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SCHRIFTEN DES SIGMUND-FREUD-INSTITUTS
Herausgegeben vonMarianne Leuzinger-Bohleber und Rolf Haubl
REIHE 2Psychoanalyse im interdisziplinären Dialog
Herausgegeben vonMarianne Leuzinger-Bohleber, Rolf Haublund Stephan Hau
BAND 15Judith Lebiger-Vogel»Gute Psychotherapie«Verhaltenstherapie und Psychoanalyse im soziokulturel-len Kontext
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Judith Lebiger-Vogel
»Gute Psychotherapie«
Verhaltenstherapie und Psychoanalyse imsoziokulturellen Kontext
Mit 13 Abbildungen und 37 Tabellen
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Dissertation an der Universität Kassel im Fachbereich I HumanwissenschaftenJudith Anna Lebiger-Vogel, Disputation am 04. 11. 2010
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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ISBN 978-3-525-45187-8ISBN 978-3-647-45187-9 (E-Book)
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� 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Oakville, CT, U.S.A.Internet: www.v-r.deAlle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. JedeVerwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigenschriftlichen Einwilligung des Verlages.Printed in Germany.Satz: process media consult GmbHDruck & Bindung: Hubert & Co, Göttingen
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1 Problemstellung und Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . 12
2 Gesellschaftlicher Hintergrund: Entwicklungen inwestlichen Ländern mit Fokus auf Deutschland –Globalisierte Ökonomisierung und postmodernePluralisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3 Verhaltenstherapie und Psychoanalyse . . . . . . . . . . . . . . 313.1 Historische Entwicklungslinien von
Verhaltenstherapie und Psychoanalyse und dieakademische Psychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.2 Wissenschaftstheoretische undwissenschaftskonzeptionelle Dimension –Einheitswissenschaftliches Forschungsparadigmaversus Pluralität der Wissenschaften . . . . . . . . . . . 45
3.3 Verhaltenstherapie – Historische Wurzeln,Paradigmen und Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
3.4 Psychoanalyse – Historische Wurzeln, Paradigmenund Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
3.5 Empirischer Positivismus versus hermeneutischerKonstruktivismus? – Eine vergleichende Gegenüberstellungpsychoanalytisch und verhaltenstherapeutisch begründeterVerfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4 Individuum und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 994.1 Zur Identitätsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1014.2 Psychoanalytische Identitätsperspektive –
»Gewordensein« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
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4.3 Adoleszente, insbesondere spätadoleszenteIdentitätsentwicklung aus psychoanalytischerPerspektive – »Wer bin ich?« . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
4.4 Soziologische und sozialpsychologischeIdentitätsauffassung – »Soziale Rolle« . . . . . . . . . . 124
4.5 Individuum und Gesellschaft in der Postmoderneaus soziologischer und sozialpsychologischerPerspektive – »Diversifizierung undPluralisierung« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
4.6 Jugend und junges Erwachsensein in der heutigenGesellschaft – »Realismus und Pragmatismus« . . . 131
4.7 Berufswahl als Teil der spätadoleszentenIdentitätsentwicklung – »Das bin ich« . . . . . . . . . 141
5 Soziale Repräsentationen von Verhaltenstherapie undPsychoanalyse in verschiedenen gesellschaftlichenBereichen – Manifestationen gesellschaftlicherMentalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1525.1 Soziale Repräsentationen im universitären Kontext
– Fachkulturen, universitäre Sozialisationswege . . 1545.2 Soziale Repräsentationen im berufspraktischen
Kontext – PsychotherapeutischeVersorgungsrealität, Aus- und Weiterbildung . . . . 173
5.3 Soziale Rezeption im gesamtgesellschaftlichenKontext – Gesundheitspolitische Privilegierung,Behandlungsphantasien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
6 Theoretisches Rahmenmodell zu den empirischenDaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
7 Hypothesen und Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1927.1 Zusammenfassende Problemzentrierung und
Ableitung der Hypothesen und Fragestellungen . . 1927.2 Methodische Fragestellung: Entwicklung des
»Fragebogens zur Wichtigkeit von Interventionenin der Psychotherapie« (WPT) . . . . . . . . . . . . . . . 198
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7.3 Hypothesenkomplex 1: Differenzielle Wirkungdes Studiengangs – Prägung durch Studienumfeldund Fachkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
7.4 Hypothesenkomplex 2: Wahrnehmung von undInteresse an Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
7.5 Hypothesenkomplex 3: Wahrnehmung vonVerhaltenstherapie und psychodynamischorientierten Verfahrensrichtungen . . . . . . . . . . . . . 203
7.6 Hypothesenkomplex 4: Interesse anVerhaltenstherapie und Psychoanalyse sowieinsgesamt an psychodynamisch orientiertenVerfahrensrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
7.7 Hypothesenkomplex 5: Kriterien für Interesse . . . 2077.8 Fragenkomplex 1: Interesse – sonstige
Einflussfaktoren und Korrelate . . . . . . . . . . . . . . . 2107.9 Zur qualitativen Fragestellung: Wege der
Entscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2117.10 Zur konvergenten Validierung der quantitativen
und der qualitativen Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
8 Methode I: Zur Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2138.1 Verortung der Promotion in der DPPT-Studie . . . 2138.2 Durchführung quantitativ: Zur
Fragebogenuntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2148.3 Methodisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2158.4 Beschreibung der Studierendenstichprobe,
Rücklauf und Einschlusskriterien . . . . . . . . . . . . . 2168.5 Beschreibung der quantitativen Messinstrumente
und Überprüfung der Faktorenstruktur des WPT . 2248.6 Durchführung qualitativ: Zu den Interviews . . . . 2308.7 Halbstandardisierte Leitfaden-Interviews . . . . . . . 2308.8 Zur Interviewdurchführung und narrativen
Verdichtung (erste Auswertungsstufe) . . . . . . . . . . 233
9 Methode II: Zur Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2379.1 Zur empirischen Umsetzung der quantitativen
Hypothesen und Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . 237
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9.2 Zur empirischen Umsetzung der qualitativenFragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
9.3 Zur Erstellung des Kategoriensystems . . . . . . . . . . 2529.4 Qualitative und quantitative Gütekriterien:
Intersubjektivität, Interraterreliabilität . . . . . . . . . 2589.5 Zur Prototypenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2619.6 Zur Validierung der qualitativen und der
quantitativen Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
10 Quantitative Befunde zu den Hypothesenkomplexenund der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26610.1 Befunde zu Hypothesenkomplex 1: Differenzielle
Wirkung des Studiengangs – Prägung durchStudienumfeld und Fachkultur . . . . . . . . . . . . . . . 271
10.2 Befunde zu Hypothesenkomplex 2:Wahrnehmung und Interesse Psychotherapie . . . . 282
10.3 Befunde zu Hypothesenkomplex 3:Wahrnehmung von Verhaltenstherapie undpsychodynamisch orientiertenVerfahrensrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
10.4 Befunde zu Hypothesenkomplex 4: Interesse anVerhaltenstherapie und Psychoanalyse sowieinsgesamt an psychodynamisch orientiertenVerfahrensrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315
10.5 Befunde zu Hypothesenkomplex 5: Kriterien fürInteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330
10.6 Befunde zu Fragenkomplex 1: Interesse – sonstigeEinflussfaktoren und Korrelate . . . . . . . . . . . . . . . 346
11 Befunde zur qualitativen Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . 35511.1 Beschreibung des Kategoriensystems . . . . . . . . . . . 35511.2 Zur Typenbildung: Sieben typische Wege der
Entscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36111.3 Zur konvergenten Validität quantitativer und
qualitativer Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399
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12 Diskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40112.1 Zusammenfassende Diskussion der quantitativen
Ergebnisse – Zu Wahrnehmung und Interesse . . . 40312.2 Zusammenfassende Diskussion der qualitativen
Ergebnisse – Zu den Typen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42212.3 Allgemeine Überlegungen zu den Typen . . . . . . . . 43412.4 Studierende in der heutigen Zeit – Pragmatische
Orientierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43612.5 Fachkulturelle Eigenheiten – Die vermittelnde
Wirkung des Studiengangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43912.6 Gegenwartsphänomene und die
Verfahrensrichtungen – Zum anachronistischenMoment der Psychoanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
12.7 Methodenkritische Anmerkungen – Grenzen derStudie und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445
12.8 Zur Relevanz der Studie – Eine Bilanz . . . . . . . . . 450
13 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460
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»Der Mensch soll seine Komplexe nicht ausrottenwollen, sondern sich ins Einvernehmen mit ihnensetzen, sie sind die berechtigten Dirigenten seinesBenehmens in der Welt.«(Freud an Ferenzci, 1911/1993, S. 423)
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1 Problemstellung und Vorbemerkungen
»Der Berufsweg von Psychotherapeuten mit seinen schwierigen Wech-selfällen, Umschwüngen und Neu-Erfahrungen ist die Realisierung eines(auch schon laut Freud) ›unmöglichen‹ Berufs, der wie wenige andere eineganzheitliche Dimension anpeilt und diesen Anspruch – Seele, Körper,Moral, Beziehungsfähigkeit und Selbstreflexion gleichsam zusammen-zubinden – immer wieder verfehlen muss. Die Zersplitterung der mo-dernen Welt macht auch vor ihm nicht Halt« (Jaeggi, 2006, S. 443).
Die Erforschung von Motiven für das Ergreifen dieses »unmögli-chen« Berufs in der heutigen Zeit steht im Zentrum dieses Buches.Neben dieser Frage geht es um die gegenwärtige gesellschaftlicheRepräsentation verschiedener psychotherapeutischer Verfahrens-richtungen. Insbesondere wird in der vorliegenden Untersuchungeine empirische Gegenüberstellung der momentan in Deutschlandkassenärztlich anerkannten Verfahrensrichtungen Verhaltensthe-rapie und Psychoanalyse (bzw. psychodynamisch orientierter Ver-fahren) verfolgt. Zu diesem Zweck werden anhand einer Studie-rendenstichprobe der dafür in Frage kommenden Fachrichtungendas Interesse an einer psychotherapeutischen Aus- oder Weiterbil-dung sowie deren Wahrnehmung von psychotherapeutischen Ver-fahrensrichtungen untersucht. Darauf wird im Folgenden nähereingegangen.
Angesichts einer steigenden Nachfrage an psychotherapeuti-schen Leistungen (Wittchen u. Jacobi, 2001 u. 2006; Albani, Blaseru. Brähler, 2008) z. B. wegen der Zunahme depressiver Erkran-kungen (vgl. World Health Organization (WHO), 2003) und derFrage nach kostengünstigen und zugleich nachhaltigen therapeu-tischen Methoden, enthält diese Thematik eine besondere gesell-schaftspolitische Relevanz. So sind Schätzungen zufolge pro Jahrca. 32 % der erwachsenen Bevölkerung von psychischen Störungenbetroffen (vgl. Groeger, 2005). Wegen der hohen Zahl der Be-troffenen und aufgrund des solidarfinanzierten Gesundheitssys-tems erscheint eine differenzierte und wissenschaftlich fundierte
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psychotherapeutische Versorgung von hohem allgemeinem Inter-esse (vgl. Kap. 5.2).
Die Zulassung einer bestimmten Therapieform kann »aus sozi-algeschichtlicher Perspektive« (Daiminger, 2007, S. 20) immerauch als eine politische und gesellschaftliche Privilegierung gesehenwerden. Debatten um die »bessere Therapieform« beinhalten stetsAspekte der Kassenzulassung. Es handelt sich also auch um ge-sundheitspolitische Fragen, von deren Mandatsübernahme durchdie Psychotherapeut/-innen der Erhalt dieser Zulassung abhängt(vgl. Haubl, 1997). Hinzu kommt, dass das erklärte Ziel kassen-ärztlich finanzierter Therapien immer auch eine Resozialisierung inFällen psychologischer Devianz ist. Dies ist zumindest partiellnormativ gegenüber den Individuen. In diesem Kontext scheint esplausibel, dass die spezifische Form von Psychotherapie, die jeweilsgesundheitspolitisch privilegiert wird, auch eine Manifestationgesellschaftlich herrschender Mentalitäten ist. Darauf wird in dervorliegenden Untersuchung durch den Einbezug zeitdiagnostischerÜberlegungen eingegangen: Neben persönlichen »Behandlungs-phantasien« (Haubl, 1997, S. 10) sind immer auch überindividu-elle, d. h. kollektive Vorstellungen (soziale Repräsentationen) derGesellschaftsmitglieder über »gute Psychotherapie« aufzufinden(vgl. Kap. 5.3). Diese stehen mit allgemeinen gesellschaftlichenVerhältnissen in einem bestimmten historischen Kontext inWechselwirkung.
Momentan fallen in den kassenärztlichen Leistungskatalog nachdem 1998 eingeführten Psychotherapeutengesetz (PsychThG,1998) (kognitiv-)verhaltenstherapeutische Methoden sowie psy-chodynamisch orientierte bzw. psychoanalytische Verfahren1, da
1 Im Folgenden werden im theoretischen Teil dieser Arbeit aufgrund ihrestheoretischen Hintergrunds, falls nicht anders gekennzeichnet, unter »Psycho-analyse« sowohl Psychoanalyse als auch andere psychoanalytisch begründetebzw. psychodynamisch orientierte Verfahren gefasst. Bei den sogenanntenRichtlinienverfahren handelt es sich korrekterweise um drei verschiedeneRichtungen. Allerdings werden Psychoanalyse und andere psychodynamischorientierte Verfahren in der Literatur trotz theoretischer und anwendungsbe-zogener Differenzen häufig zusammengefasst (vgl. z. B. Fischer u. Möller,2006), hier allerdings meist unter dem international gebräuchlichen Sammel-
1 Problemstellung und Vorbemerkungen 13
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diese ihre Wirksamkeit nach bestimmten – momentan als wissen-schaftlich geltenden Kriterien – unter Beweis stellen konnten. Je-doch sind beide Richtungen wie auch andere psychotherapeutischeVerfahren in der Pflicht, im Abstand einiger Jahre aufgrund aktu-eller Studien erneut den Nachweis ihrer Wirksamkeit zu erbringen(vgl. z. B. WBP, 2004; Kap. 5.2). Dies wird von Debatten darüber,welche Form der Psychotherapie nach welchen Kriterien als wirk-sam gilt, begleitet (vgl. Kap. 3 ff.).2
Sowohl theoretisch als auch praktisch sind große Unterschiedezwischen den Verfahrensrichtungen zu verzeichnen (vgl.Kap. 3.3 – 3.5). Debatten um Verhaltenstherapie versus Psycho-analyse als Behandlungsmethoden beinhalten – neben berufspoli-tischen Aspekten – einigen Autor/-innen zufolge grob vereinfachtauch die Ebene einer Auseinandersetzung um Ursachenforschungversus Symptombehandlung (z. B. Bachrach, Galatzer-Levy, Sko-lnikoff u. Waldron, 1997; Rüger u. Bell, 2004; Leuzinger-Bohle-ber, 2007). Der Aspekt der Behandlung nach Symptomatiken un-terschiedener Krankheitsbilder (nach Manualen wie dem DSM-IV,
begriff der »psychodynamischen Verfahren« (S. 2). Die Kassenärztliche Bun-desvereinigung fasst die Verfahren unter dem Begriff »Psychoanalytisch be-gründete Verfahren« (KBV, 2009) zusammen, der wissenschaftliche BeiratPsychotherapie (WBP, 2004, 2008a, 2008b) bezeichnet sie zusammengefasst als»Psychodynamische Psychotherapie«. Die Entscheidung für den Sammelbegriff»Psychoanalyse« resultiert aus der Überlegung, dass die genannten Ansätze zu-mindest ursprünglich theoretisch auf psychoanalytischen Modellen und Kon-zepten basieren. Zudem ist »Psychoanalyse« wohl der gesellschaftlich geläufigsteBegriff für diese Richtung. Unter »Verhaltentherapie« werden in der gleichenLogik im Folgenden, falls nicht anders gekennzeichnet, auch kognitiv-behavi-orale Ansätze gefasst, auch wenn hier ebenso anwendungsbezogene und theo-retische Differenzen zu verzeichnen sind. Darauf wird in den Kapiteln 3.3, 3.4und 3.5 näher eingegangen.
2 Inzwischen sind auch systemische Psychotherapie und klientenzentrierteGesprächspsychotherapie (letztere nur für den Erwachsenenbereich) vom wis-senschaftlichen Beirat Psychotherapie anerkannt, wenngleich sie noch nicht indie reguläre kassenärztliche Versorgung aufgenommen wurden. Vom wissen-schaftlichen Beirat derzeit anerkannte Verfahren sind somit die psychodyna-mische Psychotherapie, die Verhaltenstherapie, die klientenzentrierte Ge-sprächspsychotherapie sowie die systemische Psychotherapie (WBP, 2002, 2003,2004, 2008a, 2008b).
14 1 Problemstellung und Vorbemerkungen
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