - Kirchhoffschen Spannungstensor und dem Cauchyschen Span-

nungstensor

(3.70)

Für kleine Verzerrungen kann der 2. Piola - Kirchhoffsche Spannungstensor als Cauchy-

scher Spannungtensor interpretiert werden, bezogen auf ein Koordinatensystem, wel-

ches mit dem Material mitrotiert. Eine sehr wichtige Eigenschaft des 2. Piola -

Kirchhoffschen Spannungstensors ist die Invarianz seiner Komponenten gegenüber ei-

ner Starrkörperbewegung. Beschränkt man sich, so wie in dieser Arbeit, auf kleine Ver-

zerrungen und bezieht man sich stets auf die Materialkoordinatenrichtungen, dann

braucht man und bzw. und nicht mehr zu unterscheiden. Die gleichen

Materialgesetze, die für kleine Verschiebungen und Rotationen für die ‘Engineering

Strains’ und Cauchyschen Spannungen gelten, gelten bei grossen Verschiebun-

gen und Rotationen auch für die mitrotierten Komponenten des Green - Lagrangeschen

Verzerrungstensors und des 2. Piola - Kirchhoffschen Spannungstensors . Bei

grossen Verzerrungen haben aber die Komponenten des 2. Piola - Kirchhoffschen Span-

nungstensors keine klare physikalische Bedeutung mehr; deshalb ist es auch umso

schwieriger Materialgesetze zu definieren, die der Wirklichkeit entsprechen.

δε 12--- ∂δu

∂x--------- ∂δuT

∂x-------------+

=

δE FT δε F=

Ai etFd( ) δεTσ V0

FTδε F( )TS V

0 δεT FTS F( ) V0

d

V0∫=d

V0∫=d

V0∫=

σ 1detF( )

-----------------F S FT=

UF

R detF( ) 1=

σ RSRT=

εij Eij σij Sij

εij σij

Eij Sij

Sij

Elementmodelle

36

Der Ausdruck (3.61) für die Berechnung der gesamten inneren virtuellen Arbeit mit Hil-

fe des Green - Lagrangeschen Verzerrungstensors und den 2. Piola - Kirchhoffschen

Spannungstensor bildet die Grundlage für die inkrementelle Lagrangesche Formulie-

rung.

3.4 Herleitung der geometrischenSteifigkeitsmatrix aus denMembranknotenkräften

3.4.1 Allgemeines

Verwendet man (2.19) für die Bildung der tangentiellen Steifigkeitsmatrix

(3.71)

so stellt das erste Glied

(3.72)

den Einfluss der initialen Spannungen dar, die durch die geometrische Steifigkeitsmatrix

erfasst werden. Betrachtet man den nichtlinearen Anteil des Green - Lagrang-

eschen Verzerrungstensors mit als Koordinatenindizes

(3.73)

so liefert seine Variation zufolge der virtuellen Knotenverschiebung ( ent-

spricht der Knotenparameternummer) für den nichtlinearen Anteil die Beziehung

(3.74)

und mit ergeben sich die - Koeffizienten aus dem quadratischen Anteil

des Green - Lagrangeschen Verzerrungstensors zu

(3.75)

Das Inkrement der verschiebungsabhängigen Koeffizienten errechnet sich

zufolge des Inkrements des Knotenverschiebungsparameters zu

kT

dp dBTσ V B

Tdσ Vd

V∫+d

V∫ kG k+( ) ad kT ad== =

dBT

σ VdV∫

kG ηijEij i j k, ,

ηij12---uk i, uk j,=

δEij δar r

δηij12--- uk i, δuk j, δuk i, uk j,+( ) Bijr δar= =

uk Hkrar= Bijr

Bijr12--- uk i, Hkr j, Hkr i, uk j,+( )=

dBijr Bijr

das as

Herleitung der geometrischen Steifigkeitsmatrix aus den Membranknotenkräften

37

(3.76)

Durch Einsetzen von (3.76) in (3.72) und unter Berücksichtigung der Symmetrie des

Spannungstensors ergibt sich die geometrische Steifigkeitsmatrix zu

(3.77)

oder angeschrieben in Matrixschreibweise

(3.78)

(3.78) stellt die gleiche Bestimmungsformel dar, wie im Falle von grossen Verschiebun-

gen, nur dass anstelle des Cauchyschen Spannungstensors der 2. Piola - Kirchhoffsche

Spannungstensor tritt. Es ist aus (3.78) ersichtlich, dass die Koeffizienten für den be-

trachteten Zeitpunkt nur eine Funktion der im Element vorhandenen Spannungen

bzw. sind und nicht der Elementverschiebungen. Allerdings müssen die Spannungen

dann aus den Verzerrungen bestimmt werden, die den Einfluss der grossen Ver-

schiebungen mitberücksichtigen.

Betrachtet man ein Plattenelement, das durch initiale, in der Plattenmittelebene wirken-

de Scheibenkräfte beansprucht ist, so leistet wegen der Plattenmittelebene als Anti-

metrieebene nur die virtuelle Verschiebungskomponente in Richtung der

Plattendurchbiegung einen Beitrag zur virtuellen Arbeit der Scheibenkräfte.

Mit und mit

mit (3.79)

die eine Funktion der Lagekoordinaten sind, lässt sich die geometrische Steifigkeitsma-

trix nach (3.78) mit

bzw. (3.80)

bilden. stellt eine 2x2 und eine Matrix dar, wobei die Anzahl der Kno-

tenverschiebungsparameter (Freiheitsgrade) ist.

3.4.2 Die geometrische Steifigkeitsmatrix aus denKnotenkräften

Im vorherigen Kapitel wurde die herkömmliche Herleitung der geometrischen Steifig-

keitsmatrix gezeigt. Um die integrale Neubildung der geometrischen Steifigkeitsmatrix

zu umgehen und um das Konzept der Knotenkräfte aufrecht zu erhalten wird hier

dBijr12--- Hks i, Hkr j, Hkr i, Hks j,+( )das=

σij σ ji=

kGrs Hkr i, σij Hks j, VdV∫=

kG BT

σ B VdV∫=

σS

σS

S E

N

δu3 δw=Nij hσij=

Bir H3r i,= i 1 2,=

kG

kG BTN B Fd

F∫= kGrs H3r i, h σij H3s j, Fd

F∫=

N B 2 mf× mf

kG

Elementmodelle

38

gezeigt, wie sich die geometrische Steifigkeitsmatrix für Platten (Schalen) direkt aus den

Scheibenknotenkräften ermitteln lässt. Betrachtet man ein finites Schalenelement, das

durch seine Scheibenknotenkräfte belastet ist, so greifen am Knotenpunkt die

Membranknotenkräfte und an (Bild 3.10).

Bild 3.10 - Vierknotiges Schalenelement mit seinen Membranknotenkräften

Für die Elementknotenkräfte (Scheibenknotenkräfte) gilt folgende bekannte Beziehung

(3.81)

Für das Verschiebungsfeld der Platte gilt

(3.82)

wobei bei dieser Näherung die isoparametrische Scheibenansatzfunktion für den

Knoten darstellt. Bezeichnet man mit

und mit (3.83)

so lässt sich (3.81) in unüblicher Darstellung anschreiben

(3.84)

mit

pm ipmx

ipmy

i

vi pmxi

pmyi

ui

x

y v

wz

u

pm BmT

σ VdV∫=

w H1w1 … Hiwii

∑=+=

Hii

Bmi x,∂Hi

∂x---------= Bmi y,

∂Hi

∂y---------= i 1…4=

pm

pmx1

pmy1

pmx2

pmy2

pmx3

pmy3

pmx4

pmy4

H1 x, H1 y,

H2 x, H2 y,

H3 x, H3 y,

H4 x, H4 y,

σ11 σ12

σ21 σ22

h F BmT

σ h FdF∫=d

F∫= =

Herleitung der geometrischen Steifigkeitsmatrix aus den Membranknotenkräften

39

(3.85)

Mit (3.80) ergibt sich die geometrische Steifigkeitsmatrix näherungsweise als Funk-

tion der Elementknotenkräfte zu

(3.86)

Die Auswertung für erfolgt hier im Schwerpunkt des Elementes, unter der Annah-

me, dass über die Elementfläche konstant ist. Somit lassen sich nach (3.86) zwei ana-

loge Ausdrücke für angeben. Um die Symmetrie der geometrischen

Steifigkeitsmatrix zu gewährleisten, wird für die Bildung von die einfache Mittel-

wertbildung vorgeschlagen

(3.87)

Die geometrische Steifigkeitsmatrix hat hier die Dimension 4x4, wobei die Koeffizi-

enten nur einen Beitrag zum Plattenverschiebungsfreiheitsgrad liefern. Für Drei-

eckelemente mit konstantem und sind diese Formulierungen exakt. Der

wesentliche Unterschied zur herkömmlichen Formulierung für die geometrische Steifig-

keitsmatrix ist, dass hier nicht Ansatzfunktionen für Platten sondern für Membranen

verwendet werden. Da bei Dreieckelementen ein konstanter Verzerrungszustand im

Element herrscht, ist die Auswertung des Integrals in (3.86) exakt, für Viereckelemente

stellt dies eine Näherung dar. Um die Gültigkeit dieses Verfahrens zu bestätigen, wird

anhand des folgenden Beispiels gezeigt, wie der berechnete Beulwert mit dem theore-

tisch bekannten übereinstimmt.

Betrachtet man einen Plattenstreifen (Bild 3.11), bei dem am linken Rand alle Verschie-

bungen, am rechten Rand nur die Verschiebungen in blockiert sind, und ermittelt man

die Beulwerte für diesen Euler Fall, so erhält man für die Modellierung mit Rechteck-

elementen 390,51 und mit Dreieckelementen einen Wert von 386,4. Der exakte Wert aus

der theoretischen Lösung lässt sich mit

(3.88)

angeben. Dabei wird der Elastizitätsmodul zu , die Querdehnungs-

zahl zu gesetzt. Die Plattendicke beträgt und die Seitenlänge des Plat-

tenstreifens . Die Abweichungen zur theoretischen Lösung betragen bei

Verwendung einer Rechteckmasche (32 Elemente) 1,3% bei Dreiecksmasche (128 Drei-

eckselemente) 0,2%.

BmH1 x, H2 x, H3 x, H4 x,

H1 y, H2 y, H3 y, H4 y,

=

kG

kG BTσ Bh F

BmT

σh FdF∫

Bm pmBm=

BmT σBmh Fd

F∫

BmT

pmT

=

≈dF∫=

Bm

Bm

kGkG

kG12--- pmBm Bm

Tpm

T+( )≈

kGkGij

σ B

y

p σ tEπ2

12 1 ν2–( )

------------------------- ta---

2385 5,= = =

E 3 0E7 kN m2⁄,=

ν 0= t 0 1 m,=a 8m=

Elementmodelle

40

Bild 3.11 - Plattenstreifen mit Seitenverhältnis 2:1, mit Rechteckelementen und mit Drei-

eckelementen modelliert

Die geometrische Steifigkeitsmatrix berücksichtigt den Einfluss der Scheibenelement-

knotenkräfte auf die Plattenverformungseigenschaften des Elementes. Wie bereits im

Kapitel 2 beschrieben setzt sich die tangentielle Steifigkeitsmatrix aus zwei Anteilen zu-

sammen: der materiellen Steifigkeitsmatrix und der geometrischen Steifigkeitsmatrix

, die beide symmetrisch und singulär sind. ist jedoch nicht wie positiv semide-

finit sondern im allgemeinen indefinit. Starrkörpertranslationen führen zu keiner Verän-

derung der Knotenkräfte. Im Gegensatz dazu führen Starrkörperrotationen zu einer

Knotenkraftveränderung, da die Wirkungsrichtung der initialen Spannungen im Ele-

ment verändert wird.

p p

p p

x

x

y

y

p p

a

b

kkG kG k

Methode der korotierten Koordinaten

41

3.5 Methode der korotierten Koordinaten

Mit dem vollständigen Green - Lagrangeschen Verzerrungstensor werden die Starr-

körperbewegungen in jedem Punkt des Elementes herausfiltriert. Unter der Annahme

von kleinen Verzerrungen erhält man damit die Dehnungen und Winkeländerungen,

die den Verzerrungszustand des Elementes beschreiben in den gewünschten rotierten

Materialrichtungen. Im Kapitel 3.2.2 wurde gezeigt, wie sich der Zusammenhang zwi-

schen dem 2. Piola - Kirchhoffschen Spannungstensor und dem Cauchyschen Span-

nungstensor bei kleinen Verzerrungen durch die Rotationsmatrix beschreiben

lässt. Wendet man diese Rotationsmatrix nicht punktbezogen sondern elementbezogen

an, und setzt voraus, dass die Starrkörperbewegungen in allen Punkten des Elementes

gleich sind, so spricht man von der Methode der korotierten Koordinaten. Bild 3.12 zeigt

ein finites Element mit seinem elementeigenen Koordinatensystem zum Zeitpunkt

und . Alle kinematischen Beziehungen werden in diesem lokalen Koordinatensy-

stem beschrieben und anschliessend in das globale transferiert (Elmer [13], Graber [15]).

Bild 3.12 - Methode der korotierten Koordinaten

Die lokale tangentielle Steifigkeitsmatrix im elementeigenen Koordinatensystem er-

rechnet sich zum Zeitpunkt t aus

(3.89)

Die Ermittlung der Steifigkeitsmatrix aus dem im Knotenkraftraum definierten Ele-

mentgesetz wird in Kapitel 5 gezeigt, die geometrische Steifigkeitsmatrix wird nach

Abschnitt 3.4.2 aus den Membranknotenkräften mit den Membranansatzfunktionen er-

mittelt.

Eij

Sσ R

xi tt ∆t+

x1

x2

x3

x0

1

x0

2

x0

3

xt

1

xt

2xt

3

xt t∆+

3

xt t∆+

2

xt t∆+

1

Abbildung R0

Rt t∆+

Rt

kT

kt

T kt

kt

G+=

kkG

Elementmodelle

42

Die Matrix und der zu den inneren Elementspannungen äquivalente Knotenkraft-

vektor werden im nächsten Schritt in das globale Koordinatensystem mittels der Ab-

bildungsmatrix rücktransferiert

(3.90)

(3.91)

Die Abbildungsmatrix muss für jeden Iterationschritt neu gebildet werden. Betrachtet

man den Zeitpunkt und kennt man für diesen Zeitpunkt die Abbildungsmatrix , so

liefert die inkrementelle Berechnung Näherungen für die Verschiebungen und Rotatio-

nen in den globalen Koordinatenrichtungen. Mit diesen Näherungen für die inkremen-

tellen Verschiebungsgrössen können nun die Verschiebungen und Rotationen für ein

Schalenelement zum Zeitpunkt angegeben werden. Aus diesen globalen Ver-

schiebungen und Rotationen kann nun eine neue lokale Abbildungsmatrix für

den Zeitpunkt bestimmt werden. Diese wird, falls das Iterationsverfahren kon-

vergiert und damit ein neuer Gleichgewichtszustand für den Zeitpunkt gefunden

wurde, zur Abbildungsmatrix für den nächsten Berechnungsschritt.

Die elementbezogene Abbildungsmatrix , die die Beziehung zwischen den globa-

len und den korotierten Koordinatenrichtungen herstellt, wird aus den 3x3 Submatrizen

gebildet, jeweils für die drei Freiheitsgrade eines Elementpunktes. Die Bildung

der Submatrix

(3.92)

deren Reihen durch die drei Basisvektoren der angepassten Ebene gebildet

werden, erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt werden die Eckpunkte des deformier-

ten Elementes in die Ebene projiziert, die durch die drei Basisvektoren im globalen

Koordinatensystem bestimmt wird.

Bild 3.13 - Basisvektoren

kt

T

pt

Rt

kT Rt T

=t

kTˆt

Rt

p Rt T

=t

pt

t Rt

t ∆t+R

t t∆+

t ∆t+t ∆t+

Rt

Rt t∆+

rt t∆+

rt t∆+

e1

e2

e3

=

e1 e2 e3, ,

ei

x1

x2

x3

12

3

4d31d42

d31 x d42

e1

e3

e2

Methode der korotierten Koordinaten

43

Aus den vier Eckpunktkoordinaten des Elementes werden zuerst die beiden Diagonal-

vektoren und berechnet, welche mit

(3.93)

den Basisvektor bilden. Die Basisvektoren mit

(3.94)

Bild 3.14 - Basisvektor

und bestimmt aus dem Kreuzprodukt

(3.95)

liegen in der gesuchten Ebene. Die Richtung des gesuchten Basisvektors fällt mit den

projizierten Koordinaten der Knotenpunkte und zusammen (Bild 3.14).

Im zweiten Schritt wird das in die - Ebene projizierte Viereckelement mög-

lichst gut dem undeformierten Element angepasst. Für diesen Zweck werden die beiden

Basisvektoren und in der Ebene noch mit einem Winkel um den Basisvektor

rotiert. Die Bestimmung des optimalen Winkels erfolgt über das Minimum der Fehler-

quadrate (Graber [15]). Dabei soll die Summe der Quadrate der Richtungswinkeldiffe-

renzen vom deformierten zum undeformierten Element minimiert werden.

(3.96)

d31 d42

e3

d31 d42×d31 d42

-------------------------=

e3 e1

e1

d21 d21T e3( )e3–

d21 d21T e3( )e3–

------------------------------------------=

e1

e3

1 1'=

2d21

d21T e3( )e3

d21 d21T e3( )e3–

verformter Elementrand

2'

e1

e2

e2 e3 e1×=

e11 2

e1 e2 e3, ,

e1 e2 δ e3δ

ψ i

ψ1 δ=

ψ2 δ α23 β23–+=

ψ3 δ α23 β23– α34 β34–+ +=

ψ4 δ α23 β23– α34 β34– α41 β41–+ + +=

Elementmodelle

44

Bild 3.15 - Azimutrotation

Aus den Fehlerquadraten

(3.97)

mit der Minimalbedingung ergibt sich die Bestimmungsgleichung für zu

(3.98)

Die Herleitung für Dreieckselemente wird hier nicht gezeigt, kann aber in analoger Wei-

se durchgeführt werden und führt zu folgender Bestimmungsgleichung für

(3.99)

Die endgültige Abbildungsmatrix ergibt sich aus dem Produkt der von den drei

Basisvektoren gebildeten Matrix mit der Rotationsmatrix zu

(3.100)

Die Anwendung der korotierten Koordinaten verlangt die Herausfiltrierung der Starr-

körperanteile aus den verzerrungserzeugenden Anteilen. Dies ist aber bei Elementen mit

Rotationsfreiheitsgraden nicht unproblematisch, weil diese zwar als Vektoren aufgefasst

werden, bezüglich Addition und Subtraktion aber keine Vektoreigenschaften besitzen.

Die Reihenfolge zweier aufeinanderfolgender Rotationen muss beachtet werden und

das Kommutativgesetz gilt nur für infintesimal kleine Rotationen!

e1

e1

e2e2

δ

α23

α34

α41

β23

β34

β41

unverformtes Element

verformtes Element

g ψ i2

i∑=

∂g∂δ------ 0= δ

δ 14--- 3 β23 α23–( ) 2 β34 α34–( ) β41 α41–( )+ +[ ]–=

δ

δ 13--- 2 β23 α23–( ) β31 α31–( )+[ ]–=

rt t∆+

ei r

rt t∆+

rt t∆+

δcos δsin 0

δsin– δcos 0

0 0 1

=

Methode der korotierten Koordinaten

45

Für die Herleitung der linearisierten Gleichungen soll der Verschiebungsvektor mit

seinen sechs Freiheitsgraden pro Knoten (drei tanslatorische und drei rotationale bei

Schalenelementen) in die translatorischen und rotationalen Freiheitsgrade aufge-

spalten werden. Vergleicht man die ursprüngliche Konfiguration mit der momentanen

Konfiguration zur Zeit , so lassen sich die verzerrungserzeugenden Verschiebun-

gen eines Elementpunktes mit

(3.101)

bestimmen, wobei der Koordinatenvektor zum betrachteten Elementpunkt ist. Die

verzerrungserzeugenden Rotationen im neuen korotierten Koordinatensystem berech-

nen sich zu (Bild 3.12)

(3.102)

Dabei stellt bzw. die aufsummierten Verschiebungs - bzw. Rotationsinkremente

dar und die aufsummierten Starrkörperrotationsinkremente bis zum Zeitpunkt ,

und sind die Verschiebungs- bzw. Rotationsinkremente vom Zeitpunkt bis

zum Zeitpunkt im globalen Koordinatensystem. Als einzige unbekannte Grösse

im Ausdruck (3.102) treten die Starrkörperrotationsinkremente auf. Elmer [13] hat

gezeigt, dass sich die Starrkörperrotationsinkremente vom Zeitpunkt bis zum Zeit-

punkt aus

(3.103)

errechnen, wobei mit den Elementen der Matrix aus

(3.104)

wie folgt definiert ist

(3.105)

Somit sind alle Bestimmungsgrössen zur Ermittlung der verzerrungserzeugenden Ver-

schiebungen und Rotationen im lokalen mitgehenden Koordinatensystem gegeben.

a

aD aR

t ∆t+

at t∆+

D rt t∆+

x0

at

D ∆aD+ +( ) r0

x0( )–=

x0

at t∆+

R rt t∆+

at

R Ωt– ∆aR ∆Ω–+( )=

at

D at

RΩt t

∆aD ∆aR tt ∆t+

∆Ωt

t ∆t+

∆Ω 2 ωatanω

---------------------ω=

ω rt ∆t+

t

rt t∆+

t rt T

rt t∆+

=

ω 1

1 r iii 1=

3

∑+

------------------------

r32 r23–

r31 r13–

r12 r21–

=

46

47

4 Fliessbedingungen im Knotenkraftraumund Duktilitätsnachweis für ein finitesElement

4.1 Grundlagen der Plastizitätstheorie

4.1.1 Einleitung

Zähe oder duktile Werkstoffe besitzen die Eigenschaft sich plastisch zu verformen, d.h.

mit bleibenden Verformungen zu deformieren, bevor der Bruch eintritt. Betrachtet man

nun solche Werkstoffe im Eindimensionalen, so lassen sich folgende Spannungs - Ver-

zerrungsverläufe angeben (Bild 4.1).

Bild 4.1 - Spannungs - Verzerrungsdiagramme für duktile Werkstoffe

Bild 4.1-a zeigt ein nichtlinear elastisches Materialverhalten. Die Spannungs - Verzer-

rungsbeziehungen sind hier eindeutig. Es bleiben keine Dehnungen beim Entlastungs-

vorgang zurück und es wird daher keine Energie dissipiert. Bild 4.1-b zeigt ein

plastisches Materialverhalten. Schon bei einer kleinen Belastung entstehen bleibende

plastische Verformungen und es kommt zur Energiedissipation. Bild 4.1-c zeigt ein idea-

lisiertes elastoplastisches Materialverhalten mit einem Elastizitätsmodul und

einem Verfestigungsmodul . Dieses Modell enthält das starr - idealplastische

Materialverhalten mit und . Mit wird die Fliessgrenze bezeichnet.

ε

σ

ε

σ σ

ε

α

βfy

Elastisch Plastisch

Linear elastisch -

plastisch verfestigend

a b c

E αtan=Ev βtan=

α π 2⁄= β 0= f y

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

48

Beim einachsigen Spannungszustand lässt sich der Übergang vom elastischen in den

plastischen Zustand leicht abgrenzen. Ist die Bedingung erfüllt, so verhält

sich der Werkstoff elastisch, wird aber , so treten plastische Formänderun-

gen auf und es kommt zur Energiedissipation.

Betrachtet man aber im Gegensatz dazu den Spannungszustand eines dreidimensiona-

len Körpers, so kann der Übergang vom elastischen in den plastischen Zustand nicht

mehr so einfach angegeben werden. Deshalb definiert man zunächst verallgemeinerte

Spannungen , , ... , mit ihren dazugehörigen verallgemeinerten Verzerrungen

, , ..., . In einem dreidimensionalen Kontinuum stellen die die sechs Kompo-

nenten des Spannungstensors und die die dazugehörigen Komponenten des Verzer-

rungstensors dar. Daraus lässt sich die inkrementelle spezifische Formänderungsarbeit

mit

(4.1)

berechnen. Betrachtet man ein dreidimensionales Kontinuum unter einem gegebenen

homogenen Verzerrungsfeld, so zwingt sich die Frage nach dem zugehörigen Span-

nungsfeld auf. Es stellt sich dabei genau dasjenige Spannungsfeld ein, für das die spezi-

fische Formänderungsarbeit maximal wird (Mobilisierung des grösstmöglichen

Widerstandes gegen die Verformung). Somit lässt sich folgende Bedingung ableiten:

Wählt man die ‘s (oder die ‘s), dann sind die ‘s (bzw. die ‘s) eindeutig gegeben.

Es wird nun eine Fliessbedingung aufgestellt mit

(4.2)

welche im - dimensionalen Spannungsraum den Beginn des Fliessens anzeigt. Durch

diese Fliessbedingung wird eine konvexe Fliesshyperfläche im Raum der verallge-

meinerten Spannungen definiert. Ist ein Punkt des Körpers im elastischen Zustand so

gilt , d.h. der Punkt befindet sich innerhalb des Spannungsraumes, der von der

Fliessfläche umschlossen wird (aplastischer Bereich). Im aplastischen Bereich befindet

sich auch der Ursprung mit . Bei liegt der Punkt auf der Hyperfläche. Die

Hyperfläche ist in sich geschlossen, wenn keine ausgezeichneten Spannungszustände

existieren, die von der Fliessbedingung unabhängig sind. Ist die Hyperfläche offen, so

existieren Spannungszustände, deren Komponenten im beliebigen Masse gesteigert

werden können, ohne dass dabei der plastische Zustand eintritt. Bild 4.2 zeigt eine Flies-

shyperfläche im Raum der verallgemeinerten Spannungen.

Spaltet man die verallgemeinerten Verzerrungen in einen elastischen und in einen

plastischen Anteil auf, so errechnet sich die inkrementelle plastische Dissipationsar-

beit zu

(4.3)

σσ f y 0<–

σ f y– 0=

S1 S2 Snq1 q2 qn Si

qi

dU

dU Si qi σij εijd VdV∫=

i∑=

Si qi qi Si

Φ S1 S2 … Sn, , ,( ) 0=

Φ 0<

S 0= Φ 0=

qi qeiqpi

dD S1qp1 … STqp=+=

Grundlagen der Plastizitätstheorie

49

Bild 4.2 - Fliessbedingung im Raum der verallgemeinerten Spannungen

Betrachtet man ein vorgegebenes plastisches Verzerrungsinkrement mit einem dazu-

gehörigen verträglichen Spannungszustand an der Fliessgrenze und einen beliebigen

aplastischen Spannungszustand so folgt aus

bzw. (4.4)

das Prinzip der maximalen Dissipationsarbeit nach von Mises (Bild 4.2). Setzt man (4.4)

als Postulat voraus, so ergibt sich neben der Konvexität der Fliessgrenze noch folgende

Bedingung (Axiom der Normalität)

(4.5)

Liegt ein Spannungspunkt auf der Fliesshyperfläche , so muss auch

ein benachbarter Spannungspunkt, der durch das Spannungsinkrement erreicht wird

die Bedingung erfüllen, da physikalisch unmöglich ist

(4.6)

Beide Punkte erfüllen die Bedingung (4.2). Dabei liegen die Spannungsinkremente in

der Hyperebene , die eine Tangentialebene von darstellt und daher senkrecht auf

steht. Der Vergleich von (4.5) mit (4.6) liefert das assoziierte Fliessgesetz

(4.7). Dieses drückt die Tatsache aus, dass die Fliessfunktion zur Potentialfunktion für

die plastischen Verzerrungsinkremente wird.

mit und bei , sonst (4.7)

0

E

SS*

Φ 0= Φ 0<

P

S1

Sk

Sm

qp

S

Φ S

qpS

S*

S*Tqp STqp≤ S S*

–( )Tqp 0≥

S1qp1 … STqp=+ 0=

S S1 … Sn, ,( )= ΦS

Φ 0= Φ 0>

∂Φ∂S1--------S1 … 0=+

S

E Φ∂Φ∂S1-------- … ∂Φ

∂Sn--------, ,

qpi

qpi∂Φ∂Si------- λ= i 1…n= λ 0≥ Φ 0= λ 0=

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

50

Dabei ist ein noch zu bestimmender nichtnegativer Faktor. Dieses Gesetz stellt den

Zusammenhang zwischen den plastischen Verzerrungsinkrementen und dem Span-

nungstensor dar. Es bezeichnet bei bekanntem Spannungszustand eindeutig die Rich-

tung des plastischen Verzerrungsinkrement - Vektors. Der Betrag des Vektors wird

durch den Skalarfaktor bestimmt.

Die inkrementelle plastische Dissipationsarbeit (4.3) kann mit Hilfe des Fliessgesetzes

mit

(4.8)

ausgedrückt werden. Die Verknüpfung der Fliessbedingung mit dem Fliessgesetz geht

auf von Mises zurück und ist als Theorie des plastischen Potentials bekannt. Erweitert

wurde diese Theorie durch Koiter [18] für den Fall, dass die Fliessgrenze durch mehrere

Funktionen beschrieben wird

....... ....... (4.9)

und das dazugehörige Fliessgesetz lautet dann

(4.10)

Die Funktionen können auch linear sein, womit jede durch eine oder mehrere nicht-

lineare Ungleichungen definierte Fliessfigur mit Hilfe von Teilflächen approximiert wer-

den kann, die im Spannungsraum eben sind. Mit anderen Worten, jede konvexe

nichtlineare Fliessfigur kann durch eine polyedrische, von “Fliessebenen” definierte

Fliessfigur beliebig genau approximiert werden. Die entsprechenden linearen Fliessbe-

dingungen schreiben sich dann wie folgt

(4.11)

wobei mit der Fliessvektor bezeichnet wird, der im Spannungsraum senkrecht zur k

- ten Fliessfläche steht und zur Aussenseite des zulässigen Spannungsgebietes zeigt und

mit als dazugehörigen plastischen Widerstand. Stellt einen Einheitsvektor dar,

so bezeichnet den Abstand der k - ten Fliessebene vom Spannungsnullpunkt. Führt

man eine durch die ‘s gebildete Matrix und einen durch die ‘s gebildeten Wi-

derstandsvektor ein, so kann für die Ungleichungen in (4.11) noch geschrieben wer-

den

(4.12)

Für das Fliessgesetz gilt

λ

λ

dD λ ST ∂Φ∂S------- λ S T gradΦ==

Φ1 … Φn, ,

Φ1 S1 … Sn, ,( ) Φk S1 … Sn, ,( ) Φn S1 … Sn, ,( )

qpi

∂Φk

∂Si---------- λk

k 1=

n

∑=λk 0 falls Φk 0<=

λk 0 falls Φk 0=≥

Φk

YkTS WYk≤

Yk

WYk YkWYk

Yk Y WYkWY

YTS WY≤

Grundlagen der Plastizitätstheorie

51

(4.13)

Bild 4.3 - Stückweise linearisierte Fliessfläche mit aktiven Fliessbedingungen im Eck

Die plastischen Verzerrungsinkremente errechnen sich aus dem assoziierten Fliessge-

setz aus (4.13)

4.1.2 Grenzwertsätze

Mit dem Prinzip der virtuellen Arbeit und mit dem Prinzip der maximalen Dissipations-

arbeit lassen sich für Strukturen mit elastoplastischen und starrplastischen Materialver-

halten zwei Grenzwertsätze formulieren (Marti [20])

Statischer oder unterer Grenzwertsatz:

Jede Belastung, zu der sich ein statisch zulässiger Spannungszustand ange-

ben lässt, der die Fliessbedingung nirgends verletzt, liegt nicht höher als die

Traglast.

Als statisch zulässigen Spannungszustand bezeichnet man ein Spannungsfeld, dass an

keiner Stelle die statischen Rand- und Gleichgewichtsbedingungen verletzt.

Kinematischer oder oberer Grenzwertsatz:

Jede Belastung, deren Leistung bei einem kinematisch zulässigen Bewe-

gungszustand, der inneren Dissipationsleistung gleicht, liegt nicht tiefer als

die Traglast.

qp Yk λkk∑=

λk 0 falls YkT S WYk– 0<=

λk 0 falls YkT S WYk– 0=≥

WYk

Φk

S1

S2

qp

S

Yk Yk qpk

=

Yk 1+ qpk 1+

=

qp Yk λk= Yk 1+ λk 1++

k

k+1

S

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

52

Als kinematisch zulässiger Bewegungszustand wird ein Verschiebungs- bzw. Verzer-

rungszustand bezeichnet, der die kinematischen Relationen zwischen (äusseren) Ver-

schiebungen und (inneren) Verzerrungen und die kinematischen Rand- und

Kontinuitätsbedingungen erfüllt. Aus den beiden Grenzwertsätzen kann nun auf den

Eindeutigkeitssatz geschlossen werden.

EindeutigkeitssatzJede Belastung, für die eine vollständige Lösung angegeben werden kann,

stellt eine Traglast dar.

Unter vollständige Lösung versteht man einerseits einen statisch zulässigen Spannungs-

zustand, der die Fliessbedingung nirgends verletzt, und andererseits einen kinematisch

zulässigen Verformungszustand nach der Theorie des plastischen Potentials.

4.2 Linearisierung der Fliessbedingungen

4.2.1 Stahlbetonscheiben

Für das Aufstellen der Fliessbedingungen für Stahlbetonscheiben werden folgende An-

nahmen getroffen (Müller [23])

Der Beton kann nur Druck aufnehmen. Seine Zugfestigkeit wird vernachlässigt.

Der Einfluss der Bewehrung wird über einen einaxialen Spannungszustand in Stab-

längsrichtung erfasst (‘verschmierte’ Bewehrung).

Die Bewehrung steht im starren Verbund mit dem umgebenden Beton. Ein Ver-

bundversagen (lokales Versagen durch Ausbrechen bzw. Abplatzen des Betons)

wird ausgeschlossen.

Die Erhöhung der zweiaxialen Betondruckfestigkeit gegenüber der einaxialen

Druckfestigkeit wird vernachlässigt.

Wegen der geringen Bewehrungsgehalte wird der Einfluss der Bewehrung auf

Druck vernachlässigt.

Betrachtet man nun ein in x - und y - Richtung orthogonal bewehrtes Stahlbetonschei-

benelement der Dicke mit seinen Membrankräften , und den Schubkräften

, so gilt

(4.14)

wobei der Index für Beton und für Stahl steht (siehe auch Bild 4.4).

h nx nynxy nyx=

nx h σx ncx= nsx+=

ny h σy ncy= nsy+=

nxy h τxy n= cxy=

c s

Linearisierung der Fliessbedingungen

53

Bild 4.4 - Bewehrtes Stahlbetonscheibenelement aus der Superposition von Beton und

Stahl

Im , , - Spannungsraum ergibt sich die Fliessbedingung für den Beton mit

seinem plastischen Widerstand in Richtung der Hauptspannungen bzw. aus

(4.15)

oder für beliebige Werte von , und gleichwertig angeschrieben mit

(4.16)

(4.17)

Der plastische Widerstand ist gegeben durch

(4.18)

mit als Reduktionsfaktor zur Betondruckfestigkeit . Mit diesem wird berück-

sichtigt, dass die im Bruchzustand mitwirkende Scheibendicke und die massgebende

Betondruckfestigkeit kleiner sein können als die nominelle Scheibendicke und die no-

minelle Betondruckfestigkeit . Für den Stahl gelten die Fliessbedingungen

(4.19)

wobei und die Bewehrungsflächen in x bzw. y pro Einheitsbreite bezeichnen,

bezeichnet die Fliessgrenze des Bewehrungsstahles.

x

y

ny

nx

nxy

nxy

θ12

= +ncx

ncxy

ncy

ncxy

nsx

nsxy 0=

nsynsxy 0=

Scheibenelement Beton Stahl

ncx ncy ncxy

r c nc1 nc2

r c nc1 2,ncx ncy+

2---------------------=

ncx ncy–( )2

4---------------------------- ncxy

2+ 0≤±≤–

ncx ncy ncxy

ncxy2

ncxncy≤ ncx 0≤ ncy 0≤

ncxy2

r c ncx+( ) r c ncy+( )≤ r c ncx 0≥+ r c ncy 0≥+

r c

r c κ f c h=

κ 1≤ f c

hf c

0 nsx r sx+

a= sx+

f y≤ ≤

0 nsy r sy+

a= sy+

f y≤ ≤

asx+

asy+

f y

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

54

Bild 4.5 - Fliessfiguren für Beton und Stahl

Durch (4.16) und (4.17) wird die Fliessfigur des Betons im dreidimensionalen Raum

durch zwei elliptische Kegel beschrieben, während die Fliessfigur für den Stahl (4.19) ein

Rechteck in der Ebene darstellt (Bild 4.5). Es wird nun die Menge aller Spannungspunkte

gesucht, die diese Bedingungen erfüllen. Die sich daraus ergebene Fliessfigur ist die Um-

hüllende aller translatorisch über die gesamte Rechteckfläche verschobenen Beton-

fliessfiguren.

Bild 4.6 zeigt nun die Fliessfigur eines Stahlbetonscheibenelementes im Grundriss. Diese

besteht aus zwei Kegeln I und II, die miteinander über vier Kreiszylinderflächen in den

Regimen IV, V, VI, VII und der Ebene III verbunden sind.

Bild 4.6 - Fliessfigur eines Stahlbetonscheibenelementes

r c

nx

nxy

r sx+

ny

r sy+

nx

ny

nxy

I

II

III

IV

V

VI

VII

r c r sx+

r sy+

r c

r c

2----

r sy+

r c

2----

r c

2---- r sx

+r c

2----

Linearisierung der Fliessbedingungen

55

Die einzelnen Regime der Fliessfigur genügen den Bedingungen

(4.20)

Diese Bedingungen charakterisieren auch die unterschiedlichen Brucharten des Stahlbe-

tonscheibenelementes

Regime I: beide Bewehrungslagen fliessen auf Zug, während die kleinere Beton-

hauptdruckspannung Werte zwischen annimmt

Regime II: die grössere Betonhauptdruckspannung nimmt Werte zwischen

an, aber für gilt: . Dies ist der einzige Fall, wo

der Beton einem zweiaxialen Druckspannungszustand unterliegt

Regime III: für beide Bewehrungslagen in x und y gilt: und

Regime IV: die Bewehrung in x kommt ins Fliessen, für die Bewehrung in y gilt:

Regime V: die Bewehrung in y kommt ins Fliessen, für die Bewehrung in x gilt:

Regime VI: für die Bewehrung in y gilt: , die Bewehrung in x bleibt span-

nungslos

Regime VII: für die Bewehrung in x gilt: , die Bewehrung in y bleibt span-

nungslos

Auf den Fliessflächen III, IV, V, VI, VII beträgt die grössere Betonhauptdruckspannung

und die kleinere . Es liegt somit ein einaxialer Spannungszustand

vor.

Die im Bild 4.6 dargestellte Fliessfigur soll nun durch ebene Teilflächen dargestellt wer-

den. Approximiert man die Betonfliessfigur durch eine Pyramide und ermittelt man dar-

aus wieder die Umhüllende für alle möglichen Verschiebungszustände aus dem

Abfahren dieser Pyramide über die Rechteckfläche, so ergibt die linearisierte Fliessfläche

einen Kegelstumpf. Die stückweise linearisierten Fliessbedingungen sind im Bild 4.7

dargestellt. Betrachtet man nur die obere Hälfte des Pyramidenstumpfes, so werden die

nichtlinearen Fliessflächen I, IV durch die lineare Fliessebene 1, die Flächen I, V durch

die Fliessebene 3, die Flächen II, VI durch die Fliessebene 5, die Flächen II, VII durch die

ΦI nxy2

r sx+

nx–( ) r sy+

ny–( ) 0≤–=

ΦII nxy2

r c nx+( ) r c nx+( ) 0≤–=

ΦIII nxy2 r c

2----

2

0≤–=

ΦIV nxy2

r sx+

nx–( )– r c r– sx+

nx+( ) 0≤=

ΦV nxy2

r c r sy+

n+ y–( )– r sy+

ny–( ) 0≤=

ΦVI nxy2

nx r c nx+( ) 0≤+=

ΦVII nxy2

ny r c ny+( ) 0≤–=

r c nc2 0≤ ≤–

r c nc1 0≤ ≤– nc2 nc2 r c–=

0 nsx r sx+≤ ≤ 0 nsy r sy

+≤ ≤

0 nsy r sy+≤ ≤

0 nsx r sx+≤ ≤

0 nsy r sy+≤ ≤

0 nsx r sx+≤ ≤

nc1 0= nc2 r c–=

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

56

Fliessebene 7 und die Fläche III durch Fliessebene 9 ersetzt.

Bild 4.7 - Linearisierte Fliessbedingungen

Diese stückweise linearisierten Fliessbedingungen lassen sich in Matrixschreibweise

noch mit

(4.21)

anschreiben. Dabei ist

(4.22)

die Matrix der Fliessvektoren und

(4.23)

der plastische Widerstandsvektor.

4.2.2 Stahlbetonplatten und -schalen

Die Herleitung der Fliessbedingungen bei Platten erfolgt nach der statischen Methode

der Plastizitätstheorie (Marti [20]). Dabei wird die Platte als Sandwichelement aufgefasst

mit einem Kern, der die Querkräfte überträgt, und den zwei Deckeln, die die Momente

aufnehmen (Bild 4.8).

Φ1 2, nx nxy± r sx+

0≤–=

Φ3 4, ny nxy± r sy+

0≤–=

Φ5 6, n– x nxy± r c 0≤–=

Φ7 8, n– y nxy± r c 0≤–=

Φ9 10, n± xy

r c

2---- 0≤–=

nx

ny

nxy

1

35

7

9

2

4

6

8 10

YmT σm WYm– 0≤

Ym

1 1 . . 1– 1– . . . .

. . 1 1 . . 1– 1– . .

1 1– 1 1– 1 1– 1 1– 1 1–

=

WYmT

rsx+

r sx+

r sy+

r sy+

r c r c r c r c

r c

2----

r c

2----

=

Linearisierung der Fliessbedingungen

57

Bild 4.8 - Sandwichmodell: (a) beanspruchtes Plattenelement (b) Aufteilung der

Schnittgrössen

Für den einfachen Fall mit vernachlässigbaren Querkräften ergeben sich aus den Biege-

momenten und dem Drillmoment die folgenden Membrankräfte im oberen und im un-

teren Sandwichdeckel

(4.24)

Mit wird der Abstand der Sandwichdeckelschwerpunkte bezeichnet. Dieser ent-

spricht genau dem inneren Hebelarm und wird als konstant vorausgesetzt.

Bild 4.9 - Biegewiderstand in

Der Biegewiderstand in Richtung der - Achse (Bild 4.9) errechnet sich für die untere

Bewehrung mit

(a) (b)

mxy

mx

my mxy

mx

d------

mxy

d--------

my

d------qx

qy

my

d------–

mxy

d--------–

mx

d------–

qx

qy

d

nx

mx

d------±=

ny

my

d------±=

nxy

mxy

d--------±=

d

x

z

asx+

f y

fc

dh

x

x

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

58

(4.25)

Dabei bezeichnet die Stahlquerschnittsfläche in - Richtung pro Breiteneinheit,

die Fliessgrenze des Bewehrungsstahles. Der Biegewiderstand für die obere Bewehrung

in - Richtung ermittelt sich aus

(4.26)

Die Biegewiderstände für die Bewehrungen in und lassen sich analog berech-

nen. Setzt man die Beziehungen (4.24), (4.25) und (4.26) in die Fliessbedingungen für or-

thogonal bewehrte Scheibenelemente (4.20) ein, so ergibt sich für das Fliessregime I

folgende Fliessbedingung

(4.27)

Für die Bemessung von Stahlbetonplatten wird in der Regel Fliessregime I (Betondruck-

festigkeit wird nie massgebend!) zugrundegelegt. Dieses Regime entspricht der er-

wünschten duktilen Bruchart für die beiden Bewehrungslagen, ohne dass dabei die

Beanspruchung im Beton massgebend wird. Den Beziehungen in (4.27) entsprechen im

, , - Raum zwei elliptische Kegel (Bild 4.10).

Bild 4.10 - Nichtlineare Fliessbedingung und linearisierte Fliessbedingungen für Platten

Die Fliessbedingungen in (4.27) lassen sich auch wiederum in linearisierter Form an-

schreiben

mx+

asx+

f y d=

asx+

x f y

x

mx-

asx-

f y d=

y my+

my-

mxy

d--------

2 mx

+

d-------

mx

d------–

my

+

d-------

my

d------–

0≤–

mxy

d--------

2 mx

-

d------

mx

d------+

my

-

d------

my

d------+

0≤–

mx my mxy

my-

my+

mx-mx

-

mx

my

mxy

mx+

my-

my+

mx

my

mxy

Φ1

Φ7

Φ2Φ8

mx+

Linearisierung der Fliessbedingungen

59

(4.28)

oder in Matrixschreibweise

(4.29)

mit

(4.30)

als Matrix der Fliessbedingungen und

(4.31)

als plastischen Widerstandsvektor für das Biegeproblem. Das Sandwichmodell wird

nun auch für Schalenelemente (Marti [21]) verwendet, bei denen die Membran- und die

Biegewirkung kombiniert auftreten. Dabei werden im Sinne einer Gleichgewichtslösung

die Biege- und Drillmomente sowie die Membrankräfte den beiden Sandwichdeckeln

zugewiesen, während die Querkräfte vom Kern übernommen werden (Bild 4.11).

Bild 4.11 - Sandwichmodell: (a) beanspruchtes Schalenelement: (b) Aufteilung der

Schnittgrössen

Φ1 2, mx mxy± mx+

0≤–=

Φ3 4, my mxy± my+

0≤–=

Φ5 6, m– x mxy± mx-

0≤–=

Φ7 8, m– y mxy± my-

0≤–=

YbTσb WYb– 0≤

Yb

1 1 . . 1– 1– . .

. . 1 1 . . 1– 1–

1 1– 1 1– 1 1– 1 1–

=

WYbT

mx+

mx+

my+

my+

mx-

mx-

my-

my-

=

nxy

(a) (b)

mxy

qxmx

nx nxy qy

ny

mymxy

mx

d------

nx

2-----+

mxy

d--------

nxy

2-------+

my

d------

ny

2-----+qx

qy

my

d------–

ny

2-----+

mxy

d--------–

nxy

2-------+mx

d------–

nx

2-----+h

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

60

Die 8 Fliessbedingungen für ein Schalenelement ergeben sich in linearisierter Form zu

(4.32)

Der Sandwichkern übernimmt in Richtung die Hauptquerkraft mit

und kann in dieser Richtung als Steg eines Trägers betrachtet werden.

Wird der Querkraftanteil mitberücksichtigt, so ergeben sich zusätzliche Anteile für die

resultierenden Zugkräfte, die von den beiden Sandwichdeckeln aufgenommen werden

müssen.

Bild 4.12 - Hauptquerkraft - Abtragung im gerissenen und im ungerissenen Zustand

Die Fliessbedingungen (4.32) unter der Mitberücksichtigung von Querkräften ergeben

sich für ein inifinitesimales Schalenelement zu

mx

d------

nx

2-----

mxy

d--------

nxy

2-------+ asx

+f y 0≤–+ +

my

d------

ny

2-----

mxy

d--------

nxy

2-------+ asy

+f y 0≤–+ +

mx

d------–

nx

2-----

mxy

d--------–

nxy

2-------+ asx

-f y 0≤–+ +

my

d------–

ny

2-----

mxy

d--------–

nxy

2-------+ asy

-f y 0≤–+ +

ϕ qy qx⁄( )atan=

q0 qx2

qy2

+=

qxqy

2q0----------- θcot

qy2

2q0-------- θcot

θ

ϕ x

y

z

d

q0

q0

2----- θcot

q0

q0 θcot

q0

2----- θcot1

ϕ

q0

2----- θ ϕsincot

1qx

2

2q0-------- θcot

qxqy

2q0----------- θcot

q0

2----- θ ϕcoscot

ϕx

y

x

y

Linearisierung der Fliessbedingungen

61

(4.33)

Mit bezeichnet man den Hebelarm der Membrankräfte in den Sandwichdeckeln, mit

die Neigung der Betondruckstreben im Kern. Einfachheitshalber setzt man zu 45

und (4.33) wird zu

(4.34)

Die Schubbewehrung für die Abtragung der Hauptquerkraft ergibt sich zu

bzw. mit (4.35)

Falls die nominelle Schubspannung aus im Kern einen bestimmten Wert , z.B. den

rechnerischen Schubwiderstand nach SIA 162 (Sia [26]) nicht überschreitet, so

kann auf eine Schubbewehrung verzichtet werden und wird zu Null. In den Bezie-

hungen (4.33) bzw. (4.34) entfallen dann die Terme mit und mit .

Die Schubbewehrung in Platten ist immer aufwendig zu verlegen. Daher sollte die Plat-

tendicke immer so gewählt werden, dass auf eine Schubbewehrung verzichtet werden

kann.

mx

d------

nx

2-----

qx2

2q0-------- θcot

mxy

d--------

nxy

2-------

qxqy

2q0----------- θcot+ + asx

+f y 0≤–+ + +

my

d------

ny

2-----

qy2

2q0-------- θcot

mxy

d--------

nxy

2-------

qxqy

2q0----------- θcot+ + asy

+f y 0≤–+ + +

mx

d------–

nx

2-----

qx2

2q0-------- θcot

mxy

d--------–

nxy

2-------

qxqy

2q0----------- θcot+ + asx

-f y 0≤–+ + +

my

d------–

ny

2-----

qy2

2q0-------- θcot

mxy

d--------–

nxy

2-------

qxqy

2q0----------- θcot+ + asy

-f y 0≤–+ + +

dθ θ °

mx

d------

nx

2-----

qx2

2q0--------

mxy

d--------

nxy

2-------

qxqy

2q0-----------+ + asx

+f y 0≤–+ + +

my

d------

ny

2-----

qy2

2q0--------

mxy

d--------

nxy

2-------

qxqy

2q0-----------+ + asy

+f y 0≤–+ + +

mx

d------–

nx

2-----

qx2

2q0--------

mxy

d--------–

nxy

2-------

qxqy

2q0-----------+ + asx

-f y 0≤–+ + +

my

d------–

ny

2-----

qy2

2q0--------

mxy

d--------–

nxy

2-------

qxqy

2q0-----------+ + asy

-f y 0≤–+ + +

asq

q0

d f y--------- θtan= θ 45°= asq

q0

d f y---------=

q0 d⁄τc red,

asqqx qy

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

62

4.3 Fliessbedingungen für Platten und Schalen imKnotenkraftraum

4.3.1 Verallgemeinerte Grössen

Im Kapitel 4.1.1 wurden die Fliessbedingungen im Unterraum für verallgemeinerte

Grössen formuliert. Werden die tatsächlichen Verzerrungen durch eine Linearkombi-

nation von unabhängigen Verzerrungszuständen ausgedrückt, so stellen diese ei-

nen speziellen Unterraum im Funktionenraum dar. Die dazugehörigen

Amplitudenwerte werden als verallgemeinerte Verzerrungen bezeichnet. Fasst man

die speziellen Verzerrungszustände zur Matrix und die dazugehörigen Amplituden-

werte zum Vektor zusammen, so lässt sich für

(4.36)

anschreiben. Diese Überlegungen haben auch für plastische Verzerrungen ihre Gültig-

keit. Drückt man nun die Dissipationsarbeit über die verallgemeinerten Verzerrungen

aus, so ergibt sich

(4.37)

wobei

(4.38)

die zu den verallgemeinerten Verzerrungen arbeitsassoziierten verallgemeinerten Span-

nungen sind.

Die Verwendung von speziellen, linear unabhängigen Verzerrungszuständen

entspricht einer Restriktion der Systemdeformationen auf Freiheitsgrade. Der tat-

sächliche aplastische Bereich wird dabei durch eine orthogonale Projektion auf einen

- dimensionalen Unterraum abgebildet. Bei dieser Projektion gehen Freiheitsgrade des

Systems verloren, da die entsprechenden Spannungen mit den betrachteten Verzer-

rungszuständen keine Arbeit leisten. Betrachtet man zum Beispiel die Querkräfte in Ver-

bindung mit der Hypothese nach Bernoulli, so sind diese zwar für das Gleichgewicht

notwendig, tragen aber wie innere Kräfte starrer Körper nicht zur Dissipationsarbeit bei,

da bei ihnen die zugeordneten Verformungen fehlen.

εms Ei

qiE

q

ε Eiqi E q=i 1=

ms

∑=

dD σT Ei qpii 1=

ms

V σTEi VdV∫

i 1=

ms

∑=d qpi Si qpi STqp=i 1=

ms

∑=V∫=

Si EiTσ Vd

V∫=

ms Eims

ms

Fliessbedingungen für Platten und Schalen im Knotenkraftraum

63

4.3.2 Der Knotenkraftraum

Die konzentrierten Knotenkräfte eines Elementes können auch als äussere Belastun-

gen aufgefasst werden, die nach dem Prinzip der virtuellen Verschiebungen statisch

äquivalent mit dem Spannungszustand innerhalb eines Elementes sind

(4.39)

In (4.39) beschreibt den Spannungszustand innerhalb eines Elementes mit seinem Vo-

lumen . Nun können auch die Elementknotenkräfte eines finiten Elementes als ver-

allgemeinerte Belastung aufgefasst werden, d.h. die Belastung eines Elementes kann

durch eine endliche Anzahl von Knotenkraftkombinationen beschrieben werden. Dem-

entsprechend können nun die Knotenverschiebungen wegen ihrer Assoziation zu den

Knotenkräften als verallgemeinerte Verschiebungen betrachtet werden. Die Betrach-

tung von verallgemeinerten Verschiebungen und Belastungen geht auf Prager [25] zu-

rück und stellt eine Erweiterung des plastischen Potentials dar. Aus diesen

Überlegungen lassen sich nun die Fliessbedingungen eines finiten Elementes auch im

Raum der Knotenkräfte formulieren

(4.40)

bzw. die plastischen Knotenverschiebungsinkremente aus dem assoziiertem Fliessge-

setz nach (4.10) mit

(4.41)

Die Formulierung der Fliessbedingungen im Knotenkraftraum räumt einige Nachteile

gegenüber der Formulierung im Spannungsraum aus. Im Gegensatz zu den Verschie-

bungen verlaufen die Spannungen diskontinuierlich über die Elementgrenzen hinweg.

Wird unter anderem noch eine grobe finite Elementidealisierung gewählt, so können die

Spannungen zweier benachbarter Elemente an den Elementrändern erhebliche Unter-

schiede aufweisen. Diese Spannungsunterschiede nehmen aber mit zunehmender Ver-

feinerung ab. Ausserdem werden die ausgewiesenen Spannungen an den

Elementknoten zumeist aus der einfachen Mittelwertbildung der Spannungswerte aller

angrenzenden Elemente am Knoten gebildet. Zudem können noch Spannungskonzen-

trationen auftreten, die mit zunehmender Idealisierung gegen unendlich streben, wie

z.B. Singularitäten unter Einzellasten, Punktlagern. Im Gegensatz dazu sind die Ele-

mentknotenkräfte mit den äusseren Knotenlasten exakt im Gleichgewicht - da ja das

Gleichungssystem danach gelöst wurde.

Diese Elementknotenkräfte errechnen sich aus der Multiplikation der lokalen Steifig-

keitsmatrix mit den Knotenverschiebungen (siehe (2.13))

bzw. (4.42)

p

σ

δaT p δεTσ VdV∫=

σV p

ap

Φ p( ) 0≤

api

∂Φk p( )∂ pi

------------------- λk

k 1=

n

∑=λk 0 falls Φk p( ) 0<=

λk 0 falls Φk p( ) 0=≥

pk a

p k a= p k a ap–( )=

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

64

wobei die plastischen Knotenverschiebungen ermittelt nach (4.41) darstellt. Sie bil-

den einen - dimensionalen Raum. Dabei bezeichnet die Anzahl der

Knoten und die Anzahl der Freiheitsgrade eines Knotens. Diese Knotenkräfte erfül-

len a priori Gleichgewichtsbedingungen, womit sich ihr Raum auf re-

duziert, was auch dem Rang von entspricht.

Bild 4.13 - Knotenkräfte, gezeigt am Beispiel eines finiten Plattenelementes im lokalen

kartesischen , , - Koordinatensystem

Bild 4.13 zeigt z.B. ein finites Plattenelement im dimensio-

nalen Knotenkraftraum. Da diese Knotenkräfte Gleichgewichtsbedingungen

erfüllen, reduziert sich ihr Raum auf die Dimension , was

auch dem Rang der lokalen Plattensteifigkeitsmatrix entspricht.

Um aufgrund der Knotenkräfte bemessen zu können, müssen die Fliessbedingungen

im - dimensionalen Raum aufgestellt werden. Die Herleitung der Fliessbedin-

gungen im - dimensionalen Raum wäre aufwendig. Zur Vereinfachung des Pro-

blems wird eine reduzierte Anzahl von verallgemeinerten Spannungen (Verzerrungen)

verwendet und für diese die Fliessbedingungen aufgestellt.

In den folgenden beiden Kapiteln wird die nichttriviale Herleitung der linearisierten

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum gezeigt.

4.3.3 Fliessbedingungen für Platten im Knotenkraftraum

Drückt man die Verzerrungen

(4.43)

von Platten nach (4.36) über Verzerrungszustände und mit als verallge-

meinerte Verzerrungen aus, so können die Verzerrungszustände in einem lokalen, ele-

mentbezogenen , - Koordinatensystem folgendermassen dargestellt werden

apmd mn mf= mn

mfmg mr m= d mg–

k

ξ

ηζ

pb

pb kbab=mη

ξ η ζ

md mn mf 4 3⋅ 12= = =mg 3=

mr md mg– 12 3– 9= = =

Φ p( ) mrmr

ms

εb Eb qb=

ms 7= Eb qb

ξ η

Fliessbedingungen für Platten und Schalen im Knotenkraftraum

65

(4.44)

Dabei bezeichnen

und (4.45)

die konstanten bzw. höheren Verzerrungszustände. Der Index steht für Biegung,

steht für konstante, für höhere Zustände. Mit bezeichnet man die Verzerrungs-

komponente für den Verzerrungszustand (Mode) . Unter Anwendung der linearen

Operatormatrix gilt für Platten nach (3.31) die Beziehung

(4.46)

Die Verschiebungszustände, die diese Verzerrungen erzeugen, werden zu einer Matrix

zusammengefasst

(4.47)

Mit

und (4.48)

werden die zu den konstanten bzw. höheren Verzerrungszuständen zugehörigen Ver-

schiebungszustände bezeichnet. Die ersten beiden Zeilen von stellen die jeweiligen

Rotationen und , die dritte Zeile die Verschiebung dar. Diese drei Verfor-

mungsgrössen entsprechen den Elementknotenverschiebungsparametern. Bild (4.14)

zeigt die Verformungszustände für ein Plattenelement.

Eb Ebk Ebh[ ]

χξ

χη

χξη 1 . . ξ . η .

. 1 . . η . ξ

. . 1 . . 2ξ 2η

= = =

Ebk

1 . .

. 1 .

. . 1

= Ebh

ξ . η .

. η . ξ

. . 2ξ 2η

=

b kh Ebij

i jLb

Ebi Lb Ubi=

Ub

Ub Ubk Ubh[ ]

θξ

θη

w

∂w∂η-------

∂w∂ξ-------–

w . η ξ

2--- .

η2

2------ ξ2

2----- ξη

ξ– . η2---– ξ2

2-----– . ξη–

η2

2------

ξ2

2----- η2

2------ ξη

2------ ξ3

6----- η3

6------ ξ2η

2--------- ξη2

2---------

= = = =

Ubk

. η ξ2---

ξ– . η2---–

ξ2

2----- η2

2------ ξη

2------

= Ubh

.η2

2------ ξ2

2----- ξη

ξ2

2-----– . ξη–

η2

2------

ξ3

6----- η3

6------ ξ2η

2--------- ξη2

2---------

=

Ubθξ θη w

ms 7=

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

66

Bild 4.14 - Verformungszustände am finiten Plattenelement

Die dazugehörigen arbeitsassoziierten verallgemeinerten Spannungen errechnen sich

nach (4.38) aus

mit (4.49)

bzw.

ξξ

η

w

ξ

η

w

ξ

η

w

ξ

η

w

ξ

η

w

ξ

η

w

ξ

η

w

Ub1Ub1 Ub2

Ub3 Ub4

Ub5 Ub6

Ub7

Ub

Sbi EbiT σb Fd

F∫= σb

mξη

=

Fliessbedingungen für Platten und Schalen im Knotenkraftraum

67

(4.50)

(4.51)

(4.52)

Setzt man nun für jeden Elementknoten seine Koordinaten und in die Matrix der

Verschiebungszustände ein und fasst man diese 3x7 Untermatrizen für jeden Knoten

i zu einer Matrix zusammen, so ergibt sich diese zu

mit (4.53)

Mit der Analogie zu nach (2.4) lassen sich die Verzerrungszustände auch

durch die entsprechenden Knotenverschiebungen mit

(4.54)

ausdrücken. Die verallgemeinerten Spannungen können mit Hilfe von (2.10) und

(4.54) direkt aus den Beziehungen

(4.55)

errechnet werden und sind somit eine Funktion der Elementknotenkräfte . Für das

Aufstellen der linearisierten Fliessbedingungen muss eine direkte Beziehung zwischen

den unbekannten Spannungen im Element und den verallgemeinerten Spannungs-

grössen aufgestellt werden.

Nach dem unteren Grenzwertsatz der Plastizitätstheorie wird ein statisch zulässiger

Spannungszustand gewählt und für diesen die Fliessbedingungen formuliert: Das

Element wird zunächst durch sein lokales , - Koordinatensystem mit Ursprung im

Elementschwerpunkt in vier Quadranten geteilt (Bild 4.15). Für jeden dieser Quadranten

wird ein konstantes Spannungsfeld eingeführt. Mit Hilfe des Prinzips der virtuellen

Verschiebungen wird mit der Arbeitsgleichung

(4.56)

die statische Äquivalenz zwischen den verallgemeinerten Spannungen und dem

Spannungsfeld hergestellt. Zwischen den Nachbarszonen A - B bzw. A - C in den vier

Quadranten können Diskontinuitäten vorliegen, die aber das Gleichgewicht nicht verlet-

zen. Die , - Beziehung lässt sich nun wie folgt ausdrücken

Sb1 mξ Fd∫= Sb2 mη Fd∫= Sb3 mζη Fd∫=

Sb4 ξmξ Fd∫= Sb5 ηmη Fd∫=

Sb6 ηmξ 2ξmξη+( ) Fd∫= Sb7 ξmη 2ηmξη+( ) Fd∫=

ξ ηUb

Ub

Ub

Ub ξi ηi,( )

.

Ub ξmnηmn

,( )

= i 1…mn=

ε B a= EbUb

Eb Bb Ub=

Sb

Sb EbTσb F Ub

TBb

Tσb F UbT

pb=dF∫=d∫=

pb

σbSb

σbξ η

σb

δqbiT

Sbi δqbiT Ebi

T σb F δqbiT Ebi

T σb Fd∫=d∫ δqbiT Ubi

Tpb= =

und Sbi UbiT

pb EbiT σb Fd∫= =

Sbiσb

σb Sb

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

68

(4.57)

Dabei bezeichnet die Elementquerschnittsfläche und , die statischen Momente

um die jeweiligen Achsen

(4.58)

Für jeden dieser Quadranten wird aus dem entsprechenden Vorzeichen ermittelt

(Bild 4.15).

Die linearisierten Fliessbedingungen aus (4.28) für ein infinitesimales Plattenelement

werden nun ins lokale , - Koordinatensystem übertragen und ergeben sich für die

untere Bewehrungslage zu

(4.59)

und für die obere Bewehrungslage zu

(4.60)

Die konstanten Spannungszustände in den vier Quadranten müssen nun diese Fliessbe-

dingungen erfüllen.

Setzt man nun die Komponenten , und aus nach (4.57) in (4.59) bzw.

(4.60) ein, so ergeben sich die Fliessbedingungen für die Plattenunterseite zu

(4.61)

und für die Plattenoberseite zu

(4.62)

Die Ausdrücke , und repräsentieren Mittelwerte der tatsächlichen

Spannungen , und über die Elementfläche , während die zusätzlichen Ter-

me , und , den Übergang von infinitesimalen Element zum finiten Ele-

ment kennzeichnen. Wertet man diese Fliesbedingungen für alle vier Quadranten aus

σb

mξη

1F--- . .

1Sη-----± . . .

.1F--- . .

1Sξ-----± . .

. .1F--- . .

12Sη---------± 1

2Sξ--------±

Sb1

Sb2

Sb3

Sb4

Sb5

Sb6

Sb7

= =

F Sξ Sη

Sξ η Fd∫= Sη ξ Fd∫=

σb

ξ η

mξ mξη mξ+≤+ mη mξη mη

+≤+

mξ mξη mξ-≤+– mη mξη mη

-≤+–

mξ mη mξη σb

Sb1

F--------

Sb3

F--------

Sb4

Sη--------

Sb6

2Sη--------- mξ

+≤±±±Sb2

F--------

Sb3

F--------

Sb5

Sξ--------

Sb7

2Sξ-------- mη

+≤±±±

Sb1

F--------

Sb3

F--------

Sb4

Sη--------

Sb6

2Sη--------- mξ

-≤±±±–Sb2

F--------–

Sb3

F--------

Sb5

Sξ--------

Sb7

2Sξ-------- mη

-≤±±±

Sb1 F⁄ Sb2 F⁄ Sb3 F⁄mξ mη mξη F

Sb4 Sb5 Sb6 Sb7

Fliessbedingungen für Platten und Schalen im Knotenkraftraum

69

und berücksichtigt man nur jene Fliessbedingungen die einmal vorkommen, so ergeben

sich in Summe 32 Fliessbedingungen.

Bild 4.15 - Statisch zulässige Spannungszustände

4.3.4 Fliessbedingungen für Schalen im Knotenkraftraum

Die linearisierten Fliessbedingungen für Schalen ergeben sich aus dem Sandwichmodell.

In Analogie zu den Plattenelementen werden zunächst die Fliessbedingungen für die

ξ

η

σb1 σb2

ξ

η

ξ

η

σb3

mξη

ξ

ηmξ

σb4

σb5

ξ

ηmη

σb6

σb7

ξ

η

AB

CD

ξ

η

aa

bb

mξη

mξη

ξ

η

mη mξη 0= = mξ mξη 0= =

mξ mη 0= = mη mξη 0= =

mξ mξη 0= = mξ mη 0= =

mξ mη 0= =

σb

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

70

Membranelemente hergeleitet. Zusammen mit den linearisierten Fliessbedingungen für

die Biegung werden diese zu den Fliessbedingungen für Schalen kombiniert.

Dückt man die Membranverzerrungen (vgl. (3.38))

(4.63)

von Scheiben nach (4.36) über Verzerrungszustände und mit als verall-

gemeinerte Verzerrungen aus, so können die Verzerrungszustände in einem lokalen,

elementbezogenen , - Koordinatensystem folgendermassen dargestellt werden

(4.64)

Dabei bezeichnen

und (4.65)

die konstanten bzw. höheren Verzerrungszustände. Der Index steht für Membran,

für konstante Moden und für höhere Moden. Die Knotenverschiebungen eines finiten

Scheibenelementes, die diese Verzerrungen erzeugen, können wiederum mit Hilfe der

Operatormatrix nach (3.38) aus der Beziehung

(4.66)

ermittelt werden. Die Knotenfreiheitsgrade eines Membranelementes ergeben sich zu

(4.67)

εm Em qm=

ms 5= Em qm

ξ η

Em Emk Emh[ ]

εξ

εη

γ ξη

∂u∂ξ------

∂v∂η------

∂u∂η------ ∂v

∂ξ------+

1 . . η .

. 1 . . ξ

. . 1 . .

= = = =

Emk

1 . .

. 1 .

. . 1

= Emh

η .

. ξ

. .

=

m kh

Lm

Emi LmUmi=

UmUmk

d Umhd

Umkr Umh

r

u

v

θζ ξ .

η2--- ξη η2

2------–

. η ξ2--- ξ2

2-----– ξη

. . . ξ– η

= = =

Fliessbedingungen für Platten und Schalen im Knotenkraftraum

71

(4.68)

Mit und , bzw. mit und werden die zu den konstanten bzw. höhe-

ren Verzerrungszuständen zugehörigen Verschiebungen bzw. Rotationen, bezeichnet.

Nur bei den Elementen nach der Free Formulation Theorie (Bergan [7]), die sich durch

die Besonderheit eines Rotationsfreiheitsgrades in auszeichnen, finden diese Subma-

trizen und Verwendung. Verwendet man aber isoparametrische Elemente, so

setzt sich die Verschiebungsmatrix nur aus den beiden Submatrizen und

zusammen. Die Verschiebungszustände für ein Rechteckelement nach der Free Formu-

lation Theorie sind im Bild 4.16 dargestellt.

Bild 4.16 - Die 5 Verschiebungszustände eines finiten Scheibenelementes

Umkd

ξ .η2---

. η ξ2---

=

Umkr

. . .=

Umhd

ξη η2

2------–

ξ2

2-----– ξη

=

Umhr

ξ– η=

Umkd Umh

d Umkr Umh

r

ζUmk

r Umhr

Um Umkd Umh

d

ξ

η

ξ

η

ξ

η

ξ

η

ξ

η

Um1 Um2

Um3 Um4

Um5

u

v

u

v

u

v

u

v

u

v

Um

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

72

Die dazugehörigen verallgemeinerten Spannungen sind gegeben durch

mit (4.69)

bzw.

(4.70)

(4.71)

Die Berechnung der verallgemeinerten Spannungen in (4.70) und (4.71) basiert auch auf

(4.38). Die 3 x 5 Matrix ermittelt sich für jeden Elementknoten durch Einsetzen sei-

ner Koordinaten in (4.67). Diese Untermatrizen werden dann schliesslich wieder zur Ma-

trix zusammengefasst.

mit (4.72)

Nun können wiederum die verallgemeinerten Spannungen nach (4.55) durch Multipli-

kation von mit den Elementknotenkräften ermittelt werden

(4.73)

Das statisch zulässige Spannungsfeld wird auf folgende Art und Weise gewählt: Das

Element wird durch sein lokales , - Koordinatensystem mit Ursprung im Element-

schwerpunkt in vier Quadranten geteilt (Bild 4.17). Für jeden dieser Quadranten wird

ein konstantes Spannungsfeld für , und eingeführt. Aus dem Prinzip der

virtuellen Arbeiten, analog zu (4.56), wird die statische Äquivalenz zwischen den verall-

gemeinerten Spannungen und dem Spannungsfeld abgeleitet. Es ergibt sich

nun folgende Beziehung zwischen dem statisch zulässigen Spannungsfeld und den ver-

allgemeinerten Spannungen

(4.74)

Smi EmiT σm Fd∫= σm

nξη

=

Sm1 nξ FdF∫= Sm2 nη Fd

F∫= Sm3 nξη Fd

F∫=

Sm4 ηnξ FdF∫= Sm5 ξnη Fd

F∫=

Um i

Um

Um

Um ξi ηi,( )

.

Um ξmnηmn

,( )= i 1…mn=

Um pm

Sm UmT

pm=

σmξ η

σm nξ nη nξη

Smi σmi

σm

nξη

1F--- . .

1Sξ-----± .

.1F--- . .

1Sη-----±

. .1F--- . .

Sm1

Sm2

Sm3

Sm4

Sm5

= =

Fliessbedingungen für Platten und Schalen im Knotenkraftraum

73

Die statisch zulässigen Spannungszustände sind im Bild (4.17) dargestellt.

Bild 4.17 - Verallgemeinerte Spannungen für ein finites Scheibenelement

Die statischen Momente und errechnen sich analog zu (4.58) mit

(4.75)

Für jeden dieser Quadranten wird der entsprechende Spannungszustand ermittelt. Die

Fliessbedingungen für ein infinitesimales Scheibenelement im lokalen , - Koordina-

tensystem ergeben sich zu

(4.76)

(4.77)

ξ

η

ξ

ησm2

ξ

ησm3

ξ

ησm4

ξ

ησm5

AB

CD

ξ

η

aa

bb

nη nξη 0= =nξ nξη 0= =

nξ nη 0= = nη nξη 0= =

nξ nξη 0= =

σm1

nξηnξ

Sξ Sη

Sξ η Fd∫= Sη ξ Fd∫=

ξ η

nξ nξη r sξ+≤± nη nξη r sη

+≤±

nξ nξη r c≤±– nη nξη r c≤±–

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

74

(4.78)

Von den zehn Ungleichungen kontrollieren vier die Bewehrung und sechs den Beton.

Die konstanten Spannungszustände in jedem der vier Quadranten müssen die Fliessbe-

dingungen (4.76) bis (4.78) erfüllen. Für den Fall eines rechteckigen Elementes ergeben

sich daraus 40 Ungleichungen, die sich aber auf 18 reduzieren lassen, weil bestimmte

Ungleichungen in den einzelnen Quadranten identisch sind.

(4.79)

(4.80)

(4.81)

Der Übergang der Fliessbedingungen vom infintesimalen zum finiten Element erfolgt

analog wie bei den Plattenelementen beschrieben.

Bereits im Abschnitt 4.2 wurde gezeigt wie sich die Fliessbedingungen für Membran-

und Biegebeanspruchung aufstellen lassen. Dabei wird mit Hilfe des Sandwichmodells

die Aufteilung der Kräfte vorgenommen. Die linearisierten Fliessbedingungen für kom-

binierte Beanspruchung im lokalen , - Koordinatensystem ergeben sich für die un-

tere Bewehrungslage zu

(4.82)

und für die obere Bewehrungslage zu

(4.83)

Ausgedrückt in Funktion der verallgemeinerten Biegespannungen bis und der

verallgemeinerten Membranspannungen bis lassen sich die Gleichungen in

(4.82) und (4.83) noch anschreiben

2nξη r c≤±

Sm1

F---------

Sm3

F---------

Sm4

Sξ--------- r sξ

+≤±±Sm2

F---------

Sm3

F---------

Sm5

Sη--------- r sη

+≤±±

Sm1

F---------

Sm3

F---------

Sm4

Sξ--------- r c≤±±–

Sm2

F---------

Sm3

F---------

Sm5

Sη--------- r c≤±±–

2Sm3

F--------- r c≤±

ξ η

mξd

------nξ2-----

mξηd

---------nξη2

--------+ r sξ+≤+ +

mηd

-------nη2-----

mξηd

---------nξη2

--------+ r sη+≤+ +

mξd

------–nξ2-----

mξηd

---------–nξη2

--------+ r sξ-≤+ +

mηd

-------–nη2-----

mξηd

---------–nξη2

--------+ r sη-≤+ +

Sb1 Sb7Sm1 Sm5

Fliessbedingungen für Platten und Schalen im Knotenkraftraum

75

(4.84)

Die ersten beiden Ungleichungen betreffen die untere, die letzten beiden die obere Be-

wehrungslage im Sandwichdeckel. In Summe ergeben sich 64 linearisierte Fliessbedin-

gungen für ein rechteckiges finites Schalenelement.

4.3.5 Linearisierte Fliessbedingungen fürDreieckelemente

Für die Behandlung von Dreieckelementen werden nur die konstanten Verzerrungszu-

stände mit ihren dazugehörigen verallgemeinerten Spannungen benötigt. Die verallge-

meinerten Spannungen für Platten und Scheiben lassen sich mit

(4.85)

angeben und die dazugehörigen linearisierten Fliessbedingungen für ein Plattenelement

ergeben sich für die Plattenunter- und oberseite zu

(4.86)

(4.87)

und für ein Membranelement zu

(4.88)

(4.89)

Sm1

2F---------

Sm4

2Sξ---------±

Sb1

dF--------

Sb4

dSη---------

Sb6

2dSη------------±±

Sm3

2F---------

Sb3

dF--------+

r sξ+≤±+

Sm2

2F---------

Sm5

2Sη---------±

Sb2

dF--------

Sb5

dSξ--------

Sb7

2dSξ------------±±

Sm3

2F---------

Sb3

dF--------+

r sη+≤±+

Sm1

2F---------

Sm4

2Sξ---------±

Sb1

dF--------

Sb4

dSη---------

Sb6

2dSη------------±±

–Sm3

2F---------

Sb3

dF--------–

r sξ-≤±

Sm2

2F---------

Sm5

2Sη---------±

Sb2

dF--------

Sb5

dSξ--------

Sb7

2dSξ------------±±

–Sm3

2F---------

Sb3

dF--------–

r sη-≤±

Sb

Sb1

Sb2

Sb3

= Sm

Sm1

Sm2

Sm3

=

Sb1

F--------

Sb3

F-------- mξ

+≤±Sb2

F--------

Sb3

F-------- mη

+≤±

Sb1

F--------

Sb3

F-------- mξ

-≤±–Sb2

F--------–

Sb3

F-------- mη

-≤±

Sm1

F---------

Sm3

F--------- r sξ

+≤±Sm2

F---------

Sm3

F--------- r sη

+≤±

Sm1

F---------

Sm3

F--------- r c≤±–

Sm2

F---------

Sm3

F--------- r c≤±–

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

76

(4.90)

Die linearisierten Fliessbedingungen entsprechen hier den Fliessbedingungen für ein

differentielles Element, bei denen anstelle der Spannungen , , bzw. , ,

ihre Mittelwerte über die Elementfläche eingesetzt werden. Für Schalenelemente

werden die linearisierten Fliessbedingungen wieder aus dem Sandwichmodell abgelei-

tet.

(4.91)

Die Anzahl der linearisierten Fliessbedingungen für dreieckige Schalenelemente ergibt

sich zu 8.

4.3.6 Querkraft

Sind Platten und Schalen einer hohen Querkraftbeanspruchung ausgesetzt, so kann es

zu einem schlagartigen Versagen der Strukturen kommen. Die Sprödigkeit des Bruches

verhindert eine Schnittgrössenumlagerung, die zu einer Entlastung in den hochbean-

spruchten Zonen führen würde. Will man den Schubeinfluss in die Berechnung mitein-

beziehen, so führt man zur Erfassung des Verzerrungszustandes die konstant

angenommenen Schiebungen und ein, mit den zwei zusätzlichen Verzerrungs-

zuständen und . Damit nimmt die Matrix der Verzerrungszustände nach

(4.44) folgende Gestalt an

(4.92)

wobei

2Sm3

F--------- r c≤±

mξ mη mξη nξ nηnξη F

Sm1

2F---------

Sb1

dF--------

Sm3

2F---------

Sb3

dF--------+

r sξ+≤±+

Sm2

2F---------

Sb2

dF--------

Sm3

2F---------

Sb3

dF--------+

r sη+≤±+

Sm1

2F---------

Sb1

dF--------–

Sm3

2F---------

Sb3

dF--------–

r sξ-≤±

Sm2

2F---------

Sb2

dF--------–

Sm3

2F---------

Sb3

dF--------–

r sη-≤±

εbγ ξζ γ ηζ

Eq1 Eq2 Eb

Eb Ebk Ebh Eq[ ]

χξ

χη

χξη

γ ξζ

γ ηζ

1 . . ξ . η . . .

. 1 . . η . ξ . .

. . 1 . . 2ξ 2η . .

. . . . . . . 1 .

. . . . . . . . 1

= = =

Fliessbedingungen für Platten und Schalen im Knotenkraftraum

77

mit und (4.93)

die Verzerrungszustände konstanter Schiebung darstellen. Die zu diesen Verzerrungs-

zuständen zugehörigen Verschiebungszustände

und (4.94)

sind im Bild 4.18 dargestellt. Wesentlich ist, dass die angenommenen Verzerrungszu-

stände inkompatibel mit der Plattentheorie nach Kirchhoff sind. Diese Tatsache ist je-

doch ohne Belang, da dass Gleichgewicht nach dem Prinzip der virtuellen Arbeiten

hergestellt wird.

Bild 4.18 - Verformungszustände bei Querkraftbeanspruchung

Die verallgemeinerten Spannungen errechnen sich nach (4.38) zu

(4.95)

Die numerische Berechnung der verallgemeinerten Spannungen erfolgt wieder über die

Matrix der Knotenpunktverschiebungen und mit den Knotenkräften

mit und (4.96)

Eq Eq1 Eq2[ ]= Eq1

.

.

.

1

.

= Eq2

.

.

.

.

1

=

Uq1

.

.

ξ–

= Uq2

.

.

η–

=

ξ

η

w

ξ

η

w

w ξ–= w η–=

Sq1 qξ Fd∫= Sq2 qη Fd∫=

Uq pb

Uq

Uq ξi ηi,( )

.

.

Uq ξmnηmn

,( )

= i 1…mn= Sq UqT

pb=

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

78

Als statisch zulässiger Spannungszustand wird ein über die gesamte Elementfläche kon-

stanter Spannungszustand für und gewählt mit (Bild 4.19)

Bild 4.19 - Statisch zulässige Spannungszustände für die Querkräfte

Die , - Beziehung ergibt sich demnach zu

(4.97)

und setzt man und anstelle von und in die Gleichungen nach Bild 4.12 ein,

so ergeben sich die zusätzlichen Anteile für die resultierenden Zugkräfte in den Sand-

wichdeckeln für mit

(4.98)

wobei als Hauptquerkraft bezeichnet wird und sich aus

mit (4.99)

errechnet. Die Anteile für die - Richtung

bzw. (4.100)

und für die - Richtung

bzw. (4.101)

werden in Verbindung mit dem verwendeten Sandwichmodell auf der linken Seite der

Ungleichungen (4.84) hinzugefügt. Dabei ist zu beachten, dass die Linearität in den

Fliessbedingungen verloren geht, da die verallgemeinerten Spannungen und

im Quadrat vorkommen. Ist die Bedingung mit nach SIA 162 [27]

σq1 σq2

ξ

η

σq1 σq2

ξ

η

σq

σq Sq

σq

1F--- .

.1F---

Sq1

Sq2

= =

qξ qη qx qy

θ 45°=

nqξqξ

2

2q0--------= nqη

qη2

2q0--------= nqξη

qξ qη2q0-----------=

q0

q01F--- Sq0= Sq0 Sq1( )2

Sq2( )2+=

ξ

nqξ nqξη± 12FSq0--------------- Sq1

2Sq1Sq2±( )

η

nqη nqξη± 12FSq0--------------- Sq2

2Sq1Sq2±( )

Sq1 Sq2τc red,

Plastische Widerstände aus den Bewehrungsfeldern

79

(4.102)

nicht erfüllt so errechnet sich die erforderliche Schubbewehrung aus (vgl. Seite 61)

(4.103)

4.4 Plastische Widerstände aus denBewehrungsfeldern

Die bereits definierten plastischen Widerstände sind nur gültig, wenn sich die orthogo-

nale Bewehrung in der lokalen , - Richtung des Elementes befindet. Im allgemeinen

befinden sich aber mehrere Bewehrungslagen in beliebigen Richtungen übereinander

(siehe Bild 4.20)

Bild 4.20 - Beliebige Bewehrungsrichtung von mehreren Bewehrungslagen

Unter der Annahme, dass in allen Bewehrungslagen die Fliessgrenze erreicht wird,

ergibt sich die Stahlspannung für eine unter dem Winkel zur lokalen - Achse

befindlichen Bewehrungslage zu

(4.104)

Der Widerstand der - ten schiefliegenden Bewehrung infolge Zugbeanspruchung

wird aus der Normalprojektion des Spannungsvektors auf die Aussennormalenvek-

q0

d----- τc red,≤

asq

q0

d f y---------=

ξ η

ξ

η

αi

αi 1+

f yσs α ξ

σs

nsξ

nsη

nsξη α2

cos

α2sin

α αcossin

as f y= =

i WYiσsi

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

80

toren (Aussennormalenvektoren weisen in Richtung der Normalspannungen auf

Zug) der Fliessebenen mit j = 1, 2, 3, 4 bestimmt

(4.105)

mit als - ter Bewehrungsfläche pro Einheitsbreite. Mit wird der Winkel der -

ten Bewehrungslage zur - Achse bezeichnet. Betrachtet man aber Bewehrungsla-

gen, so ergibt sich der totale plastische Widerstand einfach durch eine Aufsummation

der einzelnen Widerstände aus den Bewehrungsstäben.

Die linearisierten Fliessbedingungen im Knotenkraftraum ergeben sich nun allgemein

zu

(4.106)

oder mit zu

mit (4.107)

Alle bisher gezeigten Ableitungen und Formulierungen sind für allgemeine Viereck-

und Dreieckelemente gültig. Wesentlich dabei ist, dass durch die Linearisierung der

Fliessbedingungen die Invarianz gegenüber der Elementrichtung bzw. Bemessungsrich-

tung verloren geht. Diese Richtung sollte jedoch möglichst gut mit der Bewehrungsrich-

tung der eingelegten Bewehrung übereinstimmen, um eine hohe Ausnützung des

Bewehrungsstahls zu ermöglichen.

4.5 Maschenparameter

Die Beschränkung auf bestimmte Verzerrungszustände bei Platten- und Membranele-

menten führt dazu, dass der tatsächliche Verzerrungszustand eines Elementes nicht

vollständig beschrieben werden kann. Eine vollständige Erfassung aller Verzerrungszu-

stände führt zu einer weitaus komplizierteren Fliessfläche und im weiteren auch zu ei-

ner viel grösseren Anzahl von linearisierten Fliessbedingungen. Durch die Betrachtung

von Verzerrungzuständen ergibt sich ein - dimensionaler Unterraum vom

Knotenkraftraum mit der Dimension . Da die Knotenkräfte Gleichgewichts-

bedingungen erfüllen müssen, reduziert sich ihr Raum auf die Dimension

, was auch dem Rang der Steifigkeitsmatrix entspricht. Die daraus er-

mittelte linearisierte Fliessfläche kann als Projektion in einem - dimensionalen

Y jΦ j

WYi YTσsi

1 1 . .

. . 1 1

1 1– 1 1–

T

σsi

αi αi αicossin+2

cos

αi αi αicossin–2

cos

αi αi αicossin+2

sin

αi αi αicossin–2

sin

asi f y===

asi i αi iξ nr

YTS WY≤

S UT

p=

FT p WY≤ F U Y=

ms Ei ms RsRd md mg

Rrmr md mg–= k

Φ p( ) Rs

Maschenparameter

81

Unterraum gedeutet werden, wobei sich in den Richtungen von Projektions-

strahlen jeweils ein offener Zylinder ergibt. In Richtung dieser Zylinderachsen können

die Knotenkräfte unbeschränkt wachsen, ohne dass dabei eine der Fliessbedingungen

verletzt wird. Somit existieren Knotenkraftkombinationen im Element, welche durch die

Fliessbedingungen nicht eingeschränkt bzw. kontrolliert werden können.

Bild 4.21 - Unkontrollierte Knotenkraftkombinationen bei Biegeelementen

Betrachtet man ein quadratisches Plattenelement nach der Free - Formulation Theorie

mit drei Freiheitsgraden pro Knoten, so existieren linear

unabhängige, unkontrollierte Knotenkraftkombinationen (Bild 4.21).

Bild 4.22 - Unkontrollierte Knotenkraftkombinationen bei Membranelementen

mr ms–

ξη

ζ

21–

1–1

12–

1

1

11

1

1–1–12

2–

mr ms– 12 3–( ) 7 2=–=

ξη

ζ

1–1

1–

1

11

1

11

1

3

1–1

8

1

1–

3–3

8

8

3

3–

3

3–

1–

1

3–

3

3

3–

8

1–

3–

3

3–

3–

3

1

1–

1–1

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

82

Bei einem quadratischen Membranelement nach der Free - Formulation Theorie mit sei-

nen drei Freiheitsgraden (zwei Verschiebungen und eine fiktive Rotation) pro Knoten

exisitieren bei fünf gewählten Verzerrungszuständen line-

ar unabhängige, unkontrollierte Knotenkraftkombinationen (Bild 4.22).

In den Bildern 4.21 und 4.22 sind die durch die Fliessbedingungen unkontrollierten Kno-

tenkraftkombinationen an einem quadratischen finiten Element für die Biege- und Mem-

branbeanspruchung gezeigt. Jede Knotenkraftkombination kann aus einer anderen

Kombination abgeleitet werden, in dem man die - Achse um im Elementschwer-

punkt rotiert.

Jeder Knotenkraftkombination für ein Plattenelement im Raum entspricht ein Vektor

, der sich aus der Summe von zwei orthogonalen Vektoren ergibt

(4.108)

Der Vektor verursacht die gleichen verallgemeinerten Spannungen wie der Vek-

tor und ist mit diesem bezüglich seiner Verschiebungszustände vollkommen statisch

äquivalent.

(4.109)

Aufgrund der vorliegenden Orthogonaltität zwischen den beiden Vektoren und

gilt für den von den Fliessbedingungen nicht kontrollierten Knotenkraftanteil die

Beziehung

(4.110)

wobei die Knotenkräfte in die Richtung der Projektionsstrahlen auf dem Unter-

raum zeigen. Sie können daher uneingeschränkt wachsen, ohne dass dabei eine der

Fliessbedingungen verletzt wird. Aus diesem Grund wird der Maschenparameter

eingeführt, der das Verhältnis der äusseren Arbeiten darstellt, die die Knotenkräfte an

den kontrollierten Verschiebungszuständen und an den tatsächlichen Verschiebungen

leisten.

(4.111)

Mit bezeichnet man den Vektor der Knotenkräfte und mit den tatsächlichen Kno-

tenverschiebungsvektor. stellt den aus den Verzerrungszuständen der tatsächlichen

Verschiebungen am besten angepassten Verschiebungsvektor dar. Mit dem Minimum

der Fehlerquadrate lassen sich nun generalisierte Koordinaten für die Verschiebun-

gen mit folgender Bestimmungsgleichung berechnen mit nach (4.53)

(4.112)

mr ms– 12 3–( ) 5 4=–=

ξ 90°

pb

pb pb ∆ pb+=

pb Sbpb

Sb UbT

pb UbT

pb= =

pb∆ pb

UbT∆ pb 0=

∆pb

Λb

ΛbWb

Wb-------

12--- ab

T pb

12--- ab

T pb

----------------= =

pb abab

αUb

Ub α ab– R=

Duktilitätsnachweis

83

stellt das Residuum dar. Mit der Extremalbedingung als die Bestimmungs-

gleichung und mit lässt sich bestimmen zu

(4.113)

Mit

(4.114)

lässt sich der Maschenparameter nach (4.111) berechnen. Bei zusätzlicher Membranbe-

anspruchung ist zur Berechnung von analog vorzugehen ((4.112) bis (4.114)). Der

Maschenparameter für Schalen berechnet sich dann aus

(4.115)

indem man zu den Arbeitsanteilen für Biegung im Zähler und im Nenner die Arbeitsan-

teile aus der Membranbeanspruchung addiert.

Der Maschenparameter bzw. ist ein Mass für die Abweichung der Elementkno-

tenkräfte vom Vektor der kontrollierten Knotenkräfte . Weil nie grösser sein

kann als , gilt stets . Ist so wird der Spannungszustand im Element

zur Gänze kontrolliert, nimmt er aber Werte unter 0,8 an, so sollte die Berechnung mit

verfeinerter Masche wiederholt werden.

4.6 Duktilitätsnachweis

Das plastische Verformungsvermögen von Stahlbetonbauteilen unter vorwiegender

Biege- bzw. Zugbeanspruchung wird massgeblich von den Duktilitätseigenschaften des

verwendeten Bewehrungsstahls bestimmt. Bisher wurde stillschweigend angenommen,

dass die Duktilität der Betonstähle ausreichend vorhanden sei. Angesichts der in den

letzten Jahren beobachteten Verminderung der plastischen Verformbarkeit von Beweh-

rungsstählen bedingt durch die Beimengung von höheren Anteilen an Schrott bei der

Stahlgewinnung, spielt der Nachweis der Duktilität heute eine immer grössere Rolle

(Marti [20]). Die Grundlage zur Definition der Duktilität bildet ein bilineares, elastopla-

stisches Kraft - Verformungsdiagramm. Als Duktilität wird das Verhältnis der elastisch

- plastischen Verformung zur elastischen Verformung bei Fliessbeginn bezeichnet und

errechnet sich aus

(4.116)

Dabei stellt die Stahldehnung und die Dehnung zu Fliessbeginn dar (Bild 4.23).

R ∂Q∂α------- 0=

Q RTR= α

α UbTUb[ ]

1–Ub

Tab=

ab Ubα=

amΛs

ΛsWb Wm+Wb Wm+-----------------------=

Λb Λspb pb Wb

Wb Λb 1≤ Λb 1=

µεs

εy----=

εs εy

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

84

Bild 4.23 - Duktilität

Stellt die maximal mögliche Verformung dar, d.h. unmittelbar bevor der

Bruch eintritt, so spricht man von Grenzduktilität. Die in einem Tragwerk auftretende

Duktilität sollte stets kleiner sein als die Grenzduktilität. Um den Nachweis der Duktili-

tät durchführen zu können, werden zunächst die Krümmungen im Querschnitt be-

stimmt und aus dem Kräftegleichgewicht wird die Lage der Dehnungsebene festgelegt.

Ist diese bekannt, so kann aus (4.116) die Duktilität bestimmt werden.

Der im Abschnitt (2.4) erklärte Lastschrittalgorithmus liefert am Ende jeder Laststufe die

zu dieser Laststufe gehörenden Verschiebungen. Kann man die Krümmungen im finiten

Element bzw. in ausgewählten Punkten innerhalb des finiten Elementes aus den 2. Ab-

leitungen der Verschiebungen ermitteln, so ist die Neigung der Dehnungsebene eindeu-

tig festgelegt. Die Lage der Nullinie ist dann durch das Kräftegleichgewicht zwischen

Beton und Stahl eindeutig bestimmt. Für die Berechnung der Krümmungen im finiten

Element wird aus den Elementknotenverschiebungen eine Durchbiegungsverteilung

mit konstanten Krümmungen nach dem Minimum der Fehlerquadrate ermit-

telt (Bild 4.24). Ausgehend von einem vollständigen Polynom zweiten Grades als Appro-

ximationsfunktion

(4.117)

werden für die Durchbiegung die generalisierten Koordinaten mit nach

dem Minimum der Fehlerquadrate bestimmt. Bezeichnet man mit das - te Residu-

um, d.h. den Unterschied zwischen dem Wert des Polynoms , bzw. seiner Ab-

leitungen nach oder an der Stelle und dem aus den bekannten

Knotenverschiebungen gegebenen Sollwert , so ergibt sich aus dem Minimum der

Fehlerquadrate mit

(4.118)

Fliessdehnung totale Dehnung

Fliesswiderstand ohne VerfestigungFliesswiderstand

εmaxεy

σy

µεs

εy----=

Duktilität

εs

Grenzduktilität

µmax

εmax

εy----------=

εs ε= max

w ξ η,( )

w ξ η,( ) C0 C1ξ C2η C3 ξ2C4ξη C5 η2

+ + + + +=

Ci i 0…5=Ri i

w ξ η,( )ξ η ξi ηi,

ai

Q RTR Min⇒∑=

Duktilitätsnachweis

85

und

(4.119)

die folgende Bestimmungsgleichung für die Polynominalkoeffizienten bis

(4.120)

Dabei stellt den Elementverschiebungsvektor zum betrachteten Zeitpunkt dar, und

ist die Matrix der Polynominalterme. Für einen Elementknotenpunkt gilt

und (4.121)

Bild 4.24 - Verformtes Element über ein vollständiges Polygon 2. Grades angenähert

Kennt man , so können die Krümmungen im Element mit

(4.122)

R Z C a–=

C0 C5

C ZTZ( )1–ZTa=

a Zk

ak

θξ

θη

w

∂w∂η-------

∂w∂ξ-------–

w

= = Zk

. . 1 . ξk 2ηk

. 1– . 2– ξk η– k .

1 ξk ηk ξk2 ξkηk ηk

2

=

θξ

θηw

w ξ η,( ) C= 0 C1ξ C2η C3 ξ2C4ξη C5 η2

+ + + + +

ζ

η

ξ

k

w ξ η,( )

χ

∂2w

∂ξ2---------

∂2w

∂η2---------

2∂2

w∂ξ∂η-------------

2

C3

C5

C4

= =

Fliessbedingungen im Knotenkraftraum und Duktilitätsnachweis für ein finites Element

86

berechnet werden. Gemäss (4.122) wird angenommen, dass die Krümmungen konstant

über das gesamte finite Element sind. Rotiert man diese Krümmungen in die Bemes-

sungsrichtung, für die auch die Fliessbedingungen aufgestellt werden, so ist die Nei-

gung der Dehnungsebene (Krümmung) über die Plattendicke bekannt. Die Nullinie

wird nun von ihrer Ausgangslage nach links oder nach rechts verschoben, bis die aus

den Dehnungen ermittelten Kräfte für die Bewehrung und für den Beton übereinstim-

men (Bild 4.25).

Bild 4.25 - Lage der Dehnungsebene bei bekannter Krümmung

Für die Stahlzugkraft ergibt sich

(4.123)

Unter Berücksichtigung der Verfestigungseigenschaften von Bewehrungsstählen lässt

sich die Stahlzugkraft mit

(4.124)

angeben, wobei und der kinematische Verfestigungsparameter (sie-

he auch (5.5.1)) ist. Für die Ermittlung der Betondruckkraft wird eine rechteckig - pa-

rabelförmige Spannungsverteilung angenommen (Bild 4.26).

Bild 4.26 - Spannungskeil für den Beton

εc 3 5 ‰,≤

xDb

Z εs εy≥

εs εgrenz≤

Verschieben derDehnungsebene

dz

σc f c=

χ

Z

Z Es Asεs=

Z EAs εy hkin εs εy–( )+( )=

εs χ d x–( )= hkinDb

εc

σc

2 ‰ 3 5 ‰,

σc f c εc 1εc

4----–

=f c

Duktilitätsnachweis

87

Sie errechnet sich bei zu

(4.125)

und bei

(4.126)

mit . Durch Gleichsetzen von mit kann die Lage der Nullinie über er-

mittelt werden. Ist die Lage der Dehnungsebene bekannt, so kann aus dieser direkt die

Stahldehnung und mit dieser nach Bild 4.23 die Duktilität berechnet werden.

Beim Duktilitätsnachweis für Schalen wird für die Ermittlung der Zug- und Druckkräfte

der Einfluss der Membrankräfte mitberücksichtigt. Bei zunehmenden Membraneinfluss

nimmt die Neigung der Dehnungsebene ab. Wird die Betondruckkraft zu Null, so wird

in die Berechnung der Bewehrungsanteil der oberen Plattenbewehrung miteinbezogen.

Im Grenzfall wird die Krümmung und die Membrankraft wird auf die obere und

untere Bewehrung aufgeteilt. Die Ermittlung der Membrankraft erfolgt direkt aus den in

die Bemessungsrichtung rotierten verallgemeinerten Spannungen , wobei nur die

konstanten Spannungszustände im Element herangezogen werden.

εc 2 ‰<

Db b f c

εc2

2----- 1

εc

6----–

=

εc 2 ‰>

Db b f c εc23---–

=

εc χx= Z Db x

χ 0=

Sm

88

89

5 Elastoplastisches Elementgesetz imKnotenkraftraum

5.1 Grundlagen der ‘Face’ Methode

Die herkömmlichen nichtlinearen Materialbeschreibungen ermitteln aus einem zum

Zeitpunkt bekannten den für den Zeitpunkt benötigten Spannungs- und Ver-

zerrungszustand zufolge eines neuaufgebrachten Verzerrungsinkrementes. Dazu wird

das Materialgesetz für einen Spannungspunkt im Element aufgestellt. Im Gegensatz zu

dieser Vorgehensweise wird in diesem Kapitel nun ein Verfahren vorgestellt, bei dem

das Materialgesetz für das gesamte finite Element formuliert wird. Dabei wird nicht wie

bisher im Spannungs - Verzerrungsraum sondern im Knotenkraft - Verschiebungsraum

gearbeitet. In diesem werden auch die Fliessbedingungen formuliert (siehe Kapitel 4).

Verwendet man elastoplastische Materialien, d.h. auf der Plastizitätstheorie beruhende

Materialbeschreibungen, so lässt sich ihr elastoplastisches Verhalten in einem - di-

mensionalen Knotenkraft - Verschiebungsraum durch eine konvexe Fliessfigur beschrei-

ben. Diese Fliessfigur trennt den Knotenkraftraum in zwei Teile, in einen Raum der

elastischen mit

(5.1)

(aplastischer Bereich) und in einen Raum der plastischen Verschiebungszustände mit

(5.2)

Erreichen die aufgebrachten Verschiebungsinkremente die Fliessgrenze, so haben weite-

re Verschiebungsinkremente senkrecht zur Fliessfläche keine Zunahme der Knotenkräf-

te zur Folge. Es stellen sich nur mehr plastische Verschiebungsinkremente ein. Die

plastischen Verschiebungsinkremente errechnen sich aus

mit (5.3)

Der plastische Parameter stellt einen nichtnegativen Koeffizienten beliebiger Grösse

dar. Beschreibt man die Fliessfigur durch linearisierte Fliessfunktionen bzw. Teil-

flächen mit

....... (5.4)

t t ∆t+

md

Φ

Φ p( ) 0<

Φ p( ) 0=

ap

ap∂Φ∂p------- λ=

λ 0 falls Φ p( )≥ 0=

λ 0 falls Φ p( ) 0<=

λΦ n

Φ1 p( ) F1T p WY1– 0= = Φn p( ) Fn

T p WYn– 0= =

Elastoplastisches Elementgesetz im Knotenkraftraum

90

so wird die nichtlineare Fliessfunktion durch lineare Funktionen approximiert.

stellt den - ten initialen plastischen Widerstand dar. Das dazugehörige adaptier-

te Fliessgesetz lautet dann

mit (5.5)

Eine Fliessebene wird genau dann als aktiv bezeichnet, wenn die Bedingung

(5.6)

exakt erfüllt ist. Fasst man die einzelnen Aussennormalenvektoren resp. Fliessvektoren

zur Matrix zusammen, so können die linearisierten Fliessbedingungen noch in der

Form

oder (5.7)

angeschrieben werden mit als Vektor der verbleibenden Widerstände (Restwider-

stände). Ist ein Einheitsvektor, so stellt den Abstand der i - ten Fliessebene vom

Knotenkraftnullpunkt dar (siehe Bild 5.1).

Bild 5.1 - Nichtlineare und linearsierte Fliessfläche

Die zur Materialbeschreibung erforderlichen Knotenkräfte und Tangentensteifigkeits-

matrix für den Zeitpunkt müssen aus den Knotenkraft - Verschiebungsbezie-

hungen ermittelt werden, die bei elastoplastischen Materialien nur in inkrementeller

Form angegeben werden können.

Φ nWYn n

ap

∂Φi

∂p--------- λi F i λi

i 1=

n

∑=i 1=

n

∑=λi 0 falls F i

T p≥ WYi=

λi 0 falls F iT p WYi<=

i

Φi p( ) F iT p WYi 0=–=

F i F

FT p WY≤ W WY FT p–=

WF i WYi

1Φ p( ) 0=

Φ p( ) 0<

pj

apj

pk apk

p

Wi

F i

F iT p WYi– 0=

WYi

pkT t t∆+

Grundlagen der ‘Face’ Methode

91

Betrachtet man ein gegebenes Verschiebungsinkrement mit

(5.8)

so kann dieses in einen elastischen Anteil und in einen plastischen aufgeteilt wer-

den. Aus dem elastischen Anteil errechnen sich die Knotenkraftinkremente zu

(5.9)

bzw. mit (5.8) zu

(5.10)

wobei die Tangentensteifigkeitsmatrix darstellt. Die Fliessparameter lassen sich

unter der Voraussetzung eliminieren, dass der Knotenkraftvektor die Fliessbedin-

gung genauso erfüllt, wie der Knotenkraftvektor selbst. Die Knotenkraftinkremente

sind somit tangential zur Fliessfigur und liegen in der Hyperebene, die wiederum senk-

recht zum jeweiligen Fliessvektor steht (Bild 5.2).

Bild 5.2 - Knotenkraftinkrement mit seinen Auswirkungen

Aus der Bedingung der Orthogonalität zwischen Fliessvektor und Knotenkraftinkre-

menten

(5.11)

lassen sich die ‘s als Funktion von berechnen

(5.12)

Setzt man (5.12) in (5.10) ein, so ergeben sich die inkrementellen Knotenkräfte zu

a

a ae ap+=

ae app

p kae=

p k a ap–( ) k a F λ–( ) kT= a==

kT λp p+

p

apk

pp p+

p

pk

pj

apj

F i p( )

F i p p+( )

FT p FTk a F λ–( ) 0==

λ a

λ FTk

FTk F--------------- a=

p

Elastoplastisches Elementgesetz im Knotenkraftraum

92

(5.13)

mit als Tangentensteifigkeitsmatrix. Daraus ist auch ersichtlich, dass die Knotenkräf-

te sich nicht ändern, wenn der Verschiebungsvektor in die gleiche Richtung zeigt, wie

der Fliessvektor . Tritt nach Erreichen der Fliessgrenze eine Entlastung mit

auf, dann verhält sich das Material wieder elastisch mit und es gilt

.

5.2 Tableau - Algorithmus

Für Berechnung der Knotenkraftinkremente nach (5.10)

(5.14)

der plastischen Widerstände nach (5.7)

(5.15)

und der augenblicklichen Widerstandsinkremente

(5.16)

wird ein Tableau mit einem entsprechenden Algorithmus aufgestellt (Anderheggen [3]).

Man betrachtet zunächst einen teilplastifizierten Zustand, in dem Fliessbedingungen ak-

tiv sind und die dazugehörigen Restwiderstände verschwinden. Diese verschwinden-

den Widerstände werden zu einem Vektor zusammengefasst. Die Widerstän-

de treten nur in Verbindung mit inaktiven Fliessbedingungen auf, und bilden

die Widerstandsmenge von ( mit ). Analog dazu wird

auch die Menge der plastischen Parameter in zwei Teilmengen unterteilt, und zwar

in und für aktive und inaktive Fliessbedingungen ( mit

). Somit gehören und immer zu , während

und zu gehören.

Bild 5.3 zeigt den Zusammenhang der Beziehungen (5.14), (5.15) und (5.16) in Tabellen-

form für den elastischen Anfangszustand. Dargestellt auf der linken Seite sind die initia-

len Werte für die Knotenkräfte mit und für die plastischen Widerstände mit

( stellt den initialen plastischen Widerstandsvektor dar) sowie die Bezie-

hungen zwischen den Inkrementen und untereinander.

p kkFF T

FTk F---------------k–

a kT a= =

kT

a F λ=FTk a 0< λ 0=kT k=

p

p k a ap–( ) ka kF λ– ka kFλ0 0=

λ1 0≥

–= = =

W

WW0 0=

W1 0≥

WY FT p 0≥–= =

W

WW0 0=

W1 0≠

FT p– FTka– FTkF λ+= = =

W0 0=Wi 0≥

W1 0≥ W W0 W1∪= W0 W1≠λi

λ1 0≥ λ0 0= λ λ1 λ0∪=λ1 λ0≠ W0 0= W0 0= λ1 0≥ W1 0≥

W1 0≠ λ0 0=

p 0=W WY= WY

p W

Tableau - Algorithmus

93

Bild 5.3 - Tableau im Ausgangszustand

Bild 5.4 zeigt die Relationen im Tableau für einen teilplastifizierten Zustand, bei dem

Fliessbedingungen aktiv sind. Die zugehörigen Beziehungen erhält man durch den Aus-

tausch (Austausch von abhängiger mit unabhängiger Tableauvariable) von Wider-

ständen mit aus der ursprünglichen Widerstandsmenge

(diese verschwindenden Widerstände bilden nun die Menge ) mit den zugehö-

rigen Verschiebungsparametern aus der ursprünglichen Menge (diese Ver-

schiebungsparameter stellen nun die Menge dar). Dabei werden

Fliessbedingungen aktiviert, sodass es zu einer Rangreduktion in der Steifigkeitsmatrix

kommt, und zwar vom Anfangsrang der elastischen Steifigkeitsmatrix zu

. Wird so verschwindet und es können keine weiteren Variablen

mehr ausgetauscht werden. Die Matrix erreicht mit Zeilen bzw. Spalten ihre grös-

ste Dimension. Dieser plastifizierte Zustand kann so gedeutet werden, dass der Knoten-

kraftvektor sich in dem Eck der linearisierten Fliessfigur befindet, zu dem

Fliessflächen aneinanderstossen. Erst beim Entlastungsvorgang, bei dem die Variablen

wieder rückgetauscht werden, kommt es wieder zu einem Ranganstieg in der Steifig-

keitsmatrix .

Wenn die abhängige Variable oder der plastische Verschiebungsparameter

mit der zugehörigen unabhängigen Variable oder ausge-

tauscht wird, wird jeder Koeffizient im Tableau nach der sogenannten ‘Rechteckregel’

verändert. Der Austauschschritt stellt eine zentrale Rechenoperation für diesen Algo-

rithmus dar, der zum Beispiel in der linearen Algebra auch zur Invertierung von Matri-

zen verwendet wird. Die Anzahl der Reihen variiert innerhalb der Matrizen , und

, je nach Anzahl aktiver und inaktiver Fliessbedingungen (siehe auch Tableau im Bild

5.4).

k BT

kF–=

FT

k– FT

kF

a λ0 λ=

p =

W W1= =

.

.

.

WYn

.

.

W =

.

0

.

p =

B=

md N

N

md

K

KWi W1∈ i 1…K= W1

W0 0=λi λ0∈ λ0

λ1 0≥ K

kT mrmr K– mr K= kT

A mr

p K

kT

Wi W1˙∈

λi λ1∈ λi λ0∈ Wi˙ W0

˙∈

A B0B1

Elastoplastisches Elementgesetz im Knotenkraftraum

94

Bild 5.4 - Tableau im teilplastifizierten Zustand mit aktiven Fliessbedingungen

Der Algorithmus ist im Bild 5.5 dargestellt. Es liegt folgende Situation vor

Gegeben sei ein Verschiebungsinkrement und eine vorausgesetzte li-

neare Variation von innerhalb eines Zeitschrittes von nach

mit und (5.17)

Gesucht sind für den Zeitpunkt die Knotenkräfte und die tangentielle Stei-

figkeitsmatrix .

Der Zeitparameter und die Knotenverschiebungen werden in Zeitschritten in-

krementiert und es gilt . Die Hauptschritte des Algorithmus sind aus Bild 5.5

ersichtlich mit . und bezeichnen die - te Reihe der Matrizen und

.

kT B1T

B1 *

a λ0

p =

W1 =

A

B– 0T

B0

*

*λ1˙ =

W0˙

K

K mr≤

K

a at t∆+

at

–=∆a τ( ) t t t∆+

a τ( ) at τ ∆a+= τ 0…1= a da

dτ------ ∆a

∆τ-------= =

t t∆+ pt t∆+

kt t∆+

T

τ a τ∆a ∆τ a∆=

a ∆a= B1i B0i i B1B0

Tableau - Algorithmus

95

Bild 5.5 - Ablaufschema zum Tableau-Algorithmus

Schritt 1: Initialisierungsphase mit und

Schritt 2: Multipliziere, falls vorhanden, jede Zeile der Matrix mit dem Verschie-

bungsinkrement . Wird das Produkt der - ten Zeile von mit nega-

tiv, so tausche man die abhängige Variable mit der zugehörigen

unabhängigen Variable aus. Der Entlastungszustand ist eingetreten

und das Material ist ‘elastischer’ geworden. Die Anzahl der Zeilen in der

Matrix hat sich um eins reduziert, die von der Matrix haben sich um

eins vergrössert. Der Rang der Steifigkeitsmatrix hat um eins zugenom-

men. Dieser Schritt wird solange wiederholt, bis jedes Produkt positiv ist

Initialisierung: mit∆τ 0= ∆τ 0…1=

Existiert mit die Matrix so berechne

Wird so tausche die abhängige Variable mit der unabhängi-

gen Variablen aus. Dabei verkleinert sich um eins. Dieser Schritt

wird solange wiederholt, bis alle sind, oder wird.

K 0> B0

λ1i B0i a=

λ1i 0< λ1i

W0i Kλ1i 0> K 0=

Bestimmung von ∆τ

∆τ mini

W1i

B1i a-----------– B1i– a 0 1 τ–( );>

=

Die tangentielle Steifigkeitsmatrix erscheint im oberen linken Fenster

Aktualisierung

und

Ist , so tausche die abhängige Variable mit der unabhängigen

Variable aus und gehe zurück zu Schritt 2

W1 W1 ∆τW1˙+= λ1 λ1 ∆τ λ1+=

p p kT a ∆τ+=

τ τ ∆τ+=

τ 1< W1i

λ0i

1

2

3

4

5

p 0= ∆τ 0=

i B0a i B0 a

λ1i

W0i

KB0 B1

kT

Elastoplastisches Elementgesetz im Knotenkraftraum

96

oder die Matrix mit verschwindet. Das Tableau ist dann im rich-

tigen Zustand zur Aufnahme des Verschiebungsinkrementes .

Schritt 3: Berechne die inkrementelle Änderung der Widerstandsvariable aus

dem verbleibenden Verschiebungs- bzw. Zeitinkrement . Ist diese

grösser als der zugehörige verbleibende Widerstand , so werden

Fliessbedingungen verletzt und ist zu reduzieren, bzw. neu zu berech-

nen. Es errechnet sich aus dem Minimum der Verhältnisse aller aktiven Wi-

derstände zu deren Änderung mit unter der Bedingung,

dass ist. Wird jedoch keine der Fliessbedingungen verletzt, d.h.

keines der Inkremente ist grösser als der zugehörige verbleibende Wider-

stand , so ist durch zu ersetzen. Das verbleibende Ver-

schiebungsinkrement kann nun voll aufgebracht werden.

Schritt 4: Berechne/aktualisiere die verbleibenden plastischen Widerstände, Fliesspa-

rameter und die internen Knotenkräfte. Ist , so konnte das Ver-

schiebungsinkrement nicht vollständig aufgebracht werden, ohne dass

dabei Fliessbedingungen verletzt werden. Man tauscht daher die abhängige

Variable mit der unabhängigen Variable aus, und dadurch wird die

-te Fliessbedingung aktiv. Das Material wird ‘plastischer’. Die Anzahl der

Zeilen in der Matrix nimmt um eins zu, die in der Matrix um eins ab.

Der Rang der tangentiellen Steifigkeitsmatrix nimmt um eins ab. Dieser

Ablauf ist ab Schritt 2 solange zu wiederholen, bis das vollständige Verschie-

bungsinkrement bei aufgebracht ist.

Schritt 5: Im linken oberen Rand des Tableaus im Bild 5.4 erscheint die tangentielle

Steifigkeitsmatrix für das vollaufgebrachte Verschiebungsinkrement

.

5.3 Modifizierter Tableau - Algorithmus

Da die Anzahl der Fliessbedingungen bei Platten (siehe (4.61) und (4.62)) 32 und bei

Schalen (siehe (4.84)) 64 beträgt, ist man bestrebt, den Rechenaufwand und den Speicher-

bedarf für das Tableau zur Berechnung der tangentiellen Steifigkeitsmatrix und

der Knotenkräfte zu minimieren. Abgespeichert werden lediglich noch die kon-

stanten Submatrizen , und die aus (Bild 5.4) invertierte Matrix . Durch die

Grösse der Matrix wird die Anzahl der aktiven Fliessbedingungen angezeigt. Bei

der modifizierten Form des Tableau - Algorithmus wird mit den effektiven Knotenver-

schiebungsinkrementen gearbeitet, die sich aus

(5.18)

berechnen. Das Ablaufschema dazu ist im Bild 5.6 dargestellt.

B0 K 0=a

W1i

B1i a ∆τW1i

∆τ

i W1i B1i a–( )⁄B1i a 0>–

iW1i ∆τ ∆τ 1 τ–=

τ ∆τ 1<+

W1i λ0i

iB0 B1

kT

τ ∆τ+ 1=

kTa ∆a+

kt t∆+

Tp

t t∆+

k B A A 1–

A 1–

aeff a F λ–=

Modifizierter Tableau - Algorithmus

97

Bild 5.6 - Modifizierter Tableau-Algorithmus

Die zu den einzelnen Lösungsschritten zu Bild 5.5 angeführten Kommentare haben auch

für den modifizierten Algorithmus ihre Gültigkeit. Das zentrale Thema beim modifizier-

ten Algorithmus ist der Zeilenzuwachs bzw. die Zeilenreduktion für die symmetrische

Initialisierung von mit , ; und∆τ 0= ∆τ 0…1= aeff 0= aeff 0=

B FTk–=

Bestimmung von

Berechnung von , bei gilt und die inkre-

mentelle Änderung des - ten Widerstandes errechnet sich aus

∆τaeff a F λ–= K 0= aeff a=

iW1i Bi aeff=

∆τ mini

W1i

W1i

---------– W– 1i 0 1 τ–( );≥

=

Berechnung der Knotenkräfte

Die tangentielle Steifigkeitsmatrix erscheint im oberen linken Fenster

pt t∆+

p kaeff+t

=

1

2

3

4

5

Existiert mit die Matrix , so berechne

Wird , dann wird um eins verkleinert. Dieser Schritt ist so

lange zu wiederholen, bis alle sind oder wird.

K 0> A 1–

λ1i Ai1– B a=

λ1i 0< A 1–

λ1i 0> K 0=

Berechnung der Inkremente für

und

Ist , dann wird um eins vergrössert und gehe zurück zu

Schritt 2

W1 W1 ∆τ W1˙+= λ1 λ1 ∆τ λ1+=

aeff aeff ∆τ aeff+=

τ τ ∆τ+=

τ 1< A 1–

Elastoplastisches Elementgesetz im Knotenkraftraum

98

Matrix , da hier nur mit der Matrix und mit gearbeitet wird.

Im Schritt 2 erfolgt die Initialisierungsphase mit der Kontrolle, ob das neu aufgebrachte

Verschiebungsinkrement entlastend wirkt. Trifft dies zu, so werden die Fliessbedingun-

gen im teilplastifizierten Zustand inaktiv und es müssen die abhängigen mit den un-

abhängigen ausgetauscht werden. Vorausgesetzt wird, dass bereits ein

teilplastifizierter Zustand vorliegt, d.h. die Matrix muss bereits existieren. Dieser

Austausch ist mit einer Zeilenreduktion in der Matrix verbunden.

Bild 5.7 - Verkleinerung der Matrix

Vorgehensweise

Besteht die Matrix aus einem einzigen Element, so wird dieses einfach entfernt.

Die Elemente der Pivotspalte werden mit Ausnahme des Pivotelementes im Hilfsvek-

tor aufeinanderfolgend gespeichert. Das Pivotelement wird mit seinem Reziprok-

wert in der Variablen gespeichert. Der Hilfsvektor hat die Länge .

Hauptaufgabe ist es nun, die Elemente, die unterhalb und seitlich von Pivotzeile bzw.

Pivotspalte positioniert sind, nachzurücken. Diesen Vorgang bezeichnet man als

Kompaktierung der Matrix . Die Zeilen- und Spaltenanzahl verringert sich auf

.

Die Matrix wird entsprechend den Regeln des Austauschverfahrens noch modi-

fiziert und zwar werden die Matrixelemente durch ersetzt.

Im Schritt 3 erfolgt die Kontolle über die Aufnahme des Verschiebungsinkrementes:

Wird die inkrementelle Änderung von grösser als der Restwiderstand in dieser

Richtung, so kommt es zur Aktivierung der Fliessbedingung . Diese Aktivierung führt

zu einem Zeilen- bzw. Spaltenzuwachs in der Matrix .

A 1– A 1– aeff

λ1i

W0i˙

A 1–

A 1–

K

c

h

hTλ1i

W0i

n

m

n

m

A 1– h hTc–

hT

h

c

K 1–

A 1–

A 1–

hc h K 1–

A 1–

K 1–

A 1–

A 1– A 1– h hTc–=

W0i Wii

A 1–

Modifizierter Tableau - Algorithmus

99

Vorgehensweise

Suche aus der bereits existierenden Matrix die richtige Spalte und vor-

multipliziere diese mit den bereits aktivierten Fliessvektoren . Speichere das Ergeb-

nis im Hilfsvektor . Berechne das Diagonalelement separat mit und

speichere es in der Variablen .

Füge nun eine Spalte zur invertierten Matrix hinzu, deren Elemente sich aus

errechnen. Die hinzukommende Zeile erhält man einfach aus , das

neue Diagonalelement aus . Die Zeilen- bzw. Spaltenanzahl der Matrix

hat sich dadurch um eins erhöht.

Nun müssen die Elemente der um eins vergrösserten Matrix nach den Regeln des

Austauschverfahrens noch mit

verändert werden. Pivotzeile bzw. Pivotspalte werden mit dem Reziprokwert des

Pivotelementes multipliziert.

Im Bild 5.8 sind die Rechenoperationen aufgezeigt, die zur Vergrösserung der Matrix

führen. Im Anschluss daran müssen noch die im Bild nicht dargestellten Operatio-

nen für den Austauschschritt durchgeführt werden.

Bild 5.8 - Rechenoperationen zur Vergrösserung der Matrix bei Aktivierung der

- ten Fliessbedingung

BT– kF= i

Fh F i

T kF i( )c

g A 1– h–= gT–

c c hT g–=A 1–

A 1– A 1– ggT

c----------–=

A 1–

K

hT

h FT kF i( )=

c F iT kF i( )=

A 1–A 1–

gT–

g A 1– h–=

c c hT g–=

λ1i

W0i

c

hK 1+

c

A 1–i

Elastoplastisches Elementgesetz im Knotenkraftraum

100

5.4 Kontrollierter Rangabfall derSteifigkeitsmatrix

Erreicht der Knotenkraftvektor im - dimensionalen Knotenkraftraum die Fliessflä-

che, so kommt es bei einem Austauschschritt zu einem Rangabfall um eins in der tangen-

tiellen Steifigkeitsmatix (Rang( ) = ). Bei jedem weiteren Erreichen einer

Fliessfläche (Austauschschritt) kommt es zu einem Rangabfall um eins. Bewegt sich nun

der Knotenkraftvektor auf der Schnittfigur von Teilfliessflächen, so wird der Rang

der tangentiellen Steifigkeitsmatrix zu . Bei verschwindet und es

kommt zu keiner Änderung der Knotenkräfte, das Material ist voll plastifiziert. Tritt ein

Entlastungsinkrement auf, so nimmt der Rang von wieder zu. Diese Problematik

kann bei einer nichtlinearen Analyse dazu führen, dass die globale Steifigkeitsmatrix ei-

ner Struktur ebenfalls einen Rangabfall erfährt, d.h. frühzeitig singulär wird, bevor die

Traglast erreicht ist. Es ist nun möglich, aus den plastischen Verschiebungsinkrementen

eine tangentielle Steifigkeitsmatrix zu bilden, gleichgültig, wo sich der Knotenkraft-

vektor auf der Fliessfläche befindet, die immer einen Rang von besitzt. Zu die-

sem Zweck wird die polyedrische Fliessfigur im - dimensionalen Knotenkraftraum

in der Umgebung der momentanen Knotenkraftpunkte durch eine Hyperebene ap-

proximiert, deren Aussennormalenvektor parallel zum plastischen Verschiebungsinkre-

mentvektor ist. Bild 5.9 zeigt die linearisierte Fliessfigur im Knotenkraftraum mit der

Approximation der Fliessfläche in einem Eckpunkt mit dem Aussennormalenvektor

und dem Abstand vom Ursprung . Sie ist definiert durch .

Bild 5.9 - Zulässiger Bereich für

Die tangentielle Steifigkeitsmatrix mit einem Rangabfall von eins errechnet sich zu

(analog zu (5.13))

(5.19)

p mr

kT kT mr 1–

p Kmr K–( ) mr K= kT

kT

app mr 1–

mrE

EF i WYi 0 F i

T p WYi=

p

WYi

F i ap=E

0 pj

apj

pk apk

F i

kT

kT k Iapap

T k

apT k ap

----------------–

=

Verfestigungsgesetze

101

5.5 Verfestigungsgesetze

Bei der Verwendung von linearisierten Fliessbedingungen können auch Verfestigungs-

gesetze berücksichtigt werden. Ein Werkstoff mit Verfestigung zeichnet sich dadurch

aus, dass sein Widerstand nicht mehr konstant, sondern eine Funktion der plastischen

Verschiebungen oder der plastischen Dissipationsarbeit ist. Bei der Entlastung verhält

sich das Material wiederum elastisch. Im folgenden wird nun die Initialisierung des An-

fangstableaus aufgezeigt unter der Verwendung kinematischer und isotroper Verfesti-

gung.

5.5.1 Kinematische Verfestigung

Bei der kinematischen Verfestigung (Bild 5.10) erfährt die Fliessfigur im Knotenkraft-

raum eine Zentrumsverschiebung , die wiederum eine Funktion der plastischen Ver-

schiebungsinkremente ist.

Bild 5.10 - Kinematische Verfestigung

Zur Abbildung zwischen den plastischen Verschiebungsinkrementen und der Zen-

trumsverschiebung der Fliessfigur wird die mit dem Faktor skalierte Steifigkeits-

matrix verwendet. Die kinematische Verfestigung kann dann mit

(5.20)

im Knotenkraft - Verschiebungsraum eindeutig beschrieben werden. Dabei bezeichnet

den kinematischen Verfestigungsparameter. Dieser kann z.B. aus den Kenngrössen

und eines eindimensionalen Zugversuches bestimmt werden, wobei dem Ela-

p*

ap

p* apliapi

pi

apjp j

0

0'F

hkink

p*hkin k ap=

hkinE ET E

Elastoplastisches Elementgesetz im Knotenkraftraum

102

stizitätsmodul und dem Tangentenmodul entspricht (Bild 5.11).

(5.21)

Bild 5.11 - Spannungs - Dehnungsdiagramm eines eindimensionalen Zugversuches

Bei der Bestimmung der aktuellen Knotenkräfte muss die Zentrumsverschiebung mit

berücksichtigt werden

(5.22)

mit und mit (5.20) ergibt sich der Knotenkraftvektor zu

(5.23)

und für die Veränderung des inneren Widerstandes gilt

(5.24)

Für den Tableau - Algorithmus wird das Anfangstableau wie folgt abgeändert (Bild 5.12)

ET

hkin

ET

E ET–----------------=

dεe

ε

σ

E

ET

dεp

σ*ETdε=

dεedσ*

E---------=

dσ*

dεp---------

ETdε

dε dσ*

E---------–

---------------------ET

E ET–----------------E= =

hkin E=

εt εt t∆+

p

p p*+ k ae=

ae a ap–=

p ka 1 hkin+( ) k ap–=

W FT p– FTk a– 1 hkin+( ) FTkF λ+= =

Verfestigungsgesetze

103

Bild 5.12 - Anfangstableau bei kinematischer Verfestigung

5.5.2 Isotrope Verfestigung

Weist ein Material isotrope Verfestigungseigenschaften auf (Bild 5.13), so wird ange-

nommen, dass sich der Widerstand des Materials als Funktion der plastischen Dissipa-

tionsarbeit darstellen lässt. Die Fliessfläche erfährt dabei eine aufsummierte, zur

Dissipationsarbeit proportionale, gleichmässige Vergrösserung ohne Zentrumsver-

schiebung.

Bild 5.13 - Isotrope Verfestigung

k kF–

FT

k– 1 hkin+( ) FT

kF

a λ0 λ=

p =

W W1= =

.

.

.

WYn

.

.

W =

.

0

.

p =

Verfestigungsparameter

D

pi

api

apjp j

0

Elastoplastisches Elementgesetz im Knotenkraftraum

104

Die plastische Dissipationsarbeit berechnet sich zu

(5.25)

und der plastische Widerstand errechnet sich zu

(5.26)

Setzt man (5.26) in die Fliessbedingung ein, so ergibt sich für die Änderung des plasti-

schen Widerstandes folgender Ausdruck

mit (5.27)

Dabei stellt den isotropen Verfestigungsparameter mit der Dimension 1/Arbeit dar.

Für die Berechnung wird das initiale Tableau auf folgende Art und Weise modifiziert

(Bild 5.14)

Bild 5.14 - Initiales Tableau bei isotroper Verfestigung

D Dii

∑ Wi λi WTλ=i

∑= =

W

W W 1 hisoD+( ) W 1 hisoWTλ+( )= =

W FTka– FTkF H+( )λ+= H h isoDDT

=

hiso

k kF–

FT

k– FT

kF H+

a λ0 λ=

p =

W W1= =

.

.

.

WYn

.

.

W =

.

0

.

p =

105

6 Kinematische Bindungsgleichungen undihre Anwendungen

6.1 Numerische Behandlung

Bei Berechnungen nach der Methode der finiten Elemente tritt des öfteren die Notwen-

digkeit auf, bestimmten Knotenverschiebungsparametern gewisse Beschränkungen

oder Abhängigkeiten untereinander aufzuerlegen. Dies können Kontinuitätsbedingun-

gen, spezielle Werte gewisser Knotenverschiebungsparameter oder Bedingungen sein,

die zwischen den Knotenverschiebungsparametern erfüllt sein müssen, wie z.B. Punkt-

symmetrie oder besondere Kontinuitätsbedingungen bei der Modellierung von Unter-

zügen in Platten. Für die Berücksichtigung dieser Zwangsbedingungen in der

Berechnung wird meistens die Methode der Lagrangeschen Multiplikatoren oder das

Strafverfahren, auch als Penalty - Verfahren bezeichnet, verwendet (Anderheggen [2],

Tabatabai [29]).

Bei der numerischen Behandlung von Auflagern einer diskretisierten Struktur ergeben

sich kinematische Bindungsgleichungen in der Form

oder (6.1)

oder auch in der Form

(6.2)

Während (6.1) bei jeden nicht freien Knoten zur Anwendung kommt, d.h. der Freiheits-

grad des Lösungsvektors soll den Wert oder einen vorgegebenen Wert anneh-

men, findet (6.2) Anwendung für den nicht freien - Parameter, der eine

Linearkombination von freien - Parametern mit gegebenen - Koeffizienten ist.

Fasst man alle nicht freien Parameter zum Vektor und alle freien Parameter

zum Vektor mit zusammen, dann kann anstelle von (6.2) auch ge-

schrieben werden

(6.3)

oder

mit und (6.4)

Ai 0= Ai ∆=

Ai Wm Amm∑=

i A 0 ∆Ai

Am WmAi An Am

A f A An A f∪=

An W A f=

W A 0= W W– I= AA f

An

=

Kinematische Bindungsgleichungen und ihre Anwendungen

106

wobei die Einheitsmatrix darstellt. Wendet man die Methode der Lagrangeschen Mul-

tiplikatoren bei der Lösung des Gleichungssystems an, so kann die Berücksichtigung

dieser kinematischen Bindungsgleichungen mit einer entsprechenden Anzahl von Lag-

rangeschen Multiplikatoren als zusätzliche Parameter erfolgen. Zur Bestimmung der

Knotenverschiebungsparameter und der Lagrangeschen Multiplikatoren ist fol-

gendes Gleichungssystem zu lösen

(6.5)

das sich aus der durch die ‘s erweiterten Potentialfunktion

(6.6)

mit den Stationäritätsbedingungen

für alle (6.7)

und

für alle (6.8)

ergibt. Die durch eine zusätzliche Spalte und Zeile je Bindungsgleichung erweiterte Ma-

trix ist, wie die globale Steifigkeitsmatrix , symmetrisch aber wegen der Nullen in der

Diagonale nicht mehr positiv definit (Bild 6.1). Solange die globale Steifigkeitsmatrix

positiv definit und regulär ist, kann das obige Gleichungssystem gelöst werden. Die Lag-

rangeschen Multiplikatoren stellen hier Kraftgrössen dar, die zur Erfüllung der ent-

sprechenden kinematischen Bindungen erforderlich sind. Es handelt sich somit um eine

gemischte Lösungsprozedur, bei der Verschiebungs- und Kraftgrössen gleichzeitig auf-

treten.

Bild 6.1 - Gleichungssystem nach der Lagrangeschen Methode

I

λA λ

K WT

W .

A

λ F

0

=

λ

Π A λ,( ) 12--- ATKA ATF– λT W A( )+=

∂Π∂Ai-------- 0= i

∂Π∂λ j-------- 0= j

KK

λ

K WT

W 0

A λ

F

0

Numerische Behandlung

107

Bei der Lösung von (6.1) wird gerne vom Penalty- oder Strafverfahren ausgegangen mit

folgender Bestimmungsgleichung

(6.9)

die sich aus dem Potential

(6.10)

mit Hilfe der Stationäritätsbedingung (6.7) ermitteln lässt. Bei der Verwendung des

Strafverfahrens werden die vorgegebenen Verschiebungen erzwungen, in dem man

durch die Addition von bestimmten Werten zu den Elementen der Steifigkeitsmatrix

eine entsprechende Kraft hinzufügt, die dafür sorgt, dass die gesuchte Verschiebung der

vorgebenen Verschiebung entspricht (z.B. federnd gestütze Lagerungen, blockierte

Lagerungen). Die Wahl einer angemessenen Strafzahl ist von wesentlicher Bedeutung

für die Lösung des linearen Gleichungssystems. Bei der Wahl der Strafzahl ist auf die

Kondition der Matrix zu achten, da es sonst bei der numerischen Lösung zu Instabilitä-

ten kommen kann. Dieses Verfahren ist besonders effizient, weil keine zusätzlichen Glei-

chungen erforderlich sind, und auch die Grösse der globalen Steifigkeitsmatrix

unverändert bleibt. Die Bandbreite des Gleichungssystems wird dadurch ebenso nicht

beeinflusst.

Bei dem in dieser Arbeit verwendeten Verfahren erfolgt die Elimination der ‘s und der

abhängigen Knotenfreiheitsgrade zu einem Zeitpunkt, bevor das globale Glei-

chungssystem nach den freien Parametern gelöst wird.

Bild 6.2 - Unterteilung des globalen Gleichungssystems

Diese Elimination von und führt zu folgendem reduzierten symmetrischen und

positiv - definiten Gleichungssytem für die freien Verschiebungsparameter

K α+( )A F α∆+=

Π A( ) 12--- ATKA ATF–

α2--- A ∆–( )T A ∆–( )+=

∆α

λAn

A f

K ff W–T

W– 0

A f λ

F f

0

An

K fn

Knf Knn

I

I Fn

An λA f

Kinematische Bindungsgleichungen und ihre Anwendungen

108

(6.11)

Gleichung (6.11) enthält die Transformationen von den nicht freien zu den freien Para-

metern. Die Transformationsbeziehungen entsprechen der - fachen Addition der -

ten Spalten und Zeilen mit zu den - ten Spalten und Zeilen mit der globa-

len Steifigkeitsmatrix. Führt man die Transformationen bzw. entspre-

chend der Freiheitsgrade der nichtfreien Knoten auf Elementstufe (Bild 6.3) durch und

addiert diese zu den entsprechenden Stellen der freien Knotenparameter in der

globalen Steifigkeitsmatrix, so erhält man das analoge Gleichungssystem nach (6.11).

Bild 6.3 - Transformationen an der lokalen Steifigkeitsmatrix und am lokalen Last-

vektor

Das globale Gleichungssystem wird für die - Freiheitsgrade aufgestellt und gelöst.

Aus ermittelt man dann schliesslich . Dabei bezeichnet man oft die abhängigen

Knoten als ‘Slave’ - Knoten (Sl), die unabhängigen Knoten , die die Verformun-

gen aufzwingen, als ‘Master’ - Knoten (M).

Die Transformationsmatrix für den unabhängigen Knoten eines Schalenelementes

setzt sich aus

(6.12)

zusammen. Die Matrix in (6.12) stellt bei Schalenelementen eine 6x6 Matrix dar, die sich

aus vier 3x3 Untermatrizen zusammensetzt. Dabei steht für ‘Bending’, und für ‘Str-

etching’, wobei die Biege - Biege, die Membran - Biege und die Membran

- Membran Interaktion beschreibt. Diese 3x3 Submatrizen , und sind so an-

geordnet, dass die zugehörigen freien Knotenparameter nach Biege- und Membranwir-

kung getrennt vorliegen mit

K ff WTKnf K fnW WTKnnW+ + +( )A f F f WTFn+=

Wi ii n∈ j j f∈

WTk W WT fn

j A f

k

WT

f

WT

W

abhängige Zeile

abhängige Spalte

n

nn

kf

A fA f An

An A f

Wi i

WiBBi 0

SBi SSi

=

B SBBi SBi SSi

BBi SBi SSi

Numerische Behandlung

109

(6.13)

wobei für die Rotationsfreiheitsgrade und für die Verschiebungsfreiheitsgrade

steht. Der zur Transformationsmatrix zugehörige freie Knotenverschiebungsvektor

nimmt dabei folgende Gestalt an

(6.14)

Da die abhängigen Knoten keinen Eintrag ins globale Gleichungssystem finden, wird die

äussere Belastung bei der Assemblierung auf die unabhängigen Knoten mit

umgerechnet. Nach der Lösung des Gleichungssystems für die unabhän-

gigen Verschiebungsfreiheitsgrade werden aus diesen die Verschiebungen für die ab-

hängigen Knoten rückgerechnet. Die Umrechnung der Belastung von den abhängigen

Knoten zu den unabhängigen Knoten und die danach folgende Rückrechnung der Ver-

schiebungen auf die abhängigen Knoten bilden die zwei wesentlichen Transformationen

dieses Verfahrens. Die Transformation der Knotenkräfte vom abhängigen Knoten

zu den unabhängigen Knoten erfolgt bei Biegung mit

(6.15)

und bei Membranbeanspruchung mit

(6.16)

und bei kombinierter Beanspruchung durch

(6.17)

Die Rückrechnung der Verschiebungen von den unabhängigen Knoten zu

den abhängigen Knoten erfolgt bei Biegebeanspruchung durch

(6.18)

bei Membranbeanspruchung

(6.19)

RX RY DZ DX DY RZ,,,,,

R DWi

A fi

A fi

Rxi

Ryi

Dzi

Dxi

Dyi

Rzi

=

F f W TFn=

F SlMi

FMi

B BBiT FSl

B=

FMi

S SSiT FSl

S=

FMi

B SBiT FSl

S=

i 1…q=

AnB B

i 1=

q

∑ Bi A f Mi

B=

AnS S

i 1=

q

∑ Si A f Mi

S=

Kinematische Bindungsgleichungen und ihre Anwendungen

110

und bei kombinierter Beanspruchung

(6.20)

6.2 Maschenverfeinerung

Betrachtet man kompatible und vollständige Elementfamilien, so nimmt die Genauig-

keit der Lösung mit einer Verfeinerung der Masche zu. In den seltensten Fällen ist es je-

doch erforderlich, diese Netzverfeinerungen über die gesamte Struktur auszuführen.

Oft genügt es, diese Verfeinerungen auf Bereiche mit hohen Lastkonzentrationen, wie

z.B. Auflager zu beschränken. Diese Netzverfeinerung wird am besten durch Untertei-

lung des zuvor verwendeten Elements in zwei oder mehrere Elemente erreicht. Das neue

Netz wird somit in das alte eingebettet (Bild 6.4).

Bild 6.4 - Maschenverfeinerung mit ‘Master’ - ‘Slave’ Beziehung

Das bedeutet mathematisch, dass der neue Raum von finiten Element - Interpolations-

funktionen den zuvor verwendeten Raum enthält. Mit der Verfeinerung des Netzes

nimmt die Dimension des finite Element - Lösungsraumes kontinuierlich zu, bis dieser

schliesslich die exakte Lösung enthält.

Der Übergang von grober zu feiner Masche lässt sich wie folgt charakterisieren. Der Zwi-

schenknoten wird als nichtfreier oder ‘Slave’ - Knoten bezeichnet und muss auf der

Verbindungslinie der beiden ‘Master’ - Knoten und liegen. Mit Hilfe von Inter-

polationsfunktionen werden die Verschiebungen des abhängigen Knotens aus denen

der unabhängigen Knoten und bestimmt. Als Interpolationsfunktionen werden

AnS S

i 1=

q

∑ Bi A f MB

=

M1 M2Sl

SlM1 M2

SlM1 M2

Maschenverfeinerung

111

hier die üblichen Ansatzfunktionen (Hermitsche Polynome) für den Balken entlang der

Elementseiten verwendet.

Bild 6.5 - ‘Master’ - ‘Slave’ - Beziehung im unrotierten Koordinatensystem mit den zu-

gehörigen Knotenparametern zufolge Membran- und Biegebeanspruchung

In einem nicht rotierten Koordinatensystem zwingt der erste ‘Master’ - Knoten den

Membranzustand

(6.21)

und den Biegezustand

(6.22)

der zweite ‘Master’ - Knoten den Membranzustand

(6.23)

und den Biegezustand

x

ξ 0= ξxsl

l------=

M1 Sl M2

l

xsl

ξ 1= M1RX

RY

DZ

RZ

DY

DX

Membran

Biegung

M1

M1

SS1

1 ξ– . .

. 1 3ξ2– 2ξ3

+ ξ 2ξ2– ξ3

+( )l

.6ξ– 6ξ2

+l

-------------------------- 1 4ξ– 3ξ2+

=

BB1

1 ξ– . .

. 1 4ξ– 3ξ2+ 6ξ– 6ξ2

+l

--------------------------–

. ξ 2ξ2– ξ3

+( )l– 1 3ξ2– 2ξ3

+

=

SS2

ξ . .

. 3ξ22– ξ3 ξ2

– ξ3+( )l

.6ξ 6ξ2

–l

------------------ 2ξ– 3ξ2+

=

Kinematische Bindungsgleichungen und ihre Anwendungen

112

(6.24)

dem ‘Slave’ - Knoten auf, wobei ist. Mit bezeichnet man den Abstand der bei-

den unabhängigen Knoten und mit die Position des abhängigen Knotens (Bild 6.4).

So lässt sich die Bestimmungsgleichung mit

und (6.25)

für den ‘Slave’ - Knoten mit seinen abhängigen Parametern wie folgt angeben

(6.26)

mit den Knotenfreiheitsgraden

und (6.27)

für die unabhängigen Knoten (‘Master’ - Knoten) und .

Bild 6.6 - ‘Master’ - ‘Slave’ - Beziehung im rotierten Koordinatensystem

Fällt die Richtung der - Koordinate nicht mit der globalen Koordinatenrichtung zu-

BB2

ξ . .

. 2ξ– 3ξ2+ 6ξ 6ξ2

–( )l

-------------------------–

. ξ2– ξ3

+( )l– 3ξ22ξ3

=

ξxsl

l------= l

xsl

W1BB1 0

0 SS1

= W2BB2 0

0 SS2

=

Sl An

An W1 W2

A f 1

A f 2

=

A f 1

Rx1

Ry1

Dz1

Dx1

Dy1

Rz1

= A f 2

Rx2

Ry2

Dz2

Dx2

Dy2

Rz2

=

M1 M2

ξxsl

l------=

ξ 0=

ξ 1=

M1

M2

Sl

l

x

δ

xsl

ξ

Dickensprünge in Platten

113

sammen, so müssen die Interpolationsmatrizen mit der Rotationsmatrix

(6.28)

bzw. nach- bzw. vormultipliziert werden.

6.3 Dickensprünge in Platten

In der Praxis werden oft Stahlbetonplatten mit unterschiedlicher Dicke ausgeführt. Dies

kann sowohl in statischer als auch in nutzungstechnischer Hinsicht erforderlich sein. Die

Plattenmittelfläche liegt dann nicht mehr in der Ebene, weshalb auch bei ausschliessli-

cher Vertikalbelastung Membranspannungen in der Plattenmittelfläche induziert wer-

den. Daher führt jede Dickenänderung im Plattentragwerk zu einer Kopplung zwischen

der Membran- und Biegewirkung. Es muss daher bei der konstruktiven Ausführung be-

achtet werden, dass die Membrankräfte über die entsprechenden Auflager abgeleitet

werden können. Bild 6.7 zeigt eine Platte mit Dickensprung. Die Wahl des unabhängigen

Knotens und die des abhängigen Knotens kann beliebig erfolgen. Es ändert sich

allenfalls das Vorzeichen von in den entsprechenden Bezugsgleichungen.

Bild 6.7 - Dickensprung - exzentrischer Plattenanschluss

Die zugehörige 3x3 Submatrix

(6.29)

bildet mit und die Transformationsmatrix

Rδcos δsin .

δsin– δcos .

. . 1

=

RT

M1 Slez

ez

h1

h2

Sl

M1

SB1

. ez .

ez– . .

. . .

=

BB1 SS1 W1

Kinematische Bindungsgleichungen und ihre Anwendungen

114

(6.30)

Die Untermatrizen und werden mit (6.22) und (6.21) bei zu Einheits-

matrizen. Die Zwangsbedingung nimmt dann folgende Gestalt an

(6.31)

Für den Spezialfall mit Maschenverfeinerung im Bereich von Dickensprüngen ergibt

sich der zusätzliche Membran - Biegeanteil aus dem ersten unabhängigen Knoten zu

(6.32)

Bild 6.8 - Maschenverfeinerung und Dickensprung

und aus dem zweiten unabhängigen Knoten zu

(6.33)

wobei wiederum das Verhältnis von ‘Slave’ - Koordinate zum Abstand der beiden un-

abhängigen ‘Master’ - Knoten bezeichnet. Die beiden Transformationsmatrizen ergeben

W1BB1 0

SB1 SS1

=

BB1 SS1 ξ 0=

An W1 A f=

M1

SB1

. ez 1 4ξ– 3ξ2+( ) ez

6ξ 6– ξ2( )l

-----------------------

ez 1 ξ–( )– . .

ez6– ξ 6ξ2

+( )l

-----------------------------– . .

=

M1

M2

Sl

ez

M2

SB2

. ez 2ξ– 3ξ2+( ) ez

6ξ– 6ξ2+( )l

------------------------------

ezξ– . .

ez6ξ 6ξ2

–( )l

-------------------------– . .

=

ξ

Modellierung von Unterzügen

115

sich zu

und (6.34)

wobei die Untermatrizen , bzw. , sich aus den Gleichungen (6.22),

(6.21) bzw. (6.24), (6.23) ergeben. Die Zwangsbedingung nimmt somit die folgende Ge-

stalt an

(6.35)

6.4 Modellierung von Unterzügen

Die Modellierung von Unterzügen bei Platten erfolgt meist in Kombination von Schalen-

und Balkenelementen. Vergleicht man die Ansatzfunktionen für die Schalenelemente

mit denen für die Balkenelemente, so ist ersichtlich, dass die Kontinuitätsbedingungen

entlang der Ränder verletzt sind, da ja die Ansatzfunktionen einen unterschiedlichen

Verlauf aufweisen. Diese Inkompatibilitäten verringern sich aber mit zunehmender Ver-

feinerung der Masche. Im folgenden wird neben dieser Modellierung auch eine Model-

lierung aus reinen Schalenelementen gezeigt. Auffallend dabei ist, dass eine spezielle

‘Master’ - ‘Slave’ Beziehung angewendet wird (Bild 6.9).

Bild 6.9 - Modellierung von Unterzügen mittels Balken- und Schalenelementen (a), (b)

und nur aus Schalenelementen (c)

W1BB1 0

SB1 SS1

= W2BB2 0

SB2 SS2

=

BB1 SS1 BB2 SS2

An W1 W2

A f 1

A f 2

=

Sl

M

h

Unterzug

e

Unterzug

h

M

Sl1 Sl2

Schalenelemente

Balkenelemente

(a) (b)

Unterzug als Schalenelement modelliert

(c)

hM

Sl1 Sl2

Sl3

ex

ez

Kinematische Bindungsgleichungen und ihre Anwendungen

116

Betrachtet man die Modellierung nach Bild 6.9-c mit Schalenelementen, so lässt sich die

Transformationsmatrix zwischen dem abhängigen Knoten und dem unabhängigen

Knoten mit

(6.36)

angeben. Die Transformationsmatrizen für und können aus (6.36) abgeleitet

werden. Vergleichsrechnungen haben gezeigt, dass die Modelle nach Bild 6.9-b und

nach Bild 6.9-c sehr gute und übereinstimmende Ergebnisse in den Verschiebungen lie-

fern können, während die Modellierung nach Bild 6.9-a sehr stark abweichende Ergeb-

nisse ergab. Dieses Modell verletzt die Kompatibilität und ist damit im Vergleich mit den

beiden anderen Modellierungsarten zu weich. Daher betrug auch der Unterschied in den

Verformungen zu den beiden anderen Modellierungen bis zu 50%. Das reine Schalen-

modell mit der etwas ungewöhnlichen Kombination von abhängigen und unabhängigen

Knoten, weist den Vorteil auf, dass ein und dieselbe Elementfamilie verwendet wird.

Aus diesem Grunde wurde auch in diesem Projekt das reine Schalenmodell verwendet.

Das System macht in Längsrichtung die Verformungen mit, während es in Querrichtung

sehr steif ist. Auch zufolge einer Torsionsbeanspruchung lieferte dieses Modell sehr gu-

te, mit dem Modell nach Bild 6.9-b übereinstimmende Ergebnisse. Der hohe Modellie-

rungsaufwand und die Eingabe des komplizierten Abhängigkeitsverhältnisses

zwischen den ‘Master’ - und ‘Slave’ - Knoten wirken sich bei diesem Schalenmodell al-

lerdings nachteilig aus.

Abschliessend sei noch die etwas ungewöhnliche Modellierung der Unterzüge aus or-

thotropen Plattenelementen erwähnt (Cubus [11]), da mit Plattenelementen keine Mem-

branwirkungen mitberücksichtigt werden können. Dabei wird die Orthotropie über die

Elastizitätsmatrix berücksichtigt. Unterzugselemente in Längsrichtung weisen die volle

Steifigkeit auf und in Querrichtung wird zur Steifigkeitsermittlung die Plattendicke ver-

wendet.

Sl2M

RxSl2

RySl2

DzSl2

DxSl2

DySl2

RzSl2

1 . . . . .

. 1 . . . .

. ex– 1 . . .

. ez . 1 . .

ez– . . . 1 ex

. . . . . 1

RxM

RyM

DzM

DxM

DyM

RzM

=

Sl2 Sl3

117

7 Implementierung

7.1 Die Programmstruktur

Das Programm IANA (‘Incremental ANAlysis’) wurde dazu entwickelt, um nichtlineare

Berechnungen an Platten und ebenen Schalentragwerken durchzuführen, mit dem Ziel,

neben der Ermittlung der Traglast noch eine Aussage über die Verformungen und einen

Nachweis der Duktilität zu erhalten. IANA ist eines von vier Projekten, von denen drei

zum Ziel hatten, das Stahlgewicht in Stahlbetonkonstruktionen (Scheiben, Platten und

Faltwerke) zu minimieren (Despot [12], Steffen [27], Tabatabai [29]). Bei dieser Minimie-

rung werden weder die Verformungen noch die Duktilitätsanforderungen für die ver-

wendeten Betonstähle kontrolliert. Dieser Nachteil wird mit dem vorliegenden

Programmmodul beseitigt. IANA kann sowohl als spezieller Modul zusammen mit dem

Bemessungsmodul in einem Programmpaket, als auch als eigenständiges Programm zur

Analyse von bereits bestehenden Stahlbetonplatten verwendet werden. Es erlaubt ne-

ben der Berechnung von Platten auch die Berechnung von Schalen nach der Theorie klei-

ner oder grosser Verformungen. Zusätzliche Hilfswerkzeuge wie die

Maschenverfeinerung und die Modellierung von Unterzügen ergänzen das Programm.

Die Schritte, die zu einem finiten Element Modell in IANA führen, sind im Bild 7.1 er-

sichtlich. Zu Beginn einer finiten Element - Berechnung werden die allgemeinen Daten

über eine vom Benutzer spezifizierte Struktur als ASCII - Textdatei eingelesen. Diese all-

gemeinen Daten umfassen die Koordinaten des Berandungspolygons, Typ (Platte oder

Schale) und Dicke der Struktur und die Eigenschaften der verwendeten Materialien (Ela-

stizitätsmodul, Festigkeitskennwerte für Beton und Stahl). Aufgrund dieser Daten wird

eine finite Element Masche generiert, die aus Dreieck- und Viereckelementen besteht.

Dabei wird das Umrisspolygon bzw. das Zonenpolygon (eine Zone beschreibt einen

Strukturbereich mit gleichen Charakteristika) in sogenannte Makroelemente unterteilt,

aus denen schliesslich die einzelnen Knoten mit deren Elementen generiert werden.

Der Benutzer kann bereits in diesem Schritt interaktiv eingreifen und die Generierung

der Masche bzw. Verfeinerungen am Bildschirm steuern. Ist der Generierungsvorgang

abgeschlossen, so werden die Lagerungsbedingungen und die externen Lastfälle bzw.

die Lastfallkombinationen eingegeben. Die Definition der Bewehrungsfelder kann auf

zweierlei Arten erfolgen und steht im direkten Zusammenhang zur Berechnungsart. Bei

Neubauten kann für Platten die Definition der Bewehrungsfelder mit Hilfe des Bemes-

sungsmoduls erfolgen. Aus den Grenzzuständen der Belastung ermittelt der lineare Pro-

grammteil den Bewehrungsbedarf der Stahlbetonstruktur. Der Benutzer erhält daraus

eine Übersicht, in welcher Region der höchste Bewehrungsbedarf auftritt, und kann aus-

serdem die Grösse der einzelnen Bewehrungszonen abschätzen, bzw. die Anzahl von

Implementierung

118

unterschiedlichen Bewehrungszonen vordefinieren. Unter konstruktiven Gesichtspunk-

ten und gestützt auf seine persönlichen Erfahrungen legt dann der Ingenieur die endgül-

tigen polygonalen Bewehrungsfelder fest, indem er Ausdehnung und Richtung der

einzelnen Stab- und Mattenlagen definiert.

Bild 7.1 - Flussdiagramm zum Erzeugen und Lösen des finite Element Modells

Im Anschluss daran wird eine elastische Bemessung für jedes finite Element durchge-

führt, die die Einhaltung der geforderten Mindestbewehrungsgehalte in jedem Punkt

der Struktur sicherstellen soll. Nun wird der Optimierungsvorgang unter Einführung

von Eigenspannungszuständen gestartet. Durch fiktive plastische Verzerrungen, wird

dem eigentlichen Spannungszustand ein sogenannter homogener Spannungszustand

(Eigenspannungszustand) überlagert. Daraus erhält man einen neuen Spannungszu-

stand, der wieder eine Gleichgewichtsgruppe darstellt. Aufgrund der Plastizitätstheorie

können beliebig viele Eigenspannungszustände eingeführt werden, ohne das diese die

Traglast beeinflussen. Mit einer geschickten Wahl der Eigenspannungszustände mit ih-

ren zugehörigen Amplitudenwerten kann das Stahlgewicht minimiert werden. Bei die-

sem Optimierungsproblem treten neben den Stahlflächen auch noch die

Amplitudenwerte der Eigenspannungszustände als unbekannte Grössen auf. Der Opti-

mierungsvorgang wird solange fortgesetzt, bis die eingeführten Eigenspannungszustän-

de nicht mehr in der Lage sind das Stahlgewicht zu minimieren. Der Benutzer kann den

Optimierungsvorgang über den Bildschirm mitverfolgen und jederzeit stoppen (Steffen

Einlesen der Datenvon Textdatei

Generierung der

Masche

Definition von Rand-

bedingungen

Definition der Lastfälle

und Lastfall-

zusammenstellung

der Bewehrungsgehalte

FEM - Analyse

Eingabe der

Bewehrungsfelder und

Bewehrungsgehalte

aus

Bemessung

Bewehrungsgehalte

von bestehenden

Strukturen

Die Programmstruktur

119

[27]). Mit den daraus ermittelten Stahlflächen für die definierten Bewehrungsfelder

kann nun eine nichtlineare inkrementelle Analyse gestartet werden.

Bild 7.2 - Programmstruktur von IANA

Im Gegensatz zu Neubauten existieren bei bestehenden Bauten bereits die Pläne mit den

vordefinierten Bewehrungsfeldern mit ihren dazugehörigen Bewehrungsgehalten. Der

Strukturmodul

Einlesen der Geometrie

Lesen/Speichern FE - Modell

Lesen/Speichern Lastfälle

Lesen/Speichern Bewehrungsfelder

Benutzermodul

Darstellung der gesamten Struktur oder

Teile davon

Verschiebungen und Krümmungen

Definition der Bewehrungsfelder

Interaktive Eingabe, Modifizierungen

und Kontrolle der Daten

Graphische Werkzeuge wie vergrössern,

rotieren, etc.

FE - Modell

FE - Masche

Elementsteifigkeitsmatrizen

Assemblierung

Gleichungslösung

Datenmanager

Austauschverfahren ,

des Tableaus

linearisierte Fliessbedingungen

Vergrössern und Verkleinern

Analysemodul Bemessungsmodul

Newton - Raphson

Korotierte Koordinaten

Geometrische Steifigkeitsmatrix

Lineare Optimierung

Expansion des

Optimierungstableaus

Simplex - Algorithmus

Berechnungsmodul

Implementierung

120

Benutzer gibt alle bekannten Daten über die graphische Schnittstelle ein und kann im

Anschluss daran sofort die nichtlineare inkrementelle Analyse starten. Alle Eingabeda-

ten können auch auf ASCII - Dateien gespeichert werden. Es steht dem Benutzer frei, die-

se Daten interaktiv oder durch editieren der Dateien abzuändern.

Ist erst die inkrementelle Analyse gestartet, so kann der schrittweise iterative Lösungs-

prozess in Echtzeit am Bildschirm mitverfolgt werden. In jedem Lastschritt können die

Verformungen und die plastischen Krümmungen im Element sowie die Ausbildung der

Fliessgelenklinien angezeigt werden. Der Benutzer kann jederzeit den Lösungsprozess

stoppen, wieder fortsetzen oder zum Ausgangs- bzw. Startpunkt zurückkehren. Dabei

wird der Lastschritt in Abhängigkeit der Iterationsanzahl vom Programm selbständig

festgelegt, und zwar so, dass bei Überschreitung einer Grenzzahl die Lastschrittweite

automatisch halbiert wird, bis das Konvergenzkriterium erfüllt ist.

Das Programm IANA besteht aus drei getrennten Teilen, die untereinander ihre Daten

durch einen ‘Datenmanager’ austauschen (Bild 7.2). Dies ist der Strukturmodul, der für

die Bereitstellung der Daten aus den Dateien und für das Speichern der Ergebnisse als

ASCII - Textdateien verantwortlich ist. Dem Ingenieur ist es somit möglich, die bereits

berechneten Strukturen zu bearbeiten und mit abgeänderten Parametern neu zu berech-

nen. Der Benutzermodul stellt die Schnittstelle zwischen dem Programm und seinem Be-

nutzer dar. Hier kann der Berechnungsablauf (siehe Anhang A) visuell mitverfolgt

werden. Je nach Aktivierung der entsprechenden Felder kann das Gewünschte am Bild-

schirm dargestellt werden (z.B. Strukturverformung, plastische Krümmungen). Auch

Eingabedaten oder Daten zur Berechnung werden über diesen Modul zum Struktur-

oder zum Berechnungsmodul transferriert. Der Berechnungsmodul lässt sich in zwei

weitere Module aufspalten, in Analyse- und in Bemessungsmodul. Der Analysemodul

wurde in der objektorientierten Programmiersprache C++ geschrieben (Lippman [19],

Stroustrup [28]), während die restlichen Programmteile in der Programmiersprache C

(Kernighan/Ritchie [17]) geschrieben wurden. Der Analysemodul verwaltet seine Daten

selbst, während Struktur-, Benutzer- und Bemessungsmodul einen Datenmanager für

die Verwaltung ihrer Daten benötigen. Der Datenaustausch zwischen den Programmtei-

len in C++ und in C erfolgt über ein Interface, das selbst in C++ geschrieben ist und C -

Funktionen enthält (Bild 7.3).

Im Gegensatz zu C findet in C++ eine Datenkapselung statt. Jede Kapselung wird als

eine Einheit für sich betrachtet und wird hier als Klasse bezeichnet. Jede Klasse enthält

ihre eigenen Variablen und Funktionen, oft auch als Methoden bezeichnet. In Bild 7.3 ist

die Struktur von IANA aufgezeigt. Alle dargestellten Klassen beginnen mit dem Kürzel

‘Cl’ für ‘class’. ‘ClIncAnalysis’ enthält alle Methoden zur Steuerung des Programmab-

laufs und verwaltet auch die einzelnen Objekte. Als Objekte (Instanzen) bezeichnet man

Variablen vom Typ ‘class’. ‘ClIncAnalysis’ erzeugt für jedes finite Element ein Objekt aus

der Klasse ‘ClReinUnit’ (‘class reinforced Unit’) und weist diesem die für ein finites Ele-

ment relevanten Daten über das Interface zu. Jedes Objekt aus der Klasse ‘ClReinUnit’

enthält seine eigenen Daten, wie z.B. Steifigkeitsmatrix, internen Knotenkraftvektor, lo-

kale Elementverschiebungen, linearisierte Fliessbedingungen. ‘ClGeoUnit’ ist eine abge-

leitete Klasse aus ‘ClReinUnit’ und ist für die Berechnung der geometrischen

Die Programmstruktur

121

Steifigkeitsmatrix aus den Knotenkräften verantwortlich. Zwischen diesen beiden Klas-

sen besteht eine Vererbungsbeziehung. Darunter versteht man eine Beziehung zwischen

Klassen, in der eine Klasse die Struktur oder das Verhalten teilt, das in der anderen Klas-

se definiert ist. Man spricht auch von einer ‘is - a’ Hierarchie. Die Aufgabe des ‘Group-

Managers’ ist die Aufstellung des Materialgesetzes als Tableau und dessen Zuweisung

an die entsprechenden Elemente. Sind mehrere Elemente gleich, d.h besitzen sie die glei-

che Steifigkeitsmatrix und die gleichen linearisierten Fliessbedingungen mit denselben

plastischen Widerständen, so wird zunächst nur ein Tableau für diese Elemente erzeugt

und zugewiesen. Der Zustand des Tableaus, d.h. die Anzahl der aktivierten Fliessbedin-

gungen wird über die bzw. Matrix nach Kapitel 5.3 in der Klasse ‘ClReinUnit’

registriert. Über das Materialgesetz und durch die Aufforderung von ‘ClIncAnalysis’ er-

zeugt ‘ClReinUnit’ die neue tangentielle Steifigkeitsmatrix und den gegenwärtigen in-

ternen Knotenkraftvektor, der über die ‘ClInterface’ Klasse assembliert und zum

Gleichungslöser geschickt wird. Der globale Verschiebungsvektor aus dem Gleichungs-

löser wird wieder über das Interface deassembliert, und aus den Verschiebungen wer-

den die lokalen Verschiebungen den einzelnen Elementen zugewiesen (siehe auch

Anhang A über den Newton - Raphson Algorithmus). Über ‘ClInterface’ werden auch

alle relevanten Daten an den Benutzermodul weitergeleitet, der auch für die Visualisie-

rung dieser Daten verantwortlich ist.

Bild 7.3 - Klassenstruktur des Analysemoduls

A A 1–

ClInterface

ClIncAnalysis

ClReinUnit ClReinUnit ClReinUnit

ClSolver

ClTableau ClTableau

ClGroupManager

ClGeoUnit ClGeoUnit ClGeoUnit

Benutzermodul

Bemessungsmodul

Strukturmodul

Implementierung

122

7.2 Graphische Benutzerschnittstelle von IANA

Die graphische Benutzerschnittstelle (Conway [8]) von IANA beinhaltet alle Prozedu-

ren, um eine bestmögliche Interaktion zwischen dem Benutzer und dem Programm in

Echtzeit zu ermöglichen. Dies beinhaltet die Präsentation von verschiedenen Ein- und

Ausgabedaten wie Geometrie, Abmessungen, Bewehrungsfelder sowohl in numerischer

als auch in graphischer Darstellung. ‘Pull-Down’ Menüs kontrollieren die generelle Be-

nutzer - Interaktion mit dem Programm. Jedes Menü besteht aus einer Untermenge von

Menüs, wobei jedes von diesen für eine bestimmte Aufgabe zuständig ist. Allenfalls wer-

den weitere Dialogboxen aufgerufen, die es dem Benutzer erlauben zusätzliche Dialog-

boxen zu bedienen. Die Hauptmenüpalette besteht aus den folgenden vier Menüs (Bild

7.4)

Datei

Beinhaltet alle Befehle zum Laden, Speichern, Drucken, Exportieren von Projekten

und stellt allgemeine Informationen über das gegenwärtige Projekt zur Verfügung

(Projektname, Freiheitsgrade pro Knoten, Knoten- bzw. Elementanzahl, etc.). Auch

das Beenden des Programms wird über diesen Menüpunkt gesteuert.

Ansicht

Kontrolliert die Darstellung einer Struktur im zwei- bzw. dreidimensionalen Raum.

Es können eine Reihe von Dialogboxen aktiviert werden, in welchen der Benutzer die

Parameter und die Form der Darstellung definieren kann. Angezeigt werden z.B. Ele-

mentanzahl, Elementnummern, Knotenanzahl, Knotennummern, Eigenschaften der

Knoten (abhängige Knoten), etc.

Fenster

Definiert die Einstellungen für die graphische Zeichenfläche. Die Zeichenfläche kann

aus einem oder mehreren Teilfenstern bestehen. Im oberen Fenster können z.B. die

plastischen Krümmungen in den einzelnen Elementen dargestellt werden, im unte-

ren Fenster die Verformungen an der Gesamtstruktur.

Modus

Aktiviert einen der folgenden Mode

Analyse - schaltet in den Modul zur nichtlinearen Berechnung über. Aus diesem

Modus kann dann die Struktur inkrementell analysiert werden. Der Algorithmus

dazu ist so aufgebaut, dass er jederzeit gestartet, gestoppt und dass zur

Ausgangslage zurückgekehrt werden kann. Über zusätzliche Buttons können

noch Verfestigungsparameter sowie das Abbruchkriterium spezifiziert werden.

3D - Ansicht erlaubt eine dreidimensionale Darstellung der Berechnung. Es kön-

nen zu jedem Lastschritt die Verformungen visuell mitverfolgt werden.

Masche - generiert automatisch zur jeweiligen Struktur eine finite Element Ma-

sche, bestehend aus Dreieck- und Viereckelementen.

Graphische Benutzerschnittstelle von IANA

123

Bild 7.4 - IANA - interaktive Benutzerschnittstelle

Bemessen - hier erfolgt die elastoplastische Bemessung der Bewehrung nach dem

unteren Grenzwertsatz der Plastizitätstheorie für eine vom Benutzer spezifizierte

Grenzwertdefinition. Im ersten Schritt wird dem Benutzer der Bewehrungsbedarf

in den gewählten Hauptbewehrungsrichtungen angezeigt. Dieser Bewehrungsbe-

darf wird einfach aus den Grenzwerten ermittelt und stellt einen guten Anhalts-

punkt für die Anordnung der Bewehrung dar. Der Benutzer definiert nun

interaktiv Bewehrungsfelder (Stab- und Mattenlagen), für die anschliessend eine

elastische Bemessung durchgeführt wird. In einem zweiten Schritt wird diese Be-

wehrung durch Einführung von Eigenspannungszuständen automatisch opti-

miert und zwar mit dem Ziel, dass das Stahlgewicht ein Minimum wird. Mit den

daraus resultierenden Bewehrungsflächen für die einzelnen Bewehrungsfelder

kann die nichtlineare inkrementelle Berechnung gestartet werden.

Programm - Menü aktuelles Projekt

Graphikfeld Analyse - MonitorSteuerung im aktiven Mode

Implementierung

124

Lösen - kontrolliert das System hinsichtlich aller Strukturdaten, löst linear das fi-

nite Element System und zeigt die Verschiebungen und die Hauptspannungen in

graphischer und in numerischer Form an.

Belastung - erlaubt die Eingabe der einzelnen Lastfälle sowie deren Kombinatio-

nen. Bei der nichtlinearen Berechnung erfolgt die Definition der Lastgeschichte.

Geometrie - zeigt alle Lagerungsbedingungen und Eigenschaften des statischen

Systems an - Strukturtypen, Materialeigenschaften können kontrolliert und geän-

dert werden.

Über den Analyse - Monitor kann das Steifigkeitsverhalten der Struktur bei zunehmen-

den Lastniveau mitverfolgt werden. Dabei wird als globale Strukturkenngrösse der Stei-

figkeitsparameter dargestellt, der im elastischen Zustand 100% beträgt. Bei

zunehmender Plastifizierung nimmt er sukzessive ab, bis er bei Erreichen der Taglast

den Wert 0% annimmt. Als weitere Kennlinien können in diesem Monitor die Verschie-

bungen an frei wählbaren Punkten mitverfolgt werden. Die Ermittlung des Steifigkeits-

parameters wird im Anhang B gezeigt.

Angesichts der in letzten Jahren beobachteten Verminderung der plastischen Verform-

barkeit der Stähle besteht hier auch die Möglichkeit, die plastischen Rotationen über ein

vom Benutzer definiertes Duktilitätskriterium einzuschränken. Wird dieses Kriterium

verletzt, so wird dies dem Benutzer durch Verfärbung des entsprechenden Elementes

angezeigt. So kann direkt mitverfolgt werden, welche Elemente der Reihe nach das Duk-

tilitätskriterium verletzen.

125

8 Beispiele

8.1 Einleitung

Anhand von drei Beispielen soll gezeigt werden, wie das neu implementierte Verfahren

zur nichtlinearen Analyse verwendet werden kann. Das erste Beispiel betrifft eine qua-

dratische voll eingespannte Platte, von der man die theoretischen Lösungen kennt. In

diesem Zusammenhang soll zunächst die errechnete Traglast der theoretischen bei ma-

terialbedingter Nichtlinearität gegenübergestellt werden. Im weiteren soll unter Anwen-

dung der Theorie grosser Verformungen und unter alleiniger Berücksichtigung des

geometrisch nichtlinearen Verhaltens bei Verwendung von Schalenelementen ein Ver-

gleich zwischen den auftretenden Verschiebungen und den theoretisch bekannten Ver-

schiebungen in Plattenmitte aufgestellt werden. Das zweite Beispiel zeigt das

Zusammenspiel von Bemessungs- und Analysemodul. Dabei wird Schritt für Schritt er-

klärt, wie die Eingabe einer in der Praxis vorkommenden Platte erfolgen kann, und wie

Bewehrungsfelder definiert werden. Das dritte und letzte Beispiel stellt eine Kreisplatte

mit ausschliesslich vertikaler Belastung dar. Unter der Verwendung von Schalenelemen-

ten soll hier veranschaulicht werden, wie aus der anfänglich entkoppelten Tragwirkung

von Membran- und Biegewirkung eine Koppelung aus der Aktivierung der Fliessbedin-

gungen entsteht.

8.2 Quadratische Platte

In diesem Beispiel wird eine quadratische Platte mit den Abmessungen 4 x 4 m betrach-

tet, die an den Rändern voll eingespannt ist. Als Belastung wird eine gleichmässig über

die ganze Platte verteilte Flächenlast von q = 1 kN/m2 angenommen, die sukzessive ge-

steigert wird, bis die Traglast erreicht ist. Die Plattenbewehrung selbst besteht aus vier

Bewehrungsfeldern über die ganze Platte mit jeweils zwei zueinander orthogonal ste-

henden, gleichen Bewehrungsgehalten für die untere und obere Bewehrung. Aus den

hier angegebenen Strukturdaten wird unter Ausnützung der Symmetrieeigenschaften

nur der Viertelteil der Platte modelliert (Bild 8.1). Die sich aus der Analyse ergebende

Traglast wird dann der theoretisch bekannten Lösung gegenübergestellt. Anschliessend

wird unter Anwendung der korotierten Koordinaten gezeigt, wie der Membranspan-

nungszustand in der Platte bei grossen Verformungen aktiviert wird.

Beispiele

126

Bild 8.1 - Geometrie der Platte

Zur Definition des statischen Systems werden in einer Text - Datei zuerst der Umriss

bzw. seine vier Eckpunktkoordinaten sowie die dazugehörigen Materialeigenschaften

gespeichert. Als weiterer Eingabeparameter wird auch noch der Grad der Maschenfein-

heit benötigt. Gestützt auf diese Informationen generiert das Programm eine finite Ele-

mentmasche, die vom Benutzer noch an gewünschten Stellen verfeinert werden kann.

Bild 8.2 zeigt die generierte Elementmasche mit Verfeinerung, bestehend aus 166 Ele-

menten mit 209 Knoten.

Bild 8.2 - Masche mit Verfeinerung

2,0 m 2,0 m

2,0 m

2,0 m

q 1kN m2⁄=

0,2 m

Betongüte B30/20

Stahl S 500

Material:

Symmetrieachse

Sym

met

rieac

hse

Quadratische Platte

127

Im Anschluss daran werden die Lagerungsbedingungen festgelegt, wobei am Platten-

rand alle Freiheitsgrade für die Knoten, während in der Symmetrieachse nur die Rota-

tionen um die jeweilige Achse, bzw. im Falle grosser Verschiebungen auch die

Horizontalverschiebungen blockiert sind. Abgeschlossen wird die Eingabe mit der Bela-

stung und mit der Definition der Bewehrungsgehalte für die vier Bewehrungsfelder

(Bild 8.3).

Bild 8.3 - Anordnung der unteren und oberen Plattenbewehrung

8.2.1 Nichtlinearität im Materialverhalten

Für die Berechnung der Traglast wird der Mindestbewehrungsgehalt gemäss SIA 162

[26] von herangezogen. Zunächst wird das

Lastniveau und der Zeitpunkt für die Neubildung der tangentiellen Steifigkeitsmatrix

(‘Stiffness - Updating’) festgelegt (siehe auch Kapitel 2.4). Allenfalls können stahl-

spezifische Eingabegrössen wie Grenzduktilität und/oder Verfestigungsparameter de-

finiert werden.

Zur Bestimmung der Traglast wird der im Kapitel 2.4 beschriebene Newton - Raphson

Algorithmus verwendet (siehe auch Anhang A). Dabei kann der in Lastschritten arbei-

tende Lösungsprozess direkt am Bildschirm mitverfolgt und jederzeit gestoppt und fort-

gesetzt werden. Damit ein Vergleich zwischen der errechneten Traglast mit der

theoretisch bekannten möglich ist, wird in diesem Beispiel weder eine Grenzduktilität

noch ein Verfestigungsparameter definiert.

asx+

asy+

asx-

asy-

= = =

1

2

3

4

untere Plattenbewehrung obere Plattenbewehrung

Stablage mit Richtung

asx+

asy+

asx-

asy-

asx+

asy+

asx-

asy-

255mm2

m⁄= = = =

KT

Beispiele

128

Bild 8.4 - Last - Verformungsbeziehung nach der Theorie kleiner Verformungen mit da-

zugehörigem Steifigkeitsparameter

Bild 8.4 zeigt neben der Verformung des Plattenmittelpunktes im Zuge der nichtlinearen

inkrementellen Analyse noch den Steifigkeitsparameter (siehe auch Anhang B). So-

lange die Struktur elastisch ist, beträgt dieser , bei Erreichen der Traglast nimmt

er den praktisch verschwindend kleinen Wert von an.

Bild 8.5 zeigt die plastischen Hauptkrümmungen bei Erreichen der Traglast. Die Inten-

sität der Krümmungen wird mit der Strichstärke verdeutlicht. Die aus der Analyse er-

haltene Traglast

(8.1)

ist nur geringfügig kleiner als die theoretische Lösung (Nielsen [24])

(8.2)

wm m[ ]

q kN m2⁄[ ]

50

25

elastisch

kleine Verschiebungen

Traglast

0,021

elastoplastisch

ks %[ ]

100%

0 1%,

Steifigkeitsparameter ks

qcalc*

50 5 kN m2⁄,=

ks100%

0 1%,

qcalc*

50 5 kN m2⁄,=

qult*

42 851mpl

l2

--------, 51 4 kN m2⁄,= =

Quadratische Platte

129

Bild 8.5 - Plastische Hauptkrümmungen bei Erreichen der Traglast

8.2.2 Geometrische Nichtlinearität

Vergrössert man die Bewehrungsflächen so, dass sich im Zuge der Analyse nur ein geo-

metrisch nichtlineares Verhalten einstellt, so ergibt sich ein Verschiebungsfeld nach Bild

8.6. Man erkennt im Mittelteil der Platte bereits den Einfluss der Membrankräfte. Vor al-

lem im Bereich der Einspannstellen treten sehr grosse Krümmungen auf, die hohe Duk-

tilitätsanforderungen an die Baustähle stellen. Bei der Berechnung nach der Theorie

grosser Verformungen ist es oft schwierig, ein Abbruchkriterium zu finden, da der

Membranzustand in der Platte sich äussert günstig auf das Tragverhalten auswirkt. Zu

beachten ist, dass zur Mobilisierung dieses Tragverhaltens die Auflagerungen so ausge-

führt werden müssen, dass diese die Membrankräfte auch einwandfrei in den Unterbau

ableiten können.

Hauptkrümmungen

positive

negative

SymmetrieachseS

ym

metr

ieach

se

Beispiele

130

Bild 8.6 - Verschiebungsfeld nach Theorie grosser Verformungen

In Bild 8.7 sind die Verschiebungen aus der Theorie 1. Ordnung mit denen aus der Theo-

rie grosser Verschiebungen gegenübergestellt. Der Einfluss der Membrankräfte zeigt

den degressiven Zusammenhang zwischen der Verschiebung in Plattenmitte und

der gleichmässig verteilten Belastung .

Bild 8.7 - Vergleich kleiner und grosser Verschiebungen bei linear elastischem Materi-

algesetz

Stellt man die Verschiebungen bei einer Laststufe von für den Fall

grosser Verformungen denen in Zienkiewicz [31] angegebenen gegenüber, so beträgt

der Unterschied 10%. Dies zeigt, dass selbst bei der direkten Ermittlung der geometri-

Plattenmittelpunkt

wmq

wm m[ ]

q M N m2⁄[ ]

400

200kleine Verschiebungen

grosse Verschiebungen

0 16, 0 2,

q 200MN m2⁄=

Platte mit Öffnung

131

schen Steifigkeitsmatrix aus den Elementknotenkräften (vgl. Kapitel 3.4) sehr gut über-

einstimmende Resultate erreicht werden.

8.3 Platte mit Öffnung

Im folgenden wird eine der möglichen Vorgehensweisen bei der Berechnung eines prak-

tischen Plattenbeispiels gezeigt. Dazu werden Plattenelemente ohne Mitberücksichti-

gung von Membraneffekten nach Theorie kleiner Verschiebungen verwendet. In Bild 8.8

ist die Geometrie mit den Materialkennwerten dargestellt. Der Unterbau der Platte be-

steht aus vier Wänden und zwei Stützen, die Platte selbst weist eine konstante Dicke von

auf. Aufgrund dieser Vorgaben definiert der Ingenieur das statische Sy-

stem, welches hier aus einer ebenen Mittelfläche mit freien und aufgelegten Rändern be-

steht. Die Stützen werden durch flächengestützte Elemente modelliert, die einen

gleichmässig verteilten Stützendruck aufweisen. Näheres zur numerischen Implementa-

tion elastisch gestützter Plattenelemente kann in Anderheggen [2] nachgelesen werden.

Aufgrund dieser Definitionen erzeugt der Maschengenerator automatisch eine Element-

masche bestehend aus 258 Elementen und 306 Knoten mit den dazugehörigen Material-

kennwerten. Danach müssen noch die Lagerungsbedingungen spezifiziert werden.

Bild 8.8 - Geometrie und System der Platte

h 220 mm=

4,0 m 6,0 m

2,6 m

2,5 m

1,4 m

1,4 m

1,2 m

4,0 m

4,0 m

Stütze

Stütze

Plattendicke h = 220 mm

Wand

Stütze

freier Rand

E - Modul 3,0E7 kN/m2

ν = 0,15

Material:

Beispiele

132

Die hier untersuchte Platte wird durch ihr Eigengewicht und durch die

gleichmässig verteilte Last belastet. Aufgrund dieser Daten wird ein li-

neares Gleichungssystem nach der Methode der finiten Elemente aufgestellt, das für die

beiden Lastfälle gelöst wird. Aus den daraus ermittelten Knotenverschiebungen werden

die Auflagerreaktionen und Durchbiegungen (Bild 8.9) für die einzelnen Lastfälle und

für den Grenzzustand ermittelt.

Bild 8.9 - Verformte Elementmasche im Grenzzustand

Aus den Knotenverschiebungen werden auch direkt die verallgemeinerten Spannungs-

grössen nach Kapitel 4 zufolge Biegung ermittelt. Dividiert man diese verallgemeinerten

Spannungsgrössen für ein finites Element durch seine zugehörige Elementfläche, so er-

hält man die einzelnen Momentenkomponenten der Beanspruchung als Mittelwert

(Durchschnittsmomente) über die Elementfläche. In Bild 8.10 sind die Durchschnittsmo-

mente als Hauptmomente dargestellt. Die Strichstärke ist dabei direkt proportional zur

Momentenintensität. Daraus lassen sich jene Tragwerkstellen leicht erkennen, die einer

hohen Spannungskonzentration ausgesetzt sind. Ausserdem erhält man eine gute

Kenntnis über die Lastabtragung im Tragwerk.

g 5 5 kN m2⁄,=

q 9 5 kN m2⁄,=

Platte mit Öffnung

133

Bild 8.10 - Hauptmomente aus elastischer Berechnung

Aus der Grenzwertspezifikation für die Spannungskomponenten (Momente) ermittelt

das Programm den Bedarf an oberer und unterer Bewehrung in jedem Element. Die Bil-

der 8.11 und 8.12 zeigen den Bewehrungsbedarf für die Plattenober- und unterseite in

jedem finiten Element an. Dabei ist die Dicke der Linien direkt proportional zum erfor-

derlichen Bewehrungsbedarf.

Bild 8.11 - Oberer Bewehrungsbedarf aus der Grenzwertspezifikation

Hauptmomente

positive

negative

Beispiele

134

Bild 8.12 - Unterer Bewehrungsbedarf aus der Grenzwertspezifikation

Basierend auf diesen Bewehrungsbedarf und seiner persönlichen Erfahrung legt der Be-

nutzer die Anordnung der Bewehrungsfelder fest. Für die obere Bewehrung empfiehlt

es sich, zusätzliche Zulagen im Eckbereich sowie über der Stütze und am Wandende

vorzusehen. Im Gegensatz dazu brauchen für die untere Bewehrung keine Zulagen vor-

gesehen zu werden.

Bild 8.13 - Bewehrungsfelder für die obere und untere Plattenbewehrung

Definition der oberenBewehrungsfelder

Definition der unterenBewehrungsfelder

Mattenlage mit

Richtung

Platte mit Öffnung

135

Die Anordnung der Bewehrungsfelder erfolgt interaktiv durch die Definition der Stab-

und Mattenlagen. Neben dieser Definition kann noch zusätzlich für jedes Bewehrungs-

feld der Mindestbewehrungsgehalt (z.B. nach SIA 162 [26]) spezifiziert werden (Bild

8.13).

Für jedes spezifizierte Bewehrungsfeld wir nun eine elastische Bemessung durchge-

führt, mit dem Ziel, dass die erforderlichen Widerstände aus der Bewehrung im Grenz-

zustand im gesamten Plattentragwerk vorhanden sind. Auch die Einhaltung der

Mindestbewehrung wird in diesem Schritt kontrolliert. Bild 8.14 zeigt elementweise den

erforderlichen Bewehrungsbedarf in der durch kleine Striche angegebenen Richtung aus

der elastischen Bemessung für die oberen und unteren Bewehrungslagen an. Die Höhen

der Säulen sind direkt proportional zum Bewehrungsbedarf.

Bild 8.14 - Bewehrungsbedarf nach elastischer Bemessung (787 kg Stahl)

Die aus der elastischen Bemessung ermittelte Bewehrung erfüllt zwar den Tragsicher-

heitsnachweis nach SIA 162 [26], weist aber zumeist einen zu hohen Bewehrungsgehalt

auf. Nun soll das Bewehrungsgewicht aus der elastischen Bemessung reduziert bzw. op-

timiert werden. Dazu werden der Struktur Eigenspannungszustände so überlagert, dass

sie das erforderliche Bewehrungsgewicht reduzieren. Durch die Überlagerung eines Ei-

genspannungszustandes wird wieder einer von unendlich vielen möglichen Gleichge-

wichtszuständen gefunden. Nach dem unteren Grenzwertsatz der Plastizitätstheorie

dürfen Eigenspannungszustände beliebiger Amplitude überlagert werden, da diese kei-

nen Einfluss auf die Traglast einer Struktur ausüben. Diese Optimierung wird vom Pro-

gramm in einem inkrementellen Verfahren weitgehend automatisch durchgeführt. Der

Programmbenutzer kann am Bildschirm den Optimierungsvorgang mitverfolgen und

abbrechen, sobald das Resultat seinen Vorstellungen entspricht. Bild 8.15 zeigt den Be-

wehrungsbedarf für die einzelnen Elemente nach einer elastoplastischen Optimierung

bei einer Gewichtseinsparung von 23%. Der hohe Bewehrungsbedarf in Bild 8.14 in den

Bereichen von hohen Spannungskonzentrationen wurde abgebaut und gleichmässiger

auf bestimmte Plattenregionen verteilt (Bild 8.15).

obere Bewehrung untere Bewehrung

Beispiele

136

Bild 8.15 - Bewehrungsbedarf nach plastischer Bemessung (601 kg Stahl)

Da das Verfahren zur Bemessungsoptimierung ausreichend Gebrauch von plastischen

Rotationen macht, stellt die Analyse eine sinnvolle Ergänzung zur Bemessung dar. Da-

bei wird die Belastung solange inkrementell gesteigert, bis das System instabil oder in

einer der dimensionierten Bewehrungslagen die obere Grenze der plastischen Dehnun-

gen bzw. die Grenzduktilität erreicht wird. Bei Beginn der Analyse muss lediglich die zu

untersuchende Belastung und die Obergrenze der plastischen Dehnungen (bzw. Krüm-

mungen) spezifiziert werden. In jedem Schritt der Analyse können die plastischen Rota-

tionen und die Strukturverformung mitverfolgt werden. In diesem Beispiel erfolgte die

Berechnung bis zum Erreichen der Traglast für die optimierte Bewehrung.

Bild 8.16 - Krümmungsbild zur Traglast von 23,9 kN/m2 und bei einem Steifigkeitspa-

rameter von 0,4

obere Bewehrung untere Bewehrung

Hauptkrümmungen

positive

negative

Kreisplatte

137

Bild 8.16 zeigt die plastischen Hauptkrümmungen bzw. Rotationen bei Erreichen der

Traglast von 23,9 kN/m2, mit dem dazugehörigen Steifigkeitsparameter von 0,4. Dabei

entspricht die Strichstärke der Krümmungsintensität.

8.4 Kreisplatte

Die Kreisplatte im folgenden Beispiel (Bild 8.17) soll die Koppelung zwischen Membran-

und Biegezustand zeigen. Die betrachtete Platte, die rundum frei aufgelegt ist, wird als

Viertelkreis mittels Schalenelementen modelliert, damit die Symmetrieeigenschaften

voll ausgenützt werden können. Der Plattendurchmesser beträgt 6,0 m. Als Belastung

wird eine gleichmässig verteilte Last von q = 1 kN/m2 vorgesehen, die inkrementell ge-

steigert wird.

Bild 8.17 - Bauteilbeschreibung

Die obere und untere Bewehrung besteht aus biaxialen Matten mit Bewehrungsgehalten

von und . Bild 8.18 zeigt das statische System und

die Modellierung durch finite Elemente.

Entlang der Symmetrieachse in werden die Rotationen und die Verschiebungen ,

entlang der Symmetrieachse in die Rotationen und die Verschiebungen blok-

kiert. Befindet sich die Kreisplatte im elastischen Zustand, so treten an einem finiten Ele-

mentknoten mit seinen sechs Freiheitsgraden nur die drei Plattenfreiheitsgrade ,

und auf, während die Membranfreiheitsgrade , und bei den Free Formulation Ele-

menten verschwinden (Bild 8.18).

x u,

y v,

r 3= 0m,

Plattendicke h = 200 mm

Material:

E - Modul 3,0E7 kN/m2

ν = 0,17

as-

335 m m2

m⁄= as+

615m m2

m⁄=

x θx vy θy u

θx θyw u v

θz

Beispiele

138

Bild 8.18 - Masche mit Verschiebungsfeld im elastischen Zustand

Mit zunehmender Laststeigerung und mit der Aktivierung der Fliessbedingungen wird

durch den Austauschschritt die anfangs entkoppelte Steifigkeitsmatrix , bei der der

Biegeanteil vollständig vom Membrananteil getrennt ist (Bild 8.19), gekoppelt.

Die materialabhängige Steifigkeitsmatrix eines finiten Elementes erleidet durch den

Austauschschritt einen Rangabfall und wird zu , bzw. zu und

Bild 8.19 - Koppelung in der lokalen Elementsteifigkeitsmatrix

Bild 8.20 zeigt das Verschiebungsfeld im elastoplastischen Zustand für eine bestimmte,

gewählte Durchbiegung von . Da die Lagerung am kreisrunden Rand ver-

schieblich ist, erkennt man die Koppelung durch das Auftreten von Membranverschie-

bungen am Plattenrand trotz ausschliesslich vertikaler Belastung.

SymmetrieachseS

ym

metr

ieach

se

Rand aufgelegt,aber frei ver-schiebbar

kkb km

kkT kbT kmT

kb

km

0

0

kbT

kmT

w 200mm=

Kreisplatte

139

Bild 8.20 - Verschiebungsfeld im plastifizierten Zustand für eine gewählte Durchbie-

gung von

w 200mm=

Plattenmittelpunkt

u 7mm=

w 200mm=

140

141

9 Schlussbetrachtungen

9.1 Zum verwendeten Verfahren

In dieser Arbeit wird ein neues Konzept zur nichtlinearen Analyse von Stahlbetonplat-

ten und -schalen vorgestellt. Neu dabei ist, dass ein elastoplastisches Materialgesetz im

Knotenkraftraum definiert wird, und nicht wie bisher im Spannungs - Verzerrungs-

raum. Mit der Formulierung des Materialgesetzes im Knotenkraftraum, das auch als Ele-

mentgesetz bezeichnet wird, reduziert sich das bei finiten Element Programmen übliche

Dreistufensystem, bestehend aus System-, Element- und Materialstufe auf ein zweistu-

figes System, das nur mehr aus einer System- und Elementstufe besteht. Diese Reduktion

hat den Vorteil, dass auf Elementstufe direkt mit der Steifigkeitsmatrix gearbeitet wer-

den kann. Dadurch entfällt die Neubildung der Elementsteifigkeitsmatrix in jedem Zeit-

schritt. Diese wird nur mehr auf Elementstufe modifiziert und an die Systemstufe

weitergeleitet. Zur Beschreibung dieses Elementgesetzes müssen die dazu erforderli-

chen Fliessbedingungen linearisiert und für den Knotenkraftraum formuliert sein. Mit

Hilfe eines eigens dafür entwickelten Tableaualgorithmus wird der teil- bzw. vollplasti-

fizierte Zustand im Element beschrieben und die lokale Steifigkeitsmatrix entsprechend

abgeändert.

Da bei der Entwicklung der Schalenelemente eine Formulierung mit korotierten Koordi-

naten verwendet wird, kann das Elementgesetz auch in diesem lokalen, mit dem Ele-

ment mitgehenden Koordinatensystem formuliert werden. Dabei wird vorausgesetzt,

dass die Verzerrungen im Element klein bleiben; das finite Element selbst kann beliebig

grossen Starrkörperverschiebungen und -rotationen ausgesetzt sein. Erstmals wird die

Bildung der geometrischen Steifigkeitsmatrix für Biegung aus den Elementknotenkräf-

ten der Membranwirkung gezeigt. Damit entfällt die Neubildung der geometrischen

Steifigkeitsmatrix, und das Konzept der Knotenkräfte wird weiterhin aufrecht erhalten.

Der Hauptvorteil bei der Verwendung von Knotenkräften ist, dass diese mit den äusse-

ren Knotenlasten ein Gleichgewichtssystem bilden: Sie sind mit diesen exakt im Gleich-

gewicht, da das globale Gleichungssystem dafür gelöst wird. Der Umgang mit

Knotenkräften hat ferner den Vorteil, dass die sogenannte ‘Singularitätenproblematik’

weitgehend umgangen wird. Betrachtet man z.B. konzentrierte Einzellasten, Auflagerre-

aktionen oder auch einspringende Ecken bei Platten, so liefert die theoretisch exakte Lö-

sung für diese Stellen unendlich grosse Krümmungen bzw. Plattenmomente. Dies trifft

bei einer Modellierung nach der Methode der finiten Elemente im allgemeinen nicht zu,

da die finiten Elemente stets eine Näherungslösung liefern. Da aber diese Näherungslö-

sung einen konvergenten Charakter besitzt, streben die Plattenmomente bei zunehmen-

der Maschenverfeinerung mehr und mehr gegen unendlich. Somit stehen die Werte an

Schlussbetrachtungen

142

den Singularitätsstellen im direkten Zusammenhang mit der verwendeten Masche. Hier

werden jedoch nicht die Plattenmomente, sondern die Elementknotenkräfte als verallge-

meinerte Kraftgrössen, die das Gleichgewicht exakt erfüllen, verwendet.

Das hier vorgestellte Analyseverfahren kann sowohl zur Traglastbestimmung und zum

Nachweis der Duktilität von bestehenden als auch von neugebauten Stahlbetonplatten

und -schalen angewendet werden. Es stellt eine sinnvolle Ergänzung zum bestehenden

Bemessungsmodul dar. Die Kombination von Bemessungs- und Analysemodul ist bei

Neubauten sinnvoll. Die Bemessung hat nur die Optimierung des Stahlgewichts zum

Ziel, ohne auf die Frage der Duktilitätseigenschaften für die Bewehrungstähle einzuge-

hen. Deshalb ist es angebracht im Anschluss an die Bemessung eine Analyse durchzu-

führen, wobei zusätzlich die gewünschte Belastung und die Obergrenze der plastischen

Krümmungen einzugeben sind. Bricht das inkrementelle Verfahren bei Erreichen der

Traglast oder bei Überschreiten der Grenzduktilität ab, so erhält man die Verteilung des

plastischen Rotationsbedarfs und die Strukturverformung für die gegenwärtige Laststu-

fe zum Resultat. Dieselbe Berechnungsmethode kann auch zur Ermittlung der Tragsi-

cherheit bestehender Bauten verwendet werden, die Bewehrung wird dann direkt

eingegeben. Das Programm versucht die Belastung solange zu steigern, bis die Traglast

erreicht ist, oder die vorgegebene Stahlduktilität erschöpft ist. Resultat ist der Traglast-

faktor für die vorgegebene Belastung.

Mit dem Analysemodul wird versucht, ein möglichst praxisorientiertes Werkzeug mit

einfacher Handhabung zu schaffen, mit dem Ziel, dass die auf der Plastizitätstheorie ba-

sierenden Berechnungsverfahren in der Praxis den verdienten Anklang finden. Der Be-

nutzer wird bewusst nicht mehr mit komplexen Fragestellungen wie der Definition

eines Konvergenzkriteriums, Lastschrittwahl oder der Frage nach der Bildung der Stei-

figkeitsmatrix (‘Stiffness Updating’) konfrontiert. Diese Parameter werden im Laufe der

Iterationen vollautomatisch vom Programm bestimmt.

9.2 Weitere Anregungen

Folgende Ergänzungen wären im Rahmen weitergehender Forschungsprojekte noch

sinnvoll

Um die in der Praxis gestellten Forderungen auch optimal erfüllen zu können, müs-

sten alle Normbestimmungen direkt berücksichtigt werden. In diesem Projekt sind le-

diglich die generellen und allgemeingültigen Normbestimmungen berücksichtigt.

Bei der Programmentwicklung wurde besonderer Wert darauf gelegt, diese Bestim-

mungen im nachhinein einfach implementieren bzw. an die entsprechenden nationa-

len und internationalen Bestimmungen anpassen zu können (z.B. Beiwerte beim

Sicherheitskonzept). Angesichts der bereits implementierten Nachweiskonzepte

wäre der zusätzliche Entwicklungsaufwand nicht allzu gross.

Behandlung der lokalen Effekte, die sich im Stützbereich von Flachdecken ergeben,

wo hohe Schubbeanspruchungen auftreten (Durchstanzproblematik). Bei fehlender

Weitere Anregungen

143

Schubbewehrung kann dies zu schlagartigem, sprödem Versagen des Krafteinlei-

tungsbereichs führen. Wesentlich dabei ist, dass sich mit der Umlagerung der Mo-

mente auch die Querkraftverteilung ändert, womit die Zonen hoher

Schubbeanspruchung sich im Laufe der Belastungsgeschichte ändern.

Die Vorspannung kann nur als externer Lastfall angegeben werden. Dies ist an sich

sinnvoll, kann aber als Nachteil interpretiert werden, da die Vorspannkabel nach den

heute gültigen Normen nicht im gleichen Masse ausgenützt werden können, wie die

schlaffe Bewehrung.

Erweiterung auf verschiedene Elementmodelle. Bisher wurden für die Platten- und

Schalenelemente nur Elemente aus der ‘Free Formulation’ Familie verwendet. Eine

Erweiterung auf andere Elementtypen, wie Mindlin oder Morley Elemente wäre

auch von Interesse.

Entwicklung eines Stabelementes, damit die in der Praxis oft vorkommenden Balken-

strukturen zur Gänze berechnet werden können. Mit Hilfe eines solchen Elements

kann dann der Benutzer die Längs- bzw. Schubbewehrung vorgeben und die Analyse

im Anschluss daran durchführen. Selbst die Kombination von Stab- und Schalenkon-

struktionen wäre dann möglich.

144

145

Anhang

A Newton - Raphson

Die Lösung von Gleichung 2.23 verlangt ein iteratives Vorgehen, da die Knotenpunkt-

kräfte nichtlinear von den Knotenpunktverschiebungen abhängen. Ein häufig verwen-

detes Iterationsschema zur Lösung von nichtlinearen finiten Element - Gleichungen ist

der Newton - Raphson Algorithmus mit seinen Modifikationen wie Anfangssteifigkeits-

methode oder ‘Initial Stress Method’, modifizierter oder ‘Modified’ Newton - Raphson

und vollständiger oder ‘Full’ Newton - Raphson (siehe auch Kapitel 2.4). Vor Beginn je-

der nichtlinearen Analyse wird die Zeit , die hier die Rolle eines Lastparameters spielt,

und der globale Knotenverschiebungsvektor zu Null initialisiert (Bild A.1). Es gilt

, dabei stellen die die internen Knotenkräfte und den

Vektor der externen Knotenlasten dar. Die Hauptschleife über die Zeit- bzw. Lastschrit-

te, bei der jeweils um erhöht wird, kann dann beginnen. Wird ein neuer Zeitschritt

in Angriff genommen, so werden dabei die äusseren Lasten auf , bei gleich-

bleibenden Knotenverschiebungen erhöht. Dadurch entstehen gleichgewichtsverlet-

zende Knotenlasten, die man auch als Residuallasten bezeichnet. Diese errechnen sich

aus

(A.1)

Das Tragwerk wird nun mit diesen Residuallasten belastet, wie wenn diese äussere

Lasten wären. Die daraus verursachten Knotenverschiebungsinkremente werden

aus der Lösung des globalen linearen Gleichungssystems bestimmt

bzw. (A.2)

Die Residualkräfte

(A.3)

werden für die mit veränderten Knotenverschiebungen erneut berechnet.

Verhält sich das Tragwerk linear, so verschwinden die Residualkräfte. Bei nichtlinearem

Verhalten muss iteriert werden, bis die Residualkräfte verschwinden. Für die Iteration

wird die neue, den Knotenverschiebungen angepasste Tangentensteifigkeits-

matrix bestimmt. Mit dieser werden wiederum verbesserte Verschiebungsinkre-

mente

(A.4)

tA

P A( ) F t( ) 0= = P A( ) F t( )

t ∆tF t ∆t+( )

A

R F t ∆t+( ) P A( )–=

R∆A

KT∆A R F t ∆t+( ) P A( )–= = ∆A KT1– R=

R F t ∆t+( ) P A ∆A+( )–=

∆A A ∆A+

A ∆A+KT

∆A ∆A KT1– R ∆A KT

1– F t ∆t+( ) P A ∆A+( )–( )+=+=

Anhang

146

durch Belastung des Tragwerkes mit den Residualkräften , bzw. durch Lösung des

entsprechenden globalen Gleichungssystems berechnet. Diese Gleichgewichtsiteratio-

nen werden über die Variable ‘iter’ kontrolliert. Wird die Anzahl der Iterationen grösser

als eine im Programm festgelegte Obergrenze, so wird der Zeitschritt reduziert. Wird

zu klein, so ist vermutlich die Traglast erreicht (Stopstelle A). Solche Gleichgewichts-

iterationen werden solange wiederholt, bis die Residuallasten klein genug sind. Trifft

dies zu, dann gilt das Knotengleichgewicht als erreicht. Es werden dann die totalen Kno-

tenverschiebungen um und der Zeitschritt auf erhöht. Dieser Zyklus

kann bis zum Erreichen der Traglast oder bis wiederholt werden. stellt

einen vordefinierten Zeitpunkt dar (Stopstelle B). Nach der Bildung der Tangentenstei-

figkeitsmatrix aus den einzelnen Elementbeiträgen , wird immer kontrolliert, ob

regulär und positiv definit ist, was einem stabilen statischen System entspricht. Wird

singulär oder nicht positiv definit, dann ist die Traglast im letzten Zeitschritt er-

reicht, d.h. die Struktur ist nicht mehr stabil.

Programmiertechnisch lässt sich eine nichtlineare Analyse nach der klassischen Metho-

de von Newton - Raphson in folgende Schwerpunkte aufgliedern

Bestimmung der Knotenkräfte jedes Elementes für die gegebenen Kno-

tenverschiebungen und . Nichtlineare Effekte werden hier mitberücksichtigt.

Assemblierung des globalen Knotenkraftvektors aus den Elementkno-

tenkräften und Bestimmung der Residualkräfte aus

.

Bestimmung der lokalen Tangentensteifigkeitsmatrix für jedes Element für die

gegebenen Knotenverschiebungen und deren Inkremente , sowie Assemblie-

rung dieser zur globalen Tangentensteifigkeitsmatrix .

Bestimmung der Knotenverschiebungen aus den globalen Knotengleichge-

wichtsgleichungen aus der Koeffizientenmatrix und dem Residuumlastvektor

als Belastungsvektor .

Kontrolle, ob die Residuallasten klein genug sind, d.h. ob bei der letzten Iteration

Gleichgewicht erreicht werden konnte.

Der Zeitschritt ist ein wichtiger Eingabeparameter für den Newton - Raphson Algo-

rithmus. Seine Grösse wird so gewählt, dass zunächst bis zur Elastizitätsgrenze gesprun-

gen wird und anschliessend wird mit konstanter Schrittweite fortgefahren. Zur

Beurteilung, wie weit man von der Traglast entfernt ist, wird in IANA der Steifigkeits-

parameter eingeführt (siehe Anhang B). Dieser wird am Ende jedes Zeitschrittes berech-

net und sowohl numerisch, als auch graphisch ausgegeben.

R

t∆∆t

R

A ∆A+ t ∆t+t tEnde> tEnde

KT kTKTKT

p a ∆a+( )a ∆a

P A ∆A+( )p a ∆a+( )

R F t ∆t+( ) P A ∆A+( )–=

kTa ∆a

KT

∆AKT

R

R

∆t

Anhang

147

Bild A.1 - Flussdiagramm zum Newton - Raphson Algorithmus

Initialisierungt 0= A 0=

∆A KT1– F t ∆t+( ) P A( )–( )=

R F t ∆t+( ) P A ∆A+( )–( )=

Rklein genug?

∆A ∆A KT1– R+=

A A A∆+=t t ∆t+=

STARTG

leic

hg

ew

ich

tsit

era

tio

n

Zeit

sch

ritt

itera

tio

nBilde KT

KTsingulär ?

iter = 0

iter++

iter > itermax

Bilde KT A ∆A+( )

singulär ?

KT

reduzieren ∆t

∆tzu klein?

t tEnde>

STOP Cja

nein

nein

ST

OP

B

ja

nein

ja

nein

ja

nein

neinSTOP A

Zeit

sch

ritt

wie

derh

ole

n

ja

148

Anhang

149

B Steifigkeitsparameter

Der Steifigkeitsparameter ist ein skalares Mass zur Beschreibung der Nichtlinearität ei-

ner Struktur. Er wird am Ende jedes Zeit- bzw. Lastschrittes ermittelt und stellt das Ver-

hältnis der normierten Arbeiten beim gegenwärtigen Zeitschritt zum Anfangszeitschritt

(ersten Lastschritt) dar (Bild B.1).

Bild B.1 - Last - Verformungsbeziehung

Die Arbeit für den Zeitschritt berechnet sich zu

(B.1)

und normiert auf zu

(B.2)

Der Steifigkeitsparameter ergibt sich dann zu

(B.3)

mit als normierte Arbeit für den ersten rein elastischen Zeit- bzw. Lastschritt. Der

Steifigkeitsparameter ist ein skalarer Indikator der die ‘Steifigkeit’ einer Struktur an-

A

F

∆F

∆A

F t ∆t+( )

F t )( )

Traglast

KT

W t( ) t t t∆+→

W t( ) 12--- ∆AT F∆ 1

2--- FTKT F∆∆= =

∆t 1=

W t( ) 12---∆AT F∆

t2∆

-------------------=

ks

ksW 0( )W t( )-------------=

W 0( )

Anhang

150

zeigt. Zu Beginn des Lösungsprozesses (Zeitfaktor ) ist . Mit fort-

schreitender Belastung kommt es zu einer Änderung des Steifigkeitsparameters. Wird

die Struktur weicher bzw. steifer, dann ist bzw. . Beim Erreichen

der Traglast wird (Bild B.1).

t 0= ks 100%=

ks 100%< ks 100%>ks 0 %=

151

Symbole

Konventionen

fett Vektoren und Matrizen

normal Skalare

Lateinische Grossbuchstaben

globaler Verschiebungsvektor

Verzerrungs - Verschiebungsmatrix

Elastizitätsmatrix, Verschiebungs-

gradient

Dissipationsarbeit

Verzerrungszustände

Elementfläche

globaler Lastvektor, Deformations-

gradient

Verschiebungs - Interpolationsma-

trix

globale Steifigkeitsmatrix

lineare Operatormatrix

Matrix der Normalspannungen

interner Knotenkraftvektor (Result.)

Residuum, Rotationsmatrix

statisches Moment

verallgemeinerte Spannungen,

2. Piola - Kirchhoffscher Spannungs-

tensor

innere Verzerrungsenergie

Streckmatrix

Volumen

Arbeit der äusseren Knotenlasten

Matrix der Widerstände

Koordinatenvektor zum Zeitpunkt

Matrix der Normalenvektoren

Lateinische Kleinbuchstaben

Bewehrungsfläche pro Breite

Elementknotenverschiebungen

statische Nutzhöhe, Inkrement

Baustofffestigkeit

Lastvektor

Höhe, Strukturdicke

lokale Steifigkeitsmatrix

Anzahl, Biegemoment

Normalkraft

Elementknotenkräfte

Knotenkräfte

Querkraft, verallgemeinerte Verzer-

rungen

plastischer Widerstand

Zeitparameter

Verschiebungsvektor

Koordinatenvektor zum Zeitpunkt

Griechische Grossbuchstaben

Differenz

Green - Lagrangescher Verzerrungs-

tensor

Rotation

Matrix der Eigenwerte, Maschenpa-

rameter

Gesamtpotential

Fliessfläche

Starrkörperrotation

Griechische Kleinbuchstaben

Winkel

Schiebung (Schubverzerrung)

Azimutrotation

Verzerrung (linear)

Verzerrung (nichtlinear)

Fliessfaktor, Eigenwert

Duktilität

Querdehnungszahl

Spannung

ABD

DEFF

H

KLN

PRSS

UUVWWX

t 0=Y

aad

ffhkmnpqq

rtux t

∆E

θΛ

ΠΦΩ

αγδεηλµνσ

Symbole

152

Schubspannung, Zeitparameter

Richtung der Hauptquerkraft

Krümmung

Richtungswinkeldifferenz

Kopf- und Fusszeiger

Indikator für Verschiebungen

Indikator für Rotationen

Starrkörper

tangentiell

Platte, externe Lasten

Beton, Druck, konstant

Dimension der Knotenkräfte

elastisch

Gleichgewichtsbedingungen

höhere Ordnung

Membran

initial

plastisch

Raum der Knotenkräfte

Verzerrungszustände

Koordinate

Fliessindex, Koordinate

Koordinate

Sonderzeichen

unten, postiv

oben, negativ

orts - und verschiebungsabhängig

lokales, mitgehendes Koordinaten-

system

knotenbezogen

τϕχψ

DRSKT

bcdeghmoprsxyz

+-~^

153

Literaturverzeichnis

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