Ökotoxikologie — quo vadis

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Beitragsserien Okotoxikologie Beitragsserien Beitragsserie: Projekt ,,Angewandte Okologie": Okotoxikologie Hrsg.: Landesanstalt fiir Umwehschutz Baden-Wi~rttemberg, Projekt ,, Angewandte (Dkologie" (PAC)), Griesbachstrafle 3, D-76185 Karlsruhe Die Beitragsserie aus den Ausgaben 5/92, 6/92, 1/93, 2/93, 3/93 und 5/93 wird hier beendet. Okotoxikologie - Quo vadis Werner Klein, Reinhard Debus Prof. Dr. W. Klein, Dr. R. Debus, Fraunhofer-Institut for Umweltchemie und Okotoxikologie, D-57377 Schmallenberg Kontroversen in der Zielorientierung der (3kotoxikologie sind in der nicht immer wissenschaftlich begrfindeten Vorgehensweise zu suchen. So reicht das pragmatische Vorgehen auf der Basis einfacher Informationen mit der Begrfindung ,,Erfahrung" nicht aus, ebensowenig wie Versuche zur theoretischen Untermauerung dieser Vorgehensweise. Konzeptionelle Defizite ergaben sich aus der fehlenden Definition der Ziele. Dies fohrt zu der Forderung nach strenger, wissenschaftlicher Begrfindung 6koto- xikologischer Bewertung. Weiterhin bestehen prinzipielle Wissenslficken beziiglich biologischer Pro- zesse, welche die Defizite der Okotoxikologie begr~inden. Dazu gehf- ren die Bedeutung yon Effekten auf der Ebene des Individuums for die Population, die Ubertragbarkeit yon Laborprfifungen auf das Freiland sowie von den Testspezies auf andere Arten. Unbeantwortet bleiben der- zeit auch Fragen zur Gemischtoxizit~it und Wirkungen chronischer Be- lastungen in niedrigen Konzentrationen. Ein erster Schritt zur I~lberwindung dieser Lficken ist die Definition kon- kreter wissenschaftlicher Ziele, wie beispielsweise die Festlegung natur- wissenschaftlich begriindeter Grenzwerte ffir Okosysteme. Dazu mfifften folgende Voraussetzungen erfollt sein: - Die Kennmis natfirlicher Schwankungsbreiten unter Einbeziehung va- riierender Umweltfaktoren (z.B. Klima). - Das Wissen fiber tolerierbare Belastungen, die keine Veriinderung des Systems bewirken. - Die Festlegung, welche Ver/inderung als Schaden for das System an- zusehen ist. F/Jr die Angewandte Okologie bedeutet dies, systematisch und hinter- fragend vorzugehen, wobei die mfgliche Nutzung der Versuchsergeb- nisse und das Ziel vor der Versuchsdurchfohrung abzuw/igen und zu definieren sind. Selbst auf der Ebene des Organismus werden die mei- sten Wirkungen von Chemikalien noch nicht verstanden, so daft hier die Forderung erhoben werden muff, vorhandene Testsysteme um die Untersuchung von Wirktypen zu erweitern. Hier fehlt noch eine syste- matische Erarbeitung und Erfassung. Welches sind die Aufgaben der Okotoxikologie? Laut SRU (1987) ist es die Aufgabe der Okotoxikologie, ,Wirkungen von chemischen Stoffen (Umweltchemikalien) auf einzelne Arten, Bio- z6nosen und ganze Okosysteme mfglichst in Abh~ingigkeit yon ihrer Menge und Einwirkungsart zu untersuchen und qualitativ sowie quan- titativ zu erfassen und zu beschreiben und gegebenenfalls Wirkungs- schwellen zu ermitteln .... Okotoxikologie hat daher die Vielfah der in der Natur vorkommenden Pflanzen-, Tier- und Mikroorganismenar- ten, ihre na~rlichen Lebensbedingungen, das Zusammenwirken bioti- scher und abiotischer Faktoren, die netzartigen Beziehungen innerhalb von Lebensgemeinschaften und ganzen Okosystemen und andere Bedin- gungen wie Okosystemgr6ffe und -stabilitiit zu berficksichtigen ~. Um diesem weitgesteckten Ziel nahezukommen, werden Untersuchun- gen durchgefohrt auf den folgenden Ebenen: - kontrollierte Tests an Einzelspezies - kontrollierte Multispeziestests - teil-kontrollierte Simulationsmodelle, Modellfkosysteme - Umweltbeobachtung. Zur oben erhobenen Forderung nach der systematischen Bestimmung von Wirktypen sind diese Priifungen in erster Nfiherung ungeeignet. Dies fohrt zu der Forderung nach einer weiteren Testebene - dem suborga- nismischen Test -, die sowohl zellul~ire als auch subzellul~ire Prfifver- fahren beinhalten muff. Als positiver Nebenaspekt sei hier auf den teil- weisen Verzicht yon Tierversuchen verwiesen. Trotzdem sollte beispiels- weise der NOEC bei Organismen, wie z.B. Fisch und Daphnie, nicht fiber die Abwesenheit von Verhaltensauffiilligkeiten, sondern auf der Basis von physiologischen Endpunkten bestimmt werden. Orientiert an der Aufgabenstellung der (3kotoxikologie und im Sinne einer zielorientierten Vorgehensweise sollten sich die Untersuchungen konzentrieren auf die Endpunkte: Wirktypspezifische Effekte, Letali- t/it und von den Organismen und Testsystemen abhiingigen Summen- parametern. Zus~ttzlich zu dem Fehlen yon Prfifungen und dazugehfri- gen Systemen zur Erfassung der Wirktypen bestehen noch Lficken be- ziiglich Vertretern bisher nicht untersuchter Organismengruppen. Ms Beispiel sei hier nut das Fehlen einer standardisierten Prfifung zur Wir- kung yon Umwehchemikalien auf stiindig das Sediment bewohnende Organismen zu nennen. Als Voraussetzung for die Entwicklung bzw. Einfohrung neuer Prfifmethoden sind vorab die Bedeutung ffir 6kologi- sche Funktionen zu fiberpriifen. Aufferdem sollten bisher nicht gepriifte, potentielle physiologische Rezeptoren beriicksichtigt werden. Unzurei- chend ist es, als oberste Priimisse die Leichtigkeit und Standardisierbar- keit der PrOftmg anzusehen. Neben der Schlieffung der genannten Liicken stellt sich fOr die C)kotoxikologie eine weitere Aufgabe. Derzeit befafft sich die Okotoxikologie mit der Prognose des Umweltgef~ihrdungspo- tentials yon Einzelsubstanzen, wobei synergistische oder antagonistische Wirkungen nnbearbeitet bleiben. Die Okotoxikologie mfiffte sich somit in Zukunft auch Fragen zur Gemischtoxizitiit annehmen. Als weiteres Problem in der Okotoxikologie ist die Realitiitsn~ihe der Testbedingungen zu nennen. Von besonderer Bedeutung sind der Ein- fluff von Umweltvariablen, der nominalen Konzentration gegenfiber der tats~ichlichen Exposition, verbunden mit der Frage nach der biologischen Relevanz der benutzten Analytik. Zus/itzliche Schwierigkeiten ergeben sich aus einer innerartlichen Streuung der Empfindlichkeiten. UWSF-Z.Umwehchem. Okotox. 5 (6) 341-342 (1993) 341 ecomed-verlagsgesellschaft mbH & Co'KG Landsberg

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Page 1: Ökotoxikologie — Quo vadis

Beitragsserien Okotoxikologie

Beitragsserien

Beitragsserie: Projekt ,,Angewandte Okologie": Okotoxikologie Hrsg.: Landesanstalt fiir Umwehschutz Baden-Wi~rttemberg, Projekt ,, Angewandte (Dkologie" (PAC)), Griesbachstrafle 3,

D-76185 Karlsruhe

Die Beitragsserie aus den Ausgaben 5/92, 6 / 9 2 , 1/93, 2 / 9 3 , 3 / 9 3 und 5 / 9 3 wird hier beendet .

Okotoxikologie - Quo vadis

W e r n e r Klein, Re inha rd D e b u s

Prof. Dr. W. Klein, Dr. R. Debus, Fraunhofer-Institut for Umweltchemie und Okotoxikologie, D-57377 Schmallenberg

Kontroversen in der Zielorientierung der (3kotoxikologie sind in der nicht immer wissenschaftlich begrfindeten Vorgehensweise zu suchen. So reicht das pragmatische Vorgehen auf der Basis einfacher Informationen mit der Begrfindung ,,Erfahrung" nicht aus, ebensowenig wie Versuche zur theoretischen Untermauerung dieser Vorgehensweise. Konzeptionelle Defizite ergaben sich aus der fehlenden Definition der Ziele. Dies fohrt zu der Forderung nach strenger, wissenschaftlicher Begrfindung 6koto- xikologischer Bewertung. Weiterhin bestehen prinzipielle Wissenslficken beziiglich biologischer Pro- zesse, welche die Defizite der Okotoxikologie begr~inden. Dazu gehf- ren die Bedeutung yon Effekten auf der Ebene des Individuums for die Population, die Ubertragbarkeit yon Laborprfifungen auf das Freiland sowie von den Testspezies auf andere Arten. Unbeantwortet bleiben der- zeit auch Fragen zur Gemischtoxizit~it und Wirkungen chronischer Be- lastungen in niedrigen Konzentrationen. Ein erster Schritt zur I~lberwindung dieser Lficken ist die Definition kon- kreter wissenschaftlicher Ziele, wie beispielsweise die Festlegung natur- wissenschaftlich begriindeter Grenzwerte ffir Okosysteme. Dazu mfifften folgende Voraussetzungen erfollt sein:

- Die Kennmis natfirlicher Schwankungsbreiten unter Einbeziehung va- riierender Umweltfaktoren (z.B. Klima).

- Das Wissen fiber tolerierbare Belastungen, die keine Veriinderung des Systems bewirken.

- Die Festlegung, welche Ver/inderung als Schaden for das System an- zusehen ist.

F/Jr die Angewandte Okologie bedeutet dies, systematisch und hinter- fragend vorzugehen, wobei die mfgliche Nutzung der Versuchsergeb- nisse und das Ziel vor der Versuchsdurchfohrung abzuw/igen und zu definieren sind. Selbst auf der Ebene des Organismus werden die mei- sten Wirkungen von Chemikalien noch nicht verstanden, so daft hier die Forderung erhoben werden muff, vorhandene Testsysteme um die Untersuchung von Wirktypen zu erweitern. Hier fehlt noch eine syste- matische Erarbeitung und Erfassung.

W e l c h e s s ind d ie A u f g a b e n d e r O k o t o x i k o l o g i e ?

Laut SRU (1987) ist es die Aufgabe der Okotoxikologie, ,Wirkungen von chemischen Stoffen (Umweltchemikalien) auf einzelne Arten, Bio- z6nosen und ganze Okosysteme mfglichst in Abh~ingigkeit yon ihrer Menge und Einwirkungsart zu untersuchen und qualitativ sowie quan- titativ zu erfassen und zu beschreiben und gegebenenfalls Wirkungs- schwellen zu ermitteln . . . . Okotoxikologie hat daher die Vielfah der in der Natur vorkommenden Pflanzen-, Tier- und Mikroorganismenar- ten, ihre na~rlichen Lebensbedingungen, das Zusammenwirken bioti-

scher und abiotischer Faktoren, die netzartigen Beziehungen innerhalb von Lebensgemeinschaften und ganzen Okosystemen und andere Bedin- gungen wie Okosystemgr6ffe und -stabilitiit zu berficksichtigen ~. Um diesem weitgesteckten Ziel nahezukommen, werden Untersuchun- gen durchgefohrt auf den folgenden Ebenen: - kontrollierte Tests an Einzelspezies - kontrollierte Multispeziestests - teil-kontrollierte Simulationsmodelle, Modellfkosysteme - Umweltbeobachtung. Zur oben erhobenen Forderung nach der systematischen Bestimmung von Wirktypen sind diese Priifungen in erster Nfiherung ungeeignet. Dies fohrt zu der Forderung nach einer weiteren Testebene - dem suborga- nismischen Test - , die sowohl zellul~ire als auch subzellul~ire Prfifver- fahren beinhalten muff. Als positiver Nebenaspekt sei hier auf den teil- weisen Verzicht yon Tierversuchen verwiesen. Trotzdem sollte beispiels- weise der NOEC bei Organismen, wie z.B. Fisch und Daphnie, nicht fiber die Abwesenheit von Verhaltensauffiilligkeiten, sondern auf der Basis von physiologischen Endpunkten bestimmt werden. Orientiert an der Aufgabenstellung der (3kotoxikologie und im Sinne einer zielorientierten Vorgehensweise sollten sich die Untersuchungen konzentrieren auf die Endpunkte: Wirktypspezifische Effekte, Letali- t/it und von den Organismen und Testsystemen abhiingigen Summen- parametern. Zus~ttzlich zu dem Fehlen yon Prfifungen und dazugehfri- gen Systemen zur Erfassung der Wirktypen bestehen noch Lficken be- ziiglich Vertretern bisher nicht untersuchter Organismengruppen. Ms Beispiel sei hier nut das Fehlen einer standardisierten Prfifung zur Wir- kung yon Umwehchemikalien auf stiindig das Sediment bewohnende Organismen zu nennen. Als Voraussetzung for die Entwicklung bzw. Einfohrung neuer Prfifmethoden sind vorab die Bedeutung ffir 6kologi- sche Funktionen zu fiberpriifen. Aufferdem sollten bisher nicht gepriifte, potentielle physiologische Rezeptoren beriicksichtigt werden. Unzurei- chend ist es, als oberste Priimisse die Leichtigkeit und Standardisierbar- keit der PrOftmg anzusehen. Neben der Schlieffung der genannten Liicken stellt sich fOr die C)kotoxikologie eine weitere Aufgabe. Derzeit befafft sich die Okotoxikologie mit der Prognose des Umweltgef~ihrdungspo- tentials yon Einzelsubstanzen, wobei synergistische oder antagonistische Wirkungen nnbearbeitet bleiben. Die Okotoxikologie mfiffte sich somit in Zukunft auch Fragen zur Gemischtoxizitiit annehmen. Als weiteres Problem in der Okotoxikologie ist die Realitiitsn~ihe der Testbedingungen zu nennen. Von besonderer Bedeutung sind der Ein- fluff von Umweltvariablen, der nominalen Konzentration gegenfiber der tats~ichlichen Exposition, verbunden mit der Frage nach der biologischen Relevanz der benutzten Analytik. Zus/itzliche Schwierigkeiten ergeben sich aus einer innerartlichen Streuung der Empfindlichkeiten.

UWSF-Z.Umwehchem. Okotox. 5 (6) 341-342 (1993) 341 �9 ecomed-verlagsgesellschaft mbH & Co'KG Landsberg

Page 2: Ökotoxikologie — Quo vadis

Okotoxikologie Beitragsserien

Die zwischen Okotoxikologie und Okologie bestehenden Zielkonflikte ergeben sich aus dem Problem der Ubertragbarkeit von Einzelspezies- tests bis hin zu Prtifungen in Modelltkosystemen auf reale C)kosysteme einerseits und in der Reproduzierbarkeit von Ergebnissen, die im Frei- land erarbeitet werden andererseits. Die Ursache dieses Konflikts ist je- doch nicht auf eine mangelhafte wissenschaftliche Konzeption der C)ko- toxikologie zurfickzufiihren. Die Begrfindung liegt im Fehlen der erfor- derlichen lnformationen aus der Okosystemforschung sowie einem Man- gel an systematisch durchgeffihrten Untersuchungen. Um den Erfor- dernissen des heutigen Umweltschutzes zu genfigen, ist eine pragmati- sche Vorgehensweise unter Benutzung von Unsicherheiten unabding- bar. Der sich somit aufgrund der unterschiedlichen Aufgabenstellungen von C)kotoxikologie und Okologie ergebende Zielkonflikt ktnnte wie folgt aufgeltst werden:

Die C)kotoxikologie be schriinkt sich, bezogen auf Stoffprfifungen, me- thodisch und in den Aussagen auf Befunde kontrollierter Untersuchun- gen. Aussagen zu Risiko bzw. Schiidigungspotential ffir C)kosysteme er- folgen nach grundlegenden Ergebnissen streflorientierter (3kosystemfor- schung. Die Begrfindung liegt in der Tatsache, darf h~iufig indirekte Ef- fekte auftreten, die System- und nicht in erster Linie Chemikalien-bedingt sind. Umwelterhebungen und -beobachtungen, die das Ziel haben, Schadstoff- belastungen und Veriinderungen in C)kosystemen zu erfassen, ktnnen einen direkten Kausalzusammenhang zwischen Belastung und Auswir- kungen nicht erbringen. Ihre Rolle fiir die C)kotoxikologie besteht im wesentlichen im Aufzeigen empfindlicher Okosystemparameter und wich- tiger Belastungsgrtflen. Sie haben damit eine grofle Bedeutung ffir die systematische, auf anderem Wege zu erfolgende Ursachen-Wirkungs- analyse.

Kurznachrichten

Die UN-Klimakonvention

- Hintergrund, Ziel, notwendige Maflnahmen

Seit etwa 100 Jahren wird in den Naturwis- senschaften fiber die m6gliche Einflurnahme des Menschen auf das globale Klima disku- tiert. Die inzwischen seit wenigen Jahrzehn- ten oder auch nur Jahren direkt beobachteten anthropogenen Konzentrations~inderungen bei vier der ffinf wichtigsten klimarelevanten Gase hat die 1979 vonder ersten Weltklimakonfe- renz gestellte Frage: ,Hat der Mensch Einflur auf das kfinftige globale Klima?" eindeutig mit ja beantwortet. Bei der zweiten Weltklimakon- ferenz im November 1990 haben daher we- gen der weiter bestehenden Unsicherheiten fiber Ausmafl und regionale Verteilung der an- thropogenen Klima~nderungen 134 Nationen die Anwendung des Vorsorgeprinzips unter- schrieben und den Auftrag zur Formulierung einer UN-Konvention gegeben. Diese Konven- tion (Framework Convention on Climate Change) wurde im Juni 1992 bei der zweiten Konferenz der Vereinten Nationen zu Umwelt u n d Entwicklung in Rio de Janeiro yon 154 Nationen gezeichnet. Sie hat ein hehres Ziel: Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration innerhalb einer ausreichend kurzen Zeitspanne, damit die An- passungsfiihigkeit der (3kosysteme erhalten bleibt, die Ern/ihrung der Menschen nicht ge- nerell gef/ihrdet mad eine wirtschaftliche Ent- wicklung weiterhin mtglich ist. Globale Kli- ma~nderungen werden also unabweisbar sein, sie ktnnen nur noch auf ein ertr~igliches Marl reduziert werden.

Wegen der besonders langen Verweilzeit der anthropogenen Anteile der Treibhausgase Kohlendioxid und Distickstoffoxid (Lachgas) in der Atmosph/ire bedeutet Stabilisierung der

Konzentration gegenw/irtig Reduktion d e r

E m i s s i o n um etwa zwei Drittel bei Kohlendi- oxid und etwa vier Ffinftel bei Distickstoffo- xid. In anderen Worten: Abschied von den fos- silen Energietr/igern Kohle, Erd61 und Erdgas als wesentlichsten Energiequellen, auch wenn die Zeitspanne bis zur Erreichung stabiler Konzentrationen noch 50 Jahre w/ire.

Die Umsetzung der Konvention, die im S e p -

t e m b e r 1993 yon insgesamt 166 Nationen ge- zeichnet und yon 30 bereits ratifiziert war, ist - im Vergleich zu anderen Konventionen - besonders klar geregelt. Spiitestens ein Jahr nach der Hinterlegung der 50. Ratifikations- urkmade (das Abkommen ist dann vtlkerrecht- lich verbindlich) bei den Vereinten Nationen murf die erste der dann jfihrlichen Vertrags- staatenkonferenzen stattfinden. Diese fordert Berichte fiber Maflnahmen aller Zeichnerstaa- ten und murf fiber Ausffihrungsprotokolle (z.B. Prozentsiitze und Zeitspannen der CO2-Reduktion bestimmter Liindergruppen) beschlieflen. Das zugehtrige internationale Verhandlungskomitee (International Negotia- ting Committee) verhandelt bereits regelmfi- flig fiber die ersten Protokolle, die auf der er- sten Konferenz (sie wird in Deutschland etwa Anfang 1995 stattfinden) zu verabschieden sind mad zun~ichst nur die Hauptverursacher, d.h. die Industrieliinder, treffen werden.

Dann schliigt ftir die Bundesrepublik Deutsch- land die Stunde der Wahrheit: die Welt wird uns fragen, wieviel wir von dem 1990 auf An- regung der Enqu&e-Kommission ,Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphiire ~ vom Bundes- tag beschlossenen Ziel, bis 2005 30 % der CO2-Emissionen reduziert zu haben, bereits reatisiert haben (ohne dabei die durch die Ver- einigung Deutschlands schon erreichten 15 % anzurechnen).

Hauptfelder fiir Maflnahmen sind - Wiirmediimmung neuer und alter H~iuser

- effizientere Elektrogeriite - langfristig vereinbarte Reduktionen des

Treibstoffverbrauches yon Kraftfahrzeugen - Steigerung des Anteils regenerativer Ener-

giequellen.

Dazu ist die Einbeziehung der Umweltkosten in die Rohstoff- und Energiepreise - die bis- her yon der Allgemeinheit getragen worden sind - wohl der beste Weg; denn dann ist der Verursacber kostenpflichtig, und die Industrie wird motiviert, Ressourcen-schonendere Pro- dukte zu erzeugen.

Nicht unerw/ihnt soil bleiben, daft CO2-Reduktionen vide andere regionale Um- weltprobleme gleichzeitig lindern. So kann die Klimakonvention globale Mal~nahmen, die l/ingst zum photochemischen Smog oder der Versauerung von Niederschl~igen h/itten ergrif- fen werden sollen, mitbeftrdern.

Grtfler, als die Allgemeinheit annimmt, sind die Aussichten auf Erfolg; denn sobald Roh- stoffschonung und Schadstoffarmut durch Umlagerung der Steuern 6konomisch werden, wird das technisch Mtgliche, das zur Zeit durch viele administrative mad 6konomische Hemmnisse verhindert wird, erreichc Ein Bei- spiel existiert bereits: Das Montrealer Proto- koll, die Ausffihrungsbestimmung des Wiener Abkommens zum Schutz der Ozonschicht (1985), seit 1989 verbindlich, 1990 mad 1992 zweimal wegen drastischer stratosphfirischer Ozonverluste versch/irft, zeigt erste Wirkma- gen: die FCKW-Zuwachsraten schrumpfen.

Profi Dr. Hartmut Grafll MPI far Meteorologie

Bundesstrafle 55 1)-20146 Hamburg

342 UWSF-Z.Umweltchem. Okotox. 5 (6) 1993