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371 atw Vol. 59 (2014) Issue 6 | June Preservation of Know-How and Advanced Training Das KWS-Schulungskraftwerk Zwentendorf - die ideale Voraussetzung für praktische Schulungen in den Bereichen Instandhaltung und Rückbau von kerntechnischen Anlagen Herbert Maaßen, Essen Anschrift des Verfassers: Herbert Maaßen Weiterbildung Instandhaltung für konventionelle-/kerntechnische Anlagen und erneuerbare Energien KRAFTWERKSSCHULE E. V. Deilbachtal 199 45257 Essen Abb. 1: Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld (GKT), Zwentendorf (Österreich) Bereits vor dem Jahrtausendwechsel kam es zu einer Neuausrichtung der Kraftwerks- betreiber. Die Liberalisierung des Strommarktes in den 1990er-Jahren, durch die eine erste große Welle von Personalfreisetzung breit- flächig über den gesamten Strommarkt er - folgte, führte auch zu starken Personalre- duzierungen bei den Zulieferern und Ser - viceunternehmen Unternehmen hatten in diesen Jahren viele ältere und erfahrene Arbeitnehmer, die oft schon die Bauzeit der Kraftwerke miterlebt hatten, entlassen. Hinzu kamen der Beschluss zum Ausstieg aus der nuklea- ren Energieerzeugung und die Absichts- erklärungen der Energieversorger zum ver- stärkten Engagement bezüglich des Neu- baus von konventionellen Anlagen. Die Lage hatte sich drastisch gewandelt, die Kernenergie wurde (genehmigungs- technisch) in Deutschland zum Auslaufmo- dell. Serviceunternehmen und Zulieferer konzentrierten sich eher auf das Neubauge- schäft als auf die Altanlagen und arbeiteten verstärkt mit Leiharbeitern. Anfragen nach Dienstleistungen in technischer und auch personeller Hinsicht durch die Kernkraft- werke wurden zunehmend negativ beant- wortet. Ein vorher nicht geahnter, aber vor - hersehbarer Know-how-Verlust war groß- flächig spürbar. Häufig waren nicht recht- zeitig Ersatzkapazitäten aufgebaut worden, die diesen Aderlass hätten ausgleichen kön- nen. Wenn es dennoch zu Einstellungen kam, hatten die neuen Mitarbeiter keine Kraftwerkserfahrung, und längere Überlap- pungszeiten zur Einarbeitung waren nicht üblich. Dies führte zwangsweise zu Mangel an verfügbarer Kapazität und Qualität beim Eigenpersonal, was wiederum wegen der vorgenannten Gründe nicht einmal tempo- rär durch Fremdpersonal ausgeglichen wer - den konnte. Damit waren negative Auswirkungen auf die Qualität und Zuverlässigkeit der Instandhaltungs- und Nachrüstarbeiten in den Kernkraftwerken möglich; dies stellte die sichere Instandhaltungsdurchführung auch bei den Kernkraftwerken infrage. Die Instandhaltungsleiter der deutsch- sprachigen Kernkraftwerke hatten sich schon frühzeitig, etwa ab dem Jahrtausend- wechsel, mit dem Thema „Ausbildung in der Instandhaltung“ beschäftigt. Es wurde erkannt, dass in vielen Einsatzbereichen zu- nehmend Defizite auftraten und Abhilfe- maßnahmen erforderlich waren. Analysen der bestehenden Ausbildungs- möglichkeiten und zahlreiche Gespräche der Betreiber mit Herstellern, Lieferanten und Serviceunternehmen ergaben, dass ein umfangreiches Ausbildungsangebot erstellt werden musste. Während der intensiven Diskussionen des Ausbildungsthemas im VGB-Arbeitskreis wuchs zunehmend die Erkenntnis, dass Grundkenntnisse in Montagetechniken und Komponententechnik zwar unabdingbare Voraussetzung für den Arbeitseinsatz in Kernkraftwerken sind, dies jedoch bei Wei- tem nicht ausreicht, um die speziellen Anforderungen der Kernkraftwerke zu er- füllen. Verstärkt wurde dies durch präzi- sierte Formulierungen in der „Richtlinie über die Gewährleistung der notwendigen Kenntnisse der beim Betrieb von Kernkraft- werken sonst tätigen Personen“ des Bun- desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit aus dem Jahr 2001. In der Richtlinie sind den Betreibern weit- gehende Pflichten auferlegt worden, was die Qualifikation und die dazu erforderli- chen Nachweise für das eingesetzte Perso- nal anbelangt. Die logische Schlussfolgerung war der Wunsch nach einem Konzept zur Sicherstel- lung der behördlichen, aber vor allem auch der betrieblichen Anforderungen. Vereinfacht ausgedrückt, es mussten Methoden und Möglichkeiten gefunden werden, mit denen nicht nur die Anla- gentechnik in einem sicheren und funk- tionsfähigen Zustand gehalten, sondern auch mit denen den Instandhaltern des Eigen- und Fremdpersonals die Denk- und

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Page 1: Preservation of Know-How and Advanced Training Das KWS … · 2019. 11. 27. · 45257 Essen Abb. 1: Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld (GKT), Zwentendorf (Österreich) Bereits

371atw Vol. 59 (2014) Issue 6 | June

Preservation of Know-How and Advanced Training

Das KWS-Schulungskraftwerk Zwentendorf - die ideale Voraussetzung für praktische Schulungen in den Bereichen Instandhaltung und Rückbau von kerntechnischen Anlagen Herbert Maaßen, Essen

Anschrift des Verfassers:Herbert Maaßen

Weiterbildung Instandhaltung für konventionelle-/kerntechnische Anlagen und

erneuerbare EnergienKRAFTWERKSSCHULE E. V.

Deilbachtal 19945257 Essen Abb. 1: Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld (GKT), Zwentendorf (Österreich)

Bereits vor dem Jahrtausendwechsel kam es zu einer Neuausrichtung der Kraftwerks-betreiber.

Die Liberalisierung des Strommarktes in den 1990er-Jahren, durch die eine erste große Welle von Personalfreisetzung breit-flächig über den gesamten Strommarkt er-folgte, führte auch zu starken Personalre-duzierungen bei den Zulieferern und Ser-viceunternehmen

Unternehmen hatten in diesen Jahren viele ältere und erfahrene Arbeitnehmer, die oft schon die Bauzeit der Kraftwerke miterlebt hatten, entlassen. Hinzu kamen der Beschluss zum Ausstieg aus der nuklea-ren Energieerzeugung und die Absichts-erklä rungen der Energieversorger zum ver-stärkten Engagement bezüglich des Neu-baus von konventionellen Anlagen.

Die Lage hatte sich drastisch gewandelt, die Kernenergie wurde (genehmigungs-tech nisch) in Deutschland zum Auslaufmo-dell. Serviceunternehmen und Zulieferer kon zentrierten sich eher auf das Neubauge-schäft als auf die Altanlagen und arbeiteten verstärkt mit Leiharbeitern. Anfragen nach Dienstleistungen in technischer und auch personeller Hinsicht durch die Kernkraft-werke wurden zunehmend negativ beant-wortet. Ein vorher nicht geahnter, aber vor-hersehbarer Know-how-Verlust war groß-flächig spürbar. Häufig waren nicht recht-

zeitig Ersatzkapazitäten aufgebaut worden, die diesen Aderlass hätten ausgleichen kön-nen. Wenn es dennoch zu Einstellungen kam, hatten die neuen Mitarbeiter keine Kraftwerkserfahrung, und längere Überlap-pungszeiten zur Einarbeitung waren nicht üblich. Dies führte zwangsweise zu Mangel an verfügbarer Kapazität und Qualität beim Eigenpersonal, was wiederum wegen der vorgenannten Gründe nicht einmal tempo-rär durch Fremdpersonal ausgeglichen wer-den konnte.

Damit waren negative Auswirkungen auf die Qualität und Zuverlässigkeit der Instand haltungs- und Nachrüstarbeiten in den Kernkraftwerken möglich; dies stellte die sichere Instandhaltungsdurchführung auch bei den Kernkraftwerken infrage.

Die Instandhaltungsleiter der deutsch-sprachigen Kernkraftwerke hatten sich

schon früh zeitig, etwa ab dem Jahrtausend-wechsel, mit dem Thema „Ausbildung in der Instandhaltung“ beschäftigt. Es wurde erkannt, dass in vielen Einsatzbereichen zu-nehmend Defizite auftraten und Abhilfe-maßnahmen erforderlich waren.

Analysen der bestehenden Ausbildungs-möglichkeiten und zahlreiche Gespräche der Betreiber mit Herstellern, Lieferanten und Serviceunternehmen ergaben, dass ein um fangreiches Ausbildungsangebot erstellt werden musste.

Während der intensiven Diskussionen des Ausbildungsthemas im VGB-Arbeitskreis wuchs zunehmend die Erkenntnis, dass Grundkenntnisse in Montagetechniken und Komponententechnik zwar unabdingbare Voraussetzung für den Arbeitseinsatz in Kern kraftwerken sind, dies jedoch bei Wei-tem nicht ausreicht, um die speziellen Anforderun gen der Kernkraftwerke zu er-füllen. Verstärkt wurde dies durch präzi-sierte Formulierun gen in der „Richtlinie über die Gewährleistung der notwendigen Kenntnisse der beim Betrieb von Kernkraft-werken sonst tätigen Personen“ des Bun-desministeriums für Um welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit aus dem Jahr 2001. In der Richtlinie sind den Betreibern weit-gehende Pflichten auferlegt worden, was die Qualifikation und die dazu erforderli-chen Nachweise für das eingesetzte Perso-nal anbelangt.

Die logische Schlussfolgerung war der Wunsch nach einem Konzept zur Sicherstel-lung der behördlichen, aber vor allem auch der betrieblichen Anforderungen.

Vereinfacht ausgedrückt, es mussten Methoden und Möglichkeiten gefunden werden, mit denen nicht nur die Anla- gentechnik in einem sicheren und funk-tionsfähigen Zustand gehalten, sondern auch mit denen den Instandhaltern des Eigen- und Fremdpersonals die Denk- und

Page 2: Preservation of Know-How and Advanced Training Das KWS … · 2019. 11. 27. · 45257 Essen Abb. 1: Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld (GKT), Zwentendorf (Österreich) Bereits

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Abb. 2: Schulungsraum auf dem Turbinenflur

Abb. 3: KWS Informationspunkt

Arbeitsweise der Kernkraftwerke vermittelt werden konnte.

Eine umfangreiche Suche nach gut ge-eigneten Schulungsmöglichkeiten erfolgte in ganz Europa. Schließlich einigte man sich auf mehrere Ausbildungsorte, die für die ausgear beiteten Schulungsgrundlagen optimale Voraussetzungen boten. In diesem Rahmen wurde das ehemalige Kernkraft-werk Zwentendorf in Österreich (Abbildung 1), wie weiter unten beschrieben, zu einem KWS-Schulungszentrum umgebaut und ausgerüstet.

Es wurden verschiedene Arbeitsgruppen aus langjährig erfahrenen Kraftwerks-mitarbei tern gebildet, die die Inhalte der zu bearbeitenden Instandhaltungsbereiche festlegten.

Als qualitativ hochwertiger Ausbildungs-betrieb und langjähriger Partner der Kraftwerks betreiber wurde die KWS in Es-sen beauftragt, Ausbildungsangebote spe-ziell für die hohen Ansprüche an Instand-halter in Kernkraftwerken zu erstellen. Das Kursangebot der KWS hatte zum damaligen Zeitpunkt eher andere Schwerpunkte. Nicht nur aus dem nuklearen Kraftwerksbe-reich, sondern auch aus VGB-Arbeitskreisen der konventionellen Kraftwerke wurden von der KWS Anregungen umgesetzt, die dazu beitrugen, die Aus- und Weiterbildung für Instandhalter zu modernisieren und durch eine konsequente Nutzung dieses An-gebots den Know-how-Verlust zu stoppen, ja ihm sogar entgegenzuwirken.

Die KWS wurde mit der Suche nach ge-eigneten Dozenten beauftragt, mit denen auf Grundlage der von den Instandhal-tungsleitern vorgegebenen Inhalte das Schulungsprogramm ausgearbeitet wurde. Parallel dazu wurde das Kernkraftwerk Zwentendorf sukzessive für die neue Aufga-be ausgebaut und ausgestattet. Bis zu die-sem Zeitpunkt fungierte der Standort Zwen-tendorf eigentlich nur noch als Ersatzteilla-ger für deutsche Kernkraftwerke oder als Verschrottungsplatz; entsprechend sah es dort aus. Das Kraftwerk wurde oft mit einem Schrottplatz verglichen.

Ein großes Investitions programm, getra-gen von der KWS und dem Eigentümer der Anlage, der Energieversorgung Niederöster-reich (EVN), wurde aufgelegt. Nach um-fangreichen Auf räumarbeiten mit dem Auf-wand von über einem Jahr wurden die Räumlichkeiten eingerichtet, diese be-stehen aus den Teilbereichen für Praxis- und Theorievermittlung.

Es wurden mehrere Schulungsräume mit moderner Kommunikationstechnik ins-talliert, einer davon, um kurze Wege zu ga-rantieren, im Kraftwerk auf dem Turbinen-flur. Sanitäreinrichtungen wurden gebaut, auch musste die Kraftwerksinnenbeleuch-tung für Begehungen und für die Arbeitsbe-reiche entsprechend nachgerüstet werden (Abbildung 2). Vier Aufzüge wurden nach

den neuen gesetzlichen Anforderungen mit automatischen Türen, Notrufeinrichtungen und aktuell geforderter Sicherheitstechnik ausgestattet. Die für die Schulungen not-wendigen Krananlagen und andere Hebe-zeuge wurden wieder zugelassen und zerti-fiziert. Weiterhin mussten die für Revisions-schulungen notwendigen Werkzeuge in-stand gesetzt oder neu gekauft und ein si-cherer Lagerplatz dafür eingerichtet wer-den. Für Begehungen wurden umfangrei-che Leitersysteme und Bühnen mit entspre-chenden Absturzsicherungen neu instal-

liert. Maschinen und Anlagen wurden zu Anschauungszwecken geöffnet, aufge-schnitten oder zerlegt, Begehungswege aus-geschildert und mit Notruf- und Erste-Hilfe-Stationen versehen, Fluchtwege markiert und Bodenbeschichtungen erneuert. Für die Begehungs- und Arbeitsbereiche wur-den Gefährdungsanalysen erstellt, mithilfe derer die Schulungsteilnehmer auf noch verbliebene Gefährdungen hingewiesen werden.

An den meisten bemer kenswerten Anla-genteilen wird, gekennzeichnet als KWS-

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Abb. 4: Beckenflur

Abb. 5: Brennelementwechselbühne bzw. Belademaschine (voll funktionstüchtig) Abb. 6: Blick in den Reaktordruckbehälter (RDB)

Stützpunkt, das Bauteil schriftlich und bild-lich erklärt sowie seine Funktion beschrie-ben (Abbildung 3).

Die verfahrenstechnischen Zusammen-hänge werden erläutert.

Das Schulungskraftwerk besitzt heute neben der neuen Funktion für Ausbildungs-zwecke Museumscharakter und wird auch intensiv von der Bevölkerung für Führun-gen genutzt, die wegen der hohen Auslas-tung rechtzeitig bei der EVN gebucht wer-den sollten.

Neben den Bereichen der allgemeinen Instandhaltung von Kernkraftwerken fasste man einen weiteren Schwerpunkt ins Auge,

und zwar den so genannten Beckenflur. Mit Beckenflurarbeiten oder Beckenflurservice (auch Reaktorflurservice genannt) werden alle Tätigkeiten und Handlungen umschrie-ben, die beim Umgang mit Brennelementen in den Anlagen, bei Brennelementtranspor-ten, Revisionsser vice im Reaktorbereich und allen zugehörigen Arbeiten im Umfeld anfallen (Abbildung 4).

Die dort eingesetzten Mitarbeiter sind schon alleine aus der Bedeutung und Wer-tigkeit der Arbeiten in diesem Bereich als Spezialisten anzusehen, müssen anderer-seits aber doch Allrounder und damit auf vielen Arbeitsgebieten fit sein.

Zusammen mit der KWS, dem Hersteller und Serviceunternehmen Areva wurde ein umfangreiches Programm erstellt, um auch einem Know-how-Verlust im Bereich der Tä-tigkeiten auf dem Beckenflur entgegenzu-wirken.

Die Belademaschine, auch Brennele-mentwechselbühne genannt, ist ein Beispiel für die schulische Nutzung der Anlagen-tech nik. Sie wurde in einer Schulungsmaß-nahme von Instandhaltern deutscher Kern-kraftwerke vollständig überholt und an-schließend zum Schulen des Bedienperso-nals genutzt (Abbildung 5).

Der Einstieg in den Reaktordruckbehäl-ter (RDB) erfolgt bei gesetztem Flutkom-pensator aus dem Reaktorbecken über eine Leiter hinab bis in die Bodenkalotte des Druckgefä ßes. Der Weg führt an den Dampfstutzen vorbei auf das obere Kerngit-ter, weiter hinab in den Reaktorkern auf das untere Kerngitter und zum Schluss runter bis auf die Bodenkalotte. Von dort ermög-licht ein Zugang die Besichtigung des Rück-strömraums, des Raums zwischen Kern-mantel in dem das Speisewasser und das rücklaufende, von der Dampfentwässerung abgeschöpfte Wasser sich vermischen, von den Zwangsumwälzpumpen angesaugt und zum Kern gefördert werden. (Abbildung 6)

Während des Abstiegs kann man sich einen umfangreichen Eindruck über die Einbau ten, die Montagemöglichkeiten und das Zusammenwirken der Bauteile machen.

Ein Steuerstab wurde in einer Schu-lungs maßnahme wieder in Betrieb genom-men und ist über eine Fernbedienung steuerbar, sodass der Fachbesucher eine Vorstellung über den Fahrvorgang und die Fahrge schwindigkeit des Steuerstabes be-kommt. (Abbildung 7)

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Abb. 7: Fahrbarer Steuerstab

Abb. 8: Blick auf die geöffnete FrischdampfturbineDie bis auf eine Nieder druckturbine vollständig montierte Turbinenanlage eig-net sich hervorragend für anlagentechni-sche und verfahrenstechnische Erklärun-gen und ist ideal für Turbinenschulungen, Turbinenventilschulungen sowie Turbinen-regelschulungen, die auch als komplette Revisionsschulung durchgeführt werden. (Abbildung 8)

In den letzten 10 Jahren wurde ein um-fassendes Schulungsprogramm mit prakti-schen Schulungen im GKT Zwentendorf aufgebaut und immer den entsprechenden Situationen am Kraftwerks- bzw. Kern-kraftwerksmarkt angepasst. Der Phase mit Reststromkontingenten und Restlaufzei-ten schloss sich eine Zeitspanne der kur-zen Euphorie an, die Laufzeitverlänge-rung wurde beschlossen, aber nach dem Desaster in Fukushima und dem EEG-Ge-setz folgte prompt die Ernüchterung mit dem Abschalten von 8 Kernkraftwerksblö-cken mit dem entsprechenden Einbruch bei Schulungen und Teilnehmerzahlen. Jetzt ist der Zeitpunkt für eine weitere Neuausrichtung gekommen, die den Auf-bau von Stilllegungs- bzw. Rückbauschu-lungen mit praktischer Ausrichtung als Fo-kus hat.

Derzeit durchgeführte Schulungen im Schulungskraftwerk Zwentendorf:•Praktische Turbinenrevision als Turbi-

nenschulung (HD- und ND-Turbine)•Ventilrevision als Turbinenventilschu-

lung in Theorie und Praxis•Pumpenschulung, Speisepumpenschu-

lung als Workshop mit praktischer Ausrich tung

•Hydraulische Regelkupplungsschulung (Voith-Kupplung) als Workshop mit praktischer Ausrichtung

•Umgang mit großen Lasten für Anschlä-ger und Kranfahrer als praktischer

Workshop mit Theorie und BG-Richtli-nien

•Schulungsführungen (1- bzw. 2-tägig) im GKT mit erfahrenen Dozenten

•Schulungen im GKT in Eigenverantwor-tung des Kunden

•Turbinenregelung mit kompletter Ölhy-draulik als praktischer Workshop

•Pumpen und Armaturen mit Einschlei-fen von Ventilsitzen als praktischer Work shop

•Stillstandskonservierung

Stilllegungsschulungen: Rückbau von Kernkraftwerken•Rückbau der Turbinenanlage als Work-

shop•Rückbau des Duplexvorwärmers als

Workshop•Rückbau der Abwasseraufbereitungsan-

lagen

Alle mit hohen Praxisanteilen und den Themenschwerpunkten:•praktischer Strahlenschutz• chemische und konventionelle De-

kontmaßnahmenDie Termine und Inhalte der Schulungen können auf der Homepage der KWS nach-gele sen werden.

Weitere Rückbauschulungen werden in absehbarer Zeit ausgearbeitet und nach Durch führung einer Pilotschulung angebo-ten.

Schulung im Sinne von professionellem Verhalten und Handeln für Instandhalter bzw. alle Kraftwerksmitarbeiter:•Kurs 1 Human Factors Einführung•Kurs 2 Der Faktor Mensch im Sicher-

heitskonzept•Kurs 3 Sicherheitsgerichtete Zusam-

menarbeit

•Kurs 4 Belastungen managen und si- cher entscheiden

•Kurs 5 Sicherheitsgerichtetes Arbeiten aus Sicht der Führung

Areva-Beckenflurschulungen:Diese sind auf der Homepage von Areva

veröffentlicht.Schulungen in Eigenverantwortung des

Betreibers:Kann ein Kraftwerksbetreiber entspre-

chende Anlagenkenntnisse nachweisen, wird es ihm ermöglicht, Schulungen in Eigenverantwortung durchzuführen. Hier-für bedarf es eines Angebots der KWS und einer Reservierung des Ausbildungsbe-reichs für den entsprechenden Zeitraum.

Ziel der Schulungen ist es, die Funk-tionstüchtigkeit der Maschinen- und Anla-gentechnik von Kernkraftwerken und fossi-len Kraftwerken durch optimale Instand-haltungsplanung und -durchführung lang-fristig zu erhalten und sicher zu betreiben. Die Teilnehmer sollen für ihre zukünftigen Tätigkeiten gestärkt werden.

Der weitere Ausbau des GKT hat entspre-chend der Marktsituation das Thema „Rückbau von Kernkraftwerken“ im Fokus. Hierfür werden Objekte oder Anlagenberei-che, die die Routinerückbautätigkeiten übersteigen, ausgewählt und die entspre-chende Infrastruktur für das spezielle The-ma im GKT aufgebaut.

Allen Schulungen geht eine Pilotschu-lung voraus, worin abgeklärt wird, ob alle Sicher heitsvorkehrungen getroffen wur-den, ob die für den Rückbau notwendigen Werkzeuge vollzählig vorliegen, ob und wo Gerüste gebaut werden müssen, ob die Zu-gänglichkeit und der Abtransport des Rück-bauobjekts gewährleistet sind, unter allen

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notwendigen Bedin gungen für eine sichere und vollständige Schulungsdurchführung. Die Rückbauschulungen werden erweitert durch Vermittlung von notwendigen Kennt-nissen im Strahlenschutz und der Dekont-verfahren.

Einmal pro Jahr ist ab September 2014 eine 2-tägige Rückbautagung mit Ausstel-lung geplant. Hier werden rückbauerfahre-ne Spezialisten aus ihrem Erfahrungsschatz berichten. Äußerst wichtig ist der gleichzei-tig stattfindende Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmern mit der Ergänzung durch die Hersteller und Serviceunternehmen. Warum viel Geld investieren und Verfahren bzw. Techniken neu erfinden, wenn woan-ders gleiche oder ähnliche Problemstellun-gen bereits erfolgreich gelöst wurden?

Den Ausstellern und Serviceunterneh-men wird hier die einmalige Gelegenheit gegeben, ihre Produkte und Dienstleistun-gen unter realen Kernkraftwerksbedingun-gen zu präsen tieren und vorzuführen.

Erfahrene Mitarbeiter der KWS werden während der Rückbautagung an festgeleg-ten Zeiten Führungen durch die Anlage mit Erklärungen zur Anlagentechnik anbieten. Natürlich wird auch auf Fragen der Teilneh-mer eingegangen.

Die Rückbau 2014 ist vom 24.09.14 bis 25.09.2014 im Kernkraftwerk Zwentendorf geplant.

Beim Gemeinschaftskernkraftwerk Tull-nerfeld (GKT) handelt es sich um einen komplett betriebsbereit errichteten Siede-wasserreaktor (SWR), der mit 723 MW Bruttoleistung und einer Nettoleistung von 692 MW geplant war. Das Investitionsvolu-men belief sich auf 5,2 Milliarden Schilling (377,9 Mio. €). Am 4. April 1972 wurde mit dem Bau be gonnen.

Nach der Errichtung des Kernkraftwerks lehnte die Bevölkerung aber am 5. Novem-ber 1978 in einer Volksabstimmung mit einer hauchdünnen Mehrheit von 50,47 % die Inbe triebnahme ab. Bis zum März 1985, als die „stille Liquidierung“ des Kernkraft-werks Zwentendorf beschlossen wurde, kos-tete das Kernkraftwerk insgesamt 14 Mil-liarden Schilling (ca. 1 Mrd. €), davon wa-ren allein 600 Millionen Schilling (43,6 Mio. €) für Konservierungsmaßnahmen und die Instandhaltung nötig gewesen.

In der Folge führte das Abstimmungs-ergebnis zur Nichtinbetriebnahme des Kernkraft werks und bereits im Dezember 1978 zum Atomsperrgesetz, nach welchem in Öster reich auch in Zukunft keine Kern-kraftwerke ohne Volksabstimmung gebaut werden dür fen. Dieses Gesetz wurde 1999 durch das „Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich“ verschärft, das im Verfassungsrang steht.

Das GKT bietet heute optimale Ausbil-dungs- und Anschauungsmöglichkeiten an origi nalen Kernkraftwerkskomponenten unter realen Kraftwerksbedingungen, aber

ohne jeg liches nukleares Risiko. Hier kann man auch aus Fehlern lernen, die im Kraftwerksbe trieb zu Störungen oder sogar zu Abschaltungen führen könnten mit den dann entspre chenden wirtschaftlich-mone-tären Ausfällen und der Öffentlichkeitspro-blematik.

Man erhält einen umfassenden Eindruck vom Aufbau der Technik und den Zu-sammen hängen in einem Kernkraftwerk. Es eignet sich besonders für Schulungen in den Berei chen Reaktor- bzw. Beckenflurservice und Steuerstabantrieb für nukleare Kraft-werke, Turbinenanlage, Pumpen und Arma-turen, Kraftwerksnebenanlagen und Schalt-anlagen für konventionelle und nukleare Kraftwerke, da viele Anlagen mit denen von konventio nellen Wärmekraftwerken iden-tisch sind oder ihnen ähneln. Aber auch für andere In dustriezweige wie z.B. die Chemi-sche Industrie, die Petrochemische Indust-rie oder die Schwerindustrie ist es sehr inte-ressant, hier Instandhaltungsschulungen durchzuführen, denn ein Großteil der Kraft-werkstechnik ist auch in diesen Anlagen vorhanden.

Auch dient es den deutschen Kernkraft-werken als Ersatzteillager. Hier können be-

reits nach KTA zugelassene Maschinen- und Anlagenteile demontiert und schnell wegen des nicht mehr notwendigen Herstellungs- und Prüfaufwands beim Betreiber montiert und in Betrieb genommen werden.

Zwentendorf bietet auch die ideale Gele-genheit, in einem quasi jungfräulichen Kraftwerk den Reaktordruckbehälter, den Sicherheitsbehälter und einen Großteil al-ler Einbauten und Funktionalitäten direkt zu besichtigen. Das Kernkraftwerk ist mitt-lerweile fast vollständig für verfahrenstech-nische Schulungen und Begehungen ausge-baut. Maschinen und Anlagen, die norma-lerweise geschlossen sind oder sich in nicht zugänglichen Räumen befinden, können hier problemlos auch von innen besichtigt werden.

Im Kernkraftwerk Zwentendorf ist nicht nur die allgemeine Kraftwerksanlagen-technik im Original vorhanden, es sind auch alle Reaktorflur-Komponenten im Maßstab 1:1 vorzufinden. Das Kraftwerk bietet damit ein ideales Übungsfeld, das genutzt werden kann, um das gefürchte-te „learning by doing by mistakes“ an Ori-ginalanlagen in den aktiven KKW zu ver-meiden.

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