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Internet of Things, Participatory Sensing, Wearables. Neue Formen der Datengewinnung, neue Anwendungen, neue normative Überlegungen, neuer Regulierungsbedarf? Karsten Weber 1 , Nadine Kleine 1 , Frank Pallas 2 , Max-R. Ulbricht 2 1 Institut für Sozialforschung und Technikfolgenabschätzung (IST), OTH Regensburg 2 Fachgebiet Information Systems Engineering, TU Berlin PARTICIPATORY SENSING Unter Participatory Sensing wird die Idee der Einbeziehung von Bürgern und Gemeinschaften in den Prozess des Erfassens und Dokumentierens von Umgebungsbedingungen verstanden. “Participatory Sensing emphasizes the involvement of citi- zens and community groups in the process of sensing and documenting where they live, work, and play. It can range from private personal observations to the combination of data from hundreds, or even thousands, of individuals that reveals patterns across an entire city.” [1] Als Beispiel kann das Oxford Flood Network zur partizipativen Erfassung von Pegelständen der Flüsse Themse und Cherwell genannt werden; Ziel ist, Überflutungen auf Basis hochauf- gelöster Daten besser als bislang begegnen zu können. Das Projekt AirQualityEgg wiederum dient der partizipativen Er- fassung von Luftgüteparametern wie Stickstoffdioxid-, Kohlenstoffmonoxid- oder Feinstaubgehalt. In beiden Fällen werden Sensoren samt Verarbeitungs- und Übermittlungs- einheiten von interessierten Teilnehmern an geeigneten Posi- tionen installiert und betrieben. Sollte sich der partizipative Betrieb solcher Sensoren durchsetzen, erscheint es plausibel, dass die Daten von innovativen Unternehmen z.B. in Internet- Dienste zur Berechnung von Überflutungswahrscheinlich- keiten einbezogen werden. Werden derartige Dienste von Ver- sicherungen genutzt, um individuelle Risikoprämien zu berechnen oder gar in Verwaltungsentscheidungen (z. B. Aus- weisung von Flächen als Bauerwartungsland, öffentliche In- vestitionen) einfließen, würden sich Fragen nach der Validität solcher Entscheidungen und damit nach der grundsätzlichen Akzeptabilität entsprechender Nutzungsmuster stellen. WEARABLES Wearable Technologie kann definiert werden als „a new form of human-computer interaction comprising a small body-worn computer system that is always on and al ways ready and accessible“. [2] Die charakterisierenden Eigenschaften der Wearable Technolo- gie sind die immerwährende Einsatzbereitschaft, die Verschie- bung der Geräte vom Nutzerfokus in den Hintergrund und die Vernetzung mit der Umgebung [3][4]. Vier Funktionen können unterschieden werden: Die Aufnahme von Daten des Trägers und Informationen aus der direkten Umgebung (Tracking), deren systematische Verarbeitung und Untersuchung auf Muster (Monitoring), Informationsweitergabe an andere Geräte und die Nutzung zur Mensch-zu-Mensch-Interaktion (Communication) sowie die Bereitstellung zusätzlicher, zum Kontext passender Informationen (Augmentation). Wearables als technische Assistenten ermöglichen Aktivitäten zu quanti- fizieren und die gewonnenen Daten weitergehend zu nutzen [5]. Insbesondere im Gesundheitswesen könnten Wearables neue Formen der Prävention, Erkennung und Behandlung unterstützen, da bspw. ein dauerhaftes Vitaldatenmonitoring verspricht, frühzeitig Krankheitssymptome erkennen und da- her besser intervenieren zu können. Darüber hinaus wird in- tensiv diskutiert, verhaltensbasierte Formen der Kranken-, Risikolebens- und anderer Versicherungen zu etablieren, um Kosten gezielter den Verursachern zurechnen zu können. Weiterhin verspricht die massive Sammlung von Gesund- heitsdaten einen Erkenntnisschub im Bereich der Epidemio- logie. HERAUSFORDERUNGEN Die skizzierten Szenarien lassen das Potenzial des Participatory Sensing und von Wearables erkennen, eine schnelle Ent- wicklung unterschiedlichster datengetriebener Dienste und Anwendungen zu ermöglichen, die in Bezug auf die zur Ver- fügung stehende Menge und Detaillierung von Sensordaten einen gesellschaftlichen Mehrwert bieten, der sich mit anderen Mitteln kaum erreichen ließe. Dabei kommt den solchen Dien- sten — potenziell auch über mehrere Integrationsstufen hin- weg — zugrunde liegenden Daten eine besondere Bedeutung zu, sobald die entsprechenden Dienste und Anwendungen in Prozesse von gesellschaftlicher Relevanz einfließen. Das bis- lang vor allem positiv konnotierte Prinzip der partizipativen und mit möglichst geringen Einstiegshürden verbundenen Ein- bindung möglichst vieler individueller und korporativer Ak- teure wird zu einem Risiko, wenn die Korrektheit der Daten nicht ausreichend gewährleistet ist und mit Etablierung ent- sprechender Dienste offensichtliche Anreize zur Bereitstellung absichtlich verfälschter Sensordaten bestehen. Technisch ausgedrückt steht infrage, wie gegenüber den Sensordatennutzern Quality of Service (QoS) bzw. Quality of Data (QoD) garantiert werden kann. Denkbar wäre bspw., dass Daten nur von Sensoren akzeptiert werden, die mit ent- sprechenden Maßnahmen sicherstellen können, dass die gemessenen Daten auf dem Übertragungsweg nicht verfälscht werden können. Die Tragfähigkeit technischer Lösungen muss jedoch bezweifelt werden, da sie schwierig zu erzwingen und zudem leicht zu umgehen wären; es sind zahlreiche, oftmals sehr einfach zu realisierende, Angriffsszenarien am Sensor selbst vorstellbar, die entsprechende Sicherungsmechanismen aushebeln. Daher müssten Signalisierungsmöglichkeiten für Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit entwickelt werden, welche auf ähnlichen Strukturen aufbauen könnten, wie sie sich bspw. in der Open Source-Szene oder allgemeiner in der Commons- based peer production bzw. in der Verwaltung von Allmende- gütern etabliert haben, um etwas, das man als „soziale Sensor- validierung“ bezeichnen könnte, zu konstituieren. Das wirft Probleme zweiter Ordnung auf (s.u.), bedeutet Ressourcen- aufwand und könnte daher die Bereitschaft zur Bereitstellung entsprechender Technik mindern. Doch ohne Regulierungs- mechanismen „jenseits von Markt und Staat“ werden solche Dienste langfristig nicht funktionieren können und vermutlich auch keine Akzeptanz gewinnen. ANFORDERUNGEN UND LÖSUNGEN Damit die hier beschriebene Technik eine weite Verbreitung und Nutzung erreichen kann, müssen einige Anforderungen erfüllt werden: (1) Es muss eine hohe Sensordichte erreicht werden, damit das Potenzial bspw. von Participatory Sensing gehoben werden kann. Vorgeschlagen werden bspw. Anreize [6] für jene, die Sensoren bereitstellen, oder Gamification- Elemente [7]. (2) Auf die von den Sensoren bereitgestellten Daten muss leicht zugegriffen werden können; hierzu werden sicher- lich noch Standardisierungsmaßnahmen notwendig wer- den. (3) Insbesondere bei der Nutzung von Wearables, aber auch im Fall von Participatory Sensing, stellen sich Fragen nach Datenschutz und Schutz der Privatsphäre [8][9]. (4) Zuletzt muss geklärt werden, wie die Qualität der Daten gesichert werden kann, um einerseits Missbrauch zu ver- hindern, ohne dabei andererseits zu hohe regulatorische und/oder technische Hürden aufzurichten [10][11]. Erste vorläufige Analysen vorhandener Studien bestätigen den ziemlich offensichtlichen Zusammenhang der Forderungen nach hoher Sensordichte und verlässlichen Daten, da für beide Anforderungen Anreize für die Datenlieferanten gegeben sein müssen. Bisher diskutierte Lösungen (externe Anreize wie Micropayment, Reputation etc.) laufen jedoch auf zentralisierte Systeme hinaus; dies befreit (potenzielle) Nutzer von Kontroll- und Sanktionierungskosten, bedeutet aber den Verlust der Möglichkeit zur Einflussnahme und der eigenen Kontrolle auf Missbrauch der Daten. Alternative Ansätze, die bspw. auf Ideen einer Commons-based peer production [12] bauen, sen- ken zwar einerseits soziale und regulatorische Hürden, können aber nur unzureichend Quality of Data (QoD) garantieren. Für lokale Initiativen mögen entsprechende Ansätze funktionieren, doch ob diese mit der Größe von Sensornetzwerken skalieren, ist ungeklärt. Zudem bringen vergleichbare Ansätze mit sich, dass Kontroll- und Sanktionierungskosten durch die Nutzer getragen werden müssen; dies kann für viele potenzielle Bei- tragende als Eintrittshürde wirken. Allerding muss festgehalten werden, dass die skizzierten Pro- bleme in der Praxis bisher noch nicht relevant sind, da es nur eine relativ kleine Zahl entsprechender Projekte und daran par- tizipierender Personen gibt. Daher kann derzeit nicht von ei- nem allgemeinen Regulierungsbedarf gesprochen werden, der womöglich auf staatlicher Ebene bedient werden müsste, da die bisherigen Anwendungen kaum von öffentlichem Interesse sind. Dies würde sich jedoch ändern, wenn Roh- oder aggre- gierte Daten von IoT-Gegenständen massiv zur Verfügung stünden und darauf weitergehende Dienste, wie sie oben skiz- ziert wurden, aufsetzen würden. LITERATUR [1] Goldman, J., K. Shilton, J. Burke, D. Estrin, M. Hansen, N. Ramanathan, S. Reddy, V. Samanta, M. Srivastava & R. West, 2009. Participatory sensing: A citizen- powered approach to illuminating the patterns that shape our world. Foresight & Governance Project, White Paper, 2009, https://www.wilsoncenter.org/sites/ default/files/participatory_sensing.pdf, zuletzt zugegriffen am 24.05.2016. [2] Mann, S., 1998. Wearable Computing as means for personal empowerment, 2009, http://wearcam.org/icwckeynote.html, zuletzt zugegriffen am 13.11.2016. [3] Mann, S. & H. Niedzviecki, 2001. Cyborg. Digital Destiny and Human Possibility in the Age of the Wearable Computer. Toronto. [4] Crabtree, B. & B. Rhodes, 1998. Wearable computing and the remberance Agent. BT Technology Journal, 16(3), pp. 118-124. [5] Swan, M., 2012. Sensor Mania! The Internet of Things, Wearable Computing, Objective Metrics, and the Quantified Self 2.0. Journal of Sensor and Actuator Networks, 1(3), pp. 217–253. [6] Restuccia, F., S.K. Das & J. Payton, 2016. Incentive mechanisms for participatory sensing: Survey and research challenges. ACM Transactions on Sensor Networks, 12(2), pp.13:1–13:40. [7] Arakawa, Y. & Matsuda, Y., 2016. Gamification mechanism for enhancing a par- ticipatory urban sensing: Survey and practical results. Journal of Information Processing, 24(1), pp.31–38. [8] Christin, D., 2016. Privacy in mobile participatory sensing: Current trends and future challenges. Journal of Systems and Software, 116, pp.57–68. [9] Huang, K.L., S.S. Kanhere & W. Hu, 2010. Preserving privacy in participatory sensing systems. Computer Communications, 33(11), pp.1266–1280. [10] Pournaras, E., J. Nikolic, P. Velásquez, M. Trovati, N. Bessis & D. Helbing, 2016. Self-regulatory information sharing in participatory social sensing. EPJ Data Sci- ence, 5(1), pp. 1-14. [11] Yang, H., J. Zhang & P. Roe, 2011. Using reputation management in participato- ry sensing for data classification. The 2nd International Conference on Ambient Systems, Networks and Technologies (ANT-2011) / The 8th International Con- ference on Mobile Web Information Systems (MobiWIS 2011), 5, pp. 190–197. [12] Benkler, Y. & H. Nissenbaum, 2006. Commons-based peer production and vir- tue. Journal of Political Philosophy, 14(4), pp. 394-419. Air Quality Egg zur Luftgüte-Messung Sehe auch http://www.airqualityegg.com/, zuletzt zugegriffen am 07.11.2016. Angel Sensor als Fitness-Tracker mit Open Source-Ansatz. Siehe auch http://www.angelsensor.com/, zuletzt besucht am 07.11.2016.

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Internet of Things, Participatory Sensing, Wearables. Neue Formen der Datengewinnung, neue Anwendungen, neue

normative Überlegungen, neuer Regulierungsbedarf?

Karsten Weber1, Nadine Kleine1,

Frank Pallas2, Max-R. Ulbricht2 1Institut für Sozialforschung und Technikfolgenabschätzung (IST), OTH Regensburg 2Fachgebiet Information Systems Engineering, TU Berlin

PARTICIPATORY SENSING Unter Participatory Sensing wird die Idee der Einbeziehung von

Bürgern und Gemeinschaften in den Prozess des Erfassens und

Dokumentierens von Umgebungsbedingungen verstanden.

“Participatory Sensing emphasizes the involvement of citi-

zens and community groups in the process of sensing and

documenting where they live, work, and play. It can range

from private personal observations to the combination of

data from hundreds, or even thousands, of individuals

that reveals patterns across an entire city.” [1]

Als Beispiel kann das Oxford Flood Network zur partizipativen

Erfassung von Pegelständen der Flüsse Themse und Cherwell

genannt werden; Ziel ist, Überflutungen auf Basis hochauf-

gelöster Daten besser als bislang begegnen zu können. Das

Projekt AirQualityEgg wiederum dient der partizipativen Er-

fassung von Luftgüteparametern wie Stickstoffdioxid-,

Kohlenstoffmonoxid- oder Feinstaubgehalt. In beiden Fällen

werden Sensoren samt Verarbeitungs- und Übermittlungs-

einheiten von interessierten Teilnehmern an geeigneten Posi-

tionen installiert und betrieben. Sollte sich der partizipative

Betrieb solcher Sensoren durchsetzen, erscheint es plausibel,

dass die Daten von innovativen Unternehmen z.B. in Internet-

Dienste zur Berechnung von Überflutungswahrscheinlich-

keiten einbezogen werden. Werden derartige Dienste von Ver-

sicherungen genutzt, um individuelle Risikoprämien zu

berechnen oder gar in Verwaltungsentscheidungen (z. B. Aus-

weisung von Flächen als Bauerwartungsland, öffentliche In-

vestitionen) einfließen, würden sich Fragen nach der Validität

solcher Entscheidungen und damit nach der grundsätzlichen

Akzeptabilität entsprechender Nutzungsmuster stellen.

WEARABLES Wearable Technologie kann definiert werden als

„a new form of human-computer interaction comprising a

small body-worn computer system that is always on and al

ways ready and accessible“. [2]

Die charakterisierenden Eigenschaften der Wearable Technolo-

gie sind die immerwährende Einsatzbereitschaft, die Verschie-

bung der Geräte vom Nutzerfokus in den Hintergrund und die

Vernetzung mit der Umgebung [3][4]. Vier Funktionen können

unterschieden werden: Die Aufnahme von Daten des Trägers

und Informationen aus der direkten Umgebung (Tracking),

deren systematische Verarbeitung und Untersuchung auf

Muster (Monitoring), Informationsweitergabe an andere Geräte

und die Nutzung zur Mensch-zu-Mensch-Interaktion

(Communication) sowie die Bereitstellung zusätzlicher, zum

Kontext passender Informationen (Augmentation). Wearables

als technische Assistenten ermöglichen Aktivitäten zu quanti-

fizieren und die gewonnenen Daten weitergehend zu nutzen

[5]. Insbesondere im Gesundheitswesen könnten Wearables

neue Formen der Prävention, Erkennung und Behandlung

unterstützen, da bspw. ein dauerhaftes Vitaldatenmonitoring

verspricht, frühzeitig Krankheitssymptome erkennen und da-

her besser intervenieren zu können. Darüber hinaus wird in-

tensiv diskutiert, verhaltensbasierte Formen der Kranken-,

Risikolebens- und anderer Versicherungen zu etablieren, um

Kosten gezielter den Verursachern zurechnen zu können.

Weiterhin verspricht die massive Sammlung von Gesund-

heitsdaten einen Erkenntnisschub im Bereich der Epidemio-

logie.

HERAUSFORDERUNGEN Die skizzierten Szenarien lassen das Potenzial des Participatory

Sensing und von Wearables erkennen, eine schnelle Ent-

wicklung unterschiedlichster datengetriebener Dienste und

Anwendungen zu ermöglichen, die in Bezug auf die zur Ver-

fügung stehende Menge und Detaillierung von Sensordaten

einen gesellschaftlichen Mehrwert bieten, der sich mit anderen

Mitteln kaum erreichen ließe. Dabei kommt den solchen Dien-

sten — potenziell auch über mehrere Integrationsstufen hin-

weg — zugrunde liegenden Daten eine besondere Bedeutung

zu, sobald die entsprechenden Dienste und Anwendungen in

Prozesse von gesellschaftlicher Relevanz einfließen. Das bis-

lang vor allem positiv konnotierte Prinzip der partizipativen

und mit möglichst geringen Einstiegshürden verbundenen Ein-

bindung möglichst vieler individueller und korporativer Ak-

teure wird zu einem Risiko, wenn die Korrektheit der Daten

nicht ausreichend gewährleistet ist und mit Etablierung ent-

sprechender Dienste offensichtliche Anreize zur Bereitstellung

absichtlich verfälschter Sensordaten bestehen.

Technisch ausgedrückt steht infrage, wie gegenüber den

Sensordatennutzern Quality of Service (QoS) bzw. Quality of

Data (QoD) garantiert werden kann. Denkbar wäre bspw., dass

Daten nur von Sensoren akzeptiert werden, die mit ent-

sprechenden Maßnahmen sicherstellen können, dass die

gemessenen Daten auf dem Übertragungsweg nicht verfälscht

werden können. Die Tragfähigkeit technischer Lösungen muss

jedoch bezweifelt werden, da sie schwierig zu erzwingen und

zudem leicht zu umgehen wären; es sind zahlreiche, oftmals

sehr einfach zu realisierende, Angriffsszenarien am Sensor

selbst vorstellbar, die entsprechende Sicherungsmechanismen

aushebeln. Daher müssten Signalisierungsmöglichkeiten für

Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit entwickelt werden, welche

auf ähnlichen Strukturen aufbauen könnten, wie sie sich bspw.

in der Open Source-Szene oder allgemeiner in der Commons-

based peer production bzw. in der Verwaltung von Allmende-

gütern etabliert haben, um etwas, das man als „soziale Sensor-

validierung“ bezeichnen könnte, zu konstituieren. Das wirft

Probleme zweiter Ordnung auf (s.u.), bedeutet Ressourcen-

aufwand und könnte daher die Bereitschaft zur Bereitstellung

entsprechender Technik mindern. Doch ohne Regulierungs-

mechanismen „jenseits von Markt und Staat“ werden solche

Dienste langfristig nicht funktionieren können und vermutlich

auch keine Akzeptanz gewinnen.

ANFORDERUNGEN UND LÖSUNGEN Damit die hier beschriebene Technik eine weite Verbreitung

und Nutzung erreichen kann, müssen einige Anforderungen

erfüllt werden:

(1) Es muss eine hohe Sensordichte erreicht werden, damit

das Potenzial bspw. von Participatory Sensing gehoben

werden kann. Vorgeschlagen werden bspw. Anreize [6] für

jene, die Sensoren bereitstellen, oder Gamification-

Elemente [7].

(2) Auf die von den Sensoren bereitgestellten Daten muss

leicht zugegriffen werden können; hierzu werden sicher-

lich noch Standardisierungsmaßnahmen notwendig wer-

den.

(3) Insbesondere bei der Nutzung von Wearables, aber auch

im Fall von Participatory Sensing, stellen sich Fragen nach

Datenschutz und Schutz der Privatsphäre [8][9].

(4) Zuletzt muss geklärt werden, wie die Qualität der Daten

gesichert werden kann, um einerseits Missbrauch zu ver-

hindern, ohne dabei andererseits zu hohe regulatorische

und/oder technische Hürden aufzurichten [10][11].

Erste vorläufige Analysen vorhandener Studien bestätigen den

ziemlich offensichtlichen Zusammenhang der Forderungen

nach hoher Sensordichte und verlässlichen Daten, da für beide

Anforderungen Anreize für die Datenlieferanten gegeben sein

müssen. Bisher diskutierte Lösungen (externe Anreize wie

Micropayment, Reputation etc.) laufen jedoch auf zentralisierte

Systeme hinaus; dies befreit (potenzielle) Nutzer von Kontroll-

und Sanktionierungskosten, bedeutet aber den Verlust der

Möglichkeit zur Einflussnahme und der eigenen Kontrolle auf

Missbrauch der Daten. Alternative Ansätze, die bspw. auf

Ideen einer Commons-based peer production [12] bauen, sen-

ken zwar einerseits soziale und regulatorische Hürden, können

aber nur unzureichend Quality of Data (QoD) garantieren. Für

lokale Initiativen mögen entsprechende Ansätze funktionieren,

doch ob diese mit der Größe von Sensornetzwerken skalieren,

ist ungeklärt. Zudem bringen vergleichbare Ansätze mit sich,

dass Kontroll- und Sanktionierungskosten durch die Nutzer

getragen werden müssen; dies kann für viele potenzielle Bei-

tragende als Eintrittshürde wirken.

Allerding muss festgehalten werden, dass die skizzierten Pro-

bleme in der Praxis bisher noch nicht relevant sind, da es nur

eine relativ kleine Zahl entsprechender Projekte und daran par-

tizipierender Personen gibt. Daher kann derzeit nicht von ei-

nem allgemeinen Regulierungsbedarf gesprochen werden, der

womöglich auf staatlicher Ebene bedient werden müsste, da

die bisherigen Anwendungen kaum von öffentlichem Interesse

sind. Dies würde sich jedoch ändern, wenn Roh- oder aggre-

gierte Daten von IoT-Gegenständen massiv zur Verfügung

stünden und darauf weitergehende Dienste, wie sie oben skiz-

ziert wurden, aufsetzen würden.

LITERATUR [1] Goldman, J., K. Shilton, J. Burke, D. Estrin, M. Hansen, N. Ramanathan, S. Reddy,

V. Samanta, M. Srivastava & R. West, 2009. Participatory sensing: A citizen-

powered approach to illuminating the patterns that shape our world. Foresight

& Governance Project, White Paper, 2009, https://www.wilsoncenter.org/sites/

default/files/participatory_sensing.pdf, zuletzt zugegriffen am 24.05.2016.

[2] Mann, S., 1998. Wearable Computing as means for personal empowerment,

2009, http://wearcam.org/icwckeynote.html, zuletzt zugegriffen am

13.11.2016.

[3] Mann, S. & H. Niedzviecki, 2001. Cyborg. Digital Destiny and Human Possibility

in the Age of the Wearable Computer. Toronto.

[4] Crabtree, B. & B. Rhodes, 1998. Wearable computing and the remberance Agent.

BT Technology Journal, 16(3), pp. 118-124.

[5] Swan, M., 2012. Sensor Mania! The Internet of Things, Wearable Computing,

Objective Metrics, and the Quantified Self 2.0. Journal of Sensor and Actuator

Networks, 1(3), pp. 217–253.

[6] Restuccia, F., S.K. Das & J. Payton, 2016. Incentive mechanisms for participatory

sensing: Survey and research challenges. ACM Transactions on Sensor

Networks, 12(2), pp.13:1–13:40.

[7] Arakawa, Y. & Matsuda, Y., 2016. Gamification mechanism for enhancing a par-

ticipatory urban sensing: Survey and practical results. Journal of Information

Processing, 24(1), pp.31–38.

[8] Christin, D., 2016. Privacy in mobile participatory sensing: Current trends and

future challenges. Journal of Systems and Software, 116, pp.57–68.

[9] Huang, K.L., S.S. Kanhere & W. Hu, 2010. Preserving privacy in participatory

sensing systems. Computer Communications, 33(11), pp.1266–1280.

[10] Pournaras, E., J. Nikolic, P. Velásquez, M. Trovati, N. Bessis & D. Helbing, 2016.

Self-regulatory information sharing in participatory social sensing. EPJ Data Sci-

ence, 5(1), pp. 1-14.

[11] Yang, H., J. Zhang & P. Roe, 2011. Using reputation management in participato-

ry sensing for data classification. The 2nd International Conference on Ambient

Systems, Networks and Technologies (ANT-2011) / The 8th International Con-

ference on Mobile Web Information Systems (MobiWIS 2011), 5, pp. 190–197.

[12] Benkler, Y. & H. Nissenbaum, 2006. Commons-based peer production and vir-

tue. Journal of Political Philosophy, 14(4), pp. 394-419.

Air Quality Egg zur Luftgüte-Messung

Sehe auch http://www.airqualityegg.com/, zuletzt zugegriffen am 07.11.2016.

Angel Sensor als Fitness-Tracker mit Open Source-Ansatz.

Siehe auch http://www.angelsensor.com/, zuletzt besucht am 07.11.2016.