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Research Collection Doctoral Thesis Zur Kenntnis der schwarzen Schwefelfarbstoffe Author(s): Allemann, Rudolf Publication Date: 1943 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000095046 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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Research Collection

Doctoral Thesis

Zur Kenntnis der schwarzen Schwefelfarbstoffe

Author(s): Allemann, Rudolf

Publication Date: 1943

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000095046

Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

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Zur Kenntnis der schwarzen

Sckwefelfarbéioffe

Von der

Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich

zur Erlangung der

Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften

genehmigte

Promotionsarbeit

vorgelegt von

RUDOLF ALLEMANN

dipl. Ingenieur-Chemiker

aus Tsdiappina (Graubünden)

Referent: Herr Prof. Dr. H. E. Fierz

Korreferent: Herr Prof. Dr. L. Ruzicha

Ernst Lang, Zuriet 2 - 1943

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Meinen lieben Eltern!

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Meinem sehr verehrten Lehrer,

Herrn Prof. Dr. H. E. Fierz-David,

möchte ich an dieser Stelle für das rege Interesse und die wertvollen

Anregungen, mit welchen er diese Arbeit förderte, meinen herzlichen

Dank aussprechen.

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INHALTSÜBERSICHT.Seite

Einleitung 8

Theoretischer Teil.

A. Allgemeines ............ 10

1. Historischer Ueberblick 10

2. Schwefelung aromatischer Körper 11

3. Konstitution der Schwefelfarbstoffe 12

B. Vidal-Schwarr 18

1. Herstellung von Vidal-Schwarz 18

2. Konstitutionsaufklärung 20

3. Alkylierung der Merkaptogruppen 23

C. Indocarbon ............ 25

1. Die Untersuchungen von Reding 25

2. Herstellung des Indocarbon 26

3. Herstellung von Derivaten 29

4. Konstitution des Indocarbon 31

Experimenteller Teil.

A. Vorbemerkungen ........... 34

B. Vidal-Schwarz 34

1. Herstellungsverfahren .......... 34

2. Herstellung von Derivaten 36

3. Färbeverfahren und Prüfung auf Echtheit 37

C. Indocarbon 39

1. Herstellung der Zwischenprodukte 39

2. Aufarbeiten, Reinigen, Analysieren 40

3. Schwefelung des Leukoindophenols 41

4. Schwefelung der Komponenten 45

5. Herstellung von Derivaten 48

Zusammenfassung 50

i

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Einleitung.

Seit R. Vidal1 (1893) die ersten eigentlichen Schwefelfarbstoffe im

heutigen Sinn herstellte und daran auch einige theoretische Betrachtun¬

gen betreffend die Konstitution knüpfte, wurde diese interessante Farb¬

stoffklasse, die bald eine sehr große technische Bedeutung erlangensollte, sehr viel bearbeitet. Grundlegende Arbeiten über die Konstitution

dieser Farbstoffe wurden von Gnehm, Bemthsen, Friedländer, Ris undandern gemacht, wobei es ihnen gelang, die Thiazinstruktur des

Kerngebildes bei einem dieser Farbstoffe mit Sicherheit nachzuweisen.Erst viel später konnte dann A. v. Weinberg2 zeigen, daß dieses Kernge¬bilde den meisten dieser Farbstoffe zugrunde liegt und hat diese Behaup¬tung auch durch die von R. Herz gefundene Synthese der Thiazinkörpererhärtet. Analysen wurden von A. v. Weinberg zwar erwähnt, jedoch nie

publiziert, und Fierz und Bernasconi konnten zeigen, daß die Angabenv. Weinbergs einer wesentlichen Korrektur bedürfen. Erst die von H. E.

Fierz und seinen Mitarbeitern3 gefundene Methode der Reinigungder Schwefelfarbstoffe führte dann zu brauchbaren Ana¬

lysen und der weitgehenden Konstitutionsaufklärung einer ganzen An¬zahl von im Handel eingeführten Schwefelfarbstoffen.Wenn wir kurz die besondern Eigenschaften der Schwefelfarbstoffe

betrachten, so gehen schon daraus die Schwierigkeiten, die sich einer

erfolgversprechenden Konstitutionsaufklärung entgegenstellen, hervor.Da die Herstellung dieser Farbstoffe durch Schwefel-bzw. Poly-sulfidschmelzen keinen genauen Einblick in ihre Bildungsweisegestattet, und da sie bei der Aufarbeitung oxydativen Veränderungenan der Luft unterliegen, die aber nie quantitativ vor sich gehen, ist es

1 D.R.P. 84 632, 85 330, 90 369, 91 719.2 B. 63, 177 A.3 Helv. 15, 287 (1932).

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sehr schwer zu beurteilen, ob man nun einheitliche, hochpolymere Ver¬

bindungen, kolloidale Gemische von solchen mit Schwefel oder etwa

heterogene Komplexe vor sich hat. Andererseits ist es bezeichnend für

solche Körper, daß sie keine charakteristischen, physikalischen Kon¬

stanten besitzen und bisher nicht kristallin erhalten werden konnten,

was ihre Identifizierung sehr erschwerte und die Aufstellung eines Kri¬

teriums für den Reinheitsgrad solcher Farbstoffe verunmöglichte.In vorliegender Arbeit soll nun die Herstellung und Konstitutions¬

aufklärung zweier wichtiger Vertreter der schwarzen Schwefelfarbstoffe

beschrieben werden. Einerseits die des historisch und theoretisch inter¬

essanten Vidalschwarz und andererseits die des wichtigsten im

Handel befindlichen Schwefelschwarz, des Indocarbon CL der

LG. Farbenindustrie.

An Hand von Vergleichen, sowohl der Elementaranalysen dieser

Farbstoffe als auch ihrer chemischen, physikalischen und färberischen

Eigenschaften mit den entsprechenden im Handel befindlichen Pro¬

dukten soll ihre Identifizierung ermöglicht und schließlich eine plau¬sible Konstitutionsformel aufgestellt werden. Es mag vielleicht befrem¬

den, daß ich hier von einer Konstitutionsformel, statt schlechtweg von

der Konstitutionsformel spreche; aber man bedenke, daß wir aus oben¬

genannten Gründen eine solche Formel eben nicht mit einer klaren, fast

mathematischen Beweisführung belegen können, wie wir sie sonst aus

chemischen Abhandlungen gewohnt sind.

In der vorliegenden Arbeit soll deshalb gezeigt werden, wie man an

Hand der erhaltenen Ergebnisse unter Ausschluß anderer Möglich¬keiten zu einer Konstitutionsformel gelangen kann, welche eine großeWahrscheinlichkeit für sich hat. Das Verfahren besteht darin, daß man

ein Produkt auf das sorgfältigste reinigt und der Elementaranalyseunterwirft. Man kann aus diesen Analysenzahlen, wenn sie konstant

sind, und nur minimalste Abweichungen zeigen, auf das stychiometri-sche Verhältnis der einzelnen Elemente schließen und gestützt darauf,

unter Berücksichtigung aller bisher bekannten chemischen Tatsachen,

eine Konstitutionsformel aufstellen. Ferner wurden aus den Leukover-

bindungen der Farbstoffe, welche aktive Gruppen enthalten, Derivate

hergestellt, welche die angenommenen Konstitutionsformeln weitgehend

bestätigen.

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Theoretischer Teil.

A. Allgemeines.

1. Historischer Ueberblick.

Schon in den Anfängen der technischen Herstellung künstlicher Farb¬

stoffe ist man auf schwefelhaltige Verbindungen von Farbstoffcharakter

gestoßen, als nämlich Croissant und Bretonniere1 organische Abfallpro¬dukte meist pflanzlichen Ursprungs mit Schwefel zu den sog. Cachou

de Laval verschmolzen. Dies waren uneinheitliche Konglomerate von

starkem Merkaptangeruch, welche ungeheizte Baumwolle in grün¬lichen bis gelbbraunen Tönen anfärbten, jedoch keine größere tech¬

nische Bedeutung erlangten. Schon kurze Zeit später kamen die ersten

schwefelhaltigen Farbstoffe von einheitlicher Konstitution in den Handel

und fanden auch großen Anklang wegen ihrer reinen Nuancen und gro¬

ßen Färbekraft. Die ersten dieser Reihe waren das Lauth 'sehe

Violett und das Methylenblau von Caro (1876). Sie waren

aber trotz ihrem Thiazinskelett keine eigentlichen Schwefelfarbstoffe im

heutigen Sinn, denn sie besaßen die charakteristische Eigenschaft der

Schwefelfarbstoffe, die Baumwollfaser direkt aus alkalischem oder

schwefelalkalischem Bade waschecht anzufärben, noch nicht.

Die ersten Vertreter dieser Reihe, die aus einheitlichen Ausgangs¬materialien hergestellt waren und auch gleichmäßige Produkte lieferten,fand R. Vidal erst im Jahre 1893 und erkannte auch richtig ihre großeBedeutung. Nun folgte ein Wettlauf aller Farbenwerke in der Herausgabeder besten Schwefelfarbstoffe. Es wurde fast jeder aromatische Körperder Schwefelschmelze unterworfen und die Zahl der Patentanmeldungen

1 F.P. 98 915.

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stieg von Jahr zu Jahr ganz beträchtlich. Bald nach der Jahrhundert¬

wende lagen schon mehr als 500 deutsche Patente mit teilweise sehr ver¬

schwommenem oder gar widersprechendem Inhalt vor. Diese Flut von

Patenten konnte lange Zeit nicht eingedämmt werden, weil es damals

noch fast unmöglich war, zu erkennen, welche Farbstoffe oder Ver¬

fahren wirklich neu waren.

Dieser kurze Abriß aus der frühesten Entwicklungszeit der Schwefel¬

farbstoffe soll nochmals zeigen, wie viele Schwierigkeiten sich einer

präzisen Formulierung und Klassifizierung der Schwefelfarben ent¬

gegenstellen.

2. Schwefelung aromatischer Körper.

Die Schwefelfarbstoffe wurden damit charakterisiert, daß sie die

Fähigkeit besitzen, ungeheizte Baumwolle direkt echt anzufärben. Diese

Eigenschaft wird meist auf die durch die Schwefelungsmittel im Kern

eingeführten Sulfhydrylgruppen zurückgeführt. Diese vereinigen sich

dann auf der Faser durch Oxydation an der Luft zu Disulfid-2

oder Disulfoxydbrücken3.Solche Reaktionen wurden schon früh durch Merz, Weith, Krafft und

andere beobachtet und später durch K. A. Hofmann1 bestätigt. Sie fan¬

den, daß sich aus aromatischen, primären Aminen, also z. B. aus Ani¬

lin mit Schwefel das Diphenylsulfid bildet, wobei derSchwefel

die o-Stellung zurAmino- o d e r H y d r o x y 1 g r u p p e

bevorzugt. Bei niederer Temperatur bildet sich aber das entspre¬

chende Disulfid.

2 P. Friedländer und Mauthner, Z. f. Farben- und Textlichem. 3, 333.

3 Hinsberg: B. 41, 4298.

4 B. 27, 2807 und 3320.

11

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Sekundäre aromatische Basen vom Typus des Diphenylamin bilden

aber, wie Bernthsen5 fand, mit Schwefel den Thiazinring, also das ent¬

sprechende Thiodiphenylamin, das die Grundsubstanz vieler Schwefel¬

farbstoffe ist.

0 ^

Aehnliche Reaktionen wurden auch bei Verwendung von Schwefel¬

alkalien beobachtet, nur daß diese energischer wirken und in halogen-haltigen Körpern zum Austausch des Halogens gegen Merkaptogruppenbefähigt sind und dadurch erlauben, aus chlorierten Thioindophenolen(Herz'sche Synthese) Schwefelfarbstoffe herzustellen6.

s—

ci s_

Unterwirft man aromatische Kohlenwasserstoffe einer Schwefel¬

schmelze, so werden keine schwefelhaltigen Substanzen erhalten7. Diese

sind nur nach der Methode von Friedel-Crajfts erhältlich oder mit einem

weiteren Schwefelungsmittel, dem Chlorschwefel (S2C12), der befähigtist, in unsubstituierte ßenzolkerne Schwefel einzuführen8.

"-^O'-o-cro-a:Primäre und sekundäre Basen ergeben mit Chlorschwefel ungefähr

dieselben Produkte wie in der Schwefelschmelze.

2. Die Konstitution der Schwefelfarbstoffe.

Ueber die Konstitution der Schwefelfarbstoffe wurden sehr viele An¬

sichten geäußert und Theorien entwickelt, ohne daß es aber gelungen

5 A. 230, 75.6 B. 63, 117 A.7 B. 4, 394.8 B. 4, 298 und 509.

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wäre, damit auch nur einen einzigen Farbstoff in allen Details aufzu¬

klären.

R. Vidal, der als erster einen solchen Versuch machte, entwickelte

in einleuchtender Darstellung eine recht plausible Theorie8, die sich

aber in keinem Fall auf analytische Belege stützen konnte und, wie wir

später sehen werden, gerade durch die Elementaranalyse weitgehend

widerlegt werden kann.

Vidal erhält durch Zusammenschmelzen von p-Aminophenol mit

Schwefel oder von Hydrochinon mit Ammoniak und Schwefel wenig

Leukothionol neben H2S, NH3 und viel schwarzem Farbstoff.

NH JH H, Nj \/\ /VNH

S--Ti

HO /Vtlf"

"--'j,-|\/^OH HOA/\ s/\/\0H

Gleiche Teile Hydrochinon und p-Aminophenol mit Schwefel gebenneben H20 und H2S quantitativ Leukothionol, während gleiche Teile

Hydrochinon und Phenylendiamin in molekularen Mengen mit Schwefel

erhitzt Leukothionolin ergeben.

H,N

Dieses Thiolonin mit Schwefel weiter erhitzt ergibt ausschließlich

einen schwarzen Farbstoff.

Das erhaltene Leukothionol bzw. Leukothionolin wurde von Vidal,

wenn auch nur auf qualitativem Wege,10, mit den von Bernthsen11 auf

anderem Wege gewonnenen Körpern identifiziert. Die Bildung des

schwarzen Farbstoffs erklärt nun Vidal so, daß der beim Erhitzen von

p-Aminophenol mit Schwefel freiwerdende Ammoniak zugleich mit

überschüssigem Schwefel weiter auf fertig gebildetes Leukothinol, unter

Bildung von p-Dioxy-tetraphentrithiazin reagiert.

9 Monit. scient. 11, IV, 655; 17, IV, 427; 19, IV, 25.

10 D.R.P. 103301.11 A. 230, 189.

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Hs h'

NH\W---:--:-^-.:--r.:-JVv/NHN

"h

hoAA s A/^nh /^A s /\Aoh

Dieses p-Dioxy-tetraphentrithiazin (I) soll nun die Formel des Vidal-

Schwarz sein,und alle schwarzen Schwefelfarbstoffe sollen ähnlich kon¬

stituiert sein; denn Vidal erhielt ähnliche schwarze Farbstoffe, wenn er

p-Oxyamino-diphenylamin und p-Diamino-diphenylamin mit der ent¬

sprechenden Menge Schwefel erhitzte, nämlich das p-Oxy-p-amino-tetraphentrithiazin.

Diese VicWschen Formeln dürfen allerdings nur als allgemeine Aus¬

drücke der Kerngebilde dieser Kategorie der blauen und schwarzen

Schwefelfarbstoffe gewertet werden, und auch dafür gelten sie nicht

unbedingt, sondern geben lediglich die Richtung an, in der sich die

Reaktionen etwa abspielen. So ist nicht einzusehen, wieso nur immer

4 Benzolringe zu einem Kern vereinigt werden sollen; auch werden in

diesen Formeln weder die chinoiden Bindungen, noch die sich in jederSchwefelschmelze bildenden Sulfhydrylgruppen bzw. Disulfidbrücken

berücksichtigt.Ein wichtiges Merkmal dieser Farbstoffe mit Thiodiphenylaminkern

wurde schon von Vidal zum Teil erkannt. Wenn man nämlich p-Oxy-p'-Aminodiphenylamin mit Schwefel erhitzt, entweicht zunächst (beimErhitzen bis 180°) nur H2S und es entsteht ein blauer Farbstoff. Erhitzt

man aber weiter (bis 220°), so wird energisch NH3 abgespalten, und es

resultiert ein schwarzer Farbstoff. Wird aber p-Dioxydiphenylamin er¬

hitzt (bis 240°), so entsteht immer nur ein blauer Farbstoff und es kann

keine Ammoniakabspaltung festgestellt werden. Diesem Blau müßte

demnach folgende Formel zukommen:

CfH0/J\A s /oh\ /'ho1

14

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Bei der Schwarzbildung wird nun 1 NH3 abgespalten, wodurch wir

wieder zum Vidalschwarz (Formel I) gelangen.Eine ganz andere Theorie entwickelte nun Cfi. Ris12, der diesen Farb¬

stoffen das von Hinsberg13 gefundene, aus Diaminen und S02 erhält¬

liche P i a z t h i o 1 zu Grunde legte.

oder

Als Beweis für diese Annahme gelang es ihm, aus o-p-Diamino-

diphenylamin und S02 einen schwarzen Farbstoff herzustellen, aus dem

er mit Reduktionsmitteln unter H2S-Entwicklung, die Base wieder zu¬

rückgewinnen konnte. So verallgemeinerte er diese Beobachtung und

wollte allen Schwefelfarbstoffen eine ähnliche Konstitution zuschreiben.

Dem aus p-Aminophenol und Schwefel nach dem Vidalschen Verfahren

hergestellten schwarzen Farbstoff glaubt er folgende Formel geben zu

müssen, die er auch mit analytischen Daten belegen konnte.

OH

°YY0yVN\ sh

HS^kAN/kAN^.

/SHOH

Nach der wenig gründlichen Reinigung, die er seinen Analysen¬

produkten angedeihen ließ, sind solche Zahlen allerdings von zweifel¬

haftem Wert und was seine Formeln anbetrifft, so lassen sich diese aus

verschiedenen Gruden leicht widerlegen. Erstens konnte durch R.

Gnehm der Thiazinring in einem dieser Farbstoffe mit Sicherheit be¬

wiesen werden14. Im weiteren sind Oxazine, wie sie Ris annahm, in

Schwefelfarbstoffen ausgeschlossen, da sie kaum Affinität zur Baum¬

wollfaser besitzen. Die zahlreichen OH-Gruppen müssen außerdem

die Echtheit der Farbstoffe stark herabsetzen. Ebenso müßte die be-

12 B. 33, 796; Chem. Ind. 1904, 36.

13 B. 22, 862 und 2896; 23, 1393.

14 Gnehm und K a u f 1 e r erhielten durch bromierenden Abbau des Immedial-

reinblau ein Thiazintetrabromderivat, das sie mit dem aus Methylenblau gewonnenen

Tetrabromprodukt eindeutig indentifizieren konnten (s/B. 37, 2617 und 3032).

15

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wiesene Tatsache der Disulfidbindung aus der Merkaptanform fallen

gelassen werden. Schließlich lassen sich aber auch aus denselben Ana¬

lysenzahlen Formeln mit Thiazinringen aufstellen.

Was die Existenz der Merkaptogruppen bzw. D i s u 1 f i d -

bindungen anbelangt, wurden diese durch die Untersuchungen von

P. Friedländer einerseits und Schultz und Beyschlag andererseits eindeu¬

tig bewiesen. Vidal war ja der Ansicht, daß die Löslichkeit der Schwefel¬

farbstoffe lediglich auf die Hydroxylgruppen zurückzuführen sei und die

Merkaptogruppen auf diese Eigenschaft keinen Einfluß hätten und höch¬

stens eine kleine Nüanceverschiebung verursachen könnten. Friedländer

konnte diese Ansicht völlig widerlegen15, indem er zeigte, daß geradediese Merkaptogruppen es sind, die die Löslichkeit in Schwefelalkalien

bedingen und dann an der Luft wieder zu Disulfidbrücken oxydieren.Der Beweis, daß an reduzierten Schwefelfarbstoffen Schwefel in Form

von Sulfhydrylgruppen substituiert ist, konnte dadurch erbracht werden,daß es gelang, diese auf ganz einfache Weise zu alkylieren18 und so

eine Art Thioäther zu bilden (siehe S. 23).

Schultz und Beyschlag17 konnten nun aber feststellen, daß nach Ent¬

fernung des mechanisch beigemengten Schwefels der Farbstoff immer

noch nur lose gebundenen, sehr reaktionsfähigen Schwefel, neben fester

gebundenem enthält. Dieser kann ohne Zerstörung des Farbstoffmole¬

küls nicht eliminiert werden. Die Autoren glauben nun, daß dieser lose

gebundene Schwefel zwischen die Kernmoleküle eingelagert ist, also

eine Polysulfidbrücke bildet, die dann durch energische Be¬

handlung mit Extraktionsmitteln bis zum Disulfid abgebaut werden kann.

R— S — S(x>— S— R > R—S —S—R

Dieser reaktionsfähige Schwefel soll auch die starke Affinität zur

Baumwollfaser und die leichte Löslichkeit des Farbstoffs in Schwefel¬alkalien bewirken.

Eine ähnliche Ansicht äußerte auch H. Erdmann18. Nach ihm sollen

in diesen Farbstoffen zwei Schwefelatome direkt an Kohlenstoff ge¬bunden sein, während das dritte in loser thiozonidartigerBin-

15 Z. f. ang. Ch. 1906, 616.16 D.R.P. 131 758; Z. f. ang. Ch. 1906, 616.17 B. 42, 743 und 753.18 A. 302, 134.

If)

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dung zwischen den zwei anderen liegt. An dieses kann sich noch wei¬

terer Schwefel anlagern.= S =-S = s =

Diese thiozonidartige Bindung könnte nach W. Zänker19 jene Mole¬

kularvergrößerung bedingen, welche für den kolloidalen Zustand, der

hier eine wichtige Rolle zu spielen scheint, nötig ist. Sicher ist ein Teil

des Schwefels in den Schwefelfarben in einem labilen Zustand, etwa so

wie im vulkanisierten Kautschuk, enthalten und dieser Anteil des

Schwefels ist es, der später die faserschädigende Bildung von Schwefel¬

säure bedingt. Er scheint aber noch recht wesentlich zu sein, da bei

der Reinigung von Schwefelfarbstoffen, wobei wahrscheinlich dieser

labile Schwefel entfernt wird, eine Verschlechterung der Färbeeigen¬schaften beobachtet werden konnte.

Alle diese Theorien lassen aber den nicht unerheblichen Sauerstoff¬

gehalt der meisten Schwefelfarbstoffe außer Acht und können deshalb

mit den durch die Analyse erhaltenen Bruttoformeln auch kaum in Ein¬

klang gebracht werden. Es ist deshalb bemerkenswert, daß H. E. Fierz

dieser Diskrepanz erstmals Rechnung trug, indem er die Möglichkeitder Bildung von Disulfoxydbrücken, statt der von Friedländer

vorgeschlagenen Disulfidbrücken, oder eventuell das Vorhandensein

beider Formen im gleichen Molekül diskutierte20.

Solche Disulfoxyde und ihre einfache Bildungsweise durch Oxydationvon Disulfiden mit Wasserstoffsuperoxyd wurden von Hmsberg bei

Naphtyl-disulfid beobachtet21, und Gutmann konnte das entsprechendeMonosulfoxyd des Benzylsulfids nachweisen22.

Die von A. v. Weinberg vorgeschlagene Formel für Hydronblau R.

(LG.)23, ,. ,s s

\An/\AsAAo oAAsAAnA/s s

I I

19 Z. f. ang. Ch. 1919, 49.20 Helv. 15, 287.21 B. 41, 4298.

22 B. 47, 635.

23 B. 63, 117 A.

2

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mußte deshalb nach genauen Analysen folgendermaßen präzisiertwerden:

JX

Die bisher angewandten Methoden zur Gewinnung analysenreinerFarbstoffe waren absolut ungenügend, da sie sich immer mit Lösungs¬und Fällungsreaktionen begnügten, sei es durch »Umküpen« und Tren¬

nen der Leukokörper auf Grund verschiedener Löslichkeit oder durch

Umfallen aus konzentrierter Schwefelsäure; denn die meisten Neben¬

produkte wie niedriger geschwefelte Indophenole und Thiazine lassen

sich ja sowohl umküpen als auch umfallen.

Erst die von Fierz und Bernasconi24, ausgearbeitete Methode der Rei¬

nigung (siehe Seite 40) ermöglichte dann, zu sichern Analysenresultatenzu gelangen, aus denen die Konstitution einer ganzen Reihe von Schwe¬

felfarbstoffen weitgehend aufgeklärt werden konnte25.

ß. Vidal-Schwarz.

1. Die Herstellung von Vidal-Schwarz.

Um die Konstitution des Vidal-Schwarz aufklären zu können, mußte

erst einmal seine Bildungsweise studiert werden. Nach den verschiede¬

nen Patenten, die Vidal auf seinen Namen und für die S.A. des matières

colorantes et produits chimiques in St. Denis nahm, geht hervor, daß

er für seine Schwefelschmelze durchwegs relativ wenig Schwefel ver¬

wendete (ca. 3 Mol. S pro Mol. p-Aminophenol), weshalb es begreiflicherscheint, daß er glaubte, nur niedrig geschwefelte Produkte vom Typusdes Tetraphentrithiazin, ohne schwefelhaltige Seitenketten zu erhalten

(siehe Seite 14). In Wirklichkeit wird es sich wohl um ein Gemisch von

fertig und unfertig geschwefelten Produkten gehandelt haben, die auch

24 Helv. 15, 287.25 Bernasconi: Diss. E.T.H. 1932.

Keller: Diss. E.T.H. 1933.

Reding: Diss. E.T.H. 1941.

18

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nicht sehr kräftig zu färben vermochten. Da das Original-Vidalschwarz

im Handel nicht mehr erhältlich ist, konnte es mit unseren Produkten

nicht verglichen werden; aber es sind uns noch einige Ausfärbungen

aus dem Jahre 1900 erhalten geblieben, die uns als Vergleichsmaterialdienten26.

Um sicher ein vollständig geschwefeltes Produkt zu erhalten, mußte

ein Schwefelatom für jede freie Stelle im Benzolkern des p-Aminophenol,

plus ein Schwefel für die eventuelle Bildung von Ammonsulfid, plus ein

kleiner Ueberschuß genommen werden (also ca. 5—6 Mol. S pro Mol

Aminophenol). Die Bildung von Ammonsulfid oder -polysulfid in der

Schwefelschmelze konnte nicht mit Bestimmtheit nachgewiesen werden,

ist jedoch sehr wahrscheinlich; denn die Menge NH3, die während des

Schmelzprozesses entweicht, beträgt nur 11 % der berechneten Menge,

die sich abgespalten haben muß, in Anbetracht der Abnahme des Stick¬

stoffgehalts des fertigen Farbstoffs gegenüber dem Ausgangsprodukt.Es wurde also ein Vidal-Schwarz aus p-Aminophenol mit Schwefel,

das wir Vidal-Schwarz A nennen wollen, und ein zweites Pro¬

dukt aus p-Aminophenol mit einem Gemisch von konzentriertem Schwe¬

felnatrium und Schwefel (entsprechend Na2S6) und Nachbehandlung

mit Butanol hergestellt27. Dieses Produkt wollen wir Vidal-

Schwarz B nennen.

Beide Produkte wurden zunächst auf ihre chemischen Eigenschaften

geprüft und dann in ihren Färbe- und Echtheitseigenschaften mitein¬

ander verglichen. Was zunächst einmal besonders auffiel, war ihre

leichte Löslichkeit, nicht nur in alkalischen Reduktionsmitteln, sondern

auch in verdünnter Natronlauge oder auch heißer Sodalösung, jedochabsolute Unlöslichkeit in saurer Lösung. Die Färbe- und Echtheitseigen¬

schaften sollen im experimentellen Teil noch eingehend erläutert wer¬

den. Es muß hier nur noch erwähnt werden, daß das Vidal-Schwarz

schlecht auf der Faser haftet und deshalb aus ziemlich konzen¬

triertem Bade gefärbt und anschließend mit Oxydationsmitteln

(H202, NaOCl oder am besten Kaliumbichromat) fixiert werden muß.

Auf diese Weise erhalten wir aber ein blumiges Violettschwarz von

vorzüglicher Echtheit und Tiefe der Nuance, die derjenigen von Indo-

carbon CL sehr nahekommt. Zwischen den Farbstoffproben A und B

26 Fàrber-Zeitung 1900, 288 und Musterkarte der S.A. des mat. col. St. Denis.

27 D.R.P. 679 985.

Ie)

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konnten nur geringfügige Unterschiede festgestellt werden. So ist Vidal-

Schwarz B etwas leichter löslich und erzeugt eine etwas intensivere Fär¬

bung als die Probe A, was auf seinen Mehrgehalt an Schwefel28 zurück¬

geführt werden muß.

2. Konstitutionsaufhlärung.

Die beiden Farbstoffproben A und B wurden zunächst einer gründ¬lichen Reinigung unterzogen; darauf wurden sie analysiert und die Re¬

sultate mit den verschiedenen in Frage kommenden Formeln verglichen.Die Analysenzahlen stimmten dabei so ausgezeichnet auf eine, was das

Kerngebilde anbetrifft, der Vidal'schen (I) ziemlich ähnlichen Formel,daß dieser damit die größte Wahrscheinlichkeit zukommt; umsomehr

als die beiden nach verschiedenen Methoden gewonnenen Farbstoffe

sich lediglich um ein S-Atom unterscheiden.

Wir stellen auf Grund der quantitativen Analysen für Vidal-Schwarz

A, das die Bruttoformel CaeHieOgl^Sn besitzt, zunächst einmal fol¬

gende Konstitutionsformel auf:

s —

(n)

Die Stellung der an Schwefel gebundenen Sauerstoffatome ist dabei

ganz willkürlich gewählt, während der Schwefel mit ziemlicher Sicher¬

heit an den bezeichneten Stellen eintritt, denn es wurde verschiedent¬

lich beobachtet, daß Merkaptogruppen immer in o-Stellung zu vorhan¬

denen Hydroxyl- oder Aminogruppen am Benzolkern substituiert wer¬

den. Warum aber nur die Hälfte der Disulfidbindungen oxydiert sein

soll, ist allerdings nicht ohne weiteres einzusehen. Es wurde deshalb die

Möglichkeit, daß es sich hier etwa um eine an der Luft nur unvollstän¬

dig oxydierte Form des Farbstoffs handeln könnte, genauer untersucht.

28 Siehe S. 36.29 A. W. Hofmann: B. 13, 1226; B. 27, 2807 und 3320.

Hinsberg: B. 38, 1131; B. 39, 2427.

20

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Eine mit H202 oxydierte Probe wurde analysiert und bestätigte nun

unsere Annahme, indem die Analyse auf die Formel C36Hi601:1N4S;ii

sehr gut stimmte. Es wurden erwartungsgemäß die drei Sulfidgruppen

(nicht aber der ringförmig gebundene Schwefel) zu Sulfoxydgruppen

oxydiert.Wir dürfen also für Vidal-Schwarz A, wie es fertig oxydiert auf der

Faser sitzt, folgende Konstitution annehmen:

0=S

^vAh^vAs=o

(IH)

Ganz analog zu dieser Formel wurde auch diejenige von Vidal"

Schwarz B gefunden, dessen Analysenzahlen auch sehr genau mit den

berechneten Werten übereinstimmen. Dieser Farbstoff unterscheidet

sich wie schon erwähnt, nur durch einen Mehrgehalt von ein S pro

Doppelmolekül, sodaß wir hier wahrscheinlich die höchstgeschwefelteForm vor uns haben. Wir dürfen natürlich die Möglichkeit nicht außer

Acht lassen, daß es es sich beim Farbstoff A nur um ein Gemisck

des Farbstoffes B mit einem um eine Disulfoxydbindung ärmeren han¬

delt, wobei wir das vielleicht etwas störende Nebeneinander von »S- und

-S-S-Bindungen nicht anzunehmen brauchten. Die Analysen bestätigen

also für das gewöhnliche Vidal-SchwarzB die Bruttoformel C36Hi6OioN4Si2

und für den oxydierten Farbstoff wie erwartet C36H16Oi2N4S12. Wir

können demnach hier auch auf eine analoge Konstitution schließen.

0=S

sTY"frrnTs=o o-s

(IV)

Wie wir schon eingangs betonten, kann diese Formel natürlich

keinen Anspruch auf absolute Gültigkeit erheben,

aber sie hat vor den verschiedenen anderen Möglichkeiten den Vor¬

zug der größten Wahrscheinlichkeit, weil sie allen

Eigenschaften des Farbstoffs am besten Rechnung trägt, ohne indes stark

21

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von der Konstitution der bis anhin in der Literatur beschriebenen

Schwefelfarbstoffe abzuweichen. Seine Bildung in der Schwefelschmelzc

ist sehr gut denkbar und steht auch zu den von Vidal mit seinen

Schwefelschmelzen gemachten Beobachtungen in keinem Widerspruch.Die von Vidal angegebene Formel (I) entbehrt jedenfalls jeder Grund¬

lage und ist mit unseren Analysen eindeutig widerlegt wor¬

den. (S. auch experimenteller Teil I.) Eine diskutable Formel könnte

noch nach der Theorie von Erdmann30 oder Schultz30 aufgestellt werden

und etwa folgendermaßen aussehen:

0VVSVVNVX-s—s—s-|^YN

HSofVS^^sAÂ)HS SH (AAs

oder in Form einer Kette ohne zwischengelagerte Sulfhydrilgruppen.

-s—S—S

-s—

Diese Thiozonid- oder Polysulfidtheorie würde un¬

serer Bruttoformel entsprechen und auch den Eigenschaften des Farb¬

stoffs weitgehend Rechnung tragen; jedoch istdieBildungeinerSulfogruppe in der Schwefelschmelze recht un¬

wahrscheinlich. Es wären hier auch die verschiedenen Oxyda¬tionsstufen, wie wir sie bei unserem Farbstoff eindeutig nachweisen

konnten, nicht so einfach zu erklären. Eine andere Möglichkeit wäre

auch noch eine Kette von Kerngebilden, durch Disulfidbindungen ver¬

bunden und außerdem je zwei Sulfingruppen pro Kernmolekül. Aus oben

erwähnten Gründen ist aber auch diese Formel unwahrscheinlich. Eben¬

so ist auch eine andere denkbare Formel

Jx

Loc. cit.

22

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von vornherein abzulehnen, weil es kaum anzunehmen ist, daß sich

solche Körper in einer Schwefelschmelze bilden können. Aus all

d i e s e n G r ü n d e n m ö ch t e n w i r deshalb an den zu¬

erst aufgestellten Formeln (III und IV) festhalten.

3. Alhylierung der Merkaptogruppen.

Um die Konstitution des Vidal-Schwarz möglichst weitgehend sicher¬

zustellen, wurden die beiden Proben in ihrer Leukoform alkyliert, sodaß

eine Art Thioäther entsteht, wie dies schon in einem Patent der

Firma Friedrich Bayer in Elberfeld31 durch Benzylierung von

Immedialschwarz beschrieben wurde. Als Reduktionsmittel gibt

das Patent Schwefelnatrium an. Um aber einer Schwefelausscheidung beim

Ansäuren der Lösung oder einer Schwefelanlagerung an den analysen¬

reinen Farbstoff vorzubeugen, ist es ratsamer, ein schwefelfreies Re¬

duktionsmittel zu verwenden. Hierzu eignet sich nach Claasz32 a 1 k a -

kaiische Glukoselösung besonders gut, da der Trauben¬

zucker und seine Spaltprodukte (Milchsäure) beim Ansäuren in Lösung

bleiben, sodaß die Isolierung des Kondensationsprodukts keine Schwie¬

rigkeit bietet.

Die reduzierte Farbstofflösung wurde in der Kälte mit einem kleinen

Ueberschuß von Benzylchlorid geschüttelt. Dabei scheidet sich

das Alkylierungsprodukt aus, da wegen Substitution der SH-Gruppen die

Ursache der Löslichkeit des Farbstoffs wegfällt. Die so erhaltenen Pro¬

dukte wurden nach gründlichem Waschen mit Alkohol analysiert.Die Analysenzahlen ließen in beiden Proben eindeutig auf nur zwei

Benzylreste pro Kernmolekül schließen. Jedoch entsprechen die Werte

für Schwefel den aus Formel III und IV berechneten nicht mehr. Es

wäre also möglich, daß den Alkylierungsprodukten noch kleine Reste

von Benzylchlorid anhaften. Eine Analyse ergab einen Chlorgehalt von

nur 0,14 %, also ca. 0,5 % Benzylchlorid, was sich auf die Analysen¬

ergebnisse kaum auszuwirken vermag. Es muß deshalb angenommen

werden, daß durch die Behandlung mit Benzylchlorid ein S-Atom elimi¬

niert wird. Wir müssen demnach für das benzylierte Vidal-Schwarz A

31 D.R.P. 131 758. (Frld. 6, 812.)32 B. 45, 2424.

23

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die Bruttoformel C36H1409NéS9 + 4(C7HT) schreiben und erhalten da¬

durch recht gute Uebereinstimmung mit den durch die Analyse ge¬

fundenen Werten. Die genau entsprechende Abweichung im Schwefel¬

gehalt konnte bei der benzylierten Form des Vidal-Schwarz B festge¬stellt werden, so daß wir hier zur analogen Formel CseHidOjoNiSio +4(C7H7) gelangen, die den gefundenen Werten weitgehend entspricht.

Diese Resultate zeigen aber keine so guteUebereinstim-m u n g wie die Analysen der nicht alkylierten Farbstoffe, sodaß wir uns

veranlaßt sahen, ein weiteres Alkylierungsprodukt herzustellen, das uns

mit größerer Sicherheit die Anzahl der Alkylreste zu bestimmen ge¬

stattete.' Ein solches Alkylierungsmittel ist das p-Chlorbenzyl-c h 1 o r i d

,denn es erlaubt uns, durch eine bloße Chlorbestimmung

auf die Anzahl der Chlorbenzylreste zu schließen.

Bei der Herstellung des Kondensationsprodukts wurde analog ver¬

fahren, nur daß hier bei 30—40° geschüttelt werden mußte, weil

p-Chlorbenzylchlorid einen Schmelzpunkt von 29° besitzt. Die Reaktion

geht glatt, nur muß die Reinigung noch energischer durchgeführt wer¬

den, da hier ein Rest von unverbrauchtem Chlorbenzylchlorid das Re¬

sultat stärker beeinträchtigen würde und auch gar nicht nachgewiesenwerden könnte.

Die Analyse dieses Produktes bestätigt unsere Annahme von vorhinin sehr guter Uebereinstimmung mit den berechnetenWerten für Chlor, sodaß wir die Formel für das alkylierte Produkt jetztmit Sicherheit mit zwei substituierten Alkylresten schreiben dürfen.

Es ist jedoch bemerkenswert, daß dieses Alkylierungsprodukt nicht

schwefeïarmer ist als Vidal-Schwarz B, von dem hier ausgegangenwurde, auch hat dieses Produkt sich an der Luft nicht wieder oxydiert.Die Analyse stimmt hier also mit großer Genauigkeit auf die Formel

C18H802N2S6 + 2(QH6C1),

s—c

Cl

h<AAsCH-S

S—CH;

OH

s — s

CI

(v)

wobei die Frage, an welchen S-Atomen die Chlorbenzylreste substituiertwurden, natürlich offen bleiben muß.

24

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Auch zwei andere Fragen, warum bei der Benzylierung je ein S-Atom

pro Kernmolekül abgespalten wurde, und warum bei der Reduktion

durch Traubenzucker nicht alle Disulfidbrücken aufgespalten wurden,

konnte nicht abgeklärt werden.

C. lndocarbon CL.

1. Die Untersuchungen von Reding.

Es wurden schon seit geraumer Zeit am hiesigen Institut Versuche

gemacht, den bekannten schwarzen Farbstoff der LG.Farbenindustrie,

das IndocarbonCL darzustellen, um daraus besser auf seine Kon¬

stitution schließen zu können. Am sorgfältigsten hat bisher M. Reding33diesen Farbstoff untersucht. Er versuchte ihn zuerst aus den vermut¬

lichen Komponenten34, dem 2-Naphtylamin und dem Hydro-c h i n o n aufzubauen, indem er diese direkt der Schwefelschmelze un¬

terwarf, mit oder ohne Zugabe von Katalysatoren. Die Versuche mit

einer Natriumpolysulfidschmelze35 waren ganz erfolg¬

los, während die parallelen Versuche mit Schwefel allein be¬

reits zu einem Farbstoff vom Typus und von der Nuance des lndocarbon

führten. Dieser färbte allerdings noch viel zu schwach und war von

zahlreichen Nebenprodukten begleitet und wies somit lediglich den Weg

für die weiteren Versuche.

Nun stellte Reding auch das entsprechende Leukoindophenol

her und schmolz es mit Schwefel oder mit Polysulfid unter allen mög¬

lichen Versuchsbedingungen. In vielen Fällen erhielt er recht gute Pro¬

dukte, die aber alle höchstens 40 % der Intensität einer Färbung mit ln¬

docarbon erreichten; denn mit allen von Reding ausprobierten Verfahren

gelang es nie, mehr als 24 % Schwefel in den Farbstoff einzuführen,

was etwa 2 Atomen S pro Kernmolekül gleichkommt.

33 M. Reding: Diss. E.T.H. 1941.

34 Durch Destillation des lndocarbon mit Zinkstaub wurde 2-Naphtylamin in

guter Ausbeute erhalten (Angabe von Prof. Fierz).35 D.R.P. 450 864 (Kalle); Frdl. 15, 810.

25

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Im weitern hat Reding Schmelzen von Indophenol mit Chlorschwefel

(S2Cl2) und auch eine Synthese nach Herz mit dem Herrschen Kör¬

per (VII) und Chloranil ausgeführt.

Aus verschiedenen Gründen, auf die ich hier nicht näher eintreten

kann, haben auch diese Versuche nicht zu den gewünschten Ergeb¬nissen geführt. Im übrigen sei auf die Originalarbeit verwiesen33.

Die analytischen und färberischen Untersuchungen Redings wiesen

aber eindeutig auf die angenommene Formel des Indocarbon,

(vui)

wobei er die Frage, wie viele S-Atome am Kernmolekül substituiert sind,und an welchen Stellen sie sich befinden, offen ließ.

2. Herstellung des Indocarhons.

Um einen dem Indocarbon CL gleichwertigen Farbstoff herzustellen,mußte eine ganze Reihe von Versuchen angestellt werden, wobei an

die Arbeit von M. Reding angeknüpft wurde. Gleich zu Beginn wurde

ein neues von der l.G. patentiertes Verfahren18 durchprobiert, das im

83 M. Reding: Diss. E.T.H. 1941.

36 D.R.P. 679 985.

26

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wesentlichen darin besteht, daß ein Körper vom Typus des Leuko«

indophenols (VI) in zwei Stufen, erst in der Schmelze und dann

in Lösung geschwefelt wird. Das Oxyphenylnaphtylamin wird also z. B.

zuerst mit Polysulfid (Na2S6) geschmolzen und nach beendeter Re¬

aktion wird das fein zerriebene Reaktionsprodukt in einem geeigneten,

hochsiedenden Lösungsmittel am Rückfluß gekocht. Eine andere Va¬

riante ist, daß das Ausgangsprodukt zuerst mit Schwefel allein ver¬

schmolzen und anschließend erst mit Polysulfid und einem Lösungsmittel

gekocht wird. Diese sogenannte »N achschwefelung« in

einem hochsiedendenLösungsmittelist der springende

Punkt bei diesem Verfahren und Versuche haben gezeigt, daß wir mit

der Polysulfidschmelze allein, auch mit den hier angegebenen Bedin¬

gungen, niemals bessere Farbstoffe erhalten als sie schon Reding erhielt.

Wird aber der genau gleiche Farbstoff bzw. seine Rohschmelze längere

Zeit zum Beispiel mit B u t a n o 1 gekocht, so erhalten wir einen viel

kräftigeren, dem Indocarbon beinahe gleichwertigen Farbstoff. Man muß

sich bei dieser Reaktion die Rolle des Butanols als die eines Schwefel-

überträgers vorstellen (intermediäre Bildung von Butylmerkaptan),

oder vielleicht auch so, daß der Schwefel in einer molekularen, also viel

aktiveren Form im Butanol dissoziiert ist. Auf diese Weise wirkt das

Lösungsmittel auf das Gemisch von zu hoch und noch zu wenig ge¬

schwefeltem Farbstoff, wie es in der Schmelze wahrscheinlich vorliegt,

homogenisierend; denn nach diesem Verfahren fielen oft Ausbeuten

von ausgezeichnetem Farbstoff bis 98 % der Theorie an.

Wenn nun ein Farbstoff genau nach Angaben des Patents hergestellt

wird, so hat er wohl denselben Schwefelgehalt wie Indocarbon, aber in

coloristischer Hinsicht, also was Intensität und Nuance der Färbung an¬

belangt, erreicht er Indocarbon CL doch noch nicht ganz. Es wurden

deshalb alle Versuchsbedingungen in weiten Grenzen variiert, also

Temperatur der Schmelze, Verhältnis von Polysulfid zum Indophenol,

Mischungsverhältnis des Polysulfids (Na2S:S) und Wassergehalt des

verwendeten Schwefelnatriums, und es konnte festgestellt werden, daß

die im Patent angegebenen Bedingungen die

günstigsten sind. Was den Wassergehalt des Schwefelnatriums

anbetrifft, wird er im Patent nicht genau angegeben, soll aber am besten

ca. 5 % betragen (siehe experimenteller Teil).

Wenn also nach diesem Verfahren die Herstellung von Indocarbon

gelingen sollte, so konnte dies nur noch durch die Wahl des richtigen

27

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Lösungsmittels erreicht werden. Es wurden also eine ganze Reihe gegen

Schwefel indifferenter, hochsiedender Lösungsmittel durchprobiert, vor

allem solche, die in ähnlichen Patenten schon geschützt wurden wie

Cyclochexanol, Pyridin37, Dioxan, Amylalkohol, Tetralin-ol usw.38.

Von dieser Versuchsreihe färbte nun der mit Pyridin nachgeschwe¬felte Farbstoff am kräftigsten und seine Nuance entsprach ganz dem

Indocarbon CL, weshalb wir eine Probe dieses Farbstoffs nach bekann¬

ten Methoden auf Echtheit prüften39 und mit den entsprechenden Daten

für Indocarbon verglichen.Der Befund bestätigte unsere Annahme, daß es sich hier um iden-

tischeProdukte handelt, vollauf. Um ein Uebriges zu tun, wurde

auch noch das rein chemische Verhalten der beiden Produkte vergli¬chen, indem sie mit Chloressigsäure zur Thioglycolsäure kon¬

densiert wurde40.

Parallel zu diesen Versuchen wurden auch solche mit l-(4-Oxy-phenyl)-aminonaphtalin gemacht. Diese Versuche führten

zu einem schönen marineblau färbenden Farbstoff von tiefer

Nuance mit denselben Echtheitseigenschaften.Da nun die Herstellung des Indocarbon aus 2-(4'-Oxyphenyl)-amino-

naphtalin nach diesem Verfahren geglückt war, sollte in einigen weite¬

ren Versuchen festgestellt werden, ob es nach derselben Methode auch

gelingt, den Farbstoff aus seinen Komponenten herzustellen. Hierzu

wurde erst eine Schmelze von Schwefel allein mit 2-Naphtyla-min, Hydrochinon und etwas Jod als Kondensationsmittel ge¬

macht und erst diese der Polysulfidschmelze und der anschließenden

Nachschwefelung in Butanol oder Pyridin unterworfen. Wegen der vie¬

len Nebenprodukte, die schon in der ersten Schmelze entstehen, kann

der Farbstoff nachher nicht richtig reagieren, weshalb der in der ersten

Schmelze entstandene Farbstoff zuerst gereinigt und erst dann mit

Polysulfid geschmolzen und nachgeschwefelt wurde. Nach dieser schon

ziemlich komplizierten Methode, die für die Praxis kaum mehr geeignetsein dürfte, erhalten wir einen Farbstoff vom Typus des Indocarbon, der

37 D.R.P. 651 595 (Ciba).38 D.R.P. 502 071 (LG.).39 V. D. Gh.: Normen und Typen für die Prüfung und Beurteilung der Echtheits-

eigensohaften. Ausgabe 1939.40 Siehe Seite 30.

28

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schon ziemlich kräftig zieht, aber noch nicht als ein eigentliches

Schwarz betrachtet werden kann.

Wird der Farbstoff aus der ersten Schwefelschmelze gereinigt und

unter Umgehung einer Polysulfidschmelze mit wasserfreiem Na2S6 in

Pyridin gekocht, so erhalten wir einen Farbstoff, der schon annähernd

an die Qualitäten des Handelsprodukts herankommt und dessen Schwe¬

felgehalt schon wesentlich höher ist als derjenige aller anderen Pro¬

dukte dieser Versuchsreihe.

Die Ausbeuten aus den Schmelzen mit Naphtylamin und Hydro-

chinon waren durchwegs schlecht (40—60 %), was in erster Linie auf

die Bildung eines in Schwefelnatrium unlöslichen Nebenprodukts zu¬

rückzuführen ist (10—15 % der Schmelze). Dieses Produkt ließ sich

nach gründlicher Reinigung aus Alkohol Umkristallisieren und konnte

anhand von Schmelzpunkt und Analyse als l-Thio-2-dinaphtyl-a m i n

41 identifiziert werden.

Es ist demnach nicht erstaunlich, daß hierdurch der normale Re¬

aktionsverlauf beträchtlich gestört wurde.

Aus all diesen Versuchen sehen wir, daß die Herstellung des Indo-

carbon aus seinen Komponenten wohl durchführbar, jedoch mit so

großen Schwierigkeiten verbunden ist, daß der Umweg über das Leuko-

indophenol (VI) immer noch der weit einfachere und bessere Weg zu

sein scheint.

3. Herstellung von Derivaten.

Wie schon anläßlich der Konstitutionsaufklärung des Vidal-Schwarz

ein Benzylthioäther hergestellt wurde, um die Anzahl der Mer-

kaptogruppen im reduzierten Farbstoff zu bestimmen, so wurde zum

selben Zweck auch unser bester Farbstoff vom Typus des Indocarbon

nach genau demselben Verfahren mit Benzylchlorid kondensiert. Auch

41 B. 21, 2811.

29

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dieser Farbstoff ließ sich mit einer alkalischen Glukoselösung sehr leicht

reduzieren und ist nach erfolgter Alkylierung flockig ausgefallen. Dieses

Produkt wurde mit Alkohol ausgekocht und analysiert. Die gefundenenWerte stimmten sehr gut auf die Bruttoformel Ci6H702NS3 + (C7H7),

die nach der von Reding aufgestellten Konstitutionsformel (VIII) etwa

folgendermaßen geschrieben werden müßte:

SH

Auch hier muß wieder dieselbe Feststellung wie beim benzyliertenVidal-Schwarz gemacht werden, daß nämlich nicht alle Disulfidbindun-

gen aufgespalten werden und daß diese S-Atome nachträglich durch

Luftsauerstoff wieder teilweise oxydiert werden, wobei nicht festgestelltwerden kann, an welchen S-Atomen der Benzylrest substituiert wird.

Ein anderes Kondensationsprodukt, das wegen seiner Alkalilöslichkeit

sehr einfach gereinigt werden kann, wurde zur Bekräftigung dieser

Formel (IX) und auch zum Vergleich der chemischen Eigenschaftenunseres Produkts mit dem Handelsprodukt hergestellt. Es handelt sich

hier um die Chloressigsäure, die sich mit aromatischen Merkaptanenzur Thioglycolsäure kondensiert.

R-SNa+ CI-CH2COONa * R-S-C^COONa + NaCI

Diese Reaktion verläuft glatt, wenn man die neutralisierte Chloressig¬säure in der Wärme in die reduzierte Farbstofflösung einrührt und

durch Ansäuern ausfällt. Alle diese Manipulationen, sowie auch die

anschließende Reinigung und Trocknung müssen jedoch unter Luft¬

abschluß resp. in C02-Atmosphäre durchgeführt werden.

Die Analysen dieser beiden parallel hergestellten Derivate zeigtennur sehr geringfügige Abweichungen, die sich auf die Formel nicht

mehr auszuwirken vermögen. Sie stimmten aber auch, was sehr be¬

achtenswert ist, viel besser überein als die Analysen der Farbstoffe, die

als Ausgangsmaterialien dienten. Dies bestätigt die verschiedentlich

geäußerte Ansicht, daß es sich bei denSchwefelfarb-

30

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Stoffen ebenmeist um u n e i n h e i 11 i c h e P r o d u k t e ,

also um Gemische von mehr oder weniger stark

geschwefelten Körpern mit Schwefel handle.

Die Analysen bestätigen die aus obigen Beobachtungen abgeleiteteFormel Ci6H7ONS3 + (C2H302) und wir schreiben sie demgemäß:

f^ S — CH2 COOH

0 (X)

s —s —

Auch hier ist nur an einem S-Atom eine Substitution erfolgt, sodaß

wir nun mit ziemlicher Bestimmtheit behaupten können, daß durch

Traubenzucker eben nur dieHälfte derDisulfid-

bindungen reduziert wird.

4. Konstitution des Indocarbons.

Wie wir eingangs schon erwähnten, ist es bei Körpern wie den

Schwefelfarbstoffen unmöglich, festzustellen, ob die Reinigung so weit

gediehen ist, daß wir ein einheitliches Produkt vor uns haben. Redinghat in seiner Arbeit auch verschiedene Extraktions- und Lösungsver¬suche erwähnt, die zur Reinigung von Indocarbon gemacht wurden.

Den besten Erfolg hatte er aber doch mit der bewährten Methode von

Fierz und Bernasconi42 durch Auslaugen mit HCl und NH3 und er¬

schöpfender Extraktion mit Alkohol. Es gelang ihm aber auch mit die¬

ser Methode nicht, zu einem eindeutigen Resultat zu kommen. Er be¬

rechnete die Analyse für die Formeln

(xi) Y|SyV° »»* iiYV (x,i)

s

i

und nimmt an, es handle sich beim Farbstoff des Handels um ein Ge¬

misch dieser beiden Stufen, da der gefundene Wert für Schwefel zwi¬

schen den beiden berechneten aus Formel XI und XII liegt.

42 Siehe Seite 40.

:.n

31

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Nachdem aber die mit Indocarbon gebildeten Kondensationsprodukteso eindeutige Resultate lieferten (siehe Formel IX und X, die beide

auf die Formel XII weisen), sind wir geneigt, anzunehmen, daß XII die

Formel des Farbstoffs ist und daß im Handelsprodukt noch eine erheb¬

liche Menge Schwefel labil, sei es nun kolloidal, thiozonid- oder poly-sulfidartig, im Makromolekül gebunden ist. Dieser labile Schwefel läßt

sich naturgemäß durch bloße Löseoperationen, ohne Aufspaltung des

Komplexes (Reduktion zur Leukoform) nicht quantitativ entfernen, so«daß man nur auf demUmwege über einDerivat

zu einem Indocarbon von einhei 11 icher Konst i -

tution gelangen kann.

Eine weitere Beobachtung, die dazu angetan ist, unsere Behauptungzu stützen, soll hier noch erwähnt werden. Wird der von Reding ge»

reinigte Farbstoff, der bereits erschöpfend mit Alkohol extrahiert wurde

und einen Schwefelgehalt von 33,7 % aufwies, mit Alkohol längere Zeit

gekocht, so färbt sich die Lösung leicht rosa. Wird diese Operationsolange wiederholt, bis keine Färbung mehr feststellbar ist (4 bis 5 mal),so erhalten wir einen Farbstoff, der nur noch 31,5 % Schwefel enthält.

Die Werte für C, H und N haben sich dabei entsprechend erhöht, was

den Gehalt an Sauerstoff, der ziemlich hoch ist, anbetrifft, muß an¬

genommen werden, daß es sich hier um ein teilweise oxydiertes Produkt

handelt, das also mit einer Disulfoxyd- und einer Disulfidbrüche ge¬schrieben werden müßte.

(xm)

In allen bisherigen Abhandlungen über diesen und ähnliche Farb¬stoffe wurde aus Analogiegründen immer ohne weiteres angenommen,daß alle Sulfidschwefelatome am Chinonring und nicht am Naphtalin-kern sitzen; ohne daß diese Annahme aber irgendwo bewiesen wordenwäre. Aus diesem Grunde sahen wir uns veranlaßt, dies nachzuholen,indem wir einige Versuche über den oxydativen Abbau von

Indocarbon machten, mit dem Ziel, Phtalsäure zu erhalten.

32

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Zunächst wurde nach einer milden Abbaumethode gearbeitet43. Der

Farbstoff wurde mit Kupferoxyd und Alkali in einer Druckschmelze

oxydiert. Aus dem Reaktionsgemisch konnte dann eine größere Menge

von einem Harz isoliert werden, aus dem nur noch sehr kleine Mengenvon Phtalsäure-anhydrid abdestilliert werden konnten.

Da die Druckschmelze die Bildung von Polykondensaten begünstigt,wurde noch ein Abbau mit Kaliumpermanganat in neutraler Lösung

durchgeführt. Es resultiert ein helleres Harz, aus dem durch Destilla¬

tion eine viel größere Menge Phtalsäureanhydrid gewonnen wurde.

Schmelzpunkt, Misch-Schmelzpunkt und Sublimationspunkt des Pro¬

dukts stimmten gut und bewiesen damit, daß derNaphtalin-kern keine Substituenten trägt, da er sonst zur Sulfo-

phtalsäure abgebaut würde.

Alle diese Versuche und Beobachtungen, die zur Konstitutions¬

aufklärung .des Indocarbons CL gemacht wurden, weisen mit guter

Uebereinstimmung auf die Formel XII resp. XIII, wobei die Stellung der

Sulfidschwefelatome in o-Stellung zur Oxogruppe, aus Analogiegründenmit ziemlicher Sicherheit angenommen werden darf.

43 D.R.P. 140 999 (Frdl. 7, 414).

3 33

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Experimenteller Teil.

A. Vorbemerkungen.

Es sollen in diesem Abschnitt lediglich die experimentellen Daten und

Versuchsbedingungen angegeben werden; denn die Gründe und lieber-

legungen, die uns zu diesen Versuchen veranlaßt haben, sind im Theo¬

retischen Teil bereits ausführlich dargelegt worden. Zur leichteren Auf¬

findbarkeit der einzelnen Versuche wird genau dieselbe Einteilung und

Reihenfolge wie im Theoretischen Teile eingehalten werden.

Nur die Untersuchungen über die Herstellung von Indocarbon CL

müssen hier etwas eingehender behandelt werden, weil sie im Rahmen

der theoretischen Erörterungen nur gestreift werden konnten. Bei Pro¬

dukten, von denen Elementaranalysen gemacht wurden, werden die

Analysenbelege mit der dazugehörigen Berechnung der jeweiligen Ver¬

suchsbeschreibung direkt nachfolgen.Die in diesem Abschnitt angegebenen Temperaturen der Schmelzen

beziehen sich immer auf die Temperatur des Oelbads, was für die

effektive Innentemperatur eine Differenz von 15—20° ausmacht.

Auch bei den S ch w e f e 1 f a r b e n ist ein reines

A u s g a n gs m a t er i al stets Vorbedingung für eine

reine, klare Nuance der Färbung. Aus diesem Grunde

wurden hier nirgends technische Rohprodukte, sondern stets gereinigte

Ausgangsmaterialien verwendet.

ß. Vidal-Schwarz.

i. Herstellungsverfahren.

a) Vidal-SchwarzA wurde nach dem in den Vidaf'schen Pa¬

tenten angegebenen Verfahren hergestellt:

34

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28 g p~Aminophenol (Vi Mol) und 48 g fein zerriebener Stangenschwefel(1,5 Mol) wurden unter Rühren verschmolzen und die Oelbadtemperatur langsamauf 190—200° gesteigert. Auf dieser Temperatur wurde solange weiter gerührt,bis die Masse zähflüssig wurde und kein H2S mehr entwickelte (ca. 3 Std.). Die

entstehenden Gase wurden durch ein Kondensationsgefäß geführt und anschlie¬

ßend in verdünnte Schwefelsäure eingeleitet, um die Ammoniakentwicklung zu

kontrollieren. Es konnte folgender Reaktionsverlauf festgestellt werden:

120—150° schwache Wasserabscheidungvon 150° an entwickelte sich viel H2Sbei 170° setzt auch NH3-Entwicklung ein, wird bei 180° ziemlich heftigund klingt bald wieder ab.

Beobachtungen und Rechnung ergeben, daß sich bei dieser Reaktion 1,2 g N

in Form von NH3 abspalten müßten. Die Bestimmung des absorbierten Ammoniak

in der Schwefelsäure ergab aber nur 0,13 g N, also 11 % der berechneten Menge.

Die so erhaltene Schmelze kann direkt zum Färben verwendet wer¬

den, zieht aber stärker, wenn zuerst der mechanisch beigemengte Schwe¬

fel mit Schwefelkohlenstoff extrahiert wird.

Zur Reinigung dieser Farbstoffe für die Analyse wurde folgender¬maßen verfahren:

Um die mechanischen Beimengungen ganz zu entfernen, wurde der Farbstoff

zuerst einmal in Natronlauge gelöst, filtriert und mit Salzsäure wieder ausgefällt.Dieses Umlösen wurde mehrmals wiederholt, wodurch beträchtliche MengenSchwefel in Form von Schwefelwasserstoff entfernt werden konnten. Darauf wurde

der Farbstoff gewaschen, getrocknet und erst mit Schwefelkohlenstoff und dann

mit Alkohol erschöpfend extrahiert, um zuletzt noch mit Alkohol so oft aus¬

gekocht zu werden, bis das Filtrat gänzlich farblos war.

Die Analyse wurde auf die Formel C36H16OgN4S berechnet.

27,34 mg Substanz gaben 43,86 mg C02 und 4,04 mg H2017,59 mg Substanz gaben 0,92 ccm N2 (20°, 726 mm)

119,0 mg Substanz gaben 309,5 mg BaS04.Ber.: C 43,9 H 1,63 N 5,7 S 35,77 O 13,0 %

Gef.: C 43,78 H 1,65 N 5,82 S 35,7 (O 13,05)%

b) Oxydationmit H2O21. Der analysenreine Farbstoff A wurde

in Natronlauge gelöst und filtriert, dann wurde die Lösung mit einem

reichlichen Ueberschuß H202 versetzt, zum Sieden erhitzt, angesäuert

und mehrere Stunden gekocht. Nach dem Abfiltrieren, Waschen und

Trocknen konnte der Farbstoff wieder analysiert werden.

Analyse :

23,37 mg Substanz gaben 36,06 mg C02 und 3,29 mg H2025,56 mg Substanz gaben 1,19 ccm N2 (23°, 724 mm)

C36H16011N4S11 Ber. C 41,9 H 1,55 N 5,43

Gef.:C 42,1 H 1,58 N 5,11

1 B. 41, 4298.

35

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c) Vidal-SchwarzB wurde nach dem im D.R.P. 679 985 be¬

schriebenen Verfahren hergestellt.In 8 g geschmolzenes konzentriertes Schwefelnatrium wurden 16 g Schwefel

aufgelöst. In dieser Schmelze (0,6 Mol. S) wurden 11g p-Aminophenol (0,1 Mol.)

eingetragen und unter Rühren während 4 Stunden auf 190—200° erhitzt. Nach

dem Erkalten wurde die Schmelze pulverisiert, in 60 ccm n-Butanol aufgenom¬men und während 10 Std. am Rückfluß gekocht (140°). Nach dem Abdestillieren

des Butanols konnte die Schmelze in heißem Wasser gelöst und filtriert werden.

Aus dieser schwefelalkalischen Lösung wurde der Farbstoff mit HCl ausgefällt,weil er wegen seiner Alkalilöslichkeit nicht »umgeküpt« werden kann.

Analyse :

25,92 mg Substanz gaben 39,64 mg C02 und 3,56 mg H2027,55 mg Substanz gaben 1,28 ccm N2 (17°, 722 mm)

113,7 mg Substanz gaben 296,3 mg BaS04.Auf die Formel C36H16O10N4S12 berechnet erhalten wir:

Ber.: C 41,3 H 1,53 N 5,35 S 36,7 O 15,3 %Gef.: C 41,76 H 1,54 N 5,2 S 35,8 (O 15,7)%.

2. Herstellung von Derivaten.

a) Kondensation mit Benzylchlorid.

1 g analysenreiner Farbstoff wurde mit 3 g wasserfreiem Traubenzucker und

2 g Aetznatron in 50 ccm Wasser erwärmt, wobei der Farbstoff restlos mit brau¬

ner Farbe in Lösung ging. Nun wird heiß filtriert und in C02-Atmosphäre abge¬kühlt, um dann mit 1 g Benzylchlorid (berechnet für 4 Benzylreste pro Molekül)

gut durchzuschütteln. Die Reaktion begann sogleich und war schon nach kurzer

Zeit beendet. Nun wurde mit HCl angesäuert, filtriert und gut gewaschen. Umunverbrauchtes Benzylchlorid zu entfernen, mußte der Niederschlag mit warmem

verdünntem Alkohol mehrmals aufgeschlemmt, abgesaugt und gewaschen werden.

Getrocknet wurde vorsichtshalber nur im Vacuumexsiccator.

Bis hierher wurden alle Operationen wegen der Zersetzlichkeit dieser

Alkylierungsprodukte in C02-Atmosphäre ausgeführt. Erst das trockene

Produkt wurde dann im Hochvakuum über P205 bei 100° getrocknet.Die Analyseneinwagen wurden sogar bei 120° getrocknet, weil es sich

zeigte, daß Vidal-Schwarz und alle seine Derivate ziemlich stark hygro¬skopisch sind. Dieser benzylierte Farbstoff ist ein amorphes, dunkel¬

braunes, lockeres Pulver.

Analyse-.

Probe A : 23,72 mg Substanz gaben 50,52 mg C02 und 6,81 mg H2025,11 mg Substanz gaben 0,93 ccm N2 (24°, 728 mm)

113,1 mg Substanz gaben 184,3 mg BaS04

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C„A,0BN.Sq Ber.: C 59,1 H 3,24 N 4,31 S 22,2 O 11,1 %64 42 949 ' ' ' ' '

Gef.: C 58,12 H 3,21 N 4,08 S 22,4 (O 12,2)%Probe B: 22,30 mg Substanz gaben 55,52 mg C02 und 6,51 mg H20

21,47 mg Substanz gaben 0,81 ccm N2 (22°, 728 mm)

96,8 mg Substanz gaben 168,3 mg BaS04C^H^C-N^S^ Ber.: C 57,1 H 3,12 N 4,16 S 23,8 O 11,9 %

64 42 10 4 10 ' ' ' ' '

Gef.: C 55,71 H 3,27 N 4,18 S 23,9 (O 12,94)%

b) Kondensation mit p-Chlorbenzylchlorid.

Da im Handel kein p-Chlorbenzylchlorid erhältlich war, mußte es

erst hergestellt werden. Dies gelingt am leichtesten durch Chlorierungvon p-Chlortoluol.

Nachdem das Handelsprodukt durch Vacuumdestillation gereinigt worden ist,

wurde es bei Siedetemperatur (160°) und intensiver Belichtung chloriert, bis das

Reaktionsgefäß die berechnete Gewichtszunahme erfahren hat. Das Reaktions¬

produkt wurde nun fraktioniert und es konnten nur 45 % p-Chlorbenzylchloridisoliert werden (30 % waren höher chlorierte Produkte). Bei längerem Kühlen in

Eis erstarrte das Produkt und ließ sich aus Alkohol in weißen, filzigen Nadeln

Umkristallisieren. Schmelpunpt 29° (theoretisch 290)2.

Zur Herstellung des alkylierten Farbstoffs wurde ganz analog wie

mit Benzylchlorid verfahren. Die reduzierte Farbstofflösung von 1 g

Vidal-Schwarz B wurde jedoch nur bis auf 40° abgekühlt und hierauf

1,3 g geschmolzenes p-Chlorbenzylchlorid zugesetzt und geschüttelt.Die Reaktion verlief glatt, aber etwas langsam. Dieser Körper zeigtesich nun als weniger leicht zersetzlich und konnte deshalb mit Alkohol

ausgekocht werden, ohne Schaden zu nehmen. Damit konnte jede Spurdes Alkylierungsmittels entfernt werden, weshalb die Analyse hier viel

besser stimmte.

Analyse :

17,35 mg Substanz gaben 32,76 mg C02 und 4,43 mg H20102,7 mg Substanz gaben 186,3 mg BaS0419,13 mg Substanz gaben 7,63 mg AgCl

C32H20O2N2S6Cl2 Ber.: C 51,5 H 2,68 S 25,7 Cl 9,5

Gef.: C 51,53 H 2,86 S 24,9 Cl 9,87

3. Färbeverfahren und Prüfung auf Echtheit.

Nach dem für Schwefelfarbstoffe üblichen Färbeverfahren läßt sich

Vidal-Schwarz nur sehr schlecht färben. Aus einem natron- oder

2 A. 146, 320.

37

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schwfelalkalischen Färbebad von 10% zieht der Farbstoff nur zu einem

kleinen Teil auf der Faser auf. Das trockene Färbegut zeigt eine Ge¬

wichtszunahme von weniger als 0,5 %. Daraufhin wurden Ausfärbun¬

gen mit 20 und 30 % Farbstoff gemacht, die jedoch nicht entsprechendstärker auf die Faser aufzogen. Ein Nachzug zeigte eine ebenso kräftigeFärbung. Daraus wurde geschlossen, daß es hier mehr auf die Kon¬

zentration der Flotte als auf die angewandte Farbstoffmengeankommt. Das Färbegut wurde also in relativ konzentriertem Bade mit

der Farbstofflösung imprägniert, anschließend abgequetscht, kalt aus¬

gespült und der Farbstoff mit einem Oxydationsmittel auf der Faser

fixiert; dazu eignet sich hier am besten eine warme, 1 %ige Bichromat-

lösung.Die Färbung muß etwa folgendermaßen zusammengesetzt sein:

5 g Vidal-Schwarz

1,5 g Aetznatron

100 ccm Wasser

0,1 g Igepon T.

5 g Glaubersalz

In dieser Lös;.ng wurde ca. 5 Minuten bei Siedetemperatur umgezogen und

wie oben beschrieben, weiter behandelt.

Auf diese Weise wies das Färbegut eine Gewichtszunahme von

3,5—5 % auf und zeigte auch eine sehr intensive Färbung von grün¬schwarzer Nuance, die durch die Oxydation in ein tiefes, blumigesViolettschwarz von der Stärke einer 10 %igen Indocarbon-Färbung ver¬

wandelt wurde.

Diese Färbemuster wurden nun verschiedenen Prüfungen unterwor¬

fen3, um die praktische Brauchbarkeit des Farbstoffes beurteilen zu

können.

Wasserechtheit: Gut. 12 Std. in Wasser gekocht.Seifenhochechtheit: Gut bis sehr gut. 2 Std. in starker Seifenlösung gekocht.Chlorechtheit: Maßig. 1 Std. in Hypochloritlösung von 1 g akt. Chlor

pro Liter eingelegt.Sodakochechtheit: Gut. 1 Std. in 10 %iger Sodalösung gekocht.Bäucheechtheit: Mäßig. 15 Min. in 10 %ig NaOH gekocht.Weinsäureechtheit: Sehr gut. 1 Std. in 10%iger Weinsteinlösung gekocht.

Aus diesen Daten ist zu entnehmen, daß es sich um einen sehr

echtenFarbstoff handelt. Der Grund, warum er sich in der Pra¬

xis trotz seiner hohen Qualitäten und seiner außerordentlich niedrigen

3 V. D. Ch.: Normen und Typen für die Prüfung und Beurteilung der Echtheits¬eigenschaft, Ausgabe 1939.

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Gestehungskosten -nicht einführte, ist wohl darin zu suchen, daß

man das b e s c h r i e b e n e F ä r b e v e r f ah r e n für diese

Farbstoffe nie angewandt hat.

C. Indocarbon.

1. Herstellung der Zwischenprodukte.

a)2-(4'-Oxyphenyl)-aminonaphtalin wurde nach dem

Verfahren der LG. Farbenindustrie4 über eine Bisulfit-Additionsverbin-

dung nach Bucherer5 hergestellt. Es wurde aber nicht im geschlossenen

Rührkessel, wie im Patent angegeben, gearbeitet, wodurch die Tem¬

peratur nicht so hoch getrieben werden konnte. Die Ausbeute litt aber

darunter nur wenig.72 g 2-Napthol, 80 g p-Aminophenol und 42 g neutrales Sulfit wurden in eine

technische Bisulfitlauge von 20° Bé eingerührt und 20 Std. lang zum Sieden er¬

hitzt (104°). Dann wurde unter ständigem Rühren langsam auf 70° abgekühlt,

wobei sich das Leukoindophenol in glänzenden Blättchen ausschied. Bei dieser

Temperatur muß dann rasch abgesaugt und heiß gewaschen werden, um ein

Auskristallisieren der Ausgangsprodukte zu verhindern. Nach dem Trocknen im

Exsiccator und einmaligem Umkristallisieren aus Benzol wurde das Produkt in

lilaweißen Blättchen vom Schmelzpunkt 134° (theoretisch 135°) erhalten. Die

Ausbeute betrug 75 g = 64 %.

b) l»(4'-Oxyphenyl)-aminonaphtalin konnte nicht

nach dieser einfachen Methode hergestellt werden, weil sich die Bi¬

sulfit-Additionsverbindung des 1-Naphtols nicht mit derselben Leich¬

tigkeit bildet wie die des 2-Naphtols. Es mußte deshalb erst die Bisulfit-

verbindung hergestellt und isoliert werden, um diese dann mit p-Amino-

phenolchlorhydrat reagieren zu lassen6.

Dieses wurde dadurch erhalten, daß käufliches p-Aminophenol aus Wasser

umkristallisiert, in stark verdünnte Salzsäure (kongosauer) in der Wärme gelöstund anschließend mit konz. HCl versetzt wurde, wobei sich das Chlorhydrat in

langen Nadeln ausschied.

Die Bisulfit-Additionsverbindung wurde durch fünfstündiges Kochen von

100 g 1-Naphtol und 30 g Na2SOs mit 1500 g techn. Bisulfitlösung (20° Bé)

unter kräftigem Rühren hergestellt. Nach beendeter Reaktion wurden das oben

aufschwimmende unverbrauchte 1-Naphtol durch Dekantieren abgegossen und die

Lösung abgekühlt, wobei sich die Bisulfit-Verbindung in feinen Nadeln ausschied.

4 D.R.P. 642 549.

5 C. 1904. I, 1012.

6 D.R.P. 643 221 (A.P. 2 059 466).

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Beim Erhitzen zersetzen sich die Kristalle unter S02-Entwicklung. Die Ausbeute

betrug 27 g.

Diese 27 g Bisulfit-Verbindung wurden mit 16 g p-Aminophenolchlorhydratin 140 g Glycerin auf 140° erhitzt und gerührt, bis kein S02 mehr entwich (ca.

5 Std.). Das Reaktionsgemisch wurde sodann in 2 Liter l%ige HCl gegossen, ab¬

gekühlt, das ausgeschiedene l-(4'-Oxyphenyl)-Aminonaphtalin abgesaugt und

getrocknet. Die Ausbeute betrug 21 g = 74 % (auf die Bisulfitverbindung be¬

rechnet) .

Dieses Verfahren ist etwas kompliziert, gibt aber eine größere Aus¬

beute als die Kondensation unter Druck, bei der alle drei Komponentengleichzeitig zugesetzt werden7.

2. Aufarbeiten, Reinigen und Analysieren.

Die Aufarbeitung und Reinigung wurde bei allen folgenden Ver¬

suchen in genau gleicher Weise vorgenommen, sodaß ihre genaue Be¬

schreibung diesen Versuchen am besten vorangestellt wird.

Die Rohschmelze, die den Farbstoff vorwiegend als Leukokörper ent¬

hält, wird in heißem Wasser, gegebenenfalls unter Zusatz von kristalli¬

siertem Schwefelnatrium gelöst und heiß filtriert, wobei darauf geachtetwerden muß, daß sich der Farbstoff nicht auf dem Filter oxydiert unddamit die Poren verstopft. Hierauf wird der Farbstoff durch Oxydationmit Luftsauerstoff (Durchblasen von Luft) gefällt und nötigenfalls noch

Kochsalz zugesetzt, worauf sich der fertige Farbstoff gut absaugenläßt. Diese Methode der Aufarbeitung hat sich für Laboratoriumsver¬suche als die günstigste erwiesen, aber es wurden in verschiedenenPatenten auch noch eine ganze Reihe anderer Verfahren beschrieben8.

Die so erhaltenen Farbstoffe müssen nun aber noch einer gründ¬lichen Reinigung unterworfen werden, um analysenreine Produkte dar¬zustellen. Sie wurden also zunächst umgeküpt, d. h. mit Schwefel¬natrium heiß gelöst, filtriert und wieder durch Ausblasen oxydiert.Dann folgt die Reinigung durch Extraktion9. Die Farbstoffe wurden im

Soxletapparat erst mit Schwefelkohlenstoff und dann mit Alkohol er¬

schöpfend ausgelaugt, also aller mechanisch beigemengte Schwefel undeventuell vorhandene lösliche Nebenprodukte extrahiert. Sodann wurdemit 5 %iger HCl und darauf mit 5 %iger Ammoniaklösung so oft

7 D.R.P. 642 549, Bsp. 3.8 D.R.P. 138 104, 156 177, 131 717, 179 884, 140 792 u. a. m.'9 Helv. 15, 287.

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ausgekocht, bis das Filrat farblos war (in der Regel 2—3 mal). Nach

dem Trocknen im Hochvacuum bei 120° war nun der Farbstoff bereit

zur Analyse.Die Elementaranalysen wurden alle außer den Schwefelbestimmungen

im mikrochemischen Laboratorium des hiesigen Instituts ausgeführt .

Die Schwefelbestimmungen wurden als gewöhnliche Analysen (Ein¬

wage 100 bis 200 mg) nach der Natriumperoxyd-Methode11 von mir

selber ausgeführt. Hierzu wurde der Farbstoff in einem Gemisch von

Na202 und Soda (1:2) im Nickeltiegel aufgeschlossen, die Schmelze

gelöst, heiß filtriert und mit HCl angesäuert. Darauf wurde die Schwe¬

felsäure mit Chlorbarium gefällt und als BaS04 gravimetrisch be¬

stimmt. Diese Methode ist relativ einfach auszuführen und gibt sehr zu¬

verlässige Resultate.

3. Schwefelung des Leuhoindophenols.

a) Schmelzen mit 2-(4'-Oxyphenyl)-aminonaph-t a 1 i n. Aus der großen Anzahl von Versuchen und Schmelzen, die zur

Herstellung von Indocarbon gemacht wurden, soll hier nur eine Aus¬

wahl genauer beschrieben werden. Nur diejenigen, deren Ergebnis für

die weitere Erforschung der Bedingungen zur Herstellung des Farb¬

stoffs von Bedeutung war, sollen hier erwähnt werden.

Zur Orientierung mußte zunächst das neue Verfahren der LG.12 aus¬

probiert werden. Zuerst unter Verwendung von Schwefel allein und

dann mit Schwefel und Schwefelnatrium.

Schwefel allein: 5 g 2~(4'~Oxyphenyl-Aminonaphtalin (0,02 Mol), 5 g S

(0,15 Mol) und etwas Jod als Katalysator wurden 3 Std. bei einer Oelbadtempera-tur von 170—175° unter Rühren verschmolzen. Zuletzt wurde die Masse zäh,worauf sie erkalten gelassen und zerrieben wurde, um dann mit 2,25 g Na2S in

30 ccm Butanol eingetragen und 4 Std. am Rückfluß gekocht zu werden (130 bis

140°). Nach dem Abdampfen des Butanols erfolgt die Aufarbeitung und Reini¬

gung des Farbstoffs13.

Analyse:

10,88 mg Substanz gaben 16,02 mg BaS0422,49 mg Substanz ergaben 0,912 ccm N2 (18°, 737 mm)

Es wurden also gefunden: S 20,22 N 4,61 %

101 Es sei mir gestattet, an dieser Stelle meiner Kollegin, Frl. Dr. E. P f a n n e r,

für ihre zuverlässige Mitarbeit meinen herzlichen Dank auszusprechen.11 Asboth : Ch. Ztg. 19, 2040 (1895).12 D.R.P. 679 985.13 Siehe Seite 40.

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Polysulfidschmelze : 15 g Schwefel wurden mit 7,5 g konz. Na2S verschmolzen

und hierauf 75 g 2-(4'-Oxyphenyl)~Aminonaphtalin eingerührt. Dieses Verhält¬

nis entspricht 9 Mol S pro Mol Indophenol. Diese Schmelze wurde 2 Std. bei

170—175° gerührt, wobei sie zäh und schließlich ganz hart wurde. Dann wurde

sie zerrieben und mit 80 ccm Butanol während 5 Std. am Rückfluß gekocht und

wie üblich aufgearbeitet.Analyse ;

30,98 mg Substanz gaben 1,13 ccm N2 (19° 727 mm)

200,0 mg Substanz gaben 459,2 mg BaS04Dies ergibt: 31,5 % S 4,07 % N

Indocarbon Cl hat nach Reding-. 33,7 % S und 3,72 % N

Das erste dieser beiden Produkte zeigte schon eine viel kräftigere

Färbung als die Farbstoffe, die Reding herstellte. Das zweite war noch

besser und erreichte schon beinahe die Intensität des Indocarbons CL.

Eine Vergleichsfärbung und Echtheitsprüfung zeigte, daß die Eigen¬schaften praktisch dieselben sind, nur ist die Nuance unseres Produkts

rötlicher und die Färbekraft etwas geringer (80: 100) verglichen mit

Indocarbon CL.

In den folgenden Versuchen wurden nun die oben angegebenen Be¬

dingungen für die Polysulfidschmelze auf alle Arten variiert. Zur Nach¬

prüfung der Wirksamkeit dieser verschiedenen Schwefelungsmethodenwurde bei allen Farbstoffen jeweils eine Ausfärbung gemacht und der

Schwefelgehalt des gereinigten Farbstoffs bestimmt, wobei festgestelltwerden konnte, daß dieser ungefähr proportional zur

Intensität der Färbung ist. Es wurden folgende Schmelzen

gemacht:l.Mit 30% mehr Polysulfid von derselben Zusammensezung (Na2S6),was etwa 12 Mol S pro Mol Zwischenprodukt entspricht.Färbung: rotstichiges Violettsohwarz,• kräftig.Analyse: 126,6 mg Substanz gaben 235,2 mg BaS04.Das sind also 28,7 % S.

2.Mit 30% weniger Polysulfid (Na2S6) also etwa 6 Mol pro Mol

Zwischenprodukt. Die Schmelze reagierte langsamer.Färbung: rotviolett,• schwach.

Analyse: 178,9 mg Substanz ergab 307,9 mg BaS04.Das sind also 23,6 % S.

3. Mit schwefelärmerem Polysulfid von der ZusammensetzungNa2S4 und dafür eine entsprechend größere Menge, sodaß das Ver¬

hältnis 9 Mol S pro Mol bestehen bleibt. Die Schmelze blieb länger flüssig.Färbung: dunkelviolett; nicht sehr kräftig.Analyse: 143,0 mg Substanz ergab 279,7 mg BaS04.Das sind also 26,85 % S.

4. Temperatur tiefer. Es wurde bei 155—160° geschmolzen, wobei die

H2S-En(wicklung nur langsam vor sich ging.

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Färbung: Nuance von Indocarbon, aber viel schwächer.

Analyse: 117,5 mg Substanz ergab 223,3 mg BaS04.Das sind also 26,2 % S.

5. Temperatur höher. Oelbadtemperatur von 195—205°, Reaktion war

bald beendet und die Masse wurde hart.

Färbung: rotviolettstichiges Schwarz; kräftig.

Analyse: 111,2 mg Substanz ergab 208,5 mg BaS04.Das sind also 25,85 % S.

6. Mit wasserfreiem Polysulfid. Dadurch schmilzt dieses nicht mehr

und konnte keine homogene Schmelze mit dem Zwischenprodukt bilden. Die

Masse wurde zäh, wodurch die H2S~Entwicklung einen zähen Schaum bildete.

Es mußte sehr vorsichtig erhitzt werden, weshalb die Reaktion sehr lange dauerte.

Färbung: blaustichiges Schwarz, nicht sehr kräftig.

Bei all diesen Versuchen wurden schlechtere Produkte erhalten, so¬

daß die im Patent angegebenen Bedingungen als die günstigsten an¬

gesehen werden müssen.

Was den Wassergehalt des konzentrierten Na2S anbetrifft, haben der

oben erwähnte Versuch und zwei weitere gezeigt, daß das kristallisierte

Na2S (+ 2 H20) am besten auf ca. 5 % Wassergehalt eingeengt wird.

Dadurch wird eine geeignete Konsistenz der Schmelze erzielt.

b) Nachschwefelung mit verschiedenen Lö¬

sungsmitteln. Diese Versuchsreihe wurde angestellt, um auf diese

Weise eventuell zu einem besseren Farbstoff zu gelangen. Als Lösungs¬

mittel kommen einerseits aliphatische und cyclische Alkohole in Frage,

mit einem Siedepunkt über 115°, andererseits könnten eventuell auch

aromatische und heterocyclische Lösungsmittel geeignet sein. Als Aus¬

gangsmaterial wurde eine Polysulfidschmelze nach den Angaben des

Patents der LG. verwendet.

1. Cyclohexanol : Gibt etwa denselben Farbstoff wie mit Blutanol.

2. Dioxan: Nuance gut, aber zu schwach.

3. Chinolin: schwarze Schmiere, ganz unbrauchbar.

4. Pyridin: Nuance gut; sehr kräftig.5. Dimethylanilin: z. T. verschmiert, schlechter Farbstoff, sehr kleine Ausbeute.

Mit der in Pyridin nachgeschwefelten Schmelze wurde ein über Er¬

warten guter Farbstoff erzielt, sodaß auch ein Versuch zur Schwefelung

in einer Stufe, unter Umgehung der Polysulfidschmelze gemacht wurde14.

5 g 2-(4'-Oxyphenyl)-Aminonaphtalin wurden mit 5 g Schwefel und 2,5 g

wasserfreiem Na2S in 50 ccm Pyridin während 10 Stunden am Rückfluß gekocht

14 D.R.P. 651 595 (Ciba).

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(130°). Nach dem Abdestillieren des Pyridins wurde der Farbstoff wie üblich auf¬

gearbeitet, wonach er aber immer noch eine große Menge mechanisch beigemeng¬ten Schwefels enthielt; weshalb dieser erst mit Schwefelkohlenstoff extrahiertwerden mußte, wodurch dann der Farbstoff recht kräftig mit guter Nuance zu

färben vermochte.

Analyse: 106,2 mg Substanz ergab 223,5 mg BaS04.Das sind also 28,9 % S.

Von diesem einstufig geschwefelten Farbstoff (I) und dem oben be¬

schriebenen zweistufig und mit Pyridin nachgeschwefelten (II) wurde

nun je eine Probe auf Färbe- und Echtheitseigenschaften untersucht.

Der Befund war folgender:

Nuance und Stärke:

Als Schwefelfarbstoff gefärbt: Nuance gleich wie Indocarbon CL.80 Teile II färben gleich stark wie 100 Teile Indocarbon.100 Teile I färben gleich stark wie 100 Teile Indocarbon.Farbstoff I und II ziehen etwas besser als Indocarbon.

Als Küpenfarbstoff gefärbt : Nuance gleich.100 Teile von I oder II färben etwas schwächer als 100 Teile Indocarbon.Beide Versuchsfarbstoffe ziehen etwas schlechter als Indocarbon.

Echtheitseigenschaften :

Farbstoff I und II sind als Schwefelfarbstoff gefärbt in der Alkaliechtheit etwas

besser, sonst ungefähr gleich; als Küpenfarbstoff gefärbt, in der Weinsäureecht¬heit etwas schlechter, in der Bügelechtheit viel schlechter, sonst aber gleichwie »Indocarbon CL fein für Druck.«

Dieser mit der Polysulfidschmelze und Pyridinnachschwefelung her¬

gestellte Farbstoff II ist also praktisch identisch mit Indocarbon CL,weshalb er auch genau analysiert werden soll. Zum Vergleich soll auchdas Indocarbon nochmals analysiert werden, nachdem es dieselben

Reinigungsoperationen durchlaufen hat.

Die beiden Farbstoffe wurden wie bereits beschrieben nach der Me¬thode von Bernasconi gereinigt. Mit diesen Analysenprodukten konnteaber die Beobachtung gemacht werden, daß sich beim Auskochen der¬selben mit absolutem Alkohol noch geringe Mengen einer rötlich ge¬färbten Substanz lösen. Diese Operation wurde deshalb so oft wieder¬holt, bis das Filtrat völlig farblos blieb (3—4 mal). Darauf wurde im

Hochvacuum getrocknet und analysiert.

Analyse :

F a r b s t o f f II: 21,03 mg Substanz ergab 42,26 mg C02 und 4,09 mg H2025,22 mg Substanz ergab 1,06 ccm N2 (23°, 726 mm)102,3 mg Substanz ergab 226,0 mg BaS04

C16H702NS3 Ber.: C 56,3 H 2,05 N 4,1 S 28,2 O 9,4 %Gef.: C 54,9 H 2,18 N 4,3 S 30,0 (O 8,3)%

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Indocarbon Cl:20,73 mg Substanz ergab 40,75 mg C02 und 4,11 mg H2028,93 mg Substanz ergab 1,08 ccm N2 (24°, 728 mm)

105,5 mg Substanz ergab 240,9 mg BaS04C1(,HrO„NSi Ber.: C 51,40 H 1,60 N 3,76 S 34,4 O 8,60%

16 u Z ê ' ' ' ' '

Gef.: C 53,65 H 2,22 N 4,11 S 31,4 (O 8,62)%

C16H702NS3 Ber.: C 56,3 H 2,05 N 4,1 S 28,2 O 9,4 %

c) Schmelzen mit l-(4'-Oxyphenyl)-aminonaph-t a 1 i n. Zum Vergleich mit den aus dem ß-Indophenol hergestelltenFarbstoffen wurden analoge Versuche mit dem «-Produkt gemacht.

1. Versuch: 5 g l-(4'~Oxyphenyl)~Aminonaphtalin wurden mit 5 g Schwefel und

etwas Jod während 4 Stunden bei 180° gerührt, dann mit 2,5 g

konz. Schwefelnatrium und 30 ccm Butanol versetzt und 5 Std. am

Rückfluß gekocht.Die schwefelalkalische Lösung des Farbstoffs hat eine dunkelblau¬

grüne Farbe im Gegensatz zur hellgrünen des Indocarbon. Der Farb¬

stoff zieht sehr gut und gibt ein kräftiges blauviolettstichigesSchwarz. Eine 8 %ige Färbung gibt ein schönes dunkles Marineblau.

Analyse: 200,1 mg Substanz ergab 516,8 mg BaS04Das sind also 35,4 % S.

2. Versuch: In eine Schmelze von 5 g Schwefel von 2,5 g konz. Na2S wurden

5 g l-(4'-Oxyphenyl).Aminonaphtalin eingerührt und 2 Stunden

bei 180° weiter gerührt. Die zerriebene Schmelze wurde in 30 ccm

Butanol 5 Std. gekocht und wie üblich aufgearbeitet. Die Küpe ist

wieder blaugrün, die Nuance der Färbung jedoch dunkelviolett, aber

etwas schwächer als die des ersten Versuchs.

Analyse-. 153,1 mg Substanz ergab 351,0 mg BaS04.Das sind also 31,5 % S.

Der erstaunlich hohe Schwefelgehalt dieser Produkte ist vielleicht

darauf zurückzuführen, daß diese isomere Form des Indocarbon in ver¬

stärktem Maße dazu neigt, kolloidalen Schwefel zwischen ihren Mole¬

külen festzuhalten15. Daß es sich hier aber um eine höher geschwefelteForm (mit 4 S-Atomen pro Molekül) handelt, ist natürlich auch denk¬

bar, jedoch nicht sehr wahrscheinlich.

4. Schwefelung der Komponenten.

a) Schwefelung in einer Stufe unter Druck. An

Hand von verschiedenen Versuchen mit Polysulfiddruckschmelzenwurde das alte Verfahren der Firma Kalle <â Co. in Biebrich a. Rh,16

nachgeprüft. Es beruht darauf, 2-Naphtylamin und Hydro-

15 Siehe Theoretischer Teil.16 D.R.P. 450 864.

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c h i n o n in äquivalenten Mengen mit wasserfreiem Polysulfid zu ver¬

schmelzen und wir hofften auf diese Weise auch zu einem Farbstoff

vom Typus des Indocarbon zu gelangen.Trotz allen möglichen Variationen der Versuchsbedingungen, sowohl

im Bombenrohr als auch im Autoklaven, konnte stets nur ein brauner

Farbstoff erzielt werden. Eine nähere Beschreibung der Versuche er¬

übrigt sich somit. Es ist aber immerhin interessant, festzustellen, daß

es bis anhin noch niemals geglückt ist, Naphtylamin und Hydrochinonmit Polysulfid zu einem schwarzen Farbstoff zu verschmelzen, wohl aber

mit Schwefel allein. Der Grund für diese unerwartete Erscheinungkennte in der stark reduzierenden Wirkung des Schwefelnatriums lie¬

gen, die die Kondensation der beiden Komponenten erschwert. Was

für eine Reaktion jedoch zur Bildung dieses braunen Schwefelfarbstoffs,der als Nebenprodukt auch in der Schwefelschmelze entsteht, führen

könnte, ist ganz ungewiß.

b)Sc-hwefelung in mehreren Stufen. Diese Versuche

wurden parallel zu denen mit den Zwischenprodukten ausgeführt, also

zuerst nach dem zweistufigen Verfahren der l.G. eine Schmelze mit

Schwefel allein und anschließender Nachschwefelung mit Na2S in

einem Lösungsmittel.

6,2 g 2-Naphylamin und 5 g Hydrochinon wurden mit 10 g Schwefel (9 MolS pro Mol Naphtylamin) und etwas Jod unter Rühren 20 Stunden auf 170—190°erhitzt. Dann wurde die Schmelze mit 4,5 g konz. Na2S in 45 cem Butanol10 Stunden am Rückfluß gekocht. Ein Teil der Schmelze wurde ohne Nach¬

schwefelung aufgearbeitet und es konnte dadurch festgestellt werden, daß sichweder die Nuance noch die Stärke des Farbstoffs durch diese Behandlung ver¬

besserte.

Färbung: blaustichiges Violett ; schwach.

Analyse: 129,0 mg Substanz gaben 242,4 mg BaS04.Das sind also 25,8 % S.

Bei dem entsprechenden Versuch, jedoch mit der Polysulfidschmelze,konnte nur ein unscheinbares Graubraun erhalten werden.

Es wurde auch eine dreistufige Schwefelung versucht,derart, daß die beiden Komponenten erst der Schwefelschmelze, dannder Polysulfidschmelze und endlich der Nachschwefelung mit Butanol

unterworfen werden. Im ersten dieser Versuche, die wir in nachfolgenderTabelle dargestellt haben, wurde für beide Schmelzen die vorgeschrie¬bene Menge S bzw. Na2S6 verwendet. Dies gab aber solche Anhäufun¬

gen von unverbrauchtem Schwefel, daß der nächste Versuch mit etwas

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*

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weniger Schwefel in der ersten Schmelze, der folgende mit weniger 3

in der zweiten und der letzte mit weniger S in beiden Schmelzen ge¬

macht wurde. Die Nachschwefelung erfolgt in allen Versuchen genau

gleich.

Ver¬

such

Ausgangs¬material

Sdrwefelg

3-Schmelze

ehalt der

Na2S„~Schmelze

FärbungNuance

Stärke

Analyse

% S

1

l Mol

2-Naphtylamin1 Mol

Hydrochinon

8 Mol 9 Moldunkelgrau-

violett

zu schwach28,0

2 do. 4,5 Mol 9 MolblaustichigesViolettschwarz

ziemlich kräftig26,7

3 do. 8 Mol 5 Moldunkelgrauschwach

27,5

4 do. 4,5 Mol 5 Molblaustichiges

Violettschwarz

zu schwach26,9

Die große Menge von mechanisch beigemengtem Schwefel erschwert

bei diesen Versuchen die Reinigung; daher ist auch der Schwefelgehalt

dieser Produkte relativ hoch. Der beste Farbstoff dieser Reihe ist der

zweite, jedoch ist auch dieser zu schwach.

Um nun dieser Anhäufung von Schwefel vorbeugen zu können, ohne

die molaren Verhältnisse der Schmelze ändern zu müssen, wurde der

Farbstoff nach der ersten Schwefelschmelze aufgearbeitet und erst dann

mit Polysulfid verschmolzen und in Butanol nachgeschwefelt. Es resul¬

tierte daraus ein blaustichiges Violettschwarz von viel klarerer Nuance

als die vorhergehenden, das bereits recht gut auf Baumwolle aufzog und

eine kräftige Färbung erzeugte, die aber auch ungenügend ist.

Ein letzter Versuch in dieser Richtung wurde noch unternommen, um

den wie oben aus der ersten Schwefelschmelze aufgearbeiteten Farb¬

stoff mit Polysulfid und Pyridin gleichzeitig zu behandeln.

2,6 g 2-Naphtylamin und 5 g Hydrochinon wurden mit 6,5 g Schwefel (5 Mol

S pro Mol Naphtylamin) und etwas Jod während 30 Stunden bei 180° gerührt.Diese Schmelze wurde nach dem Erkalten wie üblich aufgearbeitet.

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3,7 g des so erhaltenen Farbstoffs wurden mit 1 g wasserfreiem Na2S und

2 g S in 25 ccm Pyridin während 18 Std. am Rückfluß gekocht und wie üblich

aufgearbeitet. Von dieser Schmelze war nur 75 % in Schwefelalkali löslich. Der

rohe Farbstoff färbte nicht besonders gut, weshalb noch etwa beigemengte Ver¬

unreinigungen extrahiert wurden.

Dieser gereienigte Farbstoff färbte nun fast so kräftig wie Indocarbon

CL, seine Nuance war aber etwas grauer und nicht so blumig.

Analyse i

139,2 mg Substanz gaben 290,3 mg BaS04, also 28,7 % S.

c) Identifizierung eines Nebenprodukts. Bei den

Schmelzen mit den Komponenten fiel in ziemlich großen Mengen ein

in Schwefelalkalien unlösliches Produkt an, das durch längeres Aus¬

laugen mit Na2S-Lösung gereinigt wurde. Das so erhaltene blaugrünePulver wurde mit Alkohol extrahiert und das reingrüne Extrakt mit

Tierkohle gekocht. Aus dem Filtrat, das noch schwach gelbgrünlich war,

kristallisierte das Produkt in feinen hellgrünen Nadeln aus. Nach noch¬

maligem Umkristallisieren schmolz es bei 227°. Die Analyse stimmt ge¬nau für 1 -Thio-2-Dinaphtylamin, und auch die Beschrei¬

bung des Produkts und der Schmelzpunkt (232°) lassen es sicher er¬

scheinen, daß wir es mit diesem Körper zu tun haben.

Analyse :

19,42 mg Substanz gaben 57,06 mg C02 und 7,89 mg H2017,58 mg Substanz gaben 0,775 ccm N2 (20°, 722 mm)

106,6 mg Substanz gaben 79,4 mg BaSÖ4C20H13NS Ber.: C 80,3 H 4,35 N 4,65 S 10,7 %

Gef.: C 80,18 H 4,55 N 4,85 S 10,2 %

5. Herstellung von Derivaten.

a) Kondensation mit Benzylchlorid. Die Farbstoffe

der Indocarbonreihe konnten genau analog wie Vidal-Schwarz ben-

zyliert werden.

1 g unseres besten Farbstoffs (II)17 wurde in C02-Atmosphäre mit alkalischerGlucoselösung reduziert und mit 1 g Benzylchlorid geschüttelt, worauf der ben-

zylierte Farbstoff ausfällt. Nach dem Ansäuern wird filtriert, gewaschen und zur

vollständigen Entfernung von etwaigen Resten des Alkylierungsmittels mehrmalsmit Alkohol ausgekocht.

17 Siehe Seite 44.

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Analyse:

19,18 mg Substanz gaben 45,85 mg C20 und 5,90 mg H2028,36 mg Substanz gaben 0,97 ccm N2 (23°, 727 mm)

107,2 mg Substanz gaben 176,5 mg BaS04C23H1402NS Ber.: C 63,9 H 3,24 N 3,24 S 22,25 O 7,41 %

Gef.: C 63,16 H 3,33 N 3,77 S 22,65 (O 7,1) %

b) Kondensation mit Chloressigsäure. Vom selben

Farbstoff wie oben wurde eine Probe mit Chloressigsäure kondensiert,

wobei an jede Merkaptogruppe ein Essigsäuremolekül substituiert wird,

sodaß wir also von einer Thioglycolsäure sprechen können.

R-S~CH2 • COOH18.

Dieser Körper hat nun den Vorzug, daß er wegen seiner Carboxyl-

gruppe alkalilöslich ist und deshalb viel besser gereinigt werden kann.

1 g Farbstoff (II) wurde mit 3,5 g Traubenzucker und 2,5 g NaOH in 50 ccm

Wasser reduziert. Diese Lösung wurde unter Ausschluß von Luft filtriert, auf

300 ccm verdünnt und auf dem Wasserbad auf 90° erwärmt. Darauf wurde die

Küpe langsam mit einer Lösung von 3 g Chloressigsäure, die mit Soda neu¬

tralisiert worden war, versetzt und nach einer Stunde weiterem Erwärmen ab¬

gekühlt, um hierauf vorsichtig mit HCl neutralisiert zu werden. Die ausgefallene,dunkelgrüne Thioglycolsäure läßt sich leicht filtrieren und wurde durch Auf¬

schlemmen und Waschen gereinigt, dann nochmals in Soda gelöst, mit HCl aus¬

gefällt und von neuem gründlich gewaschen. Getrocknet wurde im Vacuum-Ex¬

siccator und nachher noch im Hochvacuum über P20. bei 70°. Die ganze Auf¬

arbeitung dieser Derivate wurde in C02-Atmosphäre durchgeführt.

Analyse.-

20,20 mg Substanz gaben 41,49 mg C02 und 5,49 mg H20107,4 mg Substanz gaben 182,1 mg BaS04C18H10O3NS3 Ber.: C 56,3 H 2,6 S 25,0 %

Gef.: C 56,05 H 3,04 S 23,3 %

Genau analog wurde auch die Thio-Glycolsäure des Indocarbon CL

hergestellt.Analyse:

21,97 mg Substanz gaben 44,95 mg C02 und 5,70 mg H20102,8 mg Substanz gaben 183,2 mg BaS04C18H10O3NS3 Ber.: C 56,3 H 2,6 S 25,0 %

Gef.: C 55,83 H 2,90 S 23,2 %

Siehe auch Formel X.

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Zusammenfassung.

1. Vidal-Schwarz.

Die von Vidal angegebene Formel für Vidal-Schwarz konnte an Hand

von Analysen widerlegt werden.

Auf Grund dieser Analysen und jener seiner Oxydationsprodukteund Derivate kann für Vidal-Schwarz eine Konstitutionsfor-

mel von hoher Wahrscheinlichkeit vorgeschlagen wer¬

den. Es scheint aus Triphendithiazin als Grundkörper zu bestehen, das

durch je vier Disulfid- bzw. Disulfoxydgruppen zu

größern Komplexen verkettet ist.

2. Indocarbon CL.

In Fortführung der Arbeit von Reding über das Indocarbon CL konnte

ein Farbstoff von denselben chemischen und coloristischen Eigenschaf¬ten wie dieses erhalten werden, und zwar durch Schwefelung von

2-(4'-Oxyphenyl)-aminonaphtalin mit Natriumpolysulfid und

Nachbehandlung mit Pyridin.Die Analysen und färberischen Eigenschaften dieser beiden Farb¬

stoffe und die ihrer Derivate stimmen überein, sodaß sie als identischbezeichnet werden können.

Auch durch Schwefelung von 2-Naphtylamin und Hydrochinon kannein Farbstoff von fast gleicher Nuance und Qualität wie Indocarbon

hergestellt werden, der aber nur theoretisches Interesse hat. Sein Her¬

stellungsverfahren ist dermaßen kompliziert, daß es für die Praxis kei¬nerlei Bedeutung erlangen wird.

Die Konstitution des Indocarbon ist weitgehend aufgeklärt worden.Es baut sich aus Naphtobenzothiazonkernen als chromophore Grund¬

körper auf, die sich mit zwei amBenzochinonring sub¬stituierten Disulfidgruppen zu Makromolekülen ver¬

ketten.

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CURRICULUM VITAE.

Am 23. Juni 1913 wurde ich in Zurich geboren. Meine frühe

Jugend verbrachte ich in Alexandrien (Aegypten), wo ich die Schwei¬

zerschule besuchte. Bald mußte ich aber aus Gesundheitsrücksichten

ins Engadin, wo ich in Madulein die Primarschule beendete und darauf

ins Lyzeum alpinum in Zuoz ging. Im Jahre 1927 siedelten sich meine

Eltern in Küsnacht (Zürich) an, sodaß ich das Freie Gymnasium in

Zürich besuchen konnte, wo ich 1932 die Maturitätsprüfung ablegte.Darauf immatrikulierte ich mich an der E.T.H. als Maschineningenieur,studierte 3 Semester und trat hierauf bei der Firma Brown, Boveri § Co.

in Baden als Volontär ein. Nach dieser Praxiszeit widmete ich mich dem

Chemiestudium, worauf mir im Frühjahr 1939 das Diplom als Ingenieur«Chemiker erteilt wurde.

Eine bei Herrn Prof. H. Fischer in München begonnene Doktorarbeit

mußte ich bei Kriegsausbruch aufgeben, um meiner Dienstpflicht nach¬

zukommen. Erst nach einem Jahr Aktivdienst, im September 1940,

konnte ich unter Leitung von Herrn Prof. H. E. Fierz vorliegende Ar¬

beit beginnen und führte sie im September 1942 zu Ende.

Zürich, den 1. Oktober 1942.

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