gut differenzierte barrett-adenocarcinome werden häufig ... · second-opinion diagnosis from a...
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1
Aus dem Pathologischen Institut
der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Direktor: Prof. Dr. med. A. Hartmann
durchgeführt im
Akademischen Lehrkrankenhaus Klinikum Bayreuth GmbH
der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Institut für Pathologie
Ehemaliger Leiter: Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Dr. h. c. M. Stolte
Gut differenzierte Barrett-Adenocarcinome werden häufig als „hochgradige
intraepitheliale Neoplasie“ unterdiagnostiziert
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde
der Medizinischen Fakultät
der
Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen – Nürnberg
Vorgelegt von
Julia Young-Nan Benicke
aus
Nordenham
2
Gedruckt mit Erlaubnis der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
Dekan: Prof. Dr. med. Dr. h. c. J. Schüttler
Referent: Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Dr. med. h. c. M. Stolte
Korreferent: Prof. Dr. med. A. Hartmann
Tag der mündlichen Prüfung: 06.07.2011
3
In Liebe für meine Eltern
4
Inhaltsverzeichnis Seite
1. Zusammenfassung 6
1.1. Zusammenfassung 6
1.1.1. Hintergrund und Ziele 6 1.1.2. Methoden und Patienten 6 1.1.3. Ergebnisse und Beobachtungen 6 1.1.4. Praktische Schlussfolgerungen 7
1.2. Summary 8
1.2.1. Background and aims 8 1.2.2. Methods and patients 8 1.2.3. Results and observation 8 1.2.4. Practical conclusions 9
2. Einleitung 10 3. Methoden und Patientengut 12
3.1. Alters- und Geschlechtsverteilung 12 3.2. Studiendesign und histologische Prozedur 14 3.3. Grading der Barrett-Adenocarcinome 19 3.4. Zeitabstand zwischen Konsiliardiagnose
und Follow-up-Diagnose 20 3.5. Therapiemaßnahmen 22
5
4. Ergebnisse 24
4.1. Follow-up der Patienten mit der Konsiliardiagnose „keine intraepitheliale Neoplasie“ 24
4.2. Follow-up des Patienten mit der Konsiliardiagnose
„geringgradige intraepitheliale Neoplasie“ 26 4.3. Follow-up der Patienten mit der Konsiliardiagnose
„hochgradige intraepitheliale Neoplasie“ 27 4.4. Follow-up der Patienten mit der Konsiliardiagnose
„Barrett-Adenocarcinom“ 29 4.5. pTNM-Klassifikation der Barrett-Adenocarcinome
der Follow-up-Diagnose 31
5. Diskussion 32 6. Literaturverzeichnis 40 7. Abkürzungsverzeichnis 47 8. Anhang 48 9. Danksagung 50
6
1. Zusammenfassung
1.1. Zusammenfassung
1.1.1. Hintergrund und Ziele
In mehreren Leitlinien wird bei der histologischen Primärdiagnose der hochgradigen
intraepithelialen Neoplasie (HGIEN) der Barrettschleimhaut eine "zweite Meinung"
durch einen auf diesem Gebiet besonders erfahrenen unabhängigen Pathologen
gefordert. Eine Arbeit zur Überprüfung der Ergebnisse dieser konsiliarischen
Diagnostik mit anschließenden Follow-up-Untersuchungen bei primärer Diagnose
einer HGIEN existiert aber noch nicht.
Ziele dieser Studie sind deshalb:
1. Wie häufig muss die primäre Diagnose einer HGIEN konsiliarisch korrigiert
werden?
2. Wie häufig wird die Konsiliardiagnose aufgrund von Follow-up-Untersuchungen
bestätigt oder korrigiert?
1.1.2. Methoden und Patienten
Im Zeitraum von 2001 bis 2005 wurden die histologischen Präparate mit der
Primärdiagnose "HGIEN" von 275 Patienten konsiliarisch begutachtet. Dabei wurde
die Diagnose der HGIEN nur in 7,3% bestätigt, in 14,9% wurden nur
regeneratorische Veränderungen der Barrettschleimhaut, in 1,1% eine geringgradige
intraepitheliale Neoplasie (LGIEN) und in 76,7% ein Barrett-Adenocarcinom
diagnostiziert. Diese Konsiliardiagnosen wurden durch Follow-up-Untersuchungen
von 207 (75,3%) der 275 Patienten überprüft (Biopsate, endoskopische Resektate,
Operationspräparate). Die mittlere Follow-up-Zeit bei Patienten mit Konsiliardiagnose
„keine IEN“ betrug 6,5 Monate, mit „LGIEN“ 0,97 Monate, mit „HGIEN“ 3,1 Monate
und mit „Barrett-Ca“ 3,4 Monate.
1.1.3. Ergebnisse und Beobachtungen
Die Konsiliardiagnose "keine intraepitheliale Neoplasie“ (n=27) wurde durch die
Follow-up-Untersuchungen in 85,2% bestätigt, bei 7,4% fand sich eine geringgradige
intraepitheliale Neoplasie (LGIEN), bei je 3,7% (je 1 Patient) eine HGIEN bzw. ein
7
gut differenziertes Barrett-Adenocarcinom. Bei dem Patienten mit der
Konsiliardiagnose "LGIEN" ergab die Untersuchung des endoskopischen Resektates
ein gut differenziertes Barrett-Adenofrühcarcinom. Die Konsiliardiagnose der 12
Patienten mit HGIEN wurde im Follow-up bei 5 Patienten bestätigt, bei einem
Patienten war keine intraepitheliale Neoplasie nachweisbar und bei 6 Patienten fand
sich ein Barrett-Adenocarcinom.
Die Konsiliardiagnose eines Barrett-Adenocarcinoms (n=167) wurde bei 145
Patienten (86,8%) durch die Follow-up-Untersuchungen bestätigt, bei 12 Patienten
(7,2%) fand sich bei den Kontrollen nur eine HGIEN und bei wiederum 10 Patienten
(5,9%) wurde keine Neoplasie diagnostiziert.
1.1.4. Praktische Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen, dass die in Leitlinien geforderte
konsiliarische Diagnostik durch einen auf diesem Gebiet besonders erfahrenen
Pathologen gerechtfertigt ist, denn die Primärdiagnose einer HGIEN konnte nur in
5,8% bestätigt werden, während in 80,7% ein Barrett-Adenocarcinom diagnostiziert
wurde. Damit ergibt sich, dass gut differenzierte Barrett-Adenocarcinome häufig als
HGIEN „unterdiagnostiziert" werden. Da aber die Follow-up-Untersuchungen in
13,2% keine Bestätigung der Konsiliardiagnose „Barrett-Ca“ ergaben, sind als
praktische Konsequenz auch nach konsiliarischen Diagnosen weitere endoskopisch-
bioptische Kontrolluntersuchungen vor der Entscheidung zur operativen oder
endoskopischen Therapie zu empfehlen.
8
1.2. Summary
1.2.1. Background and aims
Several guidelines require that, in the event of an initial histological diagnosis of high-
grade intraepithelial neoplasia (HGIEN) of Barrett’s mucosa, a second opinion must
be obtained from another independent pathologist with particular experience in this
field. To date, however, a review of the results of these second opinions (by the
consultant pathologist) based on a comparison with those of follow-up examinations
of patients originally diagnosed as having HGIEN, has not been published.
The objectives of this study are, therefore:
1. How often does the initial diagnosis of HGIEN have to be corrected by the second
opinion?
2. How often is the second opinion confirmed or corrected on the basis of follow-up-
examinations?
1.2.2. Methods and patients
In the period between 2001 and 2005 histological slides obtained from 275 patients
were interpreted as revealing HGIEN, and were reviewed by a “second-opinion”
pathologist. The original HGIEN diagnosis was confirmed in only 7.3% of these
cases, in 14.9% the revised diagnosis was merely regenerative changes in Barrett’s
mucosa, in 1.1% low-grade intraepithelial neoplasia (LGIEN) and in 76.7% Barrett’s
adenocarcinoma. These second-opinion diagnoses, in turn, were checked on the
basis of follow-up examinations of biopsy, endoscopically resected or surgical
material obtained from 207 (75.3%) of the 275 patients. The mean follow-up period of
patients with the second-opinion diagnosis "no intraepithelial neoplasia“ was 6,5
months, with LGIEN 0,9 months, with HGIEN 3,1 months and with Barrett`s
adenocarcinoma 3,4 months.
1.2.3. Results and observation
The second-opinion diagnosis "no intraepithelial neoplasia“ (n=27) was confirmed by
the follow-up examinations in 85.2% of the cases while in 7.4% LGIEN and in 3.7%
(1 patient each) HGIEN or a well-differentiated Barrett’s adenocarcinoma was
9
diagnosed. In the patient with the second opinion diagnosis LGIEN, examination of
the endoscopically resected specimen revealed a well-differentiated early Barrett’s
adenocarcinoma. The follow-up examinations of the 12 patients with the second-
opinion diagnosis “HGIEN” confirmed the consultant pathologist´s diagnosis in 5
patients, in 1 patient no intraepithelial neoplasia was to be found and in 6 patients a
Barrett’s adenocarcinoma was identified.
The second-opinion diagnosis of Barrett’s adenocarcinoma was confirmed by the
follow-up examination in 145 (86,8%) of the 167 patients, in 12 patients (7,2%)
HGIEN was diagnosed and in 10 patients (5,9%) no intraepithelial neoplasia was to
be found.
1.2.4. Practical conclusions
The findings of this study underscore the need expressed in the guidelines for a
second-opinion diagnosis from a pathologist with particular experience in this field,
since the initial diagnosis of HGIEN was confirmed in only 5.8% of the cases, while in
80.7% the diagnosis was Barrett’s adenocarcinoma. This shows that a well-
differentiated Barrett’s adenocarcinoma is often underdiagnosed as HGIEN. Since,
however, follow-up examinations failed to confirm the second-opinion diagnosis of
”Barrett’s adenocarcinoma” in 13,2% of the cases, additional endoscopic/bioptic
follow-up examinations should be carried out before the decision is taken to initiate
surgical or endoscopic therapy.
10
2. Einleitung
In den letzten 20 Jahren hat die Inzidenz der Adenocarcinome im Barrett-Ösophagus
in vielen westlichen Ländern sehr stark zugenommen ( 4, 5, 23, 24, 33 ). Der Anstieg
der Häufigkeit ist in diesen Ländern stärker als der aller anderen malignen Tumoren,
so dass man schon von einer „neuen Epidemie“ gesprochen hat ( 14 ).
Das Ziel der Gastroenterologen und Pathologen muss es deshalb sein, die
Neoplasien im Barrett-Ösophagus in einem möglichst frühen Stadium zu
diagnostizieren und zu therapieren. Diesem Ziel ist man in den letzten Jahren immer
näher gekommen. Viele Neoplasien werden heute durch die Fortschritte der
endoskopisch-bioptischen Diagnostik im Frühstadium entdeckt und endoskopisch
therapiert ( 9, 10, 16, 21, 34 ).
Noch vor 10 – 20 Jahren wurde der Barrett-Ösophagus in Deutschland überwiegend
nur endoskopisch und nicht bioptisch-histologisch untersucht. Dies hat sich in den
letzten 10 Jahren grundlegend verändert. Durch viele Fortbildungsveranstaltungen
haben die Gastroenterologen gelernt, dass auch aus einer scheinbar nicht tumorös
veränderten Barrettschleimhaut multiple Biopsate zum Nachweis oder Ausschluss
einer Neoplasie erforderlich sind. Diese „neue Welle“ der histologischen Diagnostik
erfordert von den Pathologen eine neue „Lernkurve“. Es ist deshalb nicht
verwunderlich, dass es in der Diagnostik der frühen Neoplasien im Barrett-
Ösophagus bei Pathologen noch eine Unsicherheit gibt. Dies gilt insbesondere für
die Diagnose der intraepithelialen Neoplasien.
Die histologische Diagnose einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie
( Dysplasie ) am Zangenbiopsiematerial aus dem Barrett-Ösophagus hat erhebliche
therapeutische Konsequenzen. In den Leitlinien der Amerikanischen Gesellschaft für
Gastroenterologie aus dem Jahr 2002 ( 26 ) wurde als Therapie die Ösophagektomie
mit Entfernung des oberen Anteils des Magens empfohlen. In den updated Leitlinien
dieser Gesellschaft aus dem Jahr 2008 wurde dann auch die endoskopische
Therapie zugelassen ( 35 ), wie in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für
Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen ( 17 ). In allen Leitlinien wird allerdings
vor der Therapie eine „zweite Meinung“ durch einen auf diesem Gebiet besonders
erfahrenen unabhängigen Pathologen gefordert. Diese Forderung resultiert aus den
bisher in der Literatur vorgelegten Arbeiten über die Bewertung der Diagnose einer
11
„Dysplasie“ der Barrettschleimhaut. All diese Arbeiten haben gezeigt, dass man sich
auf den angeblichen „Goldstandard“ der histologischen Diagnose eines Pathologen
auf diesem Gebiet nicht verlassen kann ( 1, 2, 18, 25, 36 ).
Folgende Methoden zur Bewertung der Diagnose einer „Dysplasie“ der
Barrettschleimhaut sind bisher publiziert worden:
Interobserver-Variabilitätsstudien ( 1, 2, 18, 25, 36 ),
Vergleich des Ergebnisses am Biopsiematerial mit dem Ergebnis am
Operationspräparat ( 7, 15 ),
Vergleich des Ergebnisses am Biopsiematerial mit dem Ergebnis am
endoskopischen Resektat,
Vergleich des Ergebnisses am Biopsiematerial mit dem Ergebnis bioptischer
Follow-up-Untersuchungen ( 3, 6, 19, 27 ) und
Bewertung der primären Diagnose durch Follow-up-Studien ( 32 ).
Eine Arbeit über die Ergebnisse der Konsiliardiagnostik mit anschließender
Überprüfung der Konsiliardiagnose durch entsprechende Follow-up-Untersuchungen
bei primärer Diagnose einer hochgradigen Dysplasie existiert unseres Wissens nicht.
Ziel dieser Studie am Konsiliarmaterial, das Professor Dr. M. Stolte in der Zeit von
2001 bis 2005 begutachtet hat, ist deshalb:
1. Wie häufig muss die primäre Diagnose einer hochgradigen Dysplasie im
Konsiliargut korrigiert werden?
2. Wie häufig wird die Konsiliardiagnose aufgrund der Follow-up-
Untersuchungen mit Kontrollbiopsien, endoskopischen Resektaten und
Operationspräparaten bestätigt oder korrigiert?
12
3. Methoden und Patientengut
Im Zeitraum 2001 bis 2005 wurden histologische Präparate des Barrett-Ösophagus
von 275 Patienten ( 230 Männer, 45 Frauen, Durchschnittsalter= 66 Jahre ) mit der
Primärdiagnose „hochgradige intraepitheliale Neoplasie ( Dysplasie )“ ( HGIEN )
konsiliarisch begutachtet. Die histologischen Präparate und die dazugehörigen
Parraffinblöcke wurden von 128 Pathologen, die die Primärdiagnose stellten,
eingeschickt.
3.1. Alters- und Geschlechtsverteilung
Die Alters- und Geschlechtsverteilung der Patienten ist in Tabelle 1, die detaillierte
Altersverteilung in Abb.1 dargestellt.
Tabelle 1: Alters- und Geschlechtsverteilung der Patienten mit der Primärdiagnose
„hochgradige intraepitheliale Neoplasie“
Geschlecht Personen
anzahl
Altersmittel
Wert
Standardab-
weichung
Standard-
fehler des
Mittelwertes
Alter männlich
weiblich
230
45
64,61
62,97
10,08
13,85
0,08
0,26
13
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
Pers
onenanzahl
29 35 39 43 45 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86
Alter
Altersverteilung
Abb. 1: Detaillierte Altersverteilung der Patienten mit der Primärdiagnose
„hochgradige intraepitheliale Neoplasie“
14
3.2. Studiendesign und histologische Prozedur
Für die konsiliarische Begutachtung standen die Originalpräparate der einsendenden
Pathologen und die dazugehörigen Paraffinblöcke mit dem histologischen Material,
von denen zusätzlich eigene Stufenschnitte angefertigt wurden, zur Verfügung.
In 259 Fällen ( 94,2% ) stützt sich die Konsiliardiagnose auf Biopsien und in
16 Fällen ( 5,8% ) auf endoskopische Resektate ( s. Tabelle 2 ). Die
Konsiliardiagnose wurde ausschließlich anhand von Hämatoxillin-Eosin-Färbungen
gestellt.
Die Begutachtung erfolgte ausschließlich von einem auf diesem Gebiet besonders
erfahrenen Pathologen ( Prof. Dr. M. Stolte ).
Tabelle 2: Histologische Konsiliardiagnosen an Biopsaten und endoskopischen Resektaten
(keine IEN= keine intraepitheliale Neoplasie, LGIEN= geringgradige intraepitheliale Neoplasie,
HGIEN= hochgradige intraepitheliale Neoplasie, Barrett-Ca= Barrett-Adenocarcinom)
Konsiliar-
diagnose
Prozedur
Keine IEN LGIEN HGIEN Barrett Ca
Biopsie n=259
40
3
18
198
endoskopisches
Resektat n=16
1
0
2
13
TOTAL n=275
41
3
20
211
15
Die Ergebnisse dieser konsiliarischen Begutachtungen sind in Abb. 2 dargestellt. Die
Diagnose einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie wurde nur in 7,3% bestätigt,
in 76,7% wurde ein Barrett-Adenocarcinom ( G1: 94,8%, G2: 4,7%, G3: 0,5% )
diagnostiziert. Bei drei Patienten ( 1,1% ) wurde konsiliarisch eine geringgradige
intraepitheliale Neoplasie diagnostiziert und in 14,9% der Patienten war der
Konsiliarpathologe der Meinung, dass es sich nur um regeneratorische
Veränderungen der Barrettschleimhaut und nicht um eine zweifelsfreie
intraepitheliale Neoplasie (Dysplasie) handelt.
Abb. 2: Konsiliardiagnosen der 275 Patienten mit auswärts gestellter Primärdiagnose
„hochgradige intraepitheliale Neoplasie“
275 Patienten mit
Primärdiagnose
HGIEN
Von 2001 bis 2005
Konsiliardiagnose
Keine IEN
41 Patienten
14.9%
LGIEN
3 Patienten
1.1%
HGIEN
20 Patienten
7.3%
Barrett Ca
211 Patienten
76.7%
16
Zur Überprüfung der Konsiliardiagnosen wurden die darauf folgenden Ergebnisse der
Follow-up-Untersuchungen analysiert. Ein Teil der Follow-up-Untersuchungen
( n=103 ) erfolgte durch direkte Zusendung der Follow-up-Biopsate ( n=50 ) oder
endoskopischen Resektate ( n=53 ) direkt an das Institut für Pathologie im Klinikum
Bayreuth. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen waren somit der elektronischen
Patientendatei der Pathologie Bayreuth zu entnehmen. Zur Ermittlung der restlichen
Follow-up-Untersuchungen ( n=172 ) wurden Fragebögen ( s. Anlage 1 ) an die
einsendenden Pathologen verschickt. Bei 207 Patienten konnte die Follow-up-
Diagnose ermittelt werden. Die Diagnose dieser Follow-up-Untersuchungen stützt
sich in 96 Fällen ( 46,4% ) auf Biopsien, in 76 Fällen ( 36,7% ) auf endoskopische
Resektate und in 27 Fällen ( 13.0% ) auf Operationspräparate ( s. Tabelle 3 ). In 8
Fällen ( 3,9% ) von auswärts gestellten Diagnosen gibt es keine Auskunft über die
Prozedur.
Tabelle 3: Histologische Prozedur der Follow-up-Diagnose
Follow-up-
Diagnose
Prozedur
Keine IEN
LGIEN HGIEN Barrett Ca
Biopsie
n=96
32 2 9 53
endoskopische
Resektate n=76
2 1 6 67
Operationspräparate
n=27
0 0 3 24
keine Angaben
n=8
2 0 0 6
Total
n=207
36 3 18 150
17
Von 68 Patienten ( 24.7% ) erhielten wir keine Daten über weitere Follow-up-
Untersuchungen. 4 dieser Patienten waren ohne weitere Untersuchungen
verstorben. Ein Patient verstarb postoperativ bei Anastomoseninsuffizienz der
Ösophago-Jejunostomie ( Histologie: Adenocarcinom der Cardia und Ösophagus,
TNM- Klassifikation: pT3, pN1, pM0, G1, R0 ). Ein Patient verstarb aufgrund eines
pulmonal metastasierenden Nierenzell-Carcinoms. Bei den 2 weiteren verstorbenen
Patienten ist die Todesursache nicht bekannt.
Für die Auswertung standen somit die Daten von 207 Patienten mit der
Primärdiagnose „hochgradige intraepitheliale Neoplasie“ zur Verfügung ( s. Abb. 3 ).
Von diesen verstarben 3 Patienten. Ein Patient verstarb an einer Hirnblutung. Ein
Patient erlag einer Lungenembolie nach Ösophagusresektion mit Magenhochzug.
Ein weiterer Patient verstarb postoperativ nach Ösophagusresektion.
275 Patienten mit
Primärdiagnose HGIEN
68 Patienten (24.7%)
ohne Follow-up-Diagnose207 Patienten (75.3%)
mit Follow-up-Diagnose
(aus Patientendatei
oder Fragebögen)
4 Patienten
verstorben 64 Patienten
Verlauf unbekannt
(davon 20 ohne
Briefantwort)
3 Patienten
verstorben
Abb. 3: Anteil der Patienten mit Follow-up-Diagnose
18
Bei 167 dieser Patienten ( 80.7% ) wurde konsiliarisch ein Barrett-Adenocarcinom,
bei 12 Patienten ( 5.8% ) eine hochgradige intraepitheliale Neoplasie, bei einem
Patienten ( 0.5% ) eine geringgradige intraepitheliale Neoplasie und bei 27 Patienten
( 13% ) nur regeneratorische Veränderungen und keine zweifelsfreie intraepitheliale
Neoplasie diagnostiziert ( s. Abb. 4 ).
207 Patienten
für die Auswertung
( mit Follow-up-Diagnose )
Konsiliardiagnose
Keine IEN
27 Patienten
13%
LGIEN
1 Patient
0.5%
HGIEN
12 Patienten
5.8%
Barrett Ca
167 Patienten
80.7%
Abb. 4: Konsiliardiagnosen der Patienten für die Auswertung
Die Konsiliardiagnosen dieser 207 Patienten wurden mit den Ergebnissen der
Follow-up-Untersuchungen überprüft.
19
3.3. Grading der Barrett - Adenocarcinome
Die Konsiliardiagnose zeigte bei 167 ( 80,7% ) von insgesamt 207 Patienten mit der
Primärdiagnose „hochgradige intraepitheliale Dysplasie“ ein Barrett- Carcinom.
Von 167 Barrett-Carcinomen waren 157 ( 94,0% ) gut differenziert ( G1 ), 9 ( 5,4% )
mäßig differenziert ( G2 ) und ein Carcinom ( 0,6% ) schlecht differenziert ( G3 ).
Tabelle 4: Grading der Barrett- Adenocarcinome
Grading der
Barrett-Carcinome
Barrett-Carcinome der
Konsiliardiagnose
n %
G1 (gut differenziert) 157 94,0
G2 (mäßig differenziert) 9 5,4
G3 (schlecht differenziert) 1 0,6
keine Angaben 0 0
TOTAL 167 100
20
3.4. Zeitabstand zwischen Konsiliardiagnose und Follow-up-Diagnose
Untersucht wurde der Zeitraum zwischen Stellung der Konsiliardiagnose und Follow-
up-Diagnose. Bei den Patienten mit der Konsiliardiagnose „keine intraepitheliale
Neoplasie“ konnte durchschnittlich ein Zeitraum von 6,5 Monaten bis zur Follow-up-
Diagnose ermittelt werden ( Streubreite = 39,2 Tage ). Bei dem einen Patienten mit
der Konsiliardiagnose „low grade intraepitheliale Neoplasie“ fand die Follow-up-
Untersuchung 29 Tage später statt. Bis zur Follow-up-Diagnose der Patienten mit
Konsiliardiagnose „high grade intraepitheliale Neoplasie“ dauerte es durchschnittlich
3,1 Monate ( Streubreite = 48 Tage ). Bei den Patienten mit der Konsiliardiagnose
„Barrett-Carcinom“ ließ sich ein Zeitraum von 3,4 Monaten bis zur Follow-up-
Diagnose feststellen ( Streubreite = 42,8 Tage ). S. Tabellen 5-8.
Tabelle 5: Follow-up-Zeit der Patienten mit der Konsiliardiagnose „Keine IEN“
Follow-up-
Diagnose
der Patienten mit
Konsiliardiagnose
„keine IEN“
Patienten Durchschnittliche
Follow-up-Zeit
n % Tage Monate
Keine IEN 23 85,2 200,3 6,7
LGIEN 2 7,4 205,5 6,9
HGIEN 1 3,7 123,0 4,1
Barrett-Ca 1 3,7 126,0 4,2
TOTAL 27 100,0 194,8 6,5
Tabelle 6: Follow-up-Zeit der Patienten mit der Konsiliardiagnose „LGIEN“
Follow-up-
Diagnose
der Patienten mit
Konsiliardiagnose
„LGIEN“
Patienten Durchschnittliche
Follow-up-Zeit
n % Tage Monate
Keine IEN 0 0 0 0
LGIEN 1 100 29 0,97
HGIEN 0 0 0 0
Barrett-Ca 0 0 0 0
TOTAL 1 100 29 0,97
21
Tabelle 7: Follow-up-Zeit der Patienten mit der Konsiliardiagnose „HGIEN“
Follow-up-
Diagnose
der Patienten mit
Konsiliardiagnose
„HGIEN“
Patienten Durchschnittliche
Follow-up-Zeit
n % Tage Monate
Keine IEN 1 8,3 16,0 0,5
LGIEN 0 0 0 0
HGIEN 5 41,7 117,0 3,9
Barrett-Ca 6 50,0 91,0 3,0
TOTAL 12 100,0 93,6 3,1
Tabelle 8: Follow-up-Zeit der Patienten mit der Konsiliardiagnose „Barrett-Ca“
Follow-up-
Diagnose
der Patienten mit
Konsiliardiagnose
„Barrett-Ca“
Patienten Durchschnittliche
Follow-up-Zeit
n % Tage Monate
Keine IEN 10 5,9 104,1 3,5
LGIEN 0 0 0 0
HGIEN 12 7,2 139,3 4,6
Barrett-Ca 145 86,8 99,0 3,3
TOTAL 167 100,0 102,2 3,4
22
3.5. Therapiemaßnahmen
Analysiert wurden die diagnostischen bzw. therapeutischen Maßnahmen, die den
Follow-up-Diagnosen folgten. Bei den Patienten mit der Follow-up-Diagnose „keine
intraepitheliale Neoplasie“ ( n=34 ) wurde bei 4 Patienten eine endoskopische
Resektion unternommen, bei einem Patienten eine photodynamische Therapie
( PDT ) und bei einem Patienten eine Argon-Plasma-Koagulation ( APC ). Bei 28
Patienten wurden nur Kontrollbiopsien durchgeführt. Bei den Patienten mit der
Follow-up-Diagnose „geringgradige intraepitheliale Neoplasie“ ( n=2 ) wurden bei
einem Patienten Kontrollbiopsien durchgeführt und bei einem Patienten sind weitere
Maßnahmen unbekannt. Bei den Patienten mit der Follow-up-Diagnose „hochgradige
intraepitheliale Neoplasie“ ( n=18 ) wurden 3 Patienten operiert und bei 9 Patienten
eine endoskopische Resektion durchgeführt. Ein Patient unterzog sich einer
photodynamischen Therapie. Bei 5 Patienten ist die Therapiemaßnahme unbekannt.
Bei den Patienten mit der Follow-up-Diagnose „Barrett-Adenocarcinom“ ( n=153 )
wurde bei 92 Patienten nachfolgend eine endoskopische Resektion und bei 32
Patienten eine Operation durchgeführt. Ein Patient unterzog sich einer
photodynamischen Therapie und ein Patient einer Strahlentherapie ( RTX ). Bei 27
Patienten ist die Therapiemaßnahme unbekannt ( s. Tabelle 9 ).
23
Tabelle 9: Therapiemaßnahmen der Follow-up-Diagnose
Follow-
up-
Diagnose
Nur
Kontroll-
biopsie
Endoskopische
Mukosaresektion
Operation Andere
endoskopische
Therapie
Therapie-
maßnahme
unbekannt
Keine IEN
(n=34)
27 4 0 1 APC 0
2 PDT
LGIEN
(n=2)
1 0 0 0 1
HGIEN
(n=18)
0 9 3 1 PDT 5
Barrett-Ca
(n=153)
0 92 32 1 PDT 27
1 RTX
Total
(n=207)
28 (13,5%)
105 (50,7%)
35 (16,9%)
6 (2,9%)
33 (15,9%)
24
4. Ergebnisse
4.1. Follow-up der Patienten mit der Konsiliardiagnose „keine intraepitheliale
Neoplasie“
Bei 23 Patienten ( 85,2% ) der 27 Patienten mit der Konsiliardiagnose „keine
intraepitheliale Neoplasie“ war auch in den endoskopisch-bioptischen Follow-up-
Untersuchungen keine intraepitheliale Neoplasie nachweisbar. Diese Follow-up-
Untersuchungen stützten sich alle auf bioptische Untersuchungen.
Bei 2 Patienten ( 7,4% ) fand sich eine geringgradige intraepitheliale Neoplasie, bei
einem Patienten ( 3,7% ) eine hochgradige intraepitheliale Neoplasie und bei einem
Patienten ( 3,7% ) ein gut differenziertes Barrett-Adenocarcinom ( s. Abb. 5 ). Bei
dem Patienten mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie stützt sich die Follow-up-
Diagnose zunächst nur auf eine Biopsie. Als Therapiemaßnahme wurde eine
endoskopische Resektion vorgenommen, wobei die Diagnose der HGIEN erneut
bestätigt wurde. Bei dem Patienten mit Barrett-Carcinom stützt sich die Follow-up-
Diagnose auf bioptische histologische Untersuchungen. Über eine anschließende
Therapie ist nichts bekannt.
25
27 Patienten
Konsiliardiagnose keine IEN
Follow-up
Diagnose
23 Patienten
85,2%
keine IEN
2 Patienten
7,4%
LGIEN
1 Patient
3,7%
HGIEN
1 Patient
3,7%
Barrett Ca
Abb. 5: Follow-up-Diagnosen der Patienten mit der Konsiliardiagnose
„keine intraepitheliale Neoplasie“
26
4.2. Follow-up des Patienten mit der Konsiliardiagnose „geringgradige
intraepitheliale Neoplasie“
Bei dem einen Patienten mit der Konsiliardiagnose „geringgradige intraepitheliale
Neoplasie“ wurde im ersten Follow-up wiederum die Diagnose einer geringgradigen
intraepithelialen Neoplasie durch Kontrollbiopsien gestellt. Die bei diesem Patienten
anschließend durchgeführte endoskopische Resektion zeigte dann ein gut
differenziertes Barrett-Adeno-Frühcarcinom. Darauf hin folgten im Zeitraum
12.11.2003 – 15.11.2005 insgesamt 13 endoskopische Mukosaresektionen, die 11
Mal ein Barrett-Adenocarcinom ( UICC-Klassifikation: pT1, m 1, G 1,p L 0, p N X, p
V 0, R 0-1 ) zeigten, einmal eine hochgradige intraepitheliale Neoplasie
( 09.12.2004 ) und einmal keine intraepitheliale Neoplasie ( 26.08.2004 ).
Siehe Abb. 6 .
1 Patient
Konsiliardiagnose LGIEN
1. Follow-up-
Diagnose
LGIEN
anschliessende Follow-up-Diagnosen
Barrett Ca
Abb. 6: Follow-up-Diagnose des Patienten mit der Konsiliardiagnose
„geringgradige intraepitheliale Neoplasie “
27
4.3. Follow-up der Patienten mit der Konsiliardiagnose „hochgradige
intraepitheliale Neoplasie“
Nur bei einem der 12 Patienten ( 8,3% ) mit der Konsiliardiagnose „hochgradige
intraepitheliale Neoplasie“ ergaben die Follow-up-Untersuchungen keine
intraepitheliale Neoplasie. Bei mehrfachen Kontrollbiopsien dieses Patienten wurde
keine intraepitheliale Dysplasie mehr diagnostiziert.
Bei 5 Patienten ( 41,7% ) fand sich auch in den Follow-up-Untersuchungen wiederum
eine hochgradige intraepitheliale Neoplasie. Bei 3 Patienten stützt sich die Follow-up-
Diagnose auf eine Biopsie, bei 2 dieser Patienten auf ein endoskopisches Resektat.
Als Therapie wurde bei 2 dieser Patienten eine endoskopische Resektion
durchgeführt und bei einem eine photodynamische Therapie. Bei einem Patienten
wurden im Anschluss nur weitere Kontrollbiopsien durchgeführt, die nur
geringgradige intraepitheliale Neoplasien zeigten. Bei einem Patienten ist keine
Therapiemaßnahme bekannt.
Bei 6 der 12 Patienten ( 50% ) mit der Konsiliardiagnose „hochgradige intraepitheliale
Neoplasie“ wurde bei den endoskopisch-bioptischen Kontrolluntersuchungen ein
Barrett-Adenocarcinom nachgewiesen. Bei einem dieser Patienten stützt sich die
Follow-up-Diagnose auf Biopsien, bei 4 Patienten auf ein endoskopisches Resektat
und bei einem Patienten auf ein Operationspräparat. In 5 Fällen lässt sich durch das
Prozedere der Follow-up-Diagnose gleich auf die durchgeführte Therapie schließen,
nämlich viermal endoskopische Resektion und einmal Operation. Der Patient mit nur
durchgeführter Kontrollbiopsie verweigerte weitere Therapiemaßnahmen
( s. Abb. 7 ).
28
12 Patienten
Konsiliardiagnose HGIEN
Follow-up
Diagnose
1 Patient
8,3%
keine IEN
0 Patienten
LGIEN
5 Patienten
41,7%
HGIEN
6 Patienten
50%
Barrett Ca
Abb. 7: Follow-up-Diagnose der Patienten mit der Konsiliardiagnose
„hochgradige intraepitheliale Neoplasie“
29
4.4. Follow-up der Patienten mit der Konsiliardiagnose „Barrett-
Adenocarcinom“
Bei 145 der 167 Patienten ( 86,8% ) mit der Konsiliardiagnose „Barrett-
Adenocarcinom“ wurde die Diagnose durch die Follow-up-Untersuchungen bestätigt.
In 51 Fällen ( 35,2% ) stützt sich die Follow-up-Diagnose auf Biopsien, in 65 Fällen
( 44,8% ) auf ein endoskopisches Resektat und in 24 Fällen ( 16,6% ) auf ein
Operationspräparat. In 5 Fällen ( 3,4% ) von auswärts gestellten histologischen
Diagnosen gibt es keine Auskunft über die Prozedur. Als Therapiemaßnahme wurde
bei 87 dieser Patienten ( 60,0% ) eine endoskopische Mukosaresektion durchgeführt,
bei 31 Patienten ( 21,4% ) eine Operation, bei einem Patienten ( 0,7% ) eine
photodynamische Therapie und bei einem Patienten ( 0,7% ) eine Strahlentherapie.
Bei 25 Patienten ( 17,2% ) sind die anschließenden Therapiemaßnahmen nicht
bekannt.
Bei 12 der 167 Patienten ( 7,2% ) zeigte sich im Follow-up nur eine hochgradige
intraepitheliale Neoplasie. In 5 Fällen ( 41,7% ) stützt sich die Follow-up-Diagnose
auf eine Biopsie, in 4 Fällen ( 33,3% ) auf ein endoskopisches Resektat und in 3
Fällen ( 25% ) auf ein Operationspräparat. Als Therapiemaßnahme wurde bei 6
dieser Patienten ( 50% ) eine endoskopische Resektion durchgeführt und bei 3
Patienten ( 25% ) eine Operation. Bei 3 Patienten ( 25% ) sind die anschließenden
Therapiemaßnahmen nicht bekannt. Eine geringgradige intraepitheliale Neoplasie
wurde bei diesen Follow-up-Untersuchungen nicht diagnostiziert, während bei 10
Patienten ( 5,9% ) im Follow-up kein Carcinom und keine intraepitheliale Neoplasie
nachweisbar war. In 7 Fällen ( 70% ) stützt sich die Follow-up-Diagnose auf
Biopsien, in 2 Fällen ( 20% ) auf ein endoskopisches Resektat, in einem Fall
( 10% ) ist das Prozedere unbekannt ( s. Abb. 8 ). Abb. 9 zeigt eine
zusammenfassende Auflistung von Primär-, Konsiliar- und Follow-up-Diagnose der
207 Patienten.
30
167 Patienten
Konsiliardiagnose Barrett Ca
Follow-up
Diagnose
10 Patienten
5,9%
keine IEN
0 Patienten
LGIEN
12 Patienten
7,2%
HGIEN
145 Patienten
86,8%
Barrett Ca
Abb. 8: Follow-up-Diagnose der Patienten mit der Konsiliardiagnose „Barrett-Adenocarcinom“
Keine IEN: 23
85,2 %
LGIEN: 2
7,4 %
HGIEN: 1
3,7 %
Barrett Ca: 1
3,7%
K O N S I L I A R D I A G N O S E
F O L L O W - U P - D I A G N O S E
207 Patienten mit Primärdiagnose
„hochgradige intraepitheliale Neoplasie“
Keine IEN
27 Patienten
13 %
Keine IEN: 0
LGIEN: 0
HGIEN: 0
Barrett Ca: 1
100 %
Keine IEN: 1
8,3 %
LGIEN: 0
HGIEN: 5
41,7 %
Barrett Ca: 6
50 %
Keine IEN: 10
5,9 %
LGIEN: 0
HGIEN: 12
7,2 %
Barrett Ca: 145
86,8 %
LGIEN
1 Patient
0,5 %
HGIEN
12 Patienten
5,8 %
Barrett Ca
167 Patienten
80,7 %
Abb. 9: Zusammenfassende Graphik von Follow-up-Diagnose und Konsiliardiagnose der
Patienten mit der Primärdiagnose „hochgradige intraepitheliale Neoplasie“
31
4.5. pTNM-Klassifikation der Barrett-Adenocarcinome der Follow-up-Diagnose
Bei 153 diagnostizierten Barrett-Carcinomen fanden sich im Follow-up 117 ( 76,5% )
pT1- Carcinome und 3 ( 2% ) pT2-Carcinome. Bei 33 ( 21,6% ) Patienten fanden sich
keine Angaben ( s. Tabelle 10 ).
Tabelle 10: Tumor-Stadium der Barrett-Carcinome der Follow-up-Diagnose
Tumor-Stadium Patienten
N %
pT1 117 76,5
pT2 3 2,0
keine Angaben 33 21,6
TOTAL 153 100,0
32
5. Diskussion
Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen, dass die in Leitlinien geforderte „zweite
Meinung“ eines auf dem Gebiet der Barrett-Diagnostik besonders erfahrenen
unabhängigen Pathologen ( 17, 26, 35 ) berechtigt ist: Die klinische Diagnose einer
hochgradigen intraepithelialen Neoplasie bei den 207 Patienten mit Follow-up-
Untersuchungen wurde nur in 5,8% bestätigt, in 0,5% fand sich eine geringgradige
intraepitheliale Neoplasie und 13% war der Konsiliarpathologe der Meinung, dass nur
regeneratorische Veränderungen und keine zweifelsfreie intraepitheliale Neoplasie
vorliegt. In 80,7% der zur Konsiliardiagnostik eingereichten Fälle wurde schon ein
Barrett-Adenocarcinom diagnostiziert.
Diese Ergebnisse bestätigen zunächst die vielen publizierten Studien, aus denen
hervorgeht, dass viele Pathologen auf dem Gebiet der histologischen Diagnostik der
Neoplasien im Barrett-Ösophagus relativ unsicher sind.
Schon im Jahr 1988 berichteten Reid et al. über eine relativ hohe Interobserver-
Variabilität bei der histologischen Diagnostik der Barrett-Neoplasien ( 25 ). Aus einer
Studie von Alikhan et al ( 1 ) geht hervor, dass die Diagnose einer hochgradigen
Dysplasie nur von 30% der Pathologen bestätigt wurde. Weitere 30% der Pathologen
diagnostizierten nur eine geringgradige Dysplasie und 20% eine mittelgradige
Dysplasie, während 20% der Meinung waren, dass hier schon ein Adenocarcinom
vorliegt.
Zu einem ähnlichen Ergebnis bei gut differenziertem Barrettcarcinom führte ein
Schnittseminar der Internationalen Akademie für Pathologie, Deutsche Sektion, im
Februar 2001 ( Borchard und Stolte, nicht publiziert ). 126 Pathologen wurde ein
Präparat mit einem gut differenzierten Barrett-Adenocarcinom zur Begutachtung
vorgelegt. Nur 33,8% bestätigten diese Diagnose.
Die üblichen Diagnosen verteilten sich wie folgt:
geringgradige Dysplasie 24,2%
mittelgradige Dysplasie 13,7%
hochgradige Dysplasie 16,9%
„keine“ Neoplasie 7,2% und
andere benigne Diagnosen 12,2%
33
In einer Studie von Montgomery et al ( 18 ) wurden 12 spezialisierten
gastroenterologischen Pathologen 125 Präparate zur Begutachtung vorgelegt. Nach
dieser primären Begutachtung erfolgte ein Konsensus-Meeting mit Diskussion der
Interobserver-Variabilität und der Kriterien für die histologische Diagnostik.
Anschließend wurden weitere 125 Präparate an diese 12 Pathologen zur
Begutachtung verschickt. An diesen Präparaten ergab sich nach der
vorausgegangenen Diskussion für die Diagnose „hochgradige Dysplasie“ oder
„Carcinom“ jetzt ein relativ guter kappa-Wert von 0,65. Allerdings wurden die
Gruppen der hochgradigen Dysplasie und der Carcinome nicht gesondert
ausgewertet.
In einer Arbeit aus Holland ( 2 ) wurden die Diagnosen von „general pathologists“ von
zwei Experten auf dem Gebiet der gastrointestinalen Pathologie überprüft. Dabei
ergab sich bei 143 Fällen nur eine Übereinstimmung von 35%. Die primär
diagnostizierten hochgradigen Dysplasien wurden von den Experten in 48%
korrigiert.
In einer bisher nur als Abstrakt publizierten Studie von Yearsley et al. ( 36 )
überprüften drei spezialisierte gastroenterologische Pathologen die Diagnosen von
485 Fällen mit „hochgradiger Dysplasie“
Das Ergebnis:
- keine Dysplasie 40%,
- Bestätigung der hochgradigen Dysplasie 51%,
- Adenocarcinom 9%.
Zum Vergleich der bioptischen Primärdiagnose einer hochgradigen Dysplasie mit
dem Ergebnis der histologischen Untersuchung am Operationspräparat gibt es in der
Literatur Studien, aus denen hervorgeht, dass in 40 – 70% am Operationspräparat
ein Adenocarcinom vorliegt ( 6, 7, 15 ).
Eine Arbeit zum Vergleich der Primärdiagnose einer hochgradigen Dysplasie am
Biopsiematerial mit dem Ergebnis am endoskopischen Resektat liegt unseres
Wissens noch nicht vor. Im eigenen Material fand sich in 85 % ein Adenocarcinom
( nicht publiziert ). Die in der Literatur publizierten bioptischen Follow-up-Untersuchungen bei der
Primärdiagnose einer hochgradigen Dysplasie ohne anschließende endoskopische
34
oder chirurgische Therapie sind im Ergebnis sehr unterschiedlich und teilweise
verwirrend.
Montgomery et al. ( 19 ) fanden bei derartigen Fällen in einer mittleren Follow-up-Zeit
von 13 Monaten eine Carcinomentwicklung bei 61% dieser Patienten. Das Intervall
bis zur Entwicklung eines Carcinoms betrug acht Monate. Ergebnisse über die
Patienten, bei denen sich kein Barrett-Adenocarcinom entwickelt hat, wurden nicht
publiziert.
Im Gegensatz zu der Studie von Montgomery et al fanden Schnell et al ( 27 ) bei 79
Patienten mit hochgradiger Dysplasie in einem Follow-up-Zeitraum von im Mittel 7,3
Jahren nur in 16% dieser Patienten die Entwicklung eines Barrett-Adenocarcinoms.
In dieser Arbeit hat aber nur ein Pathologe die histologischen Diagnosen gestellt,
eine „zweite Meinung“ wurde nicht eingeholt, so dass die Möglichkeit besteht, dass
die primäre Diagnose einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie eine
„Überdiagnose“ war.
Buttar et al ( 3 ) haben geprüft, ob es einen Unterschied der Barrett-
Carcinomentwicklung bei fokaler und bei diffuser hochgradiger Dysplasie gibt.
Untersucht wurden 33 Patienten mit fokaler hochgradiger Dysplasie ( singulärer Herd
von max. 5 Krypten mit hochgradiger Dysplasie ) und 67 Fälle mit diffuser
hochgradiger Dysplasie ( mehr als 5 Krypten mit hochgradiger Dysplasie oder mehr
als eine Biopsie mit hochgradiger Dysplasie ).
Bei fokaler hochgradiger Dysplasie entwickelten nach einem Jahr 10% und nach drei
Jahren 14% der Patienten Barrett-Adenocarcinome. Bei der diffusen hochgradigen
Dysplasie wurde dagegen nach einem Jahr bereits bei 38% und nach drei Jahren bei
66% der Patienten ein Carcinom diagnostiziert.
Auch in dieser Arbeit wurden die Diagnosen nur von einem Pathologen gestellt, so
dass Zweifel an der Primärdiagnose berechtigt sind. Außerdem wurden primär 34 der
134 Patienten ausgeschlossen, weitere 22 Patienten wurden ausgeschlossen, da
schon innerhalb von drei Monaten eine Carcinomdiagnose gestellt wurde. In dieser
Studie wurden auch keine Magnifikationschromoendoskopie und keine
Endosonographie eingesetzt. Es fehlen in dieser Studie auch Angaben zum UICC-
Stadium der Carcinome und Angaben über die Letalität der operierten Patienten.
35
Die Arbeit von Buttar et al wurde in einer Studie aus Cleveland ( 6 ) überprüft.
Insgesamt wurde bei 57% der 42 Patienten mit bioptisch diagnostizierter
hochgradiger Dysplasie ein Barrett-Adenocarcinom diagnostiziert. Eine fokal
hochgradige Dysplasie wurde immer dann diagnostiziert, wenn in einem Level der
Stufenbiopsien hochgradige Dysplasien nachweisbar waren. Eine diffuse
hochgradige Dysplasie wurde diagnostiziert, wenn in multiplen Levels der
Stufenbiopsate hochgradige Dysplasien nachgewiesen wurden.
Bei Anwendung dieser Cleveland-Definition der fokalen und diffusen hochgradigen
Dysplasie fand sich bei der fokalen hochgradigen Dysplasie im Operationspräparat in
48% und bei der diffusen hochgradigen Dysplasie in 67% ein Barrett-
Adenocarcinom. Bei Anwendung der Kriterien von Buttar et al ergab sich bei der
fokalen hochgradigen Dysplasie im Operationspräparat in 72% und bei der diffusen
hochgradigen Dysplasie in 54% ein Nachweis von Carcinomen. Die Autoren
kommen deshalb zu dem Schluss, dass die Ausdehnung der hochgradigen
Dysplasie im Biopsiematerial kein Prädiktor für ein Adenocarcinom im
Ösophagektomiepräparat ist.
Für all diese vier zitierten Studien gilt, dass die primären Diagnosen nicht durch eine
„zweite Meinung“ eines auf diesem Gebiet besonders erfahrenen unabhängigen
Pathologen bestätigt worden sind. Es fehlt auch eine Aufstellung des
Differenzierungsgrads der Barrett-Adenocarcinome. Bei den in der Studie von Buttar
et al ( 3 ) ausgeschlossenen 22 Patienten mit Entwicklung eines Carcinoms innerhalb
von drei Monaten stellt sich die Frage, ob die primäre Diagnose einer hochgradigen
intraepithelialen Neoplasie eine „Unterdiagnose“ war. Die in diesen Studien teilweise
mitgeteilte relativ lange Zeit bis zur Entwicklung eines Adenocarcinoms könnte auch
für eine langsame Progression der Neoplasien, auch der primär gut differenzierten
Barrett-Adenocarcinome sprechen.
Drei Universitätskliniken aus Großbritannien haben das „outcome“ von 36 Patienten
mit der Primärdiagnose einer hochgradigen Dysplasie im Biopsiematerial in den
Jahren 1993 bis 2002 untersucht ( Follow-up-Zeit im median 21 Monate ). In dieser
Arbeit ( 32 ) starben zwei von sieben Patienten ohne weitere Intervention an einem
Barrett-Adenocarcinom. Bei 29 Patienten wurde bei den Kontrollendoskopien
neunmal ein Carcinom diagnostiziert. Sechs dieser neun Patienten wurden operiert.
36
Einer dieser Patienten verstarb postoperativ, einer im weiteren Verlauf an
Metastasen. Bei drei der neun Patienten wurde nur eine Argon-Plasma-Koagulation
eingesetzt. Bei zwei dieser Patienten fanden sich im weiteren Verlauf Metastasen,
einer der Patienten ist im Zeitraum des Follow-up verstorben.
Von den 20 Patienten mit persistierender hochgradiger Dysplasie wurden acht
operiert, in sechs dieser Fälle ergab sich ein Carcinom, zwei dieser Patienten
entwickelten Rezidive, ein Patient ist im Follow-up-Zeitraum verstorben.
Bei sieben Patienten erfolgten nur Kontrollen, einer dieser Patienten ist verstorben.
Bei den anderen fünf Patienten wurde nur eine Argon-Plasma-Koagulationstherapie
durchgeführt, zwei dieser Patienten sind mittlerweile verstorben.
Für das Gesamtkollektiv wurde eine 5-Jahres-Überlebensrate von 55%, bei den
Fällen mit Carcinomdiagnose in den Kontrolluntersuchungen von 37% berechnet.
Was die Autoren in der Diskussion ihrer Arbeit als „natürlichen Verlauf“ der
hochgradigen Dysplasie der Barrettschleimhaut darstellen, muss aufgrund dieser
Ergebnisse als „katastrophales Management“ bewertet werden. Die Ergebnisse
zeigen vielmehr, dass bei zweifelsfreier Diagnose einer hochgradigen
intraepithelialen Neoplasie unbedingt kurzfristig eine – je nach Stadium –
endoskopische oder chirurgische Therapie durchgeführt werden sollte.
Aus vielen dieser zitierten Studien geht nicht hervor, ob – wie in den Leitlinien
gefordert – eine „zweite Meinung“ durch einen auf dem Gebiet der Barrett-Diagnostik
besonders erfahrenen unabhängigen Pathologen eingeholt worden ist.
Unsere Studie erfüllt die Empfehlungen der Leitlinien: Die Konsiliardiagnostik wurde
von einem auf diesem Gebiet besonders erfahrenen Pathologen
( Prof. Dr. M. Stolte ) mit einem großen gastroenterologischen Untersuchungsgut
( ca. 130.000 Untersuchungen/Jahr ) und großer Erfahrung in der Barrett-Diagnostik
mit mehr als 1.000 Neoplasien in den letzten 10 Jahren und mehreren Publikationen
auf diesem Gebiet ( 10, 11, 12, 16, 29, 30, 31, 34, 37 ) erstellt.
Dennoch muss aber kritisch gefragt werden, ob die Konsiliardiagnosen auch wirklich
korrekt sind. Eine Methode zur Überprüfung der Konsiliardiagnose wäre die
Einholung einer weiteren dritten oder vierten Meinung anderer, auf diesem Gebiet
besonders erfahrenen Pathologen.
37
Dies entspricht aber nicht der Realität der routinemäßigen Konsiliardiagnostik und
würde wiederum eine „Interobserver-Variabilität“ ergeben.
Eine bessere Methode ist deshalb die Überprüfung der Konsiliardiagnosen durch
entsprechende Follow-up-Untersuchungen. Dies gilt insbesondere für die Diagnose
„hochgradige intraepitheliale Neoplasie“ und „Barrett-Adenocarcinom“, bei denen
aufgrund der Leitlinien ( 17, 26, 35 ) eine Indikation zur operativen oder
endoskopischen Therapie besteht.
Eine derartige Studie zur Überprüfung der Konsiliardiagnosen eines auf dem Gebiet
der Barrett-Diagnostik besonders erfahrenen Pathologen durch Follow-up-
Untersuchungen existiert unseres Wissens noch nicht.
Die Ergebnisse unserer Studie zeigen zunächst, dass die Konsiliardiagnose eines
Barrett-Adenocarcinoms bei 167 Patienten mit primärer Diagnose einer
hochgradigen intraepithelialen Neoplasie durch die Follow-up-Untersuchungen in
86,8% bestätigt worden ist. Da auch bei den 12 Patienten mit Follow-up-Diagnose
einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie, die auch nur Ausläufer von
Barrettcarcinomen sein können, eine endoskopische oder chirurgische Therapie
erforderlich ist, erhöht sich der Anteil der Diagnosen mit Indikation zur Therapie auf
94,0%. Allerdings wurden bei den Follow-up-Untersuchungen von 10 Patienten
( 5,9% ) kein Carcinom gefunden. Dies könnte aber auch auf die Entfernung eines
initialen Adenocarcinoms durch multiple Zangenbiopsate oder auf einen sampling
error zurückzuführen sein, was weitere, über den hier ausgewerteten Zeitraum
hinausgehende Follow-up-Untersuchungen klären müssen.
Dass die Diagnose einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie oft nur ein
Ausläufer eines Carcinoms ist, zeigen die Ergebnisse der Follow-up-Untersuchungen
der 12 Patienten mit der Konsiliardiagnose hochgradige intraepitheliale Neoplasie:
Bei 50% dieser Patienten zeigten die anschließenden Kontrolluntersuchungen ein
Barrett-Adenocarcinom.
Aufgrund unserer Ergebnisse sind wir der Meinung, dass bei einer durch eine
zweite Meinung eines auf diesem Gebiet besonders erfahrenen Pathologen
gesicherten Diagnose einer HGIEN als Therapie immer eine endoskopische
Resektion durchgeführt werden sollte.
Der Ausschluss einer Neoplasie bei 27 Patienten mit der Primärdiagnose einer
hochgradigen intraepithelialen Neoplasie wurde bei 23 Patienten ( 85,2%) durch die
38
Follow-up-Untersuchungen bestätigt. Bei zwei Patienten ( 7,4% ) wurde jedoch ein
Carcinom bzw. eine hochgradige intraepitheliale Neoplasie diagnostiziert.
Bei dem Patienten mit HGIEN wurde diese Follow-up-Diagnose 4 Monate nach der
Konsiliardiagnose durch Probebiopsien gestellt. Nach weiteren 3 Follow-up-
Untersuchungen, die alle eine HGIEN zeigten wurde bei dem Patienten eine
endoskopische Resektion durchgeführt. Bei dem Patienten mit Carcinom wurde
diese Follow-up-Diagnose 5 Monate nach der Konsiliardiagnose durch
Probebiopsien gestellt. Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass auch bei primärem
Ausschluss einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie durch eine „zweite
Meinung“ die Indikation zu weiteren endoskopisch-bioptischen
Kontrolluntersuchungen besteht.
Ein Nachteil dieser Studie ist, dass wir trotz mehrfachen Anschreiben sowie
Telefonaten mit den einsendenden Pathologen von 24,7% der 275 primär
diagnostizierten Patienten keine Daten über die Ergebnisse von Follow-up-
Untersuchungen bekommen haben. Vier Patienten waren aus anderer Ursache
verstorben, über 20 Patienten fehlt uns jegliche Auskunft, da unsere Anschreiben nie
beantwortet wurden. Zur Qualitätssicherung der in den amerikanischen und
deutschen Leitlinien geforderten „zweiten Meinung“ wären deshalb prospektive
Studien mit Pflicht zu Follow-up-Untersuchungen wünschenswert.
Diese Empfehlung steht im Gegensatz zu einer kürzlich publizierten Studie, in der
eine Radiofrequenzablation der HGIEN im Barrett-Ösophagus empfohlen worden ist
( 28 ). In dieser Arbeit ist als Kontrollgruppe aber nur eine „Sham“-Prozedur, also die
Einführung des Geräts zur Radiofrequenzablation ohne Ablation und nicht die
endoskopische Resektion durchgeführt worden. Mit der Ablation wurde eine
Eradikation der HGIEN in 81 % der Patienten erzielt.
Eigenartigerweise führte aber auch die „sham“ Prozedur bei 19% der 63 Patienten
mit HGIEN zum Verschwinden der HGIEN, was wiederum berechtigte Zweifel an der
Richtigkeit der primären histologischen Diagnose zulässt. Bei den 64 Patienten mit
bioptisch-histologischer Diagnose einer LGIEN erbrachte die
Radiofrequenzablation in 90,5% eine Eradikation dieser geringgradigen Dysplasie. In
der „sham“-Gruppe wurde die zuvor diagnostizierte LGIEN in 22,7%
„geheilt„. Auch dieses Ergebnis könnte ein Indiz dafür sein, dass die primär bioptisch-
histologische Diagnose eine „Überdiagnose“ war.
39
Auch wenn die Radiofrequenzablation wie die photodynamische Therapie
( 8, 13, 20, 22 ) durchaus zur Eradikation einer HGIEN oder eines auf die Mukosa
begrenzten Frühcarcinoms führen kann, hat sie unserer Meinung nach mehrere
entscheidende Nachteile gegenüber einer endoskopischen Resektion:
1. Der mögliche Übergang in ein Carcinom kann nicht ausgeschlossen werden.
2. Wenn ein Carcinom an anderer Stelle vorliegt, ist keine Aussage über
folgende, für eine mögliche Operationsindikation und die Prognose des
Patienten, wichtige histologische Parameter möglich:
a) Tiefeninfiltration
b) Differenzierungsgrad
c) Invasion in Lymph- und/oder Blutgefässe
All diese Nachteile sind bei der endoskopischen Resektion weitgehend
auszuschließen. Man darf gespannt sein, was die weiteren Follow-up-
Untersuchungen in der Studie von Shaheen et al ( bisherige Follow-up-Zeit in dieser
Studie nur 12 Monate ) ergeben werden.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse unserer dieser erstmals durch Follow-up-
Untersuchungen kontrollierten Studie, dass die Überprüfung der Primärdiagnose
einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie der Barrettschleimhaut durch eine
„zweite Meinung“ in einem hohen Prozentsatz zu einer Korrektur dieser Diagnose
( 80,7% Carcinome, 5,8% hochgradige intraepitheliale Neoplasie,
0,5% geringgradige intraepitheliale Neoplasie und 13,0% keine intraepitheliale
Neoplasie ) führt, was sich in 83,6% durch die Ergebnisse der Follow-up-
Untersuchungen bestätigte. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen aber auch, dass
selbst bei Korrektur der Primärdiagnose als „regeneratorische Veränderung ohne
Neoplasie“ weitere endoskopisch-bioptische Kontrolluntersuchungen erforderlich
sind, denn auch ein auf diesem Gebiet sehr erfahrener Pathologe kann manchmal in
seiner Diagnose irren.
40
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7. Abkürzungsverzeichnis
Keine IEN: Keine intraepitheliale Neoplasie, nur regeneratorische Veränderungen
LGIEN: Geringgradige ( low grade ) intraepitheliale Neoplasie
HGIEN: Hochgradige ( high grade ) intraepitheliale Neoplasie
Barrett Ca: Barrett-Adenocarcinom
APC: Argon-Plasma-Koagulation
PDT: Photodynamische Therapie
RTX: Strahlentherapie
48
8. Anhang
49
Pat. ID:
Fragebogen zur Primärdiagnose „hochgradige intraepitheliale Neoplasie (Dysplasie)“ im Barrettösophagus Patient: Geb. Datum: Ihre E.-Nr: Ergebnis der endoskopisch-bioptischen Nachuntersuchungen (falls mehrere Untersuchungen, bitte einzeln aufführen) Wann:………..
□ - keine geringgradige intraepitheliale Neoplasie
□ - geringgradige intraepitheliale Neoplasie
□ - hochgradige intraepitheliale Neoplasie
□ – Barrett-Adenokarzinom Therapie bei intraepithelialen Neoplasien bzw. Karzinom
□ – endoskopische Resektion
□ – andere endoskopische Therapie (PDT, APC)
□ – Operation
Ergebnis am endoskopischen Resektat oder Operationspräparat
□ – geringgradige intraepitheliale Neoplasie
□ – hochgradige intraepitheliale Neoplasie
□ – Karzinom p T………, p N ………., p L…………., p V……….., p M………….
Bitte Kopien der histologischen Befunde und evtl. auch der endoskopischen Befunde und Arztbriefe beilegen
Falls bei dem Patienten in den 2 Jahren nach der Primäruntersuchung keine endoskopisch-bioptische Kontrolluntersuchung durchgeführt worden ist, möchten wir dringend empfehlen, Ihren Einsender auf die Notwendigkeit einer derartigen Kontrolluntersuchung aufmerksam zu machen.
50
9. Danksagung
Die vorliegende Arbeit wurde unter der Anleitung von Prof. Dr. M. Stolte, ehemaliger
Leiter des Pathologischen Instituts am Klinikum Bayreuth, geschrieben. Ich danke
ihm herzlich für die Überlassung des Themas und die umfassende fachliche
Unterstützung. Ganz besonders habe ich mich über seine Geduld und freundliche
Hilfsbereitschaft über viele Meilen und Ländergrenzen hinweg gefreut.
Bei Prof. Dr. A. Hartmann bedanke ich mich für die Übernahme des Korreferates.
Ich danke allen Mitarbeitern des Pathologischen Instituts am Klinikum Bayreuth für
ihre Beratung und Anleitung.
Herzlichen Dank an Frau Reckziegel für ihre freundliche Hilfe bei der Datenauslese.
Bei York Weyers und Edenwi Azi in Lomé/ Togo möchte ich mich für die Hilfe bei der
Datenauswertung bedanken.
Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Mann Daniel und meinen Kindern für ihre
Geduld und Ermutigung und meinen Eltern für ihre feste Unterstützung.