“ehrlich färbt am längsten”. sichtbarmachung bei paul ehrlich

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DOI: 10.1002/bewi.201301648 Axel C. Hɒntelmann „Ehrlich fȨrbt am lȨngsten“. Sichtbarmachung bei Paul Ehrlich Summary: „Staining is the Best Policy“. Visualization in the work of Paul Ehr- lich. For nearly all of his life, the biomedical scientist Paul Ehrlich dedicated himself to work on dyes and staining at the interface between so-called color-chemistry and histopathology. The article begins by sketching out the field of histopathology at the junction of pathological anatomy, microtechniques, and the development of che- mical dyes in the early 1870s when Ehrlich began his training as a medical student. The article explores Ehrlich’s work staining first tissue and blood, and then patho- gens and vital staining in the 1880s. In the late 1880s and 1890s, Ehrlich experimen- ted with dyes as therapeutic agents. Staining made the invisible visible, revealing cell structures, pathogens, or vital physiological processes within the cell itself. The article shows how visualization became an essential – albeit laborious and painstak- ing – element in the epistemic process of Ehrlich’s work. The production of histolo- gical specimens required special skills acquired through extensive practice, especially in the techniques of visualization, manipulation, observation, and tacit understand- ing. These practices were needed because it was increasingly necessary to produce objective results once the various techniques of visualization came to be assessed within a discourse on objectivity. Visualization itself became an epistemic object and was ultimately „more important than the subject matter itself“. Keywords: visualization, Paul Ehrlich, staining, dyes, practices, tacit knowledge, objectivity, histopathology , SchlɒsselwɆrter: Sichtbarmachung, Paul Ehrlich, FȨrbung, Farbstoffe, Praktiken, Erfahrungswissen, ObjektivitȨt, Histopathologie, Ende 1898 verkɒndete Paul Ehrlich in Briefen an den Direktor der Badischen Ani- lin- und Soda-Fabrik (BASF) und an Rudolf Nietzki, einen befreundeten Basler Pro- fessor fɒr Chemie und Verfasser des Lehrbuches Chemie der organischen Farbstoffe, dass er sich „nach dem langen immunitȨtszauber“ wieder seinem „Lieblingsgebiet“ der Farbstoffe und der Theorie der histologischen und biologischen FȨrbung zuwen- den wolle. 1 Den Chemiker R. Meyer, den er als Kooperationspartner fɒr die Farb- stoffsynthese gewinnen wollte, informierte er mit Verweis auf eine Publikation von Heinrich Caro Ueber die Entwickelung der Theerfarbenindustrie 2 ɒber seine lang- jȨhrigen Erfahrungen auf dem Gebiet der Farbenchemie: „Sie werden einer flɒchti- gen durchsicht entnehmen kɆnnen, dass ich das grenzgebiet zwischen medicin und farbenchemie seit jahren – ich kɆnnte sagen als erster unter den medicinern, einge- hend verfolgt habe.“ Sein besonderes Interesse fɒr „das histologisch tinctorielle ver- halten der neuen farbstoffe“ hervorhebend lud Ehrlich den adressierten Chemiker ein, ihm bei der Synthese von Farbstoffen in reiner Form behilflich zu sein. „Sollten Sie lust und zeit zu einem kleinen ausflug in das medicinisch tinctorielle grenzgebiet 354 Ber. Wissenschaftsgesch. 36 (2013) 354–380 www.bwg.wiley-vch.de i 2013 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

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Page 1: “Ehrlich färbt am längsten”. Sichtbarmachung bei Paul Ehrlich

DOI: 10.1002/bewi.201301648

Axel C. H�ntelmann

„Ehrlich f�rbt am l�ngsten“. Sichtbarmachung bei Paul Ehrlich

Summary: „Staining is the Best Policy“. Visualization in the work of Paul Ehr-lich. For nearly all of his life, the biomedical scientist Paul Ehrlich dedicated himselfto work on dyes and staining at the interface between so-called color-chemistry andhistopathology. The article begins by sketching out the field of histopathology atthe junction of pathological anatomy, microtechniques, and the development of che-mical dyes in the early 1870s when Ehrlich began his training as a medical student.The article explores Ehrlich’s work staining first tissue and blood, and then patho-gens and vital staining in the 1880s. In the late 1880s and 1890s, Ehrlich experimen-ted with dyes as therapeutic agents. Staining made the invisible visible, revealing cellstructures, pathogens, or vital physiological processes within the cell itself. Thearticle shows how visualization became an essential – albeit laborious and painstak-ing – element in the epistemic process of Ehrlich’s work. The production of histolo-gical specimens required special skills acquired through extensive practice, especiallyin the techniques of visualization, manipulation, observation, and tacit understand-ing. These practices were needed because it was increasingly necessary to produceobjective results once the various techniques of visualization came to be assessedwithin a discourse on objectivity. Visualization itself became an epistemic objectand was ultimately „more important than the subject matter itself“.

Keywords: visualization, Paul Ehrlich, staining, dyes, practices, tacit knowledge,objectivity, histopathology,

Schl�sselw�rter: Sichtbarmachung, Paul Ehrlich, F�rbung, Farbstoffe, Praktiken,Erfahrungswissen, Objektivit�t, Histopathologie,

Ende 1898 verk�ndete Paul Ehrlich in Briefen an den Direktor der Badischen Ani-lin- und Soda-Fabrik (BASF) und an Rudolf Nietzki, einen befreundeten Basler Pro-fessor f�r Chemie und Verfasser des Lehrbuches Chemie der organischen Farbstoffe,dass er sich „nach dem langen immunit�tszauber“ wieder seinem „Lieblingsgebiet“der Farbstoffe und der Theorie der histologischen und biologischen F�rbung zuwen-den wolle.1 Den Chemiker R. Meyer, den er als Kooperationspartner f�r die Farb-stoffsynthese gewinnen wollte, informierte er mit Verweis auf eine Publikation vonHeinrich Caro Ueber die Entwickelung der Theerfarbenindustrie2 �ber seine lang-j�hrigen Erfahrungen auf dem Gebiet der Farbenchemie: „Sie werden einer fl�chti-gen durchsicht entnehmen k�nnen, dass ich das grenzgebiet zwischen medicin undfarbenchemie seit jahren – ich k�nnte sagen als erster unter den medicinern, einge-hend verfolgt habe.“ Sein besonderes Interesse f�r „das histologisch tinctorielle ver-halten der neuen farbstoffe“ hervorhebend lud Ehrlich den adressierten Chemikerein, ihm bei der Synthese von Farbstoffen in reiner Form behilflich zu sein. „SolltenSie lust und zeit zu einem kleinen ausflug in das medicinisch tinctorielle grenzgebiet

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haben, so w�rde ich mich sehr freuen und Sie bitten, mir mit einer zeile freundlichstbescheid zukommen zu lassen.“3

Als Direktor des Instituts f�r Serumforschung und Serumpr�fung hatte Paul Ehr-lich sich in den vergangenen Jahren haupts�chlich mit der Pr�fung von Diphtherie-seren und der Verbesserung von Pr�fungsmethoden besch�ftigen m�ssen. Mit derEntwicklung einer neuen Wertbestimmungsmethode waren diese Arbeiten vorerstabgeschlossen und 1898 hoffte Ehrlich, sich nun wieder vermehrt seinem fr�herenArbeitsgebiet der „Farbenchemie“ widmen zu k�nnen. Unter „Farbenchemie“ sub-summierte Ehrlich seine Forschungen auf dem Gebiet der Histologie und Histopa-thologie; speziell die Differenzierung von Zell- und Gewebestrukturen, die Identifi-zierung von mikrobiologischen Krankheitserregern und die Erkl�rung zellphysiolo-gischer Prozesse mittels F�rbung. Im epistemischen Prozess kam den Farbstoffenund F�rbeverfahren eine fundamentale Bedeutung zu. Daher zieht sich die durch dieF�rbung erm�glichte Sichtbarmachung unsichtbarer Strukturen, Prozesse und Ob-jekte �ber Jahrzehnte wie ein roter Faden durch die Arbeiten von Paul Ehrlich: DieFarben gaben dem Gewebe Kontur und Struktur und den Bakterien einen K�rper,der auch f�r andere objektiv sichtbar war.

F�r Ehrlichs Arbeiten war die Sichtbarmachung eine Conditio sine qua non f�rden epistemischen Prozess. Die F�rbung von Gewebe und Zellen machte f�r dasbloße Auge unsichtbare Strukturen und biologische Prozesse sichtbar, differenzier-bar und �berhaupt erforschbar. Dar�ber hinaus konnten durch die F�rbung die Er-gebnisse in der wissenschaftlichen �ffentlichkeit diskutiert und die Pr�parate undsichtbaren Artefakte als �berzeugendes Argument in der „moral economy“ wissen-schaftlicher Auseinandersetzungen ins Feld gef�hrt werden.4

Die F�rbung organischer Substanzen erforderte großes Geschick und setzte dasErlernen handwerklicher Praktiken und die Ein�bung repetitiver Handlungen beider Herstellung von Pr�paraten voraus. Die F�rbung sollte nicht nur den For-schungsgegenstand sichtbar machen, sondern die Bilder und Pr�parate sollten die„Ph�nomene selbst“ wiedergeben und „naturgetreu“ dargestellt sein, um eine allge-meing�ltige Objektivit�t zu gew�hrleisten.5 Damit einher ging die Aneignung be-sonderer Fertigkeiten des Betrachtens, des Beobachtens, der Wahrnehmung, derSchulung des Auges und des Sehens.6 Die Ergebnisse der Sichtbarmachung wurdenselbst zum epistemischen Objekt, das neue Forschungsfragen generierte. �hnlichePraktiken und Prozesse zur Generierung wissenschaftlicher Objektivit�t und derenVerhandlung lassen sich in der Moderne auch in anderen (Sub-)Disziplinen beobach-ten.7

Bisherige Studien zu den histologischen und histopathologischen Arbeiten Ehr-lichs haben die gegenseitige Beeinflussung von Chemie und Medizin und die be-fruchtende Kooperation zwischen Ehrlich und der chemischen Industrie im Rahmenseiner farbchemischen Arbeiten dargestellt. Anthony S. Travis hat kenntnisreich dieSynthese neuer Farbstoffe beschrieben, an deren Entwicklung Ehrlich beteiligt war.8

Die Studien von Alberto Cambrosio, Daniel Jacobi und Peter Keating haben die Be-deutung von bild�hnlichen Artefakten und Abbildungen zur Visualisierung abstrak-ter Theorien dargelegt.9 �berspitzt formuliert er�rtert Travis die Bedeutung vonFarbstoffen und Cambrosio, Jacobi und Keating fokussieren sich auf die Bedeutungvon Bildern und die Wirkung, die sie entfalten.

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Die vorliegende Studie konzentriert sich indes auf die Praktiken der Sichtbarma-chung durch Farbstoffe und gef�rbte Pr�parate. Sichtbarmachung ist nicht allein dasForschungsergebnis am Ende eines epistemischen Prozesses oder ein f�r die wissen-schaftliche Argumentation hergestelltes illustrierendes Accessoire, sondern Sichtbar-machung ist immanenter Teil des epistemischen Prozesses. Sichtbarmachung ist derWissensproduktion inh�rent und �ber die Praktiken der Sichtbarmachung selbstwird Wissen generiert. Der Artikel schließt an zahlreiche Publikationen zur Visuali-sierung und Sichtbarmachung in den Wissenschaften der letzten Jahre an, die aus ver-schiedenen Perspektiven die Zusammenh�nge zwischen Sichtbarmachung und Ob-jektivit�t, Medialit�t und Materialit�t bild�hnlicher Artefakte, ,gelehrtem Auge‘ und,geschulter Hand‘, Beobachtung und gerichtetem Sehen, handwerklicher Praktikenund dem daraus generierten Erfahrungswissen, hergestellt und untersucht haben.10

In dem vorliegenden Artikel wird gezeigt, welcher Aufwand von Paul Ehrlich be-trieben wurde, um unsichtbare Strukturen auf der Mikroebene sichtbar zu machen,und welche Voraussetzungen hierf�r erforderlich waren. Es wird nachgezeichnet,wie �ber die handwerklichen Praktiken der Sichtbarmachung biomedizinisches Wis-sen generiert wurde und welche Bedeutung diese Praktiken und die Materialit�t derObjekte im epistemischen Prozess hatten.

Nachfolgend werde ich die Bedeutung von Farbstoffen und die Praktiken derSichtbarmachung in den verschiedenen von Paul Ehrlich bearbeiteten Forschungs-feldern in jeweils separaten Unterkapiteln untersuchen. Einleitend werde ich dasUmfeld skizzieren, in dem Ehrlich seine Farbexperimente begonnen hat. Anschlie-ßend werden seine Besch�ftigung mit Farbstoffen w�hrend des Studiums skizziertund seine weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Farbstoffen nachge-zeichnet: beginnend mit der F�rbung von Gewebe zur Darstellung histologischerStrukturen, der F�rbung von Bakterien zu diagnostischen Zwecken, der Vitalf�rbungzur Erkl�rung zellphysiologischer Prozesse sowie der Entwicklung der Farbthera-pie. Die verschiedenen Schwerpunkte unterliegen zwar einer chronologischen Ab-folge und die gewonnenen Erkenntnisse und F�rbetechniken bauten epistemisch auf-einander auf. Gleichwohl l�sten sich die Arbeitsbereiche nicht ab, sondern sie �ber-lappten sich und bestanden gleichzeitig fort. In den einzelnen Abschnitten desArtikels werden die Farbstoffe durch ihre F�higkeit, unsichtbare Strukturen und ab-strakte biochemische Prozesse zu veranschaulichen, als ein verbindendes Elementund erkenntnisleitendes Interesse in Ehrlichs Arbeiten dargestellt.

Kreuzungspunkte

Paul Ehrlich hatte sich bereits seit seiner Schul- und Studienzeit in den 1870er Jahrenf�r Farbstoffe interessiert. Die Anekdoten �ber seine fr�hen F�rbeversuche sindzahlreich. Beispielsweise erinnerte sich der Anatom Wilhelm Waldeyer, dass Ehrlichals Student in Straßburg die Studien zur F�rbung von Gewebe oft bis in die Abend-stunden fortgesetzt habe. Von den erzielten Pr�paraten beeindruckt habe Waldeyerihn trotz des w�st aussehenden Arbeitstisches gew�hren lassen.11 Der FreiburgerPhysiologe Otto Funke teilte Waldeyers Langmut hinsichtlich der Verunstaltung desArbeitsplatzes nicht. Er beklagte, dass die „Spuren von Ehrlichs Fleiss“ unverw�st-lich seien und bestand darauf, dass Ehrlich die w�hrend seiner Freiburger Studienzeitverursachten Farbflecken beseitigte und den Pr�pariertisch vor seinem Wechsel nach

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„Ehrlich f�rbt am l�ngsten“

Breslau abhobeln ließ.12 Ehrlichs Breslauer Professor Julius Cohnheim verzweifeltewohl mitunter an seinem Studenten. Einem Gast des Instituts wurde Ehrlich mit denWorten vorgestellt: „Das hier ist der kleine Ehrlich; er ist ein sehr guter F�rber, abersein Examen wird er nie machen.“13 Ehrlichs Kommilitonen quittierten seinen Eifermit dem abgewandelten Spruch: „Ehrlich f�rbt am l�ngsten.“14

Die Anekdoten, entstanden aus lange zur�ckliegenden Erinnerungen und ver-meintlichen Begebenheiten aus der Studienzeit von Paul Ehrlich und dessen zitierteHinweise auf sein ,Lieblingsgebiet‘ Ende des Jahrhunderts, belegen Ehrlichs lebens-lange Leidenschaft f�r Farben, Farbstoffe und F�rbungen.15 Diese Leidenschafthatte sein acht Jahre �lterer Vetter Carl Weigert geweckt, der ihm Vorbild und Leit-figur war. Wie Ehrlich hatte Weigert Medizin studiert und seit den 1860er Jahrenbei Wilhelm von Waldeyer, Hermann Lebert und Julius Cohnheim gearbeitet. Le-bert hatte in den 1830er Jahren in Berlin und Z�rich studiert und bei Lukas Sch�n-lein mit einer botanischen Arbeit promoviert. Lebert wechselte anschließend nachParis, wo er f�r viele Jahre auf dem Gebiet der sich konstituierenden mikroskopi-schen Pathologie t�tig und eng mit Vertretern der so genannten Franz�sischenSchule verbunden war. Ausgehend von Fran�ois Xavier Bichat und seinen Sch�lernfand die (mikroskopische) Gewebelehre Mitte des 19. Jahrhunderts Eingang in diedeutsche Anatomie und Physiologie16 und Lebert kann mit den Publikationen zurPhysiologie pathologique (1845) und dem Trait� d’anatomie pathologique g�n�raleet sp�ciale (1857)17 als Grenzg�nger und Mittler zwischen nationalen Denkstilenund den unterschiedlichen Disziplinen gelten. An der Schnittstelle zwischen mikro-skopischer Anatomie und Pathologie, pathologischer Anatomie und Physiologiebildeten sich Histologie und Histopathologie als eigene Subdisziplinen heraus, indenen sich die Untersuchungsebene vom Organ auf das Gewebe – und somit aufdie Mikroebene – als Sitz krankhafter Ver�nderungen verlagerte. Neben Lebert, der1859 an die Medizinische Klinik der Universit�t Breslau berufen wurde, besch�ftig-ten sich in Deutschland beispielsweise Theodor Schwann, Jacob Henle, Robert Re-mak und Rudolf Virchow mit der (mikroskopischen) pathologischen Anatomiebzw. mit der Zellularpathologie.18

Im Kontext der sich etablierenden Histopathologie besch�ftigte sich Weigert seitEnde der 1860er Jahre ausgiebig mit der Verbesserung von Praktiken, Methoden undVerfahren, um Gewebsschichten zu differenzieren und Zellstrukturen und deren pa-thologische Ver�nderungen zu unterscheiden und aufzuzeigen. Der Ausbruch einerPockenepidemie in Breslau in Folge des deutsch-franz�sischen Krieges er�ffneteWeigert die M�glichkeit, die Leichen von mehr als 200 an Pocken verstorbenen Per-sonen zu sezieren.19 Die Vielzahl der Sektionen und das daraus gewonnene umfang-reiche Gewebematerial versetzten Weigert in die Lage, die histologischen Methodensystematisch zu verbessern, um die Ursache f�r die abnormen Ver�nderungen derHaut und die dadurch bedingten krankhaften Vorg�nge zu ergr�nden.20 In den Ana-tomischen Beitr�gen zur Lehre von den Pocken beschrieb Weigert ausf�hrlich, wie erdas Material gewonnen und geh�rtet hat, um daraufhin mit dem Mikrotom „mit dergr�ssten Sicherheit l�ckenlose Reihen gen�gend feiner Schnitte“ anzufertigen, die eranschließend gef�rbt und unter dem Mikroskop untersucht hat.21 Er wies auf die sogenannte Druck- und Zugkomponente bei der Erstellung der Schnitte hin und gingdetailliert auf Gefahren einer m�glichen Besch�digung ein, die die Aussagekraft derPr�parate beeintr�chtigen (oder sogar zunichtemachen) k�nnten.

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Robert Rieder22 subsumiert, dass Weigert in diesen fr�hen histologischen Arbei-ten die Verwendung des Mikrotoms zur Erstellung von Schnittpr�paraten aus derBotanik in die Histologie �berf�hrt und nutzbar gemacht habe.23 Zuvor wurden dieSchnitte „mit freier Hand“ angefertigt, was Weigert allerdings f�r eine Serie vonSchnitten als ungen�gend empfand.24 Durch die l�ckenlosen Serienschnitte konnteman nun Gewebsver�nderungen sukzessive und die �berg�nge vom normalen in daskrankhafte oder nekrotische Gewebe verfolgen.25 Eine methodische Innovation wardie H�rtung des entnommenen Gewebes als Pr�misse f�r die Herstellung derSchnittpr�parate.26 Eine weitere technische Voraussetzung f�r die zunehmend diffe-renzierten histopathologischen Arbeiten zur Sichtbarmachung unsichtbarer Mikro-strukturen und die Verschiebung von der Makro- zur Mikroebene27 stellten die Ent-wicklungen in der optischen Technik bzw. die Perfektionierung von Mikroskopendar.28 Ein großer technischer Fortschritt sei Robert Rieder zufolge durch die drei-fach differenzierte F�rbung der Schnitte erzielt worden. Erstmalig wurden Farb-stoffe dazu verwendet, um die „verschiedenen Gewebe als qualitativ verschieden immikroskopischen Bilde hervortreten zu lassen“.29 Weigert war damit zum ersten Maldie Sichtbarmachung von krankheitserregenden Mikroorganismen in Schnittpr�pa-raten30 und die isolierte Bakterienf�rbung gelungen.31 Als anerkannter Fachmannauf dem Gebiet habe Weigert Mitte der 1870er Jahre den nach Breslau gereisten Ro-bert Koch in die F�rbetechniken und die Herstellung von Schnittpr�paraten einge-f�hrt.32

Im Unterschied zu Joseph von Gerlach, der bereits Mitte des 19. Jahrhunderts Ge-webe mit pflanzlichen Farbstoffen gef�rbt hatte, verwendete Weigert neben den na-t�rlichen Farbstoffen H�matoxylin und Karmin sp�ter auch chemische Farbstoffewie Eosin, Fuchsin und Methylenblau.33 Bis Mitte des 19. Jahrhunderts gab es unge-f�hr zwanzig aus Pflanzen oder Tieren aufwendig erzeugte Farbstoffe wie Indigo-blau, Purpur- und Karminrot oder Crocetin (Safran), die vornehmlich zum F�rbenvon Textilien verwendet wurden. Diese wurden seit den 1860er Jahren zunehmenddurch k�nstliche Farbstoffe verdr�ngt, die aus dem Abfallprodukt Teer synthetisiertwurden und wesentlich billiger hergestellt werden konnten. Die Zahl der j�hrlichneu entwickelten oder technisch verbesserten Farbstoffe stieg in den 1870er Jahrenrasant an und die aus der Farbstoffindustrie hervorgehende chemische Industrieavancierte zu einem f�hrenden Sektor der Zweiten Industriellen Revolution.34

�ber die Verarbeitung synthetischer Farbstoffe in der Textilindustrie hinaus wur-den k�nstliche Farbstoffe auch in der universit�ren Chemie und den experimentellenLebenswissenschaften verwendet. Die auf dem Gebiet der Histologie Forschendenwerden sich die Farbstoffe wahrscheinlich durch ihnen bekannte Chemiker oderApotheker beschafft haben, da es noch keine etablierten Bezugsstrukturen f�r Wis-senschaftler gab. Paul Ehrlich bemerkte jedenfalls in einer Fußnote in seiner erstenPublikation, dass er die verwendeten Farbstoffe von dem Freiburger Apotheker Jo-seph Frank bezogen habe.35 Paul Ehrlichs Schwester zufolge verbrachte ihr Bruderauch in den Ferien in seiner schlesischen Heimat einen großen Teil seiner Zeit in derApotheke. Ehrlich war mit dem Provisor der Apotheke, dem eingangs zitierten Ru-dolf Nietzki, befreundet, „mit dem er allerhand chemische Versuche machte“36 undder ihm wahrscheinlich auch die f�r seine Experimente notwendigen Chemikalienbesorgt haben wird.

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Die historische Kreuzung dieser verschiedenen Entwicklungen – der sich etablie-renden pathologischen Anatomie und der Histopathologie, der technischen Verbes-serungen in der Mikroskopie bzw. den Entwicklungen in der optischen Technik undder aufstrebenden Farbenchemie, die zahlreiche k�nstliche Farbstoffe zur Verf�gungstellte und deren Verwendung in den Lebenswissenschaften begr�ßte – schuf einUmfeld, in dem Paul Ehrlich unter Weigerts Obhut Medizin studiert, seine obsessi-ven Farbversuche ausgef�hrt und erste histologische Arbeiten angefertigt hat.

Ehrlich f�rbt am l�ngsten

Die Anekdoten �ber Ehrlichs bis in die Abendstunden w�hrende F�rbestudien, �berseinen Fleiß, �ber den Spott seiner Kommilitonen oder die Bef�rchtung seines Pro-fessors, er werde eher F�rber denn Mediziner, verweisen auf die ausf�hrliche �bungund die Wiederholung der erlernten Praktiken und die Generierung von Erfahrungs-wissen, das sich Ehrlich in dieser Zeit aneignete. In der Erfahrung vereinigten sichhandwerkliche T�tigkeit und ein implizites Wissen,37 das erforderlich war, um Ab-weichungen in der stetig wiederkehrenden F�rberoutine erkennen zu k�nnen.38 DieAbwandlung bereits bekannter Verfahren und Praktiken f�hrte gegebenenfalls zuneuen Forschungsergebnissen. Das permanente Ausbilden neuer Praktiken sowiedas Ausprobieren und Experimentieren mit einge�bten Verfahren wurden selbst zueinem Versuch, zu einem Experiment mit ungewissem Ausgang. Ehrlich fasste dieErgebnisse der jahrelangen „Versuche“ 1877 in einem Artikel �ber die Anilinf�rbungverschiedener Zellgewebe zusammen, der im Archiv f�r mikroskopische Anatomieerschien.39 W�hrend die Anilinf�rbung in der Textilindustrie weit verbreitet sei, h�t-ten die Anilinfarben in der Histologie bislang nur eine geringe Verbreitung gefun-den, leitete er seinen Artikel ein. Daher wolle er nun seine eigenen Beobachtungen�ber die Anilinf�rbung zur Kenntnis bringen.40 In aufw�ndigen Versuchsreihenhatte Ehrlich verschiedene Farbstoffe, Gewebe- und Organpr�parate zahlreicherTierspezies miteinander kombiniert. Schritt f�r Schritt beschrieb er den Farbstoff,die Mischung der Farbstoff-L�sung, die Gewinnung und F�rbung der Organpr�pa-rate und die anschließend notwendige Entf�rbung und die Konservierung derSchnitte mit verharztem Terpentin, die die nuancierte F�rbung langfristig haltbarmachte.41 Sein Vorgehen soll nachfolgend ausf�hrlich wiedergegeben werden, umden hinter der Sichtbarmachung stehenden Aufwand zu verdeutlichen.

Aus einer Reihe verwandter Phenylrosanilin-Farbstoffe f�rbte das wasserl�slicheDahlia (Monophenylrosanilin) „ausserordentlich stark“, daher konzentrierte sichEhrlich auf diesen Farbstoff. F�r Schnitte sei die Methode aufgrund der intensivenF�rbung jedoch nur bedingt geeignet, da die massive F�rbung meist st�rend wirke.„Behandelt man solche Dahlia-Pr�parate mit essigs�urehaltigem Wasser, so tritt,w�hrend ein Theil des Farbstoffes in die Waschfl�ssigkeit diffundirt, eine sch�neblauviolette Kernf�rbung ein, w�hrend das Protoplasma und Bindegewebe, entspre-chend dem S�uregehalt, mehr oder weniger entf�rbt wird.“42 Die Pr�parate k�nnteneine begrenzte Zeitdauer in essigsaurem Wasser aufbewahrt werden. Ehrlich empfahlallerdings die Entw�sserung durch Alkohol und die Konservierung der F�rbung inverharztem Terpentin. Ferner stellte Ehrlich fest, dass sich bestimmte zellige Ele-mente besonders intensiv f�rbten. Diese Gebilde seien, so wollte er in seinem Beitragzeigen, mit den von Wilhelm von Waldeyer beschriebenen Plasmazellen identisch.43

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Eine isolierte F�rbung der Plasmazellen unter Vermeidung der Kernf�rbung er-halte man, indem man die Organe f�r einige Tage „gut in starkem Alkohol (Chrom-salze sind nicht zu verwenden)“ einlege, damit sie geh�rtet werden. Ehrlich machtedetaillierte Angaben zur Farbfl�ssigkeit, die f�nfzig Zentiliter absoluten Alkohol,einhundert Zentiliter Wasser und zw�lfeinhalb Zentiliter Eisessig enthalten m�sse.

Zu dieser Mischung gibt man so viel Dahlia, dass eine fast ges�ttigte L�sung entsteht. In dieser Farb-flotte bleiben die Pr�parate mindestens 12 Stunden, werden dann in Alkohol entw�ssert und in verharz-tem Terpentin untersucht. Gut gelungene Pr�parate lassen sich schon daran erkennen, dass die Entf�rbungin Alkohol sehr schnell vor sich geht […]. Die Entf�rbung der Pr�parate h�ngt – ceteris paribus – von derAns�urung ab. Eine L�sung, die 7 1/2 Cc. Eisessig auf 150 Cc. Alcohol � tiers enthielt, tingirte die Pr�para-te schon ziemlich intensiv. Nach diesen Angaben wird es leicht sein, sich f�r jedes Organ die zweckent-sprechende L�sung darzustellen; w�hrend man bei vorwiegendem Bindegewebe schw�chere S�uremi-schungen wird anwenden k�nnen, scheint es gerathen, an zellenreichen Orten die st�rkeren L�sungenvorzuziehen. Uebrigens darf man mit dem S�urezusatz eine gewisse Grenze nicht �berschreiten, ohne dieZellen zu gef�hrden.44

Plasmazellen, so Ehrlich, k�nne man auch mit einer Reihe weiterer Anilinfarbendistinkt f�rben. Er nannte Primula, Jod- und Methylviolett, „eine unter dem Namen,Purpurin‘ k�ufliche rothe Anilinfarbe“, Saffranin und Fuchsin, von denen Methyl-violett die sch�nsten Resultate erziele.45 Ein modifiziertes Vorgehen erfordere dieF�rbung von „Zerzupfpr�paraten“, die Ehrlich ebenfalls gesondert erl�uterte: Ineiner leicht ver�nderten Dahlia-Mischung w�rden die frischen Organe in toto einge-legt; so erhielt Ehrlich nach der Entf�rbung und Konservierung in „verharztem Ter-pentin die sch�nsten Pr�parate“, d.h. die distinke F�rbung der als Plasmazellen be-zeichneten Gebilde.46 Die detaillierte Beschreibung dokumentierte Ehrlichs wissen-schaftliche Herangehensweise und sollte eine ,objektive‘ Wiederholung undBest�tigung seiner Versuche erm�glichen. Ein eindeutiges F�rberesultat war wichtig,denn dies diente als Kriterium, welches die gef�rbten Gebilde als Plasmazellen iden-tifizieren sollte.

Erst nach der eindeutigen Identifikation konnte Ehrlich Angaben �ber die Gr�ßeund das Aussehen der Plasmazellen, die H�ufigkeit des Auftretens und die Anord-nung der Zellen zu gr�ßeren Einheiten machen. Die �ußere Charakterisierung der sogenannten Plasmazellen und die H�ufigkeit ihres Auftretens hingen stark von der je-weiligen Tierspecies und der Gewebeart ab. Im Laufe der Untersuchung kristalli-sierte sich eine Versuchsmatrix heraus, in der einerseits verschiedene (Tier-)Spezieswie Frosch, Ratte, Hund, Ziege, Taube und Mensch und andererseits verschiedeneGewebesorten: Haut, Muskeln, Knorpel und Knochen, Bindegewebe, Gewebe vonOrganen des lymphatischen Systems sowie dr�siger Organe miteinander kombiniertworden waren.47

Die gef�rbten, als Plasmazellen bezeichneten Gebilde variierten im Hinblick aufihre Gr�ße und ihre Anordnung. Ehrlich beobachtete sowohl Riesenzellen als auchkleinste zellige Elemente, die man zahlreich im Gewebe antraf und die in der Regelin wurstf�rmigen Str�ngen, in Haufen und in mehrzelligen Verb�nden angeordnetwaren. Obwohl Waldeyer Plasmazellen als k�rnchenlose Zellen beschrieben hatte,z�hlte Ehrlich auch Zellen mit gef�rbten K�rnchen zur Gruppe der Plasmazellen.48

Wenn er, anders als Waldeyer auch „Elemente, die in Bezug auf Gr�sse, Aussehenund Vertheilung grosse Differenzen aufweisen“ als Plasmazellen bezeichne, sogeschehe dies mit „R�cksicht auf die so scharf charakterisierte F�rbung (Farbn�ance,ungef�rbter Kern)“.49 Die eindeutige F�rbung durch Dahlia und die Beobachtung

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„Ehrlich f�rbt am l�ngsten“

unter dem Mikroskop wurde zum bestimmenden Merkmal, das die Gebilde als Plas-mazelle kennzeichnete.

Die Laboraufzeichnungen zu den Beitr�gen zur Anilinf�rbung verschiedener Zell-gewebe sind nicht erhalten und wir m�ssen davon ausgehen, dass der Beitrag in derNarration teleologisch ausgerichtet ist: Schon fr�h wird der Fokus auf Dahlia alsFarbstoff der Wahl festgelegt und die besondere Aufmerksamkeit auf die Identifika-tion und Spezifikation der Plasmazellen gerichtet, was sich aus den Vorarbeiten unddem Interesse seines Lehrers Wilhelm von Waldeyer erkl�rt. Bis Ehrlich das darge-stellte Verfahren zur Sichtbarmachung von Plasmazellen in dieser Form pr�sentierenkonnte, waren zahlreiche Vorversuche notwendig, Wiederholungen nahezu gleicherVerfahren mit der Abwandlung jeweils einer Variante, das Versuchen und Auspro-bieren. Jede Abwandlung f�hrte gegebenenfalls zu einer neuen Versuchsreihe mitzahlreichen Variationen: Ehrlich verwendete andere Farbstoffe, Schnitte in verschie-denen Abmessungen und „Zerzupfpr�parate“, die Farbmischung und Entf�rbungs-l�sungen in verschiedenen Mischungsverh�ltnissen, die zu unterschiedlichen Resul-taten f�hren konnten. Die Ergebnisse variierten wiederum je nach Gewebeart undSpezies, so dass auch hier immer wieder Variationen der Versuchsanordnung zurF�rbung der Gewebe vorgenommen werden mussten. Die F�rbung machte zwarZellstrukturen sichtbar, eine zu intensive F�rbung oder ungen�gende Entf�rbungverdeckte wiederum Strukturen und machte diese unsichtbar. So bemerkte Ehrlicheingangs, dass das wasserl�sliche Dahlia in neutraler L�sung die meisten Gewebe„zwar ausserordentlich stark [f�rbt], um so auff�lliger erscheint es, dass gegen�berder intensiv blau-violetten F�rbung des Protoplasma der Kern fast gar nicht oder nurblassr�thlich tingirt erscheint“.50 Nicht die intensive F�rbung war entscheidend,sondern die Nuancierung, die abgrenzt und nicht verdeckt. Aus diesem Grund emp-fahl Ehrlich eine isolierte Zellkernf�rbung mit einem weiteren Farbstoff. Gelegent-lich eingestreute Hinweise auf das F�rbeverhalten alternativer Farbstoffe, auf Publi-kationen oder Fehlversuche51 sowie auf praktische Ratschl�ge belegen die Erfah-rung, die der Student aufgrund seines „Fleisses“ und der Praxis gesammelt hatte. DasErfahrungswissen wird dort deutlich, wo Ehrlich keine genauen Angaben machtebzw. machen konnte: Pr�parate seien „eine gewisse Zeit in essigsaurem Wasser“ auf-zubewahren, Organe m�ssten zur H�rtung einige Tage in starkem Alkohol belassenwerden, es sei so viel Dahlia in die Mischung hinzugeben, bis eine fast ges�ttigte L�-sung entstehe. Es ist anzunehmen, dass Ehrlich keine detaillierten Angaben machte,weil sie ihm unwichtig erschienen, und er bei seiner Leserschaft ein �hnliches Erfah-rungswissen voraussetzte, das erm�glichte, ein „gelungenes Pr�parat“ – d. h. einendie eindeutige Identifikation von Plasmazellen durch deren Sichtbarmachung er-m�glichenden Gewebeschnitt mit nuancierter F�rbung – im Prozess des F�rbensund Entf�rbens zu „erkennen“.

Ein Jahr sp�ter fasste Ehrlich in seiner Doktorarbeit Theorie und Praxis der histo-logischen F�rbung seine bisherigen f�rbetechnischen Arbeiten zusammen.52 Er kriti-sierte, dass die meisten histologischen Untersuchungen mangelhaft seien, weil dieBearbeiter die verwendeten Farbstoffe nur ungen�gend beschreiben w�rden undman die Ergebnisse aufgrund der mangelhaften Angaben experimentell nicht odernur schwer nachpr�fen k�nne und diese sich einer objektiven Bewertung entz�gen.Ehrlich sah sich daher veranlasst, alle g�ngigen Farbstoffe unter Angabe der Bezugs-quelle und der im Handel �blichen Bezeichnungen, ihrer Zusammensetzung und

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Herstellung, L�slichkeit und der so genannten tinktorialen Eigenschaften bei derF�rbung von Gewebe zu beschreiben und zu systematisieren. Hinsichtlich des histo-logischen Elektionsverm�gens differenzierte er drei Gruppen, denen sich nahezualle im Handel befindlichen Farbstoffe zuordnen ließen. Als Hauptgruppen unter-schied er Farbammoniake, davon abgeleitete Sulfoverbindungen und K�rper, denenNitro- und Halogengruppen hinzugef�gt wurden. Auf den folgenden Seiten stellteer die einzelnen Farbstoffe bzw. Farbstoffgruppen dar, wobei wichtige Farbstoffewie das Rosanilin ausf�hrlich und weniger gebr�uchliche Farbstoffe kursorisch be-sprochen wurden.53

In der histologischen Analyse der Farbstoffe konzentrierte sich Ehrlich auf dieh�ufig verwendeten Anilinlackpr�parate. Die bei diesen Pr�paraten erzielten F�r-bungen wiesen, so Ehrlich, einen Komplex gleicher Merkmale auf: eine abgestufteKernf�rbung; eine F�rbung der „granulirten Zellen“; Knorpelf�rbungen; Schleim-und Haarf�rbungen; und eine Farblosigkeit des Bindegewebes. „Die Gesammtheitdieser Tinctionen ist so charakteristisch, dass es m�glich ist, neue unbekannte Farb-stoffe, die, wie das Gentianaviolett und das Chinaroth, dieselben hervorzubringenim Stande sind, ohne weiteres in der von mir geschilderten Gruppe unterzubrin-gen.“54 Von den angef�hrten charakteristischen tinktorialen Merkmalen diskutierteEhrlich die F�rbung der „granulirten Zellen“ ausf�hrlich, da er in ihnen eine eigeneZellart erkannt zu haben glaubte, die er von den Plasmazellen abgrenzte. Die vonEhrlich als „Mastzelle“ charakterisierte Gruppe zeichnete sich erstens durch dasVorhandensein k�rniger K�rperchen von unbestimmter Gr�ße aus, die sich in ihrerF�rbung vom farblosen Protoplasma abhoben. Ein zweites Charakteristikum der sogenannten Mastzellen stellte, so Ehrlich, die geringe Affinit�t des Zellkerns zu Ani-linfarben dar, typischerweise sei der Zellkern ungef�rbt.55 Die „Entdeckung“ derMastzellen wird retrospektiv als der „central part of his presentation“ und als dieherausragende Leistung der Dissertation gew�rdigt.56

Ehrlich fasste die histologische F�rbung als „Electionsf�rbung“ auf: Durch die F�r-bung sollten die einzelnen Formbestandteile des Gewebes auseinandergehalten57 unddessen Strukturen sichtbar gemacht werden. Insofern kam der F�rbung eine grundle-gende Bedeutung in der Medizin bzw. der Anatomie zu.58 Ehrlich schloss sich der inder ,scientific community‘ vorherrschenden Auffassung an, dass es sich bei den F�r-bungsvorg�ngen um einen chemischen und nicht um einen mechanischen Prozesshandeln w�rde. Ein dem F�rbeprozess �hnliches Verhalten k�nne man auch in ande-ren chemischen Verbindungen beobachten. Ehrlich „supported the theory that thestaining process relied on a chemical reaction between dye-stuff and cell“. Daraus fol-gend zeichnet sich das Leitmotiv zuk�nftiger Arbeiten ab: die Annahme, dass vitaleProzesse und das Leben in der Zelle auf chemischen Gesetzm�ßigkeiten beruhe.59

In seinem Artikel zur Anilinf�rbung verschiedener Zellgewebe hatte Ehrlich dieeindeutige F�rbung von Zellen durch eine bestimmte Farbe als ein Merkmal defi-niert, das die Zellen einer bestimmten Gewebegruppe zuordnet. Daran ankn�pfendbemerkte Ehrlich, dass die „tinctorialen Erfahrungen“ wie die Picrinf�rbung derMuskeln oder die Goldf�rbung der Nervenfasern zeigen w�rden, dass sich die „hi-stologische F�rbung nicht nur zu einer optischen, sondern auch zu einer chemischenDifferenzierung der Gewebe“ eigne.60 In seinen Publikationen nahm Ehrlich zweiaufeinander bezogene Definitionen vor. In der ersten Publikation werden rechtunterschiedliche Gebilde insbesondere aufgrund ihrer eindeutigen F�rbung durch

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Dahlia als Plasmazellen bezeichnet.61 Die F�rbung wird zum Alleinstellungsmerk-mal. In der zweiten Publikation wird die charakteristische F�rbung von Zellen wie-derum zu einem eindeutigen Merkmal, um neue Farbstoffe in das von Ehrlich vorge-stellte System von Farbstoffen einzuordnen.62 Im ersten Fall bestimmt die F�rbungder Zellen �ber deren Zuordnung zu einer Gewebeart, im zweiten Fall werden Farb-stoffe �ber charakteristische F�rbungen von Zellen einer bestimmten Farbstoff-gruppe zugewiesen. Diese hier begonnene Systematisierung der g�ngigen zur F�r-bung von Gewebe geeigneten Farbstoffe setzte Ehrlich in der Zukunft fort. Erdurchsuchte chemische Fachzeitschriften auf neue dargestellte Farbstoffe, nahmKontakt zu Farbstoffherstellern und Chemikern auf und bat sie um eine Warenprobedes neu entwickelten Farbstoffes – dies war auch der Anlass des eingangs zitiertenBriefes an die BASF.63

In den skizzierten Beitr�gen zur Kenntniss der Anilinfarben und in seiner Disser-tation betrieb Ehrlich einen enormen Aufwand zur Sichtbarmachung von Gewebe-strukturen. Die F�rbung diente dazu, wie Ehrlich ausf�hrte, auf der Zellebene dieeinzelnen Formbestandteile auseinanderzuhalten und die f�r das bloße Auge un-sichtbaren Strukturen sichtbar zu machen. Die Kombination von Farbstoffen, Ge-webearten und die Verwendung von Gewebe verschiedener Tierspezies setzte Erfah-rungswissen, praktische Fertigkeiten und vor allem Beobachtungsgabe voraus – F�-higkeiten, die Ehrlich sich w�hrend seiner Studienzeit angeeignet hatte. Erst diedurch Erfahrung gespeiste Beobachtungsgabe erm�glichte es ihm, Gewebsstruktu-ren zu erkennen und davon abweichende Muster zu deuten und als normal zu defi-nieren.64 Neue Muster wurden beschrieben und den Publikationen zur Veranschau-lichung als Lithographie beigef�gt, damit man bei einer Wiederholung der Versuchedie Strukturmuster auch erkennen (und best�tigen) konnte. Sofern die Zellbeschrei-bungen in den allgemeinen Wissenskanon eingingen, wurden sie in entsprechendenLehrb�chern und Atlanten reproduziert, damit die Studierenden sich �ber die Re-zeption die Struktur einpr�gen konnten und wussten, worauf sie ihr Augenmerk zurichten hatten.65 Zudem wurde das Sehen und Erkennen mikroskopischer Struktu-ren in praktischen Kursen in Verbindung mit einer Einf�hrung in den Gebrauch desMikroskops vertieft.66

Mikrobenjagd – Das Normale und das Pathologische

Nach seiner Promotion f�hrte Ehrlich seine histologischen F�rbeversuche an derCharit fort. Analog zum bisherigen Vorgehen wurden verschiedene Farbstoffe undTierspezies kombiniert, wenngleich er sich nun auf Blut und blutbildende Organekonzentrierte. Die Sichtbarmachung von Zellen in Fl�ssigkeiten erforderte jedochein v�llig anderes Vorgehen. Zu diesem Zweck entwickelte Ehrlich eine spezielleTechnik, die es erm�glichte, Blut zu „fixieren“ und zu f�rben.67 Zur Erstellung desso genannten Trockenpr�parats wurde ein Tropfen Blut auf ein hauchd�nnes unddesinfiziertes Deckgl�schen aufgebracht, auf das ein zweites Glaspl�ttchen gelegtwurde. Nach Verteilung des Tropfens wurde das Blutpr�parat �ber einem Bun-senbrenner auf 120 bis 130 Grad f�r l�ngere Zeit erhitzt und durch die Trocknungfixiert. Wie Ehrlich einr�umte, b�ßte ein solches Pr�parat zwar seine L�slichkeit ein,nicht jedoch sein F�rbeverm�gen. Durch die d�nne Verteilung des Blutes sei eine ge-naue Untersuchung der feinen Zellstrukturen der weißen Blutk�rperchen m�glich.68

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In folgenden Arbeiten wandte er sich ausf�hrlich „der Physiologie und Pathologieder verschiedenen Formen der Leukocyten“ zu. Als Ergebnis seiner umfangreichenStudien ergab sich die Differenzierung der weißen Blutk�rperchen in verschiedeneGruppen, die Ehrlich je nach F�rbung mit sauren, basischen oder neutralen Farbstof-fen und anhand der spezifischen K�rnung klassifizierte. Ehrlich war es gelungen,Leukozyten zu f�rben, indem er basischen und sauren Farbstoff kombinierte und„neutrale“ Farbstoffe kreierte. Eine wichtige Erkenntnis bildete die Unterscheidungder Lymphozyten von den Leukozyten. Durch die F�rbung der Leukozyten konnteerstens deren Bildung im Knochenmark physiologisch zur�ckverfolgt und zweitensdie Diagnostik von Bluterkrankungen verfeinert werden.69

Durch die klinische T�tigkeit verschob sich Ehrlichs Forschungsschwerpunkt un-merklich. Zu den Routineaufgaben des �rztlichen Personals z�hlten auch Blut- undUrinuntersuchungen der erkrankten Patienten. Ehrlich begann nun, Sputum, Urinund anderes Krankenmaterial der Patienten zu f�rben und auf dessen F�rbemerk-male hin zu untersuchen. F�r die fl�ssigen Exsudate konnte er auf die Methoden derHerstellung von Trockenpr�paraten zur�ckgreifen. Wie bei der F�rbung von Blutbestimmte Bluterkrankungen wie beispielsweise Leuk�mie diagnostiziert und �berver�nderte Zellstrukturen – in qualitativer Hinsicht �ber die degenerative Ver�nde-rung von Blutzellen und in quantitativer Hinsicht �ber die ver�nderte anormale An-zahl bestimmter (weißer) Blutk�rperchen – sichtbar gemacht und dargestellt werdenkonnten, sollte die F�rbung von Urin die Diagnose am Krankenbett verbessern hel-fen. Auf Basis von 7.000 Einzelreaktionen hatte Ehrlich eine Harnprobe entwickelt– die sp�ter als Diazo-Reaktion bekannt wurde –, die eine differenzierte Diagnosebei Typhus-Erkrankungen erm�glichte. Der Urin des Patienten wurde mit einemaus Wasser, Sulfanil- und reiner Salpeters�ure sowie einigen K�rnchen Natriumnitritbestehenden Gemisch versetzt. Die Sulfanils�ure wurde durch die frei werdende sal-petrige S�ure in ein Sulfodiazobenzol umgewandelt, das sich mit dem Naphtylaminzu einem roten Azok�rper vereinigte. Aus der farblichen Ver�nderung konnte manTyphus von anderen fieberhaften Erkrankungen abgrenzen. Zudem erlaubte die In-tensit�t der Farbreaktion eine Prognose �ber den zu erwartenden Krankheitsver-lauf.70

An dem Kreuzungspunkt von experimenteller Labort�tigkeit und klinischer Dia-gnose, von Anatomie und Pathologie (der so genannten pathologischen Anatomie),von Medizin und Chemie und der Identifikation und Bezugnahme von normalenund pathologischen Strukturen wandte sich Ehrlich Fragestellungen aus der aufstre-benden Bakteriologie zu. Jenseits wissenschaftlicher Erw�gungen k�nne es „von ho-hem practischen Interesse sein, sich entsprechenden Falls auf leichte und sichereWeise von der An- oder Abwesenheit etwaiger Microorganismen �berzeugen zuk�nnen“. Ehrlichs Artikel „�ber das Methylenblau und seine klinisch-bakteriosko-pische Verwertung“, der sich erstmals direkt bakteriologischen Themen zuwandte,besch�ftigte sich „ausschließlich mit diesen rein klinischen Zwecken“ und fasste„nur die hierbei in Frage kommenden Objecte, die insgesammt, wie Blut und diemannigfaltigen Exsudate, fl�ssiger Natur sind, in’s Auge“.71

In dem Artikel fasste Ehrlich die Ergebnisse seiner anderthalbj�hrigen Erfahrungauf diesem Gebiet zusammen. Die Schwierigkeit bei der F�rbung organischer Fl�s-sigkeiten liege darin, dass sie gew�hnlich alkalisch seien und sich die „anwendbarenFarbstoffe in Form feiner Molek�le niederschlagen“, so dass man kaum unterschei-

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den k�nne, „was Farbpartikel, was Coccus sei“.72 Rekurrierend auf seine Disserta-tion und die dortige Systematisierung in saure, basische und neutrale Farbstoffe er-l�utert er, dass sich nur basische Farbstoffe f�r die F�rbung organischer Fl�ssigkeiteneignen. In einem n�chsten Schritt engt er diese Gruppe weiter ein. Eine Reihe von inBetracht kommenden Farbstoffen wie das Bismarckbraun, Fuchsin, Methyl- undGentianaviolett f�rbten ungemein intensiv. Bei der F�rbung von Bakterien sei nichtdie F�rbung, sondern die Entf�rbung das maßgebliche Kriterium. Entscheidend sei,„dass die Bacterien m�glichst intensiv tingirt, alles Andere aber m�glichst entf�rbtgehalten werde“. Die genannten Farbstoffe w�rden indes „alles m�gliche, Bacterien,Kerne, Protoplasma und schließlich auch das trockene Serum“ intensiv f�rben. Die„Entstehung distinkter und scharfer Bilder“ h�nge wesentlich von der Zeit der Ein-wirkung des Farbstoffes ab und die Entf�rbung sei nur „ausserordentlich schwer zuerreichen und bed�rfe „eines gewissen, nur durch lange �bung zu erreichendenTaktgef�hles“.73

Wirkt er zu lange, so werden noch andere Elemente neben den Bacterien gef�rbt und verdecken diesel-ben, wirkt er zu kurze Zeit, so werden die Bacterien zu schwach gef�rbt und leicht �bersehen; der Art,dass man stets in unangenehmer Weise zwischen �ber- und Unterf�rbung schwebt. Wenn ich noch hinzu-f�ge, dass die Concentration der F�rbemittel, ja selbst die Natur des Trockenpr�parats auf die Zeit desF�rbeoptimums Einfluss haben, wenn ich noch angebe, dass einige von ihnen z.B. das Bismarckbraun sichaus L�sungen spontan in k�rniger Form ausscheiden, so glaube ich die Schwierigkeiten […] ausf�hrlichgeschildert zu haben.74

Auf der Suche nach einem geeigneten Farbstoff sei er auf das Methylenblau gesto-ßen, das eine „hohe maximale Verwandtschaft f�r Microorganismen“ besitze und„andererseits keine Tendenz zur �berf�rbung“ zeige. Es erscheine daher, so Ehrlich,besonders geeignet zur F�rbung von Bakterien. Selbst unter ung�nstigen Verh�ltnis-sen erhalte man „klare und �berzeugende Bilder, die sich in gleicher Weise durchdistincte Kern- und Bakterienf�rbung auszeichnen“. Das Ergebnis sei unabh�ngigvon der Zeit der F�rbung, der Entf�rbung und der Konzentration der L�sung undentspreche den Anforderungen der maximalen Entf�rbung. Anschließend beschriebEhrlich die von ihm angewandte Technik. Als Grundlage verwende man normaleTrockenpr�parate und nachdem der Farbstoff – Ehrlich empfahl eine m�ßig kon-zentrierte L�sung – eine beliebige Zeit eingewirkt habe, „sp�lt man kurz im Was-serstrahl, trocknet vorsichtig zwischen Fliesspapierlagen, schliesst, nachdem dasPr�parat lufttrocken, in Lack ein und untersucht mit Koch’schen Cautelen (Beleuch-tungsapparat, �limmersion)“.75 Als Robert Koch 1882 in einem Vortrag die Identifi-zierung des Tuberkuloseerreger bekannt gab, verbesserte Ehrlich die von Koch ange-gebene Methode zur F�rbung der Tuberkelbazillen, indem er eine Methode ent-wickelte, die zu schnelleren Resultaten und einer deutlicheren F�rbung f�hrte, sodass das Verfahren auch praktisch angewendet werden konnte.76

Der beschriebenen Methode gingen jahrelange Versuche und praktische Erfahrun-gen bei der F�rbung organischer Pr�parate voraus: �bung, Erfahrung, Taktgef�hlund eine besondere Beobachtungsgabe waren unabdingbare Voraussetzungen undwurden immer wieder erw�hnt, auch um die eigene Expertise zu betonen. Erfahrungsetzte Ehrlich auch bei den Lesern voraus, die seine Versuche pr�fen wollten. EinigeAngaben waren ungenau und setzten den ge�bten Blick und die Praxis des Experi-mentators voraus: die Kenntnis normaler Trockenpr�parate und der Koch’schenCautelen wurden ebenso als bekannt vorausgesetzt wie das Wissen um eine m�ßigkonzentrierte L�sung.

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Bei der Sichtbarmachung von Bakterien kam es, wie Ehrlich betonte, auf die Ent-f�rbung an. Wie bei der F�rbung von Zellgewebe war die distinkte und abgegrenzteF�rbung wichtig, um die Bakterien unterscheidbar von der sie umgebenden Strukturzu machen. Der Aufwand, der zur Entwicklung geeigneter Verfahren zur F�rbungvon Bakterien betrieben wurde, war enorm77 und es galt, die Methode praktikablerzu gestalten, damit sie sich auch in der klinischen Praxis durchsetzen konnte.78 Tho-mas Schlich hat eindr�cklich gezeigt, welchen Aufwand Robert Koch betrieben hat,um Bakterien sichtbar zu machen und als Krankheitsursache objektiv nachweisenund diesen Nachweis reproduzieren zu k�nnen.79 W�hrend es bei Koch um diekomplexe Abfolge von Kultivierung, Fixierung, F�rbung, Mikroskopie und die auf-wendige Mikrophotographie ging, um ortsungebunden einen objektiven Beweis derExistenz des Krankheitserregers zu erbringen, war bei Ehrlich weder die Z�chtungder Bakterien notwendig, da es um die Darstellung von Fremdk�rpern in der aus derKlinik gewonnenen Probe ging, noch war die �bertragung auf ein Bildmedium er-forderlich. Bei Ehrlich stellte das gef�rbte Trockenpr�parat selbst den ortsungebun-denen Objekttr�ger dar, der die objektive Beweislast erbrachte, wobei das fixiertePr�parat eine vermittelnde Stellung zwischen dem eingef�rbten Gewebe und derpublizierten Zeichnung bzw. sp�ter der Photographie einnahm.80 Im Unterschiedzur Mikrophotographie war die Sichtbarmachung im Pr�parat unmittelbarer –authentischer. Es war keine weitere �bersetzungsleistung erforderlich, die die Sicht-barkeit auf ein weiteres darstellendes Medium transferieren musste. Nach Hans-J�rgRheinberger bilden Pr�parate nichts ab, sie sind „,Bilder‘ ihrer selbst: materielleMetonymien“.81

Die F�rbung von Bakterien setzte Kenntnisse �ber die „normale“ Struktur vonGewebe, Blut oder Stoffwechselprodukten voraus. Erst nachdem die normalenStrukturen des Untersuchungsobjektes visuell verinnerlicht worden waren, konntenObjekte in dieser Struktur als fremd erkannt und als pathologisch definiert werden.82

Durch die Verbindung von klinischer Praxis und der mikroskopischen Untersu-chung von Sputum und Tausenden von Urin- oder Blutproben war es Ehrlich m�g-lich, die normalen Strukturen zu definieren und aus diesen pathologische Fremdk�r-per zu identifizieren.

Die in unterschiedlichen Variationen vielfach wiederholten Prozeduren der F�r-bung und Entf�rbung erzwangen ein pr�zises und diszipliniertes Vorgehen. Schondie kleinste Nachl�ssigkeit konnte einen Versuch zunichtemachen, und das Ender-gebnis hing nicht unwesentlich von der Geschicklichkeit des Wissenschaftlers ab.Jede erneute Versuchsanordnung erforderte die volle Konzentration des Beobach-ters. Erst das geschulte Auge und der trainierte Wissenschaftler konnten jedwedenoch so geringe Abweichung von den bisher gemachten Erfahrungen unterscheiden,deuten und interpretieren und die gr�ßtm�gliche Differenz als Kumulation von Er-kenntnisprozessen f�hrte schließlich zu neuen Erkenntnissen bzw. zu neuen F�rbe-verfahren.83

Die durch die F�rbung erm�glichte Sichtbarmachung unsichtbarer Strukturen inden Lebenswissenschaften er�ffnete einen Mikrokosmos, der von Entdeckern er-kundet und kartiert wurde. Die diesen Mikrokosmos bev�lkernden Kleinstorganis-men konnten, sofern sie dem Menschen Schaden zuf�gten, bek�mpft werden. DieF�rbung hatte den „unsichtbaren Feinden“84 einen K�rper gegeben und sie ihrerSchrecken beraubt. „Der Kampf mit einem unbestimmten Etwas“, verk�ndete Ro-

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bert Koch in seinem Vortrag zur �tiologie der Tuberkulose, sei nun �berfl�ssig,„man habe es nunmehr mit einem faßbaren Parasiten zu tun“.85 Ihrer Tarnung entle-digt konnte man gegen die kleinsten und gef�hrlichsten Feinde des Menschen in denKrieg ziehen.86 Mit den Arbeiten Weigerts87 und vor allem Kochs zur F�rbung und„Entdeckung“ von Krankheitserregern leitete die neue Erregerlehre einen Paradig-menwechsel in den Lebenswissenschaften ein, der die bestehenden Erkl�rungs-muster der Dispositions- und Miasmenlehre sowie der Zellularpathologie zuneh-mend verdr�ngte. Mit der „Entdeckung“ des Tuberkulose-Erregers durch Kochsetzte eine Mikrobenjagd88 ein, an der sich Ehrlich nur indirekt beteiligte. Nach derF�rbung zur Darstellung pathologischer Prozesse wandte er sich der F�rbung phy-siologischer Prozesse zu.

Vitalf�rbung – Von der Pathologie zur Physiologie

Bei der F�rbung von Bakterien und Gewebe befassten sich Lebenswissenschaftlerwie Ehrlich und Koch mit hybriden Objekten zwischen Leben und Tod. Das unter-suchte Gewebe stammte entweder aus der Pathologie von einer verstorbenen Personoder es handelte sich um organische Fl�ssigkeiten einer erkrankten Person aus derKlinik. Die Gewebszellen rangen nach der Entfernung aus dem lebenden Organis-mus mit dem Tod.89 Bei den Bakterien handelte es sich um lebende Organismen, de-ren Verweildauer in den Pr�paraten begrenzt war oder die auf k�nstlichen N�hrb�-den kultiviert wurden. Bei der Anfertigung der Schnitte wurde betont, dass die Or-gane noch „frisch“ waren, bevor sie konserviert, gef�rbt und fixiert wurden. �berdie abgestorbenen Zellen und Bakterien konnten nur begrenzt Aussagen �berLebensprozesse getroffen werden. Diese �berlegungen m�gen Ehrlich veranlassthaben, den Fokus von der F�rbung toten Gewebes zur Erkl�rung der Strukturen desLebendigen auf die F�rbung lebendiger Organismen zu richten:

Die vielfache Verwendung, welche die Pigmente in der Histologie und den benachbarten F�chern ge-funden haben, ist Ihnen Allen bekannt und darf unbestritten behauptet werden, dass keine andere Metho-de in gleichem Maasse zu dem fast vollendeten Ausbau der modernen Gewebelehre beigetragen habe.Dennoch l�sst sich nicht verkennen, dass dieser Weg, derjenige der F�rbung des Todten oder Ert�deten,uns nur rein anatomische Aufschl�sse �ber die Structur und Architektonik der Gewebe geben kann, unsaber in Betreff der Eigenschaften der lebenden Zellen, die den Biologen am meisten interessieren, voll-kommen im Stich l�sst. Will man diese Functionen kennen lernen, so muss man die normalen Gewebemitten auf der H�he ihrer Function tingiren, d. h. den F�rbungsact in den Organismus selbst verlegen. Esergiebt sich hieraus die Nothwendigkeit der vitalen Farbzuf�hrung […]. Unter welchen Bedingungen dieZelle athmet, welche Stoffe die Zelle aufnimmt, welche Reaction sie besitzt, welche specifischen Eigen-schaften (Attraction) ihr zukommen, wie sie sich gegen k�rniges Material verh�lt, wird sicher nur auf demWege der Farbenanalyse erkannt werden.90

Schon 1883 bemerkte Ehrlich, er denke �ber eine ganze Reihe von Gesichtspunk-ten zur „verbrennung im lebenden k�rper nach“ und er wolle diese �berlegungendemn�chst experimentell umsetzen.91 Die Ergebnisse der Untersuchungen fasste er1885 in der Ver�ffentlichung Das Sauerstoff-Bed�rfniss des Organismus. Eine far-benanalytische Studie zusammen.92 In der farbenanalytischen Studie ging es nichtmehr um das Verhalten unterschiedlicher Farbstoffe im Gewebe, sondern der Fokuswar auf den Ver�nderungsprozess im Gewebe selbst gerichtet. Mit seinen Ausf�h-rungen wollte Ehrlich die Lebensprozesse im Organismus erkl�ren. Er untersuchtedie Sauerstoffaffinit�t verschiedener Organe, d.h. die Kraft der Zelle, Sauerstoff ansich zu binden und zu speichern, und den Grad der Sauerstoffs�ttigung des lebenden

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Protoplasmas.93 Den Ausgangspunkt seiner �berlegungen bildete die Feststellung,dass der Austausch von Sauerstoff in der lebenden Zelle durch chemische Bindungstattfinde. Ehrlich beabsichtigte in der Studie, die „beim Verbrennungsprozess desOrganismus th�tigen Faktoren sch�rfer zu pr�cisieren“.94

Ein Novum seiner Untersuchung stellte die Vitalf�rbung dar. „Selbstverst�ndlichmusste es mein Bestreben sein, diese Zellfunktion […] in ihren nat�rlichen Zust�n-den, d.h. mitten im Leben und w�hrend normaler Function der Organe zu bestim-men.“95 Seine jahrelangen f�rbetechnischen Erfahrungen erlaubten es Ehrlich, ausder Vielzahl von Farbstoffen die Gruppe geeigneter Farbk�rper einzugrenzen. Esk�men nur solche Farben in Betracht, die sich relativ leicht entf�rben lassen und derReduktion keinen großen Widerstand entgegensetzen. Als weiteren limitierendenFaktor nannte Ehrlich den Umstand, dass nur unl�sliche Farbstoffe die gew�nsch-ten Resultate br�chten, da die k�rnige Form von den Zellen leichter aufgenommenwerden w�rde. Dar�ber hinaus m�ssten die Farbk�rper den Zellen in maximalerVerteilung zugef�hrt werden. Als solche Farbstoffe w�hlte Ehrlich das schwer redu-zierbare Alizarinblau und das leicht reduzierbare Indophenolblau. Die Farbstoffef�rbten sich unter Sauerstoffzufuhr blau und verf�rbten sich bei Sauerstoffentzugweiß.96

In den Organismus der Versuchstiere injiziert, wurde der Sauerstoff des Farbstof-fes (und folglich der Farbstoff) an die Zellen gebunden, wobei die Intensit�t der Sau-erstoffbindung bei verschiedenen Organen variierte. Nach Injektion einer letalenDosis „Alizarinblau S“ f�rbten sich innerhalb k�rzester Zeit die Haut und dieSchleimh�ute blau und die Versuchstiere verstarben unter schweren Krampferschei-nungen. Mit dem Tod des Versuchstieres wurde die Bindung aufgegeben, weil derAustausch von Sauerstoff mit dem Erl�schen der Lebensfunktion nicht mehr er-folgte; der Farbstoff konnte mit dem Sauerstoff der Umgebung reagieren. Ehrlichbeschrieb die Verteilung des Farbstoffes und den Grad der F�rbung der Organe nachder Obduktion und die anschließende Reduktion und Entf�rbung an der Umge-bungsluft. Nach der Obduktion unterschied er Organe wie z. B. die Lunge oder dieNiere, die w�hrend des Lebensprozesses eine Verbindung mit dem Farbstoff eingin-gen und ihn reduzierten; Organe wie z. B. Muskulatur und das Herz, die den Farb-stoff nach Erl�schen der Blutzirkulation reduzierten; und zuletzt Organe wie diePankreas, die bei der Sektion deutlich blau gef�rbt waren und den Farbstoff �ber-haupt nicht reduzierten. Er beschrieb nicht nur ein unterschiedliches Reaktionsver-m�gen bei verschiedenen Organen, sondern die variierende Reaktions- und Reduk-tionsf�higkeit, die abh�ngig von der verwendeten Tierspezies, der injizierten Farb-stoffmenge und der Verabreichungsform war.97

Im Unterschied zu fr�heren Studien nahmen die Farbstoffe und das differenzierteF�rbeverhalten im Sauerstoff-Bed�rfniss nur einen geringen Umfang ein. Nach theo-retischen Vor�berlegungen konzentrierte er sich auf zwei Farbstoffe, deren F�rbe-verhalten (im toten Gewebe) hinl�nglich bekannt war. Es ging Ehrlich vor allem umdie Erkl�rung histophysiologischer Prozesse, konkret um die Darstellung der Sauer-stoffaufnahme und -abgabe durch die Zellen, die Darstellung eines vitalen Prozesses.Dar�ber hinaus konnte er durch das unterschiedliche F�rbeverhalten der einzelnenOrgane zeigen, dass diese eine unterschiedliche Affinit�t zum Sauerstoff hatten.�ber die zellphysiologischen Erkenntnisse hinaus verdeutlichte das Sauerstoff-Be-d�rfniss Ehrlichs biochemische Sichtweise auf vitale Prozesse. Diese hypothetischen,

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unsichtbaren Prozesse ließen sich durch Farbstoffe und F�rbung veranschaulichenund objektiv ,beweisen‘.

Ehrlich ging davon aus, dass die Farbstoffe durch den Sauerstoff an die Zellen ge-bunden waren. Der unl�sliche Farbstoff musste jedoch sehr feink�rnig sein, damit erim Zustand der feinsten molekularen Verteilung in die Zelle eindringen und sich mitdem Zellkern verbinden konnte. Wie dies geschehen k�nnte, beispielsweise durchein „einfaches Durchdringen der Zellgrenzen“, durch Umfließen oder „mit H�lfebesonderer Fangapparate“, m�sse vorerst Spekulation bleiben.98

Im Sauerstoff-Bed�rfniss deutete sich bereits die Seitenketten-Theorie an, die Ehr-lich sp�ter im Rahmen seiner immunologischen Arbeiten weiter ausformulierensollte.99 Ehrlich verband medizinisch-physiologische Fragestellungen mit Methodender Chemie und der Biologie. Er entwarf ein durch Hypothesen und zahlreiche Vor-studien gest�tztes Modell, dass das Leben in der Zelle durch physikalisch-chemischeGesetze und biochemische Prozesse erkl�ren sollte.100 Man k�nne annehmen, dasssich an den im lebenden Protoplasma befindlichen Kern Atome und Atomcomplexeals Seitenketten anlagern, die „f�r das Leben �berhaupt“ von großer Bedeutungseien. „Es ist nun alles, specifische Lebensleistung, Zeugung, Assimilation, Wachs-thum, Vermehrung […], Arbeit der Zellsubstanz.“101 Alles weise darauf hin, dass dieindifferenten Seitenketten „den Ausgangs- und Angriffspunkt der physiologischenVerbrennung darstellen, indem ein Theil von ihnen die Verbrennung durch Sauer-stoffabgabe vermittelt, der andere hierbei consumiert wird“. Die Regeneration derkonsumierten Seitenketten m�sse man sich „vorstellen, dass gewisse Orte des Lei-stungskerns verbrennbare Molec�lgruppen �hnlich anziehen und fixieren k�nnen,wie andere den Sauerstoff, und dass ebenso, wie die Regeneration des Sauerstoffs, soauch die Erneuerung der nutritiven Seitenketten erfolgt“.102 Je abstrakter die Mo-delle Ehrlichs zur Erkl�rung vitaler Prozesse wurden und je weniger die Farbstoffein der Argumentation ihre Wirkungskraft entfalten konnten, desto bildlicher wurdeEhrlichs Sprache, in der Fangapparate nach Seitenketten griffen.103 Die Sprachbilderwurden sp�ter um Modellskizzen erg�nzt, die die Seitenkettentheorie veranschauli-chen und untermauern sollten. Obwohl das von Ehrlich entworfene Modell teilweiseobskur wirke, „because it relied heavily on pictures created for chemical structures,it represented a tremendous advance in the understanding of biological mecha-nisms“.104

Im gleichen Jahr der Ver�ffentlichung des Sauerstoff-Bed�rfniss erschien ein Arti-kel Zur biologischen Verwertung des Methylenblau. In den hier beschriebenen Un-tersuchungen hatte Ehrlich weitere Farbstoffe gepr�ft, um deren Oxydations- undReduktionskraft exakter bestimmen zu k�nnen. Ehrlich beobachtete, dass Methyl-enblau Muskeln- und Nervenzellen sowie Dr�sen f�rbte und den Farbstoff postmortem �hnlich wie das Alizarinblau und das Indophenol reduzierte.105 Im Fortgangder Versuche stellte er fest, „dass das Methylenblau eine ausserordentliche Ver-wandtschaft zu den feinsten Verzweigungen des Achsencylinders besitzt, und es da-durch m�glich ist, bestimmte Nervenendigungen in noch lebendem Zustande“ deut-lich zu verfolgen.106 Wenn die Farbstoffe eine Wirkung auf die lebenden Zellen ent-falteten und diese sichtbar zu machen in der Lage waren und vitale Prozessebeeinflussen konnten, so war die Pr�fung weitergehender Auswirkungen von Farb-stoffen auf den Organismus nur noch ein kleiner Schritt.

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Farbtherapie

Der �bergang von der Vitalf�rbung mit Methylenblau und der Verwendung vonMethylenblau als Therapeutikum korrelierte mit mehreren Entwicklungen in derMedizin. Zuv�rderst wird Ehrlich auf Grundlage seiner eigenen Erfahrungen an die�berlegung angekn�pft haben, dass das Methylenblau die Nerven- und andere Zel-len zu f�rben in der Lage sei und damit ganz allgemein einen farblich nachweisbarenEinfluss auf die Nervenzellen aus�ben m�sste.107 Die bei der Vitalf�rbung durcheine �berdosis Farbstoffe hervorgerufenen Vergiftungserscheinungen wiesen auf�hnliche pathologische Erscheinungen hin, die durch Bakterien- und andere Gifteverursacht wurden. In Anlehnung an das Konzept der inneren Desinfektion wirdsich die Frage gestellt haben, inwieweit Farbstoffe nicht nur in der Lage waren, (Mi-kro-)Organismen zu f�rben, sondern diese auch abzut�ten, wie dies um 1890 mitzahlreichen chemischen Pr�paraten experimentell versucht wurde. Doch die meistenzur Desinfektion verwendeten Pr�parate waren zwar in der Lage, die Krankheitser-reger in vitro abzut�ten, allerdings starb zumeist auch das Versuchstier.108 Die Beob-achtung, dass Methylenblau insbesondere Mikroorganismen, aber nicht das umge-bende Gewebe tingierte, und man somit auf eine besondere Affinit�t des Farbstoffszu bestimmten Krankheitserregern schließen konnte, ließ den Farbstoff als beson-ders geeignet erscheinen. Zudem hatte Ehrlich Ende der 1880er Jahre klinische Er-fahrungen mit dem Arzneimittel Thallin und mit Kokain gesammelt.109

Die verschiedenen �berlegungen, Ehrlich sprach von einer „Ideenverkn�pfung“,haben ihn 1890 zu der therapeutischen Verwendung von Methylenblau als schmerz-stillendes Mittel sowie bei Malaria und bei Fiebererkrankungen veranlasst.110 Bezug-nehmend auf seine Erfahrung bei der Vitalf�rbung hob Ehrlich hervor, „dass gewisseFarbk�rper zu bestimmten Organtheilen besondere Affinit�ten besitzen. In dieserbiologischen Thatsache lag ein Anreiz zur therapeutischen Verwertung im Sinneeiner localisirenden Organtherapie“. Man m�sse die Gesamtheit aller Stoffe eruieren,die von den Zellen bestimmter Organe gespeichert werden und die „bei krankhaftenVer�nderungen der betreffenden Organe therapeutisch wirksam sind“. Bislang seidie zellul�re Verteilung nur f�r solche chemischen K�rper bewiesen, „welche diesinnf�llige Eigenschaft der Farbe“ auszeichnen und das Methylenblau eigne sich auf-grund seiner „auffallenden Verwandschaft zum Nervensystem und zu den Axency-lindern der sensiblen und sensorischen Nerven“ besonders. „Aus diesem Grundehielten wir die praktische Ausmittelung der schmerzbeeinflussenden Wirkung desMethylenblau in erster Reihe f�r erlaubt und geboten.“111

In ihrer Publikation zur Wirkung des Methylenblau bei Malaria verwiesen Ehrlichund Paul Guttmann auf den Zusammenhang zwischen der F�rbung von toten undlebenden Plasmodien im „ganz frischen, eben entleerten“ Blut und der F�rbung desBlutes bzw. bestimmter „Einschl�sse in den rothen Blutk�rperchen, besonders undmit grosser Constanz in kernhaltigen rothen Blutk�rperchen die Kerne“. Diese Be-obachtung „gaben uns den Gedanken, das Methylenblau, dessen Unsch�dlichkeitbeziehungsweise heilsame Einwirkung wir aus vielen eigenen Erfahrungen kannten,bei Malaria therapeutisch zu versuchen.“ Die Erwartungen h�tten sich erf�llt undder Farbstoff eine ausgesprochen positive Wirkung entfaltet: das Fieber sei binnenweniger Tage gesunken und nach nur wenigen Tagen seien keine Plasmodien mehrim Blut nachweisbar.112

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In ihren Ausf�hrungen machten Ehrlich und die jeweils kooperierenden �rztePaul Guttmann und Arthur Leppmann die Zusammenh�nge deutlich, die zur thera-peutischen Anwendung des Methylenblau gef�hrt hatten. Die bei der F�rbung vonBlutzellen, der F�rbung pathogener Mikroorganismen und bei der Vitalf�rbung er-worbenen Kenntnisse und Erfahrungen f�hrten in ihrer Verbindung zu der logischkonsequenten Anwendung der Farbstoffe als Therapeutika. Der normale und patho-gene Strukturen sichtbare machende Farbstoff spielte hierbei eine herausragendeRolle, denn erst „die sinnf�llige Eigenschaft der Farbe“, wie Ehrlich und Leppmannschrieben, habe diese Verwandtschaft deutlich sichtbar werden lassen.113

Ehrlich unterbrach seine farbtherapeutischen Arbeiten allerdings schon bald, umKoch bei der klinischen Erprobung des Tuberkulins zu unterst�tzen und sich sero-therapeutischen und immunologischen Fragestellungen zuzuwenden.114 Erst Ende1898 kam er wieder dazu, sich seinem eingangs zitierten Lieblingsgebiet, der histolo-gischen und biologischen F�rbung, zuzuwenden.115

Der therapeutische Wert des Methylenblau war um 1900 nachgewiesen, doch wiesder Farbstoff eine Reihe unangenehmer Nebenwirkungen auf. Diese relativiertensich indes, denn auch Chinin als Heilmittel gegen Malaria schien diskreditiert, nach-dem in zahlreichen F�llen nach der Gabe von Chinin Schwarzwasserfieber aufgetre-ten war.116 Es galt, einen dem Methylenblau �hnlichen Farbstoff zu finden, der denMalaria-Erreger abzut�ten in der Lage war, aber nicht die Nebenwirkungen des Me-thylenblau aufwies. Ehrlichs Arbeit mit Farbstoffen hatte sich jedoch bei der thera-peutisch-klinischen Erprobung ge�ndert: er koordinierte therapeutische Versuchemit Methylenblau-Varianten, indem er einerseits Farbstoffhersteller kontaktierte,Chemiker wie R. Meyer um Unterst�tzung bei der Modifikation von Farbstoffenund Kliniker um Hilfe bei der therapeutischen Erprobung bat. So wandte sich Ehr-lich Ende Dezember 1898 an Prof. Unverricht in Magdeburg mit der Frage, ob ersich an klinischen Versuchen beteiligen m�chte.

Ich habe mir eine kleine Reihe farbstoffe nach constitution etc. zusammengesucht, deren therapeutischeerprobung ein grosses Interesse besitzt. Da ich nun selbst gar keine patienten zur disposition habe, mussich mich schon an die freundlichkeit anderer wenden. – Zun�chst handelt es sich nur darum, bei demeinen oder anderen farbstoff die dosis zu ermitteln, die ohne anstand gereicht werden kann. Irgend einschaden kann hierbei nicht entstehen, da ja die farbstoffe �berhaupt im allgemeinen nicht eigentlich to-xisch sind und da ich ja aus meinen pr�liminaren thierversuchen sicheren anhalt f�r die zu verwendendendosen geben kann. Wenn man also mit einer unternormalen dosis anf�ngt und ganz vorsichtig steigt, istdie m�glickeit eines sch�digenden einflusses ganz eliminirt. Es w�rde mich sehr freuen, wenn Sie lust undgelegenheit h�tten, mir hierbei beh�lflich zu sein.117

In seiner Korrespondenz mit befreundeten Klinikern und der chemischen Indus-trie betonte Ehrlich den Zusammenhang zwischen den biologischen F�rbeeigen-schaften des Farbstoffes und der erwarteten therapeutischen Wirkung, die makro-skopisch sichtbar war. Zudem hob Ehrlich die rein praktischen Aspekte der Farb-therapie hervor: Bei den klinisch-therapeutischen und dosologischen Versuchenk�nne man den Wirkungsbeginn und die Einwirkung sowie die Verweildauer imOrganismus und die ausgel�sten physiologischen Prozesse beobachten. Der Wir-kungseintritt �ußere sich durch die F�rbung der Schleimh�ute118 und die Verweil-dauer des Farbstoffes k�nne an der F�rbung des Urins bemessen werden.119 Gleich-zeitig hob Ehrlich hervor, dass man den Patienten �ber die auftretende F�rbung desUrins in Kenntnis setzen m�sse.120

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Die Ende der 1890er Jahre initiierten farbtherapeutischen Studien zeigten zun�chstkeinen Erfolg. Die Versuche gerieten aufgrund des Umzugs des von Ehrlich geleitetenInstituts f�r experimentelle Therapie von Berlin nach Frankfurt ins Stocken, wurdendann abgebrochen und erst 1901 in ver�nderter Konstellation wieder aufgenommen.Die Rolle und Bedeutung der Farbstoffe hatte sich allerdings ver�ndert. Sie waren jetztweniger aufgrund ihrer f�rbenden Eigenschaft als vielmehr aufgrund ihrer chemisch-sterilisierenden Wirkweise auf die pathogenen Krankheitserreger und die erhofftentherapeutischen Auswirkungen wichtig. Auf Basis der vorhergehenden Vitalf�rbungund der mikroskopischen und histologischen Arbeiten wurden die physiologischenProzesse implizit mitgedacht. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts wandelte sichdie Farbtherapie zur Chemotherapie und bildet somit den Endpunkt dieser Untersu-chung. Die den chemotherapeutischen (und immunologischen) Arbeiten zugrundelie-gende Seitenketten- bzw. Rezeptortheorie wurde nicht mehr durch F�rbung, sonderndurch anschauliche Zeichnungen und „beautiful pictures“ sichtbar gemacht.

Farbstoffe machen sichtbar

Ehrlichs Arbeiten zu Farbstoffen und F�rbungen sind gr�ßtenteils im ersten Bandder Gesammelten Arbeiten: Histologie, Biochemie und Pathologie vereinigt, weitereAufs�tze finden sich am Anfang des dritten Bandes mit dem Titel Chemotherapie.Die retrospektive Kategorisierung seines Werkes in die Abschnitte Histologie, Im-munologie und Chemotherapie suggeriert jedoch Grenzen, die den fließenden, mit-unter verschlungenen Erkenntnisprozess k�nstlich separieren. Ich habe am Beispielvon Ehrlichs Farbstoffarbeiten den aufeinander aufbauenden, sich verzweigendenund Disziplinen verbindenden Erkenntnisprozess nachzuzeichnen versucht. Farb-stoffe und ihre Eigenschaft, unsichtbare Strukturen sichtbar zu machen, waren hier-bei ein die unterschiedlichen Forschungsarbeiten verbindendes und erkenntnislei-tendes Element.

Die einzelnen Erkenntnisprozesse bauten aufeinander auf und leiteten ineinander�ber, wie beispielsweise die F�rbung pathogener Mikroorganismen Kenntnisse �berGewebestrukturen und das allgemeine F�rbeverhalten der Zellen voraussetzte undwie die Idee der Farbtherapie auf die Beobachtung der Affinit�t von Farbstoffen zubestimmten Organen bei der Vitalf�rbung aufbaute. Dies soll nicht suggerieren, Ehr-lich habe einen „Scientific Master Plan“ verfolgt.121 Vielmehr ergaben sich aus denjeweiligen Beobachtungen und Erkenntnisprozessen immer wieder neue Fragestel-lungen und Thesen, die Ehrlich aufgriff und fortsetzte und die man �ber seine Farb-versuche deutlich nachverfolgen kann. Die Sichtbarmachung mittels F�rbung er-f�llte hierbei unterschiedliche Zwecke.

Wie ausgef�hrt, erm�glichte die F�rbung von Zell- und Gewebestrukturen dieSichtbarmachung unsichtbarer Strukturen und vor allem die Differenzierung undAuff�cherung von Binnenstrukturen, die sich innerhalb der Bem�hungen zur Karto-graphierung des menschlichen K�rpers, des menschlichen Gewebes und des mikro-biologischen Kosmos einordnen lassen und rasch Eingang in den Kanon der Histo-logie gefunden haben. Im Sinne einer wissenschaftlichen „moral economy“ kam derF�rbung und Sichtbarmachung von Zellstrukturen, pathogenen Mikroorganismenund vitalen Prozesse eine große Bedeutung zu. Die Erregerlehre war in den fr�hen1880er Jahren noch umstritten und die eindeutige F�rbung der pathogenen Mikroor-

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ganismen im Kontext der Kochschen Postulate diente als „objektives“ Evidenzkrite-rium. Die Farbstoffe machten das epistemische Objekt sowohl f�r den die Sichtbar-keit herstellenden Forscher als auch f�r die ,scientific community‘ sichtbar und so-mit als Forschungsgegenstand objektiv verhandelbar, so dass sich Sichtbarkeit zueinem Argument mit besonderer �berzeugungskraft entwickeln konnte.122 Ebensosollte die Vitalf�rbung hypothetisch angenommene Austauschprozesse der Zellenbelegen, aus denen sp�ter die Seitenkettentheorie abgeleitet wurde. Alberto Cambro-sio, Daniel Jacobi und Peter Keating haben argumentiert, dass anschauliche Abbil-dungen bei wissenschaftlichen Kontroversen �berzeugende Argumente liefern undin diesem Sinne von Paul Ehrlich in der Diskussion �ber seine Seitenkettentheorieeingesetzt wurden. Dies gilt umso mehr f�r die farblich sichtbar gemachten Struktu-ren pathogener Mikroorgansimen. Denn w�hrend die Seitenkettentheorie rein ab-strakte Objekte und theoretische Prozesse verhandelte und sich nur indirekt �berein ver�ndertes Verhalten im Tierversuche und in vitro darstellen ließ, waren die ge-f�rbten Mikroorganismen unter dem Mikroskop deutlich als Gegenstand sichtbar.

Die F�rbung, die Sichtbarmachung und die dazu generierten Techniken wurdenselbst zum epistemischen Objekt und, um Robert Koch zu zitieren, wichtiger als derGegenstand selbst. Die Sichtbarmachung war jedoch ein ungemein aufwendiger Pro-zess, der langj�hrige praktisch-handwerkliche �bung, Erfahrung und eine Schulungder Beobachtungstechniken erforderte, durch die man Wesentliches vom Unwesentli-chen, Normales vom Pathologischen, Abweichung und Differenz zu unterscheidenlernte. In Anerkennung dieser Leistung pries Ehrlich in einem Nachruf seinen VetterCarl Weigert als „Meister der F�rbetechnik“, der sich durch „unerm�dliche[n] Fleißund eine seltene Gabe der Beobachtung und objektiver Deutung“ ausgezeichnethabe.123 Der sichtbarmachende Wissenschaftler trat nicht nur hinter die Ergebnisseseiner Arbeit und das epistemische Objekt zur�ck, das „wissenschaftliche Selbst“wurde im Idealfall selbst unsichtbar.124 Ehrlich selbst hob mehrfach die Bedeutungdieser Techniken hervor und kritisierte deren Geringsch�tzung und Vernachl�ssigungin der ,scientific community‘. Wenn in einem Gebiet die Theorie der Praxis nachfolge,so leitete Ehrlich seine Doktorarbeit ein, so glaube „sich besonders der Histologe inR�cksicht auf die diesbez�glichen Leistungen der Technik von selbst�ndigen princi-piellen Er�rterungen fern halten zu k�nnen“, doch auch in der technischen Literaturfinde man nur wenig Erl�uterungen zur „tinktorialen Methodik“. Dies hielt er f�r be-denklich, denn beide Disziplinen st�nden in einem komplement�ren Verh�ltnis zu-einander und nur aus ihrem Zusammenwirken sei ein Fortschritt zu erwarten.125 Alswissenschaftlichen Erkenntnisgewinn erachtete Ehrlich nicht nur die Identifizierungneuer Gewebe- und Zellstrukturen oder das Auffinden neuer Farbstoffe, sondernauch Verfahren, die die bisherigen Methoden vereinfachten oder zu eindeutigeren F�r-bungen f�hrten.126 Diese Techniken der Sichtbarmachung und des Sehens mussteneinge�bt und praktiziert werden. Mikroskopische Atlanten sollten ein gerichtetes Se-hen erm�glichen, damit man normale und pathologische Strukturen erkennen undauseinander halten konnte. Die Erfahrungen Ehrlichs m�ndeten schließlich in die En-cyklop�die der mikroskopischen Technik, die Ehrlich 1903 zusammen mit RudolfKrause herausgab. Das zweib�ndige Werke mit 1.400 Seiten stellt nach Brian Brace-girdle „the most complete work ever written on microtechnique“ dar.127

Die Sichtbarmachung war aus zweierlei Gr�nden f�r die Histologie und die Bak-teriologie unabdingbar. Die durch F�rbung erm�glichte Sichtbarmachung differen-

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zierter Gewebestrukturen bildete die Voraussetzung f�r die Histologie, um dieseStrukturen �berhaupt erkennen, objektiv darstellen und kommunizieren zu k�nnen.F�r die Bakteriologie stellten die sichtbar gemachten Bakterien in Verbindung mitden Kochschen Postulaten einen objektiven Beweis dar, der unabh�ngig von Ortund Person diskutiert und gegen konkurrierende Modelle zur Krankheitsverursa-chung ins Feld gef�hrt werden konnten. Die Sichtbarmachung stellte daher eine ver-meintliche Objektivit�t her – auch wenn diese Sichtbarkeit mit impliziten Vorausset-zungen aufwendig hergestellt worden war – und dar�ber hinaus wurde �ber dieSichtbarkeit eine �ffentlichkeit generiert, sei es �ber die sichtbar gemachten Arte-fakte, sei es �ber die publizierten Artikel und Atlanten, die diese Artefakte darstell-ten, reproduzierten und einen diskursiven Austausch mit der ,scientific community‘erm�glichten.

Paul Ehrlich und die dargestellten f�rbetechnischen Arbeiten stehen symptoma-tisch f�r eine Generation von Forschern seiner Zeit. Mehr noch als die beginnendeZusammenarbeit zwischen chemischer Industrie und Medizin war die Sichtbarma-chung unsichtbarer Strukturen und die Betonung von Objektivit�t ein Charakteristi-kum der (medizinischen) Wissenschaft im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Inden jahrelangen Versuchen in den Laboratorien von Waldeyer, Heidenhain, Cohn-heim und Funke �bte Ehrlich nicht nur technisch-handwerkliche T�tigkeiten wiedie Erstellung und F�rbung von Gewebeschnitten ein, sondern er eignete sich einespezifische Art des Sehens an, um unter dem Mikroskop Strukturen im Gewebe er-kennen und beschreiben zu k�nnen. Aus diesem Grund kritisierte Ehrlich die man-gelnde Wissenschaftlichkeit bei den Farbexperimenten, die zuvor angestellt wordenwaren, so dass eine objektive �berpr�fung der Ergebnisse nicht m�glich schien.

Die Sichtbarmachung des Unsichtbaren ist nicht nur ein Prozess der Visualisie-rung, eine Serie von neuen Entdeckungen, sondern es ging um die Entmystifizierungdes Verborgenen. Wie die Entdecker zuvor unbekannte L�nder erkundet und er-forscht hatten, drangen die Wissenschaftler in den Mikrokosmos vor und kartogra-phierten diesen. Mit der Darstellung von Zellen, Bakterien oder R�ntgenstrahlen er-hielten diese Gegenst�nde (als Forschungsobjekte) �berhaupt erst eine eigene Reali-t�t. Diese Konstruktion von Sichtbarkeit war jedoch ein h�chst prek�rer Akt. DieWissenschaftler waren sich dieser Problematik peinlich bewußt und bem�ht, dieExistenz des Mikrokosmos durch eine vermeintlich objektive Wissenschaftlichkeit,die Einbeziehung naturwissenschaftlicher Praktiken und eine komplex anmutendeTechnizit�t zu beweisen.

1 Paul Ehrlich an BASF, 15.11.1898; PE an Rudolf Nietzki, 24.12.1898, Rockefeller Archive Center,Tarrytown NY, 650 Eh 89 Paul Ehrlich Collection (kurz RAC PEC) Box 4. Zu Rudolf Nietzki sieheHans Rupe, Rudolf Nietzki (Nachruf), Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 52 (1919),Abteilung A, Nr. 1, S. 1–28, sowie den Artikel in der Neuen Deutschen Biographie, Band 19, Berlin:Duncker & Humblot 1999, S. 248.

2 Heinrich Caro, Ueber die Entwickelung der Theerfarben-Industrie, Berlin: R. Friedl�nder & Sohn1893. Caro hat die Entwicklung der Teerfarbenindustrie maßgeblich vorangetrieben und beeinflusst.Er war seit 1884 im Vorstand und seit 1889 im Aufsichtsrat der BASF, siehe den Artikel in der NeuenDeutschen Biographie, Band 3, Berlin: Duncker & Humblot 1957, S. 152–153. Ehrlich verweist aufS. 133.

3 Paul Ehrlich an R. Meyer, ca. 7.11.1898, RAC PEC Box 4. Orthographie unver�ndert wie im Origi-nal.

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4 Alberto Cambrosio, Daniel Jacobi, Peter Keating, Ehrlich’s „Beautiful Pictures“ and the Controversi-al Beginnings of Immunological Imagery, Isis 18 (1993), 662–699; dieselben, Arguing with Images.Pauling’s Theory of Antibody Formation, Representations 89 (2005), 94–130. Cambrosio et al. unter-suchen jedoch vor allem die Abbildungen, die im Kontext der Kontroverse �ber die Seitenketten- undRezeptortheorie zur Erkl�rung immunologischer Prozesse entstanden sind. Dieser Aufsatz behandeltdie Techniken der Sichtbarmachung, die dem chronologisch vorgelagert sind. Zum Begriff der „MoralEconomy“ siehe Lorraine Daston, The Moral Economy of Science, Osiris 10 (1995), 2–24.

5 Lorraine Daston, Peter Galison, Das Bild der Objektivit�t, in: Peter Geimer (Hrsg.), Ordnungen derSichtbarkeit. Fotografie in Wissenschaft, Kunst und Technologie, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2002,S. 29–100, hier S. 30.

6 Zum „Gerichteten Sehen“ siehe den Aufsatz von Ludwik Fleck, Schauen, sehen, wissen, in: derselbe,Erfahrung und Tatsache. Gesammelte Aufs�tze, hrsg. von Lothar Sch�fer und Thomas Schnelle,Frankfurt am Main: Suhrkamp 1983, S. 147–174; zur Technik des Betrachtens vgl. Jonathan Crary,Techniken des Betrachtens. Sehen und Moderne im 19. Jahrhundert, Dresden: Verlag der Kunst 1996;zur wissenschaftlichen Beobachtung siehe die Beitr�ge in Lorraine Daston, Elizabeth Lunbeck(Hrsgg.), Histories of Scientific Observation, Chicago: University of Chicago Press 2011. Siehe weiter-hin unten stehende Ausf�hrungen zu Atlanten und der Erlernung von histologischen Pr�parier- undMikroskopiertechniken.

7 Hier w�re an die Sichtbarmachung unsichtbarer Strukturen unter der Haut durch R�ntgenstrahlen zudenken sowie die Sichtbarmachung von Projektilbahnen oder Str�mungen in der Thermodynamik,vgl. Lorraine Daston und Peter Galison, Objektivit�t, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2007. Zur Vi-sualisierung in den Wissenschaften siehe die Einleitung in diesem Themenheft.

8 Vgl. insbesondere die Aufs�tze von Anthony S. Travis, Science as a Receptor of Technology. Paul Ehr-lich and the Synthetic Dystuffs Industry, Science in Context 3, 2 (1989), 383–408 – Travis konzentriertsich in dieser Studie allerdings auf die Dissertation und die Habilitation von Ehrlich – sowie ders.,Models for Biological Research: The Theory and Practice of Paul Ehrlich, History and Philosophy ofthe Life Sciences 30 (2008), 79–98.

9 Travis, Models (wie Anm. 8), S. 88 f.; Cambrosio, Jacobi, Keating, Beautiful Pictures (wie Anm. 4).10 Vgl. hierzu die Einleitung in diesem Themenheft.11 Wilhelm von Waldeyer(-Hartz), Lebenserinnerungen, 2. Aufl., Bonn: Friedrich Cohen 1921, S. 158.12 Die Anekdote wurde von Paul Ehrlich in einer Rede anl�sslich des zu seinen Ehren ausgerichteten

Kommers im Januar 1909 selbst kolportiert: Otto Funke an Rudolf Heidenhain, Ehrlich Kommers,RAC PEC Box 3, Folder 8.

13 Gerhard Venzmer, Paul Ehrlich. Leben und Wirken, Stuttgart: Mundus-Verlag 1948, S. 30; MarthaMarquardt, Paul Ehrlich, Berlin: Julius Springer 1951, S. 13 f.

14 Ernst B�umler, Paul Ehrlich. Forscher f�r das Leben, Frankfurt am Main: Societ�ts-Verlag 1979, S. 36;Fritz S�rgel u.a., Vom Farbstoff zum Rezeptor. Paul Ehrlich und die Chemie. Nachrichten aus derChemie 52 (2004), 777–782, hier S. 777 f.; vgl. zur Biographie Ehrlichs auch Axel C. H�ntelmann,Paul Ehrlich, Leben, Forschung, �konomien, Netzwerke, G�ttingen: Wallstein 2011.

15 Travis, Science (wie Anm. 8), S. 385.16 Georg Dhom, Geschichte der Histopathologie, Berlin: Springer 2001, S. 7–41.17 Herman Lebert, Physiologie pathologique, ou recherches cliniques, exp�rimentales et microscopique sur

l’inflammation, la tuberculisation, les tumeurs, la formation du cal etc. Paris: J.-B. Baillire 1845; der-selbe, Trait� d’anatomie pathologique g�n�rale et sp�ciale ou description et iconographie pathologiquedes alterations morbides tant liquides que solides, Paris: J.-B. Baillire 1857.

18 Hier sei nur auf das grundlegende Werk verwiesen von Rudolf Virchow, Die Cellularpathologie inihrer Begr�ndung auf physiologische und pathologische Gewebelehre, Berlin: August Hirschfeld 1858.Vgl. Dhom, Geschichte (wie Anm. 16).

19 Carl Weigert, Anatomische Beitr�ge zur Lehre von den Pocken. Heft 1: Die Pocken-Efflorescenz der�usseren Haut, Breslau: Max Cohn und Weigert 1874, S. 4; derselbe, �ber Bakterien in der Pocken-haut (1871), in: Carl Weigert. Gesammelte Abhandlungen: Bd. 2, hrsg. von Robert Rieder, Berlin: Juli-us Springer 1906, S. 379–380; Robert Rieder, Carl Weigert in seiner Bedeutung f�r die medizinischeWissenschaft unserer Zeit, in: Carl Weigert. Gesammelte Abhandlungen: Bd. 1, hrsg. von RobertRieder, Berlin: Julius Springer 1906, S. 1–132; Paul Ehrlich, Weigerts Verdienste um die histologischeWissenschaft, in: Carl Weigert. Gesammelte Abhandlungen: Bd. 1, hrsg. von Robert Rieder, Berlin:Julius Springer 1906, S. 138–141.

20 Weigert, Anatomische Beitr�ge (wie Anm. 19), S. 3.

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21 Weigert, Anatomische Beitr�ge (wie Anm. 19), S. 5 f.22 Robert Rieder war ein Sch�ler von Carl Weigert und hat nach dessen Tod die Gesammelten Abhand-

lungen mit einem umfangreichen Artikel zur Biographie von Weigert herausgegeben.23 Rieder, Carl Weigert (wie Anm. 19), S. 13. Zur Geschichte des Mikrotoms ausf�hrlich Brian Brace-

girdle, A History of Microtechnique. The Evolution of the Microtome and the Development of TissuePreparation, London: Heineman 1978.

24 Weigert, Anatomische Beitr�ge (wie Anm. 19), S. 5; Bracegirdle, History of Microtechnique (wie Anm.23), S. 116 f.

25 Rieder, Carl Weigert (wie Anm. 19), S. 13.26 Vgl. ausf�hrlich zur Mikrotechnik, zur H�rtung und Konservierung bzw. allgemein zur Herstellung

von Gewebepr�paraten Bracegirdle, History of Microtechnique (wie Anm. 23), S. 57–110, besondersS. 59–64 und ferner Kap. 5.

27 Die Konstruktion von Sichtbarkeit und die Sichtbarmachung, die Entdeckung einer bislang unsicht-baren Welt, eines unsichtbaren Mikrokosmos waren ein wesentlicher Antrieb der fr�hen Mikroskopieund machten deren Faszination aus und waren Motivation zur Verbesserung mikroskopischer Tech-nik, siehe Catherine Wilson, The Invisible World. Early Modern Philosophy and the Invention of theMicroscope, Princeton: Princeton University Press 1995; Marc J. Ratcliff, The Quest for the Invisible.Microscopy in the Enlightment, Farnham: Ashgate 2009.

28 Die serielle bzw. industrielle Herstellung von Mikroskopen f�hrte einerseits zu kosten- und preisg�n-stigeren optischen Vergr�ßerungsger�ten und andererseits zur Verbesserung und Standardisierung derLinsen, so dass Mikroskope im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts immer weiter verbreitet waren,vgl. beispielsweise Hermann Reinhard, Das Mikroskop und sein Gebrauch f�r den Arzt, Leipzig 1857;siehe Edith Hellmuth/Wolfgang M�hlfriedel, Zeiss 1846–1905. Vom Atelier f�r Mechanik zum f�h-renden Unternehmen des optischen Ger�tebaus, Weimar 1996.

29 Rieder, Carl Weigert (wie Anm. 19), S. 14.30 Rieder, Carl Weigert (wie Anm. 19), S. 14; Dhom, Geschichte (wie Anm. 16), S. 289.31 Ehrlich, Weigerts Verdienste (wie Anm. 19), S. 138.32 Dhom, Geschichte (wie Anm. 16), S. 289.33 B�umler, Paul Ehrlich (wie Anm. 14), S. 32.34 Grundlage f�r die Anilinfarbstoffe war Steinkohlenteer, das als Abfallprodukt bei der Verkokung von

Kohle entstanden war. Zur Entwicklung der Farbstoffe siehe Caro, Entwickelung (wie Anm. 2), An-thony S. Travis, The Rainbow Makers. The Origins of the Synthetic Dyestuffs Industry in Western Eu-rope, Bethlehem: Lehigh University Press 1993; Carsten Reinhardt, Forschung in der chemischen In-dustrie. Die Entwicklung synthetischer Farbstoffe bei BASF und Hoechst, 1863 bis 1914, Freiberg:Technische Universit�t Bergakademie 1997; Alexander Engel, Farben der Globalisierung. Die Entste-hung moderner M�rkte f�r Farbstoffe 1500–1900, Frankfurt am Main: Campus 2009.

35 Paul Ehrlich, Beitr�ge zur Kenntniss der Anilinf�rbung und ihrer Verwendung in der mikroskopi-schen Technik (Archiv f�r mikroskopische Anatomie 1877), in: Paul Ehrlich. Gesammelte Arbeiten invier B�nden, einschließlich einer vollst�ndigen Bibliographie, Bd. 1: Histologie, Biochemie und Patho-logie, hrsg. von Fred Himmelweit, Berlin: Springer 1956 (fortan abgek�rzt als GA I), S. 19–28. Inter-essant ist Ehrlichs Hinweis, dass Frank sich auf seinen Wunsch hin bereit erkl�rt habe, die Farbstoffeauch zuk�nftig zu lagern. F�r Frank er�ffnete sich hierdurch m�glicherweise ein neues Gesch�ftsfeldund Ehrlich konnte Kollegen, die seine Versuche pr�fen und fortsetzen wollten, eine Bezugsquellenennen. Zu Ehrlichs Arbeiten in Freiburg siehe unten, der Hinweis auf den Apotheker Frank auch inGerhard Siefert, Thomas St�ckl, Die Entdeckung der Mastzellen durch den Freiburger Medizinstu-denten Paul Ehrlich, Medizinhistorisches Journal 18 (1983), 227–237.

36 Vgl. die Erinnerungen von Paul Ehrlichs Schwester Anna Knoche, RAC PEC Box 51 Folder 4.37 Siehe hierzu Michael Polanyi, Implizites Wissen, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1985.38 Hans-J�rg Rheinberger bezeichnet diese F�higkeit als ein „mit den H�nden denken“, siehe Hans-J�rg

Rheinberger, Experimentalsysteme und epistemische Dinge. Eine Geschichte der Proteinsynthese imReagenzglas, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2006, S. 92.

39 Beim Archiv f�r Mikroskopische Anatomie handelte es sich um ein prestigetr�chtiges Journal, das be-kannt f�r seine originellen Arbeiten war, siehe Brian Bracegirdle, The History of Histology: A BriefSurvey of Sources, History of Science 15 (1977), 7–101, hier S. 89.

40 Ehrlich, Beitr�ge zur Kenntniss (wie Anm. 35).41 Ehrlich, Beitr�ge zur Kenntniss (wie Anm. 35).42 Ehrlich, Beitr�ge zur Kenntniss (wie Anm. 35), S. 19.

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„Ehrlich f�rbt am l�ngsten“

43 Ehrlich, Beitr�ge zur Kenntniss (wie Anm. 35), S. 19.44 Ehrlich, Beitr�ge zur Kenntniss (wie Anm. 35), S. 20.45 Bracegirdle, History of Microtechnique (wie Anm. 23), S. 71 hebt hervor, dass Ehrlich seit 1877 min-

destens zw�lf Farbstoffe in die Histopathologie eingef�hrt habe.46 Ehrlich, Beitr�ge zur Kenntniss (wie Anm. 35), S. 21.47 Ehrlich, Beitr�ge zur Kenntniss (wie Anm. 35).48 B�umler, Paul Ehrlich (wie Anm. 14), S. 40.49 Ehrlich, Beitr�ge zur Kenntniss (wie Anm. 35), S. 25.50 Ehrlich, Beitr�ge zur Kenntniss (wie Anm. 35), S. 19.51 Beispielsweise der Hinweis, bei der H�rtung der Organe keine Chromsalze zu verwenden, siehe Ehr-

lich, Beitr�ge zur Kenntniss (wie Anm. 35), S. 20.52 Die farbchemischen Entwicklungen von Ehrlichs Dissertation werden ausf�hrlich in Travis, Science

(wie Anm. 8), besprochen.53 Paul Ehrlich, Beitr�ge zur Theorie und Praxis der histologischen F�rbung (Dissertation Universit�t

Leipzig 1878), in: GA I, S. 29–64, hier S. 43–51.54 Ehrlich, Beitr�ge zur Theorie (wie Anm. 53), S. 51.55 Ehrlich, Beitr�ge zur Theorie (wie Anm. 53), S. 53 f.56 Enrico Crivellato, Carlo A. Beltrami, Franco Mallardi, Paul Ehrlich’s Doctoral Thesis. A Milestone in

the Study of Mast Cells, British Journal of Haematology 123 (2003), 19–21; Wilhelm Doerr, EhrlichsBedeutung f�r die Histophysiologie und Geschwulstlehre, Deutsches Medizinisches Journal 5 (1954),146–151; Travis, Science (wie Anm. 8).

57 Ehrlich, Beitr�ge zur Theorie (wie Anm. 53), S. 31.58 Maria Luise Eckmann, Die Doktorarbeit Paul Ehrlichs und ihre Bedeutung f�r die Geschichte der

histologischen F�rbung. Dissertation med., Universit�t Hamburg 1959; Hans Schadewaldt, Paul Ehr-lich und die Faszination der Farben, Chemotherapie Journal 13 (2004), 41–45; S�rgel u.a., Vom Farb-stoff zum Rezeptor (wie Anm. 14); Wilhelm Doerr, „Ehrlich f�rbt am besten“, Chemietherapie Jour-nal 14 (2005), 1–7.

59 Cay-R�diger Pr�ll, Part of a Scientific Master Plan? Paul Ehrlich and the Origins of his ReceptorConcept, Medical History 47 (2003), 332–356, hier S. 334.

60 Ehrlich, Beitr�ge zur Theorie (wie Anm. 53), S. 40.61 Ehrlich, Beitr�ge zur Kenntniss (wie Anm. 35), S. 25.62 Ehrlich, Beitr�ge zur Theorie (wie Anm. 53), S. 51.63 Siehe beispielsweise Paul Ehrlich an Hallgarten, Farbwerke M�hlheim, 7. oder 8.11.1898, RAC PEC

Box 4; Ehrlich an Kehrmann, Frankfurt, 2.10.1902, RAC PEC Box 21; Paul Ehrlich an Arthur Wein-berg, Leopold Cassella & Co., 2. und 15.6. 1905, RAC PEC Box 24; Paul Ehrlich an Prof. Mazara,Rom, 20.4.1905, RAC PEC Box 24.

64 Zur Definition des Normalen in der Medizin siehe Georges Canguilhem, Das Normale und das Pa-thologische, M�nchen: Hanser 1974.

65 Siehe beispielsweise Albert Thierfelder, Atlas der pathologischen Histologie, 7 Bde., Leipzig: Fues1872–1881; Ludwig Aschoff, Harvey Russell Gaylord, Kursus der pathologischen Histologie. Miteinem mikroskopischen Atlas, Wiesbaden: Bergmann 1900; oder den von Johannes Sobotta bis heuteverwendeten Atlas und Grundriss der Histologie und mikroskopischen Anatomie des Menschen, M�n-chen: J. F. Lehmann 1902. Zur Bedeutung der Atlanten siehe Daston, Galison, Objektivit�t (wieAnm. 7).

66 So wies Ehrlich in seiner Doktorarbeit im Hinblick auf methodische Verbesserungen auf den Cursusder normalen Histologie von Johannes Orth hin, vgl. Ehrlich, Beitr�ge zur Theorie (wie Anm. 53), S.61; Johannes Orth, Cursus der normalen Histologie. Zur Einf�hrung in den Gebrauch des Mikroskopssowie in das practische Studium der Gewebelehre, Berlin: Hirschwald 1878. Zur Bedeutung der Beob-achtung und des gerichteten Sehens Fleck, Schauen (wie Anm. 6); Crary, Techniken (wie Anm. 6).

67 Bracegirdle, History of Microtechnique (wie Anm. 23) S. 63.68 Paul Ehrlich, �ber die specifischen Granulationen des Blutes (Archiv f�r Anatomie und Physiologie.

Physiologische Abteilung 1879), in: GA I, S. 117–123, hier S. 117; derselbe, Methodologische Beitr�gezur Physiologie und Pathologie der verschiedenen Formen der Leukocyten (Zeitschrift f�r klinischeMedizin 1880), in: GA I, S. 124–129, hier S. 126; sowie Adolf Lazarus, Histologie und Klinik des Blu-tes, in: Hugo Apolant u.a., Paul Ehrlich. Eine Darstellung seines wissenschaftlichen Wirkens. Fest-schrift zum 60. Geburtstage des Forschers, Jena: Gustav Fischer 1914, S. 58–75.

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Axel C. H�ntelmann

69 Siehe die unter dem Kapitel „Cytology of the Blood in Health and Disease“ zusammengefassten Bei-tr�ge 6 bis 22 in GA I; vgl. ferner Hans L�we, Paul Ehrlich. Sch�pfer der Chemotherapie (Grosse Na-turforscher 8), Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 1950, S. 107–111; B�umler, Paul Ehr-lich (wie Anm. 14), S. 59–63.

70 Paul Ehrlich, �ber eine neue Harnprobe (Charit�-Annalen 1883), in: GA I, S. 619–629, insbesondereS. 621; sowie derselbe, �ber die Sulfodiazobenzol-Reaction (Centralblatt f�r klinische Medizin 1883),in: GA I, S. 632–642.

71 Paul Ehrlich, �ber das Methylenblau und seine klinisch-bakterioskopische Verwerthung (Zeitschriftf�r klinische Medizin 1881), in: GA I, S. 287–289. Bracegirdle, History of Microtechnique (wie Anm.23) bewertet auf S. 71 Ehrlichs Arbeit zum Methylenblau als „of fundamental importance“.

72 Hier und im folgenden Ehrlich, Methylenblau (wie Anm. 71), S. 287.73 Ehrlich, Methylenblau (wie Anm. 71).74 Ehrlich, Methylenblau (wie Anm. 71), S. 287 f.75 Ehrlich, Methylenblau (wie Anm. 71), S. 287 f.76 Paul Ehrlich, Modification der von Koch angegebenen Methode der F�rbung von Tuberkelbacillen

(Deutsche medicinische Wochenschrift 1882), in: GA I, S. 311–313.77 Vgl. beispielsweise die Beschreibung der Versuchsanordnung zur Darstellung des Diphtherieerregers

von Friedrich L�ffler, Untersuchungen �ber die Bedeutung der Mikroorganismen f�r die Entstehungder Diphterie beim Menschen, bei der Taube und beim Kalbe, Mittheilungen aus dem KaiserlichenGesundheitsamte 2 (1884), 421–499; sowie zu L�fflers Arbeiten Axel C. H�ntelmann, Hygiene imNamen des Staates. Das Reichsgesundheitsamt 1876–1933, G�ttingen: Wallstein 2008, S. 228–238.

78 Ehrlich, Modification (wie Anm. 76).79 Thomas Schlich, „Wichtiger als der Gegenstand selbst“ – Die Bedeutung des fotographischen Bildes

in der Begr�ndung der bakteriologischen Krankheitsauffassung durch Robert Koch, in: Martin Din-ges, Thomas Schlich (Hrsgg.), Neue Wege in der Seuchengeschichte, Stuttgart: Franz Steiner 1995,S. 143–174; derselbe, Die Repr�sentation von Krankheitserregern. Wie Robert Koch Bakterien alsKrankheitsursache dargestellt hat, in: Hans-J�rg Rheinberger, Michael Hagner, Bettina Wahrig(Hrsgg.), R�ume des Wissens. Repr�sentation, Codierung, Spur, Berlin: Akademie Verlag 1997, S.165–190.

80 Jutta Schickore, Fixierung mikroskopischer Beobachtungen. Zeichnung, Dauerpr�parat, Mikrofoto-graphie, in: Peter Geimer (Hrsg.), Ordnungen der Sichtbarkeit. Fotographie in Wissenschaft, Kunstund Technologie, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2002, S. 285–310; Sebastian Scholz, „Bildwelten, wel-che im Kleinsten wohnen“: Vom Medien-Werden der Mikrophotographie zwischen Sichtbarem undUnsichtbarem, in: Susanne Scholz, Julika Griem (Hrsgg.), Medialisierungen des Unsichtbaren um1900, M�nchen: Wilhelm Fink 2010, S. 61–78.

81 Hans-J�rg Rheinberger, Pr�parate – ,Bilder‘ ihrer selbst. Eine bildtheoretische Glosse. Bildwelten desWissens 1.2 (2003), 9–19, hier S. 10; derselbe, Objekt und Repr�sentation, in: Bettina Heintz, J�rg Hu-ber (Hrsgg.), Mit dem Auge denken. Strategien der Sichtbarmachung in wissenschaftlichen und vir-tuellen Welten, Wien: Springer 2001, S. 55–61. Siehe auch den Beitrag von Thomas Schnalke, IsabelAtzl, Magenschluchten und Darmrosetten. Zur Bildwerdung und Wirkmacht pathologischer Pr�para-te, Bildwelten des Wissens 9.1 (2012), 18–28.

82 Canguilhem, Normale (wie Anm. 64).83 Hans-J�rg Rheinberger, Experiment – Differenz – Schrift. Zur Geschichte epistemischer Dinge, Mar-

burg 1992.84 Zum Topos der unsichtbaren Mikroben, der unsichtbaren Feinde, der sich �ber ein Jahrhundert gehal-

ten hat, siehe beispielsweise �mile Roux, Les Microbes dits „invisible“, Bulletin de l’Institut Pasteur 1(1903), 7–13, 49–56; Bernt Karger-Decker, Unsichtbare Feinde. �rzte und Forscher im Kampf gegenden Infektionstod, Leipzig: Koehler & Amelang 1968; Dorothy H. Crawford, The Invisible Enemy. ANatural History of Viruses, Oxford: Oxford University Press 2000.

85 Robert Koch, Die �tiologie der Tuberkulose, zitiert in Thomas Schlich, Einf�hrung. Die Kontrollenotwendiger Krankheitsursachen als Strategie der Krankheitsbeherrschung im 19. und 20. Jahrhun-dert, in: Christoph Gradmann, Thomas Schlich (Hrsgg.), Strategien der Kausalit�t. Konzepte derKrankheitsverursachung im 19. und 20. Jahrhundert, Pfaffenweiler 1999, S. 3–28, hier S. 17.

86 Zur Kriegsmetaphorik in der Medizin siehe Christoph Gradmann, „Auf Collegen, zum fr�hlichenKrieg“. Popularisierte Bakteriologie im Wilhelminischen Zeitalter, Medizin, Gesellschaft und Ge-schichte 13 (1994), 35–54; derselbe, Bazillen, Krankheit und Krieg. Bakteriologie und politische Spra-che im deutschen Kaiserreich, Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 19 (1996), 81–94.

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„Ehrlich f�rbt am l�ngsten“

87 Weigert habe nach Meinung von Rieder und Ehrlich schon von Beginn an die F�rbung von Mikro-organismen zum Ziel gehabt, siehe Rieder, Carl Weigert (wie Anm. 19); Ehrlich, Weigerts Verdienste(wie Anm. 19).

88 Paul de Kruif, Mikrobenj�ger, 9. Aufl. Z�rich 1941 (OA 1926).89 Bracegirdle, History of Microtechnique (wie Anm. 23) beschreibt auf S. 59 die angewendeten „Killing

and preserving methods“.90 Paul Ehrlich, �ber die Methylenblaureaction in der lebenden Nervensubstanz (Deutsche medicini-

sche Wochenschrift 1886), in: GA I, S. 500–508, hier S. 500.91 Paul Ehrlich an Hedwig Pinkus (sp�ter Ehrlich), 22.6.1883, RAC PEC Box 56 Folder 12.92 Paul Ehrlich, Das Sauerstoff-Bed�rfniss des Organismus. Eine farbenanalytische Studie (Berlin:

Hirschwald 1885), in: GA I, S. 364–432; ausf�hrlich auch Travis, Science (wie Anm. 8); derselbe,Models (wie Anm. 8).

93 Leonor Michaelis, Das Sauerstoffbed�rfnis des Organismus, Hugo Apolant u.a., Paul Ehrlich. EineDarstellung seines wissenschaftlichen Wirkens. Festschrift zum 60. Geburtstage des Forschers, Jena:Gustav Fischer 1914, S. 24–39.

94 Ehrlich, Sauerstoff-Bed�rfniss (wie Anm. 92), S. 364.95 Ehrlich, Sauerstoff-Bed�rfniss (wie Anm. 92), S. 364 f. Hervorhebung im Original (bzw. in den GA

I).96 Ehrlich, Sauerstoff-Bed�rfniss (wie Anm. 92), S. 370 f.; Michaelis, Sauerstoff-Bed�rfnis (wie Anm.

93).97 Ehrlich, Sauerstoff-Bed�rfniss (wie Anm. 92), S. 377–379.98 Ehrlich, Sauerstoff-Bed�rfniss (wie Anm. 92), S. 371.99 Vgl. hierzu Arthur M. Silverstein, Paul Ehrlich’s Receptor Immunology. The Magnificent Obsession,

San Diego: Academic Press 2002; Travis, Models (wie Anm. 8); Pr�ll, Part (wie Anm. 59).100 Anthony S. Travis zufolge (Models [wie Anm. 8], S. 84) reduzierte Ehrlich „the complexity of di-

verse and unknown chemical reductions in the living cell to a simple basic process by suggesting amodel of the protoplasm inspired by chemical imagery“.

101 Ehrlich, Sauerstoff-Bed�rfniss (wie Anm. 92), S. 367.102 Ehrlich, Sauerstoff-Bed�rfniss (wie Anm. 92), S. 368.103 Sp�ter verwendete Ehrlich zahlreiche weitere Bildmetaphern wie beispielsweise Molek�lgruppen,

die wie Schmetterlinge fixiert werden m�ssten.104 Travis, Models (wie Anm. 8), S. 84.105 Paul Ehrlich, Zur biologischen Verwertung des Methylenblau (Centralblatt f�r die medicinischen

Wissenschaften 1885), in: GA I, S. 497–499.106 „Auch die Studie befasst sich mit Ergebnissen, die am lebenden Thier nach Einf�hrung von Farbstof-

fen gewonnnen wurden […].“ Ehrlich, Methylenblaureaction (wie Anm. 90), S. 500.107 So wurde Methylenblau um 1900 auch als Therapeutikum bei Nervenkrankheiten eingesetzt.108 Jonathan Simon, Emil Behring’s Medical Culture. From Disinfection to Serotherapy, Medical Histo-

ry 51 (2007), 199–217.109 Paul Ehrlich, Experimentelles und Klinisches �ber Thallin (Deutsche medicinische Wochenschrift

1886), in: GA I, S. 542–551; derselbe/Benno Laquer, �ber continuirliche Thallinzuf�hrung und de-ren Wirkung beim Abdominaltyphus (Berliner klinische Wochenschrift 1885), in: GA I, S. 535–541;Paul Ehrlich, Studien in der Cocainreihe (Deutsche medicinische Wochenschrift 1890), in: GA I, S.559–566; derselbe/Alfred Einhorn, Ueber die physiologische Wirkung der Verbindungen der Co-cainreihe (Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 1894), in: GA I, S. 567–569.

110 Paul Ehrlich, Arthur Leppmann, Ueber schmerzstillende Wirkung des Methylenblau (Deutsche me-dicinische Wochenschrift 1890), in: GA I, S. 555–558, der Begriff der Ideenverkn�pfung S. 555. PaulEhrlich/Paul Guttmann, �ber die Wirkung des Methylenblau bei Malaria (Berliner klinische Wo-chenschrift 1891), in: Paul Ehrlich. Gesammelte Arbeiten in vier B�nden, einschließlich einer vollst�n-digen Bibliographie. Bd. III: Chemotherapie, hrsg. von Fred Himmelweit, Berlin: Springer 1960(fortan GA III), S. 9–14.

111 Alle Zitate in Ehrlich, Leppmann, Schmerzstillende Wirkung (wie Anm. 110), S. 555.112 Alle Zitate in Ehrlich, Guttmann, Schmerzstillende Wirkung (wie Anm. 110), S. 9.113 Ehrlich, Leppmann, Schmerzstillende Wirkung (wie Anm. 110), S. 555.114 Siehe hierzu ausf�hrlich H�ntelmann, Paul Ehrlich (wie Anm. 14).115 Vgl. den eingangs zitierten Brief von Paul Ehrlich an den Direktor der BASF, 15.11.1898, RAC PEC

Box 4.

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Axel C. H�ntelmann

116 So die Ausf�hrungen von Ehrlich an Sanit�tsrat Kobler, Sarajewo, ca. 7.11.1898, RAC PEC Box 4;Ehrlich an die Farbenfabrik Leopold Casella & Co. 11.11.1898, RAC PEC Box 4; Ehrlich an WilliamHenry Welch, 22. oder 23.4.1899, RAC PEC Box 4.

117 Paul Ehrlich an Prof. Unverricht, Magdeburg, 24.12.1898, RAC PEC Box 4.118 Vgl. u.a. Paul Ehrlich an Albert Neisser, 19. oder 20.11.1898, RAC PEC Box 4.119 Vgl. u.a. Paul Ehrlich an Haussmann, 8. oder 9.12.1898; Ehrlich an Albert Neisser, 25.12.1898; Ehr-

lich an Albert Neisser, 3.1.1899, RAC PEC Box 4.120 Vgl. u.a. Paul Ehrlich an Arthur Leppmann, 26.1.1899, RAC PEC Box 4.121 Vgl. beispielsweise Silverstein, Receptor Immunology (wie Anm. 99); kritisch hierzu Pr�ll, Part (wie

Anm. 59).122 Cambrosio, Jacobi, Keating, Beautiful Pictures (wie Anm. 4); dieselben, Arguing with Images (wie

Anm. 4).123 Ehrlich, Weigerts Verdienste (wie Anm. 19), S. 138 und 139.124 Daston, Galison, Objektivit�t (wie Anm. 7), Kap. 4.125 Ehrlich, Beitr�ge zur Theorie (wie Anm. 53), S. 31.126 Ehrlich, Beitr�ge zur Theorie (wie Anm. 53), S. 42.127 Encyklop�die der Mikroskopischen Technik mit besonderer Ber�cksichtigung der F�rbelehre, 2 Bde.,

hrsg. von Paul Ehrlich und Rudolf Krause, Berlin: Urban & Schwarzenberg 1903; das Zitat in Brace-girdle, History of Microtechnique (wie Anm. 23), S. 46. Die Enzyklop�die beinhaltete alphabetischeEintr�ge, „covering all reagents, process, and tissues“. Der Eintrag zur F�rbung des Nervensystemsumfasste beispielsweise 43 Seiten mit 200 Referenzen. Eine zweite revidierte Auflage erschien 1910,eine dritte Auflage, die drei B�nde mit insgesamt 2.444 Seiten umfasste, erschien 1927.

Anschrift des Verfassers: Dr. Axel C. H�ntelmann, Institut f�r Geschichte, Theorie und Ethik der Medi-zin, Johannes Gutenberg-Universit�t Mainz, Am Pulverturm 13, D-55131 Mainz, E-Mail: [email protected]

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