Transponierbare Elemente: Ty-Elemente in S. cerevisiae
Marlen BeerDatum: 15.01.2013
Modul 13/14 - Prof. Dr. König Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Mikrobiologisches Seminar im WS 2012/13
Definition transponierbarer Elemente
engl. transposable elements to transpose: versetzen, umsetzen
mobile genetische Elemente, die Fähigkeit zur Transposition besitzen
Transposition: Vorgang, bei dem eine DNA-Sequenz innerhalb des Wirtsgenoms
an eine andere Stelle versetzt (transponiert) wird → „Jumping Genes“
allgegenwärtig in Pro- und Eukaryoten → “Genom-Parasiten”
Bedeutung transponierbarer Elemente
erstmals beschrieben von Barbara McClintock (1916-1992) während ihrer Untersuchungen zur Genetik von Maispflanzen
→ Nobelpreis für Medizin (1983)
galten lange als funktionslos→ „Junk-DNA“
werden inzwischen als evolutionär notwendiger Bestandteil genomischer Flexibilität gesehen Vergrößerung des Genoms chromosomale Umstrukturierungen durch
Rekombination: Duplikationen, Insertionen, Inversionen, Deletionen, Translokationen
Einteilung transponierbarer Elemente
DNA-Sequenzen, die ohne RNA- Zwischenstufe ihren Lokus im Genom verändern können
Transpositions-Mechanismus:
konservativ „cut and paste“▪ werden direkt aus Donor-Stelle ausgeschnitten und an
einer anderen Stelle im Wirtsgenom wieder eingefügt
replikativ „copy and paste“▪ alte Sequenz bleibt an Donor-Stelle erhalten und Kopie
wird an einer anderen Stelle im Wirtsgenom eingefügt
DNA-Sequenzen, die mittels RNA-Zwischenstufe ihren Lokus im Genom verändern können
Transpositions-Mechanismus:
Retrotransposition
DNA-Transposons Retroelemente
Abb.1: Schematischer Mechanismus der konservativen bzw. replikativen TranspositionAbb.2: Schematischer Mechanismus der Retrotransposition
Retroelemente
Einteilung nach: Fähigkeit zur Retrotransposition aus eigener Kraft Vorhandensein von flankierenden, repititiven Sequenzen
Nicht-autonome Retroelemente
kodieren für keine Proteine und können sich nur mit Hilfe jener der autonomen Elemente bewegen
Autonome Retroelemente
kodieren selbst für die Proteine, die für ihre Mobilität verantwortlich sind
LTR-freie-Retroelemente
Long Terminal Repeat (LTR)-Retroelemente
Retroviren
• mit funktionsfähigem env-Gen für Proteinhülle
Retrotranspositions-Mechanismus
• Transkription des integrierten DNA-Elements in mRNA
• Translation der Transkripte: Synthese der Enzyme, die für Transposition notwendig sind
• Reverse Transkription der mRNA zurück in DNA durch Reverse Transkriptase
• Integration der kopierten cDNA-Moleküle an beliebigen neuen Stellen ins Wirtsgnom Abb.3: Transkriptionszyklus eines Retrotransposons
Genomweite Untersuchung von Organisation und Vielfalt der Ty-Elemente von S. cerevisiae
engl. Ty = transposons in yeast
Hefe Saccharomyces cerevisiae
wichtiger Modellorganismus zur Erforschung der Biologie von LTR-Retrotransposons
→ gesamte Nukleotid-Sequenz verfügbar
• Auswertung organisatorischer und evolutionärer Tendenzen von Ty-Insertionen auf genomischer Ebene
Klassifikation von Ty-Elementen
Ty3/gypsy-Superfamilie
Organisation der pol-Gene: Integrase liegt hinter Reverser Transkriptase
Vertreter: Ty3-Elemente
Ty1/copia-Superfamilie
Organisation der pol-Gene: Integrase liegt vor Reverser Transkriptase
Vertreter : Ty1-, Ty2-, Ty4- und Ty5-Elemente
Abb.4: Schematische Darstellung des grundlegenden Aufbaus von Elementen der Ty1/copia- bzw. Ty3/gypsy-Familie
Struktur von Ty-Elementen
Ty1-, Ty2, Ty3- und Ty4-Elemente• Proteine der ORFs werden über Frameshift-Mechanismus exprimiert
→ Bildung 2er Protein, die weiterer Reifung unterliegenTy5-Elemente
• benutzen keinen Frameshift-Mechanismus→ durchgehenden langer ORF für Gag-Pol
funktionsfähige, mobile Ty-Elemente benötigen 2 terminale LTRs
ORF(s) der internen Region kodieren für: gag-Strukturprotein: 'gruppen-spezifisches
Antigen‘ pol-Polyprotein mit funktionellen Domänen für:
Reverse Transkriptase: Retrotranskription (RT) Ribonuklease H (RH) Protease: Prozessierung des Polyproteins (PR) Integrase: Einlagerung der DNA-Kopien ins Genom (IN)
Abb.5: Struktur von Ty1-, Ty2-, Ty3-, Ty4- und Ty5-Elementen
Identifikation von Ty-Elementen
Methode:Screening der Genomsequenz mit Ty1- bis Ty5-LTR-Eingabesequenzen
Ergebnis:331 identifizierte Ty-Insertionen• 15% komplette Elemente• 85% LTR-Fragmente oder solo-LTR
Tab.1: Chromosomale Verteilung von Ty-Elementen
Phylogenetische Analyse aller vollständigern Ty1- und Ty2-LTRs
Methode:Alignment aller vollständigen Ty1- und Ty2-LTRs und Konstruktion eines neighbor-joining Baumes
interamiliäre Verwandschaftsbeziehungen: Ty2-Elemente ausschließlich in LTR-Sequenz-Cluster 3+4 Insertion bzw. Deletion eines einzelnen Basenpaares
unterscheidet fast identische Ty1- und Ty2-LTRs→ Ty2-Elemente können als Ty1-Subfamilie gesehen werden→ unabhängige Evolution
intrafamiliäre LTR-Sequenzdiversität: bei Ty1-, Ty2- und Ty5-Elementen hoch
→ bestehen seit langer Zeit bei Ty3- und Ty4-Elementen gering
→ relativ neu hinzugekommen
Abb.6: Neighbour-joining Baum vollständiger Ty1- und Ty2-LTRs
Analyse der kodierenden Sequenzen vollständiger Ty1- und Ty2-Elemente
POL stärker konserviert als GAG
Methode: Alignment der AS-Sequenzen von GAG und POL
Ty2-Elemente besitzen weniger invariante AS→ sind sich ähnlicher als Ty1-Elemente
Tab.2: AS-Sequenzidentität von Ty1- und Ty2-Elementen
intrafamiliäre AS-Sequenzunterschiede in GAG besonders bei Ty1-Elementen (73.9% invariante AS)
Identifikation einer Ty1-Subfamile (Ty18)
Methode:
Phylogenetische Analyse aller GAG-Nukleotidsequenzen von vollständigen Ty1-Elementen
Ergebnis:
3 Elemente größtenteils verantwortlich für Heterogenität
GAG-Sequenzen scheinen sich unabhängig entwickelt zu haben
nach Ausschluss bei Sequenzvergleichen stieg Anteil invarianter AS zwischen übrigen GAG-Sequenzen auf 94,1%
Abb.7: Neighbor-joining Baum der GAG-Nukleotidsequenzen von Ty1- und Ty2-Elementen
Chromosomales Verteilungsmuster von Ty-Elementen im Genom von S. cerevisiae
machen insg. >377 kb des 12.1 Mb Genoms aus = 3,1%
Anteil Ty-Elemente/Chr: 0.63% - 4.3%
Inserionsdichte/kb DNA variiert < 4-fach zwischen untersch. Chr
geringfügig höher für kleinere Chr→ zusätzliche Sequenzen stabilisieren
3 kleinsten Chr ~ 1 Insertion/25.2 kb DNA 3 größten Chr:~ 1 Insertion/39.4 kb DNA
einigen größeren Bereichen fehlen Ty-Insertionen komplett, z.B. 416-kb lange Region auf Chr XIV
Chromosomales Verteilungsmuster ist nicht zufällig…Abb.8: Chromosomales Verteilungsmuster von Ty-Elementen
Regionale Zielsequenzpräferenz von Ty1-, Ty2-, Ty3- und Ty4-Elementen• ausschlaggebender Faktor für chromosomales
Verteilungsmuster sind tRNA-Gene→ tRNA-Gen-gerichtete Integration
Methode:Bestimmung der Lage aller Ty1-, Ty2-, Ty3- und Ty4-Elemente relativ zu tRNA-Genen
Ergebnis:• 90.4% sind mit Klasse-III-Genen assoziiert, d.h.
integrieren bevorzugt im Bereich von 750 Basen in der Nachbarschaft von tRNA-Genen oder anderen Klasse-III-Genen, die durch RNA-Pol-III transkribiert werden
• 66% der tRNA-Gene sind im Umkreis von 750-Basen mit Ty-Insertionen assoziiert
• durchschnittlich 1.2 Insertion/tRNA-Gen (einige sind Integrations-Hotspots)
Tab.3: Chromosomale Organisation von Ty-Elementen
Regionale Zielsequenzpräferenz von Ty1-, Ty2-, Ty3- und Ty4-Elementen
Abb.8: Lage aller Ty1-, Ty2-, Ty3- und Ty4-Elemente relativ zu tRNA-Genen auf Chr III und V
Ty5-Elemente integrieren hingegen bevorzugt in der Nähe von Telomeren
Konsensus-Sequenzen der Zielorte von Ty1-, Ty2-, Ty3- und Ty4-Elementen
Target site duplications (TSD)
meist 5 bp lange gleichgerichtete Duplikationen der Zielsequenz an Flanken des Transposons
Entstehen durch versetzte Schnittstellen
nach Integration werden Einzelstränge durch Reparaturenzyme wieder aufgefüllt und ligiert
Methode:Bestimmung der Konsensus-Sequenzen der Zielorte von 118 Ty1–Ty4 LTRs, die flankiert waren von perfekten 5-bp TSD
Ergebnis:hinsichtlich der Integrationsstellen besteht starke Präferenz für A oder T in den mittleren 3 Positionen
Abb.9: Schematische Darstellung der Entstehung von TSD
Tab.4: TSD-Konsensus-Sequenz
Genomische Umstrukturierung durch Rekombination von Ty-Elementen – Bsp.1
Rekombination eineszirkulären solo-LTR-Ty1-Elements mit einem Ty-Element auf Chr X erzeugt Tandem-Ty1-Element
Abb.10: Beispiel eines Rekombinations-Ereignisses zwischen Ty1-Elementen
Genomische Umstrukturierung durch Rekombination von Ty-Elementen – Bsp.2
Entstehung der telomerischen Organisation der Ty1-Elemente auf Chr I und VIII
auf versch. Chr duplizierte, sub-telomerische Lage einiger Ty1-Insertionen (targeting exceptions) ist Ergebnis von Rearrangements im Anschluss an Integration
Abb.11: Entstehung der telomerischen Organisation der Ty1-Elemente auf Chr I und VIII
Entstehung der telomerischen Organisation der Ty1-Elemente auf Chr I und VIII
Rekombinations-Ereignis:
• reziproker Austausch zwischen 2 Ty1-Elementen verschiedener Chromosomen führt zur Entstehung von 2 Ty1-Elementen mit unterschiedlichen 5’- und 3’-target site sequences
• Rekombination zwischen den LTRs führte zum Verlust der internal coding sequences
• Ergebnis: Ty1-solo-LTR-Insertion nahe des rechten Telomers von Chr IAbb.12: Entstehung der telomerischen Organisation der Ty1-
Elemente auf Chr I und VIII
Entstehung der telomerischen Organisation der Ty1-Elemente auf Chr I und VIII
Duplikations-Ereignis:
Duplikation der telomerischen Ty1-solo-LTR-Insertion auf dem rechten Arm von Chr I sowie der dieses flankierenden Sequenzen auf das linke Telomer von Chr I
Duplikation der telomerischen Ty1-solo-LTR-Insertion auf dem rechten Arm von Chr I sowie 25 kb der dieses flankierenden Sequenzen auf den rechten Arm von Chr VIII
Abb.13: Entstehung der telomerischen Organisation der Ty1-Elemente auf Chr I und VIII
Entstehung der telomerischen Organisation der Ty1-Elemente auf Chr I und VIII
Transpositions-Ereignis:
Insertion eines unabhängigen Ty1-Elements auf Chr VIII (~12 kb telomere–proximal to the solo Ty1 LTR)
Ty1/Ty2 neighbor-joining Baum unterstützt hohen Verwandtschaftsgrad zwischen duplizierten solo-LTRs
Abb.15: Ausschnitt aus dem Ty1/Ty2 neighbor-joining Baum
Abb.14: Entstehung der telomerischen Organisation der Ty1-Elemente auf Chr I und VIII
Ungewöhnliche Paare von Ty-Elementen
Insertion von 2 Ty-Elementen in gegenläufiger Orientierung mit geringem Abstand zueinander
Chr XVI hat größtes Potential für genetische Instabilität, da Elemente derselben Ty-Familie beteiligt
Abb.16: Inverted Ty Pairs
Abb.17: Compound Insertion auf Chr X
• Insertion eines Ty-Elements innerhalb eines anderen
Datensätze der Untersuchung von Ty-Elementen im Genom von S. cerevisiae
lassen erkennen, … welche Mechanismen Ty-Elemente entwickelt haben, um im Genom
bestehen zu können wie Ty-Elemente die Genom-Organisation beeinflussen können wie Transposition und Rekombination das Genom im Laufe der Zeit
umstrukturiert haben
dienen als Ausgangspunkt für vergleichende Analysen mit anderen Hefe-Stämmen, verwandten Arten und komplexeren Genomen, sodass Rückschlüsse auf die Biologie anderer eukaryotischer Retrotransposons gezogen werden können
Ergebnisse der Studie von Ty-Elementen im Genom von S. cerevisiae
verschiedene Ty-Elemente entstanden durch Baseninsertionen und –verluste
Ty-Elemente sind dynamisch: manche Familien vermehren sich, andere sterben aus
Beeinflussung der Genom-Organisation…
direkt, durch Mechanismen der zielgerichteten Integration▪ Verteilungsmuster bestimmt durch▪ Orte von Pol III-Transkription bzw. telomerischem Chromatin▪ AT-reichen chromosomalen Regionen
→ stumme, transkriptional inaktive Regionen typischerweise ohne kodierende Informationen
→ lethale Mutationen werden verhindert, sodass Ty-Elemente im Genom bestehen können
indirekt, durch Rekombination zwischen Ty-Elementen
Das war‘s…Danke für eure Aufmerksamkeit!
Quellenverzeichnis
http://biochemie.web.med.uni-muenchen.de/biotutor_2004/viren.htm http://gydb.org/index.php/Intro http://books.google.de/books?id=MUQthlDcj3EC&pg=PA138&lpg=PA138&dq=
%22mobile+genetische+elemente%22&source=bl&ots=5VzQCrm77p&sig=Y8ahCmCKIHFV-ksQadpqDsBCVC8&hl=de&sa=X&ei=-tnWUPatPIySswbFoYDYDg&ved=0CDQQ6AEwAA#v=onepage&q=%22mobile%20genetische%20elemente%22&f=false
http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/07/07H062/t3.pdf http://www.public.iastate.edu/~voytas/ http://biochimica.unipr.it/yeast/tRNA.html; http://
www.qucosa.de/fileadmin/data/qucosa/documents/1168/1091608193375-2811.pdf
http://ars.els-cdn.com/content/image/1-s2.0-S0960982201001683-gr1.jpg http://online-media.uni-marburg.de/biologie/genetik/boelker/VL-
Molekulargenetik/VL-Transposition3.pdf