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Praxishandbuch Wissensmanagement – © Symposion Publishing 2002 – www.symposion.de/wissen Communities of Practice: Erfahrungen der Tech Clubs von DaimlerChrysler Communities of Practice: Erfahrungen der Tech Clubs von DaimlerChrysler Zusammenfassung .................................................................... 269 Einführung ............................................................................... 270 Die treibenden Kräfte ............................................................... 272 Externe Kräfte .................................................................................. 272 Interne Kräfte ................................................................................... 273 Die Geschichte der Tech Clubs ................................................. 274 Die Ausrichtung auf Plattformen ...................................................... 274 Probleme .......................................................................................... 274 Die Lösung: Tech Clubs ................................................................... 275 Entwicklung der Tech Clubs ............................................................. 275 Struktur der Tech Clubs (siehe Abb. 2 und 3) ................................... 277 Das Community-Modell des Wissensmanagements .................. 282 Der unternehmerische Kontext von Communities of Practice .......................................................... 283 Wertschöpfung: ........................................................................ 286 Wie tragen Communities of Practice dazu bei? ......................... 286 Wie können Communities of Practice ...................................... 288 ins Leben gerufen werden? ........................................................ 288 Kritische Erfolgsfaktoren .......................................................... 290 Gefahren ................................................................................... 290 Wie kann eine Knowledge-Strategie zum Nutzen der Geschäftseinheiten entwickelt werden? ................... 291

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Communities of Practice:Erfahrungen der Tech Clubs

von DaimlerChrysler

Communities of Practice:Erfahrungen der Tech Clubs von DaimlerChrysler

Zusammenfassung .................................................................... 269

Einführung ............................................................................... 270

Die treibenden Kräfte ............................................................... 272Externe Kräfte .................................................................................. 272

Interne Kräfte ................................................................................... 273

Die Geschichte der Tech Clubs ................................................. 274Die Ausrichtung auf Plattformen ...................................................... 274

Probleme .......................................................................................... 274

Die Lösung: Tech Clubs ................................................................... 275

Entwicklung der Tech Clubs ............................................................. 275

Struktur der Tech Clubs (siehe Abb. 2 und 3) ................................... 277

Das Community-Modell des Wissensmanagements .................. 282

Der unternehmerische Kontext vonCommunities of Practice .......................................................... 283

Wertschöpfung: ........................................................................ 286

Wie tragen Communities of Practice dazu bei? ......................... 286Wie können Communities of Practice ...................................... 288

ins Leben gerufen werden? ........................................................ 288

Kritische Erfolgsfaktoren .......................................................... 290

Gefahren ................................................................................... 290Wie kann eine Knowledge-Strategie zumNutzen der Geschäftseinheiten entwickelt werden? ................... 291

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Praxishandbuch Wissensm

anagement – ©

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Kritische Erfolgsfaktoren .......................................................... 294

Gefahren ................................................................................... 294

Weitere Schritte auf Konzernebene bei DaimlerChrysler ........... 295

Fazit .......................................................................................... 296Literatur ................................................................................... 296

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Erfahrungen der Tech Clubs von DaimlerChrysler

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AMEL KARBOUL

ZusammenfassungDie Komplexität und Wettbewerbsintensität der Märkte zwingenheute Unternehmen in der ganzen Welt, mit hoher Kreativität aufdie Herauforderungen des wissensbasierten Wirtschaftsgeschehenszu antworten.

Diese Tech Clubs, die um Fachgebiete wie Fahrzeugelektronikoder Karosseriebau herum organisiert werden, sind ein Beispiel da-für, was gemeinhin als »Communities of Practice« (CoPs) bekannt

Communities of Practice:Erfahrungen der Tech Clubs vonDaimlerChrysler

Das American Productivity & Quality Center (APQC),eine international anerkannte Autorität auf dem Gebietder Prozessverbesserung und der Leistungssteigerung,hat das Unternehmen DaimlerChrysler als weltweit füh-rend im »Knowledge Management« (KM) und bei derNutzung von »Communities of Practice« (CoPS) aner-kannt. DaimlerChrysler besitzt das in der Automobilindu-strie als »best practice« einzustufende Vorgehen, umsich schnell veränderndes Wissen zu generieren und imUnternehmen bereitzustellen: die »Tech Clubs«, durchdie der Erfolg der Plattformstrukturen der Fahrzeuge vonDaimlerChrysler ermöglicht wurde. Der folgende Beitragerzählt die Geschichte der Tech Clubs.

Stichworte: Communities of Practice, DaimlerChrysler, TechClubs, Komplexität und Wettbewerbsfähigkeit, Wissens-management, American Productivity & Quality Center (APQC),Best-Practice Model, Car-Platform Structure, Veränderungs-kraft

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geworden ist – Gruppen, die eine Expertise in einem bestimmtenGebiet beherrschen. Unternehmen müssen lernen, solche Commu-nities of practice zu bilden und zu nutzen, um im Wettbewerb inwissensintensiven Märkten zu bestehen. Tech Clubs beweisen dieLeistungsfähigkeit von informellen Gruppen von Mitarbeitern, diesich für ein Wissensgebiet des Geschäfts verantwortlich fühlen. DieErfahrung mit den Tech Clubs zeigt, wie sehr der Erfolg einer On-line-Wissensquelle wie das »Engineering Book of Knowledge« vonder Qualität der Community of Practice abhängt, die es als »sein«Zuständigkeitsgebiet betrachtet. Tech Clubs werden in der Wirt-schaft zunehmend als exemplarische Vorbilder für wirkungsvollesWissensmanagement erkannt.

Das Modell, nach dem Unternehmensführer Wissensmanage-ment in ihrem Unternehmen aufbauen können, besteht aus vier An-sätzen:! dem Beitrag, den Communities of Practice zum Geschäftsergeb-

nis leisten! der Entwicklung gut funktionierender Communities of Practice! dem Entwurf einer Knowledge-Strategie, die auf Communities

of Practice aufbaut und jeweils eine ganze Strategische Geschäfts-einheit betrifft

! der Rolle der Unternehmensführer bei der Integration von Initia-tiven des Knowledge Management in das Unternehmensgesche-hen insgesamt

EinführungEine Reihe von externen und internen Wirkkräften veranlassenDaimlerChrysler (DC) – wie die meisten großen weltweit tätigenUnternehmen auch –, Wissensmanagement einen hohen Stellenwertzu geben. Typischerweise beginnen viele Unternehmen damit, dastechnische System aufzubauen, um Informationen zu erfassen undzu verteilen. Für bestimmte Arten von Wissen wie z. B. Vorschriftenund Bestimmungen, Standardprozeduren und –abläufe sowie Kun-

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denprofile kann Knowledge-Management dann recht schnell eta-bliert werden. Aber wenn es darum geht, mit Hilfe von Wissensma-nagement Innovationen zu unterstützen, die Entwicklung von Fä-higkeiten zu beschleunigen oder Wissen wiederbenutzbar und aufneue Weise kombinierbar zu machen, reichen technische Lösungennicht aus. Führende Unternehmen wie Johnson & Johnson, Shell,IBM, British Petroleum, Hewlett-Packard und selbst die Weltbankhaben die entscheidende Rolle von Communities of Practice er-kannt, d.h. von Expertengruppen im Unternehmen, die Wissen ge-meinsam aufbauen, untereinander teilen und es anwenden und diedaher am besten in der Lage sind, es zu managen.

DaimlerChrysler ist in der glücklichen Lage, über ein gutentwi-ckeltes, lebendiges Beispiel solcher Communities of Practice zuverfügen, die die Verantwortung für Wissensmanagement übernom-men haben. Die »Tech Clubs« von DaimlerChrysler werden heutein der Automobilindustrie als best practice angesehen. Sie trugenentscheidend dazu bei, dass die Plattform-Struktur im Automobil-bau erfolgreich eingeführt werden konnte und dass bei DaimlerChrysler wirkungsvolle Foren für Innovation, Wissensaustausch undWeiterbildung entstanden sind. Diese Tech Clubs waren auch maß-geblich daran beteiligt, dass das »Engineering Book of Knowledge«ein Erfolg wurde.

Viele Unternehmen mussten teures Lehrgeld dafür bezahlen, dasssie zuerst anspruchsvolle technische Systeme und Datenbanken fürWissensmanagement installierten und die Nutzer nicht dafür ge-wonnen hatten, die Inhalte zu prüfen, zu nutzen und auf dem Lau-fenden zu halten.

DaimlerChrysler verfolgt mehrere strategische Ansätze für dasWissensmanagement. Neben den Communities of Practice werden»Austauschgruppen« betrieben, die ein Programm zum weltweitenAustausch von Mitarbeitern von DaimlerChrysler zwischen den ver-schiedenen internationalen Standorten darstellen sowie die »CircleMember Group«, ein Wissenstransferprogramm für Wissenschaftlerund internationale Experten, die an andere Standorte wechseln. Da-

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neben gibt es noch Stipendienprogramme und Kolloquien mit un-ternehmensweiter Beteiligung.

In diesem Beitrag liegt der Akzent aber auf den Erfahrungen derTech Clubs. Es werden die Schritte beschrieben, die zukunftsorien-tierte Manager von DaimlerChrysler und in anderen führenden Un-ternehmen tun, um solche Communities of Practice zu aktivieren.Der Beitrag soll die Richtung für den zu beschreitenden Weg ver-mitteln, ohne in alle Details gehen zu können.

Die treibenden KräfteCommunities of Practice sind kein Selbstzweck. Sie stellen vielmehreine Antwort auf unternehmensexterne und –interne Kräfte dar, diees erforderlich machen, zunehmende Komplexität zu beherrschen,Durchlaufzeiten zu verkürzen und unternehmensweit vorhandenesWissen wirkungsvoller zu nutzen.

Externe Kräfte

Die Notwendigkeit, die Gewinne und Nutzung von Wissen zu ver-bessern, resultiert aus! der zunehmenden Wettbewerbsrolle von Wissensvorsprüngen

und prompter Wissensumsetzung! dem schnellen technologischen Wandel der Globalisierung der

Märkte mit– der wachsenden Komplexität des Produktangebots und den

Marktanforderungen, die die Reaktionsfähigkeit der hierarchi-schen Unternehmensstrukturen überfordert und einen flexiblenNetzwerkansatz erforderlich macht (in dem z. B. Ingenieure überverschiedene Standorte hinweg direkt miteinander über Vor-schriften, Normen und Standards kommunizieren können)

! der zunehmenden Fähigkeit von Wettbewerbern in allen Indu-strien, in denen DaimlerChrysler tätig ist, Wissen besser zu ma-nagen und strategisch zu nutzen

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! der größeren Abhängigkeit von Zulieferern, mit denen gemeinsa-me Entwicklungen betrieben werden und relevantes Wissen aus-getauscht werden muss

! der Notwendigkeit, Technologieentwicklungen vorherzusehen,Komponenten zu testen und sie in der Entwicklung neuer Mo-delle zu berücksichtigen, was ständigen Wissensaustausch zwi-schen den Ingenieuren der Zulieferanten und des eigenen Hausesvoraussetzt.

Interne Kräfte

Interne Anforderungen an Wissensmanagement resultieren aus! den Kommunikationsdefiziten zwischen Projekten und innerhalb

der Funktionsbereiche! der Notwendigkeit, Durchlaufzeiten zu verkürzen! der zunehmenden Komplexität der Entwicklungs- und Kon-

struktionsprozesse, die erfordert, das Gesamtwissen aller beteilig-ten Experten auf neue Weise zugänglich zu machen

! dem immer inakzeptableren Wissensverlust, der dadurch ent-steht, dass Mitarbeiter das Unternehmen verlassen oder auf ande-re Positionen versetzt werden

! dem immer größeren Anteil von Komponenten, die von Liefe-ranten bereitgestellt werden

! dem bisher unzureichenden gemeinsamen Verständnis vonWissensmanagement und des Beitrags, den Communities ofPractice zur Erreichung der Geschäftsziele leisten können

! der Notwendigkeit, Integration und Synergien des Wissens querdurch das ganze Unternehmen voranzubringen.

Diese treibenden Kräfte werden voraussichtlich in den kommendenJahren an Bedeutung noch gewinnen. Darauf adäquat zu reagieren,erfordert Fähigkeiten, die nur über Jahre hinweg ausgebildet werdenkönnen. An der Spitze der Entwicklung dieser Fähigkeiten zu ste-hen, wird einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bieten.

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Die Geschichte der Tech ClubsDie Erfolgsgeschichte der Tech Clubs bei DaimlerChrysler hat sichinzwischen herumgesprochen, und das Interesse an diesem Ansatzwächst allerorts. Die Übertragung dieses Ansatzes auf andere Unter-nehmen dürfte umso erfolgreicher sein, je klarer Manager verstehen,welche Probleme mit den Tech Clubs bei Daimler Chrysler bewäl-tigt werden sollten und was nötig war, um sie zum Erfolg zu führen.

Die Ausrichtung auf Plattformen

Die Hauptmotivation für die Schaffung der Tech Clubs war, Fahr-zeug-Plattformen durchzusetzen, die funktionsübergreifende pro-duktzentrierte Strukturen voraussetzten. Bei DaimlerChrysler in Au-burn-Hills (DC-AH) gibt es fünf dieser Plattformen: großeAutomobile, kleine Automobile, LKWs, Minivans und die Jeep-Plattform. Jede davon ist zuständig für die gesamte Entwicklung ei-nes Fahrzeugs. Ingenieure aller Fachbereiche berichten an die Platt-form-Verantwortlichen, denen sie zugeordnet wurden. Ihre primäreAufgabe ist damit die gemeinsame Entwicklung eines spezifischenFahrzeugs geworden.

Dieser Ansatz war die erfolgreiche Antwort auf die japanischeHerausforderung gegen Ende der 80er Jahre, als es galt, Marktantei-le durch immer neue Produktinnovationen in immer kürzeren In-tervallen zu gewinnen. Durch die Schaffung der Plattformen konn-ten funktionsübergreifende Entwicklungen simultan und spezifischfür ein neues Fahrzeug betrieben werden. Damit gelang es Daim-lerChrysler, die Entwicklungszeit von 60 auf 30 Monate zu verkür-zen und die F&E-Kosten auf 2,7% vom Umsatz zu verkürzen.

Probleme

Der Übergang zu Plattformen war nicht kostenlos zu haben. DenVerantwortlichen wurde bald klar, dass der angestrebte Nutzen derPlattform-Struktur gefährdet sein würde, wenn es nicht gelang, die

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Vielzahl von Problemen zu lösen, die in der Anfangsphase auftraten:verschiedenste Versionen desselben Teils mit geringen Variationen,unkoordiniertes Verhalten gegenüber Lieferanten, Erfahrungen, dienicht weitergegeben wurden und Fehler, die unnötigerweise wieder-holt wurden, weil zwischen den Plattformen nicht kommuniziertwurde. Das Unternehmen hatte den Vorteil der Fokussierung aufPlattformen mit der abnehmenden Fähigkeit bezahlt, quer über diePlattformen aus Erfahrung zu lernen.

Die Lösung: Tech Clubs

Die Unternehmensführung und die Ingenieure erkannten gleicher-maßen, dass die Kommunikation zwischen den Plattformen organi-siert werden musste. Zunächst begannen frühere Kollegen desselbenFunktionsbereichs, die jetzt Plattformen zugeordnet waren, sich aufinformeller Basis zu treffen und auszutauschen. Die Führungskräftesahen die Nützlichkeit dieser Initiative, wollten aber die primäreZuständigkeit und die Führungsstruktur der Plattformorganisationnicht beeinträchtigt sehen. Daher billigten und unterstützten siezwar die informellen Treffen, ließen daraus aber keine organisatori-sche Struktur entstehen, was ja zu einer nicht gewollten Matrixorga-nisation geführt hätte. Das war die Geburtsstunde der Tech Clubs.

Entwicklung der Tech Clubs

Seit 1992 haben die Tech Clubs vier Entwicklungsphasen durchlau-fen (siehe Abb. 1).

In den ersten Jahren trafen sich die Leiter von Fachbereichen derverschiedenen Plattformen, um Fragen zu diskutieren, die mit Tei-len, Zulieferern und neuen Technologien zu tun hatten (Phase 1).

Nach einer Weile wurde den Fachbereichsleitern klar, dass dergegenseitige Lerneffekt in diesen Treffen verstärkt werden konnte,wenn je nach behandeltem Themengebiet auch die Ingenieure desbetroffenen Fachbereichs aus den verschiedenen Plattformen teil-

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nahmen. Darüber hinaus wurden auch Mitarbeiter aus dem Ein-kauf, aus der Gewährleistungsprüfung und aus den Forschungsla-bors hinzugeladen (Phase 2).

In dem Maß, in dem sich die Tech Clubs etablierten, nahmensie immer aktiver die Verantwortung für bestimmte Expertisegebietewahr. Beispielsweise führten sie Designerreviews für die beteiligtenPlattformen durch, bevor diese Designs der Qualitätsprüfung imProjektplan unterworfen wurden. 1996 kam schließlich JackThompson auf die Idee, ein »Engineering Book of Knowledge«(EBok) zu schaffen, eine Lotus-Notes-Datenbank, in der das rele-vante Wissen erfasst werden sollte, das die Ingenieure quer durchdie Plattformen benötigen, um Standards, Best Practices, Erfahrun-gen und Zuliefererspezifikationen berücksichtigen zu können.Thompson erkannte sehr schnell, dass das EBok nur dann ein Er-folg werden konnte, wenn die betroffenen Ingenieure selbst die Ver-antwortung für die Eingabe und Pflege der Inhalte übernahmen.Dieses Konzept mussten sie an die Tech Clubs »verkaufen«. Anfangsbestand Skepsis, da ähnliche Versuche in der Vergangenheit mehr-mals fehlgeschlagen waren, aber die Leiter einiger der Tech Clubs

Abb. 1: Entwicklungsphasen der Tech Clubs bei DaimlerChrysler

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ergriffen die Chance, das Wissen ihrer Tech Clubs zu konsolidierenund seine Weiterentwicklung zu sichern. Im Nachhinein glaubtJack Thompson, dass die Akzeptanz seiner Idee durch die TechClubs entscheidend für ihren Erfolg war (Phase 3).

Heute besteht die Aufgabe der Tech Clubs darin, immer mehrFunktionsbereiche und Business Units für die Teilnahme zu gewin-nen und ihre Arbeit in die Leistungsprozesse der Plattformen zu in-tegrieren. Viele der Tech Clubs erkennen, dass es wichtig ist, engereBeziehungen mit anderen Funktionsbereichen des Unternehmenswie Fertigung, Vertrieb, Marketing und Qualitätsmanagement zuetablieren (Phase 4).

Struktur der Tech Clubs (siehe Abb. 2 und 3)

Tech Clubs umfassen die acht Hauptdisziplinen der Produktent-wicklung: Vorentwicklung (Advanced Vehicle Engineering), Karos-

serie, Fahrgestell, Elektrik/Elektronik, Innengestaltung, Kraftüber-tragung, Forschung und Grundlagenentwicklung sowie Fahrzeug-entwicklung, außerdem die Aufgabenbereiche Programm-Manage-

Abb. 2: Plattformen und Hauptdisziplinen der Produktentwicklung, die von den Tech Clubsabgedeckt werden

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ment, Energiemanagement und Thermik. In jeder dieser Hauptdis-ziplinen gibt es Tech Clubs auf mehreren Ebenen: der Führungs-ebene, der Ingenieursebene und den Schrittmachertechnologien(Emergent Tech Clubs).

Beispielsweise arbeiten im Executive Tech Club für Karosseriendie Karosserie-Manager der 5 Plattformen zusammen: sie organisie-ren und koordinieren eine Reihe von Tech Clubs auf der Inge-nieursebene (Engineering Tech Clubs), auf der spezielle Aufgaben-bereiche wie Scheibenwischer, Stoßstangen oder Türen behandeltwerden. Jeder dieser Sub-Clubs wiederum ist dafür verantwortlich,die »lessons learned« zu dokumentieren, Designreviews durchzufüh-ren und Standardisierungen für das behandelte Gebiet vorzuneh-men. Ingenieure mit spezifischeren Aufgaben, z.B. elektronischenOverhead Displays, können eine eher informellen Tech Club initiie-ren, und um den offiziellen Status eines Tech Clubs zu erreichen,müssen sie eine ausreichende Anzahl von Teilnehmern vorweisen.

Die Tech Clubs führen dabei folgende Aufgaben durch:! Die Mitglieder der Executive Tech Clubs bestimmen, wer den

Sub-Clubs (Engineering Tech Clubs) ihrer Hauptdisziplin vor-

Abb. 3: Aufgabenverteilung in der Tech-Club-Struktur

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sitzt, sie überprüfen deren Entscheidungen und Empfehlungen,identifizieren die Themengebiete des EBoK und legen fest, werfür einzelne EBoK-Bereiche zuständig ist.

! Die Vorsitzenden der Tech Clubs organisieren die Club-Treffen,schlagen die Tagesordnung vor, bereiten die Präsentationen vor(beispielsweise die eingeladener Zulieferer), kontrollieren dieDurchführung von getroffenen Entscheidungen, koordinierendie Tech-Club-Arbeit mit anderen Gruppen und kommunizie-ren mit den Tech-Club-Mitgliedern, um zu behandelnde Punkteherauszufinden und das Gefühl der Community-Zugehörigkeitzu stärken

! Die EBoK-Koordinatoren der Tech Clubs stellen sicher, dass alleEintragungen in das EBoK von kompetenten Reviewern geprüftwerden und geben grünes Licht für die Veröffentlichung derneuen Eintragungen

! Die Verantwortlichen für einzelne Kapitel des EBoK koordinie-ren die Erstellung von Beiträgen für ihr Fachgebiet, legen Unter-gliederungen fest, bestimmen Autoren, werten das Feedback ausund stellen den Fortschritt der Arbeiten sicher

! Die Autoren der Beiträge verfassen die Inhalte der definiertenEBoK-Sektionen und reagieren auf Feedback. Dabei werden siegegebenenfalls von einem Team von zuständigen Ingenieurender beteiligten Plattformen unterstützt

! Leser/Nutzer sind aufgefordert, Feedback zu geben und weitereInhalte für das EBoK vorzuschlagen.

Die Tech Clubs sollen so die Entwicklung und Nutzung von Wis-sen und die Zusammenarbeit der Entwickler und Konstrukteureüber alle Plattformen hinweg fördern. Sie entwickeln und doku-mentieren Standards für Leistungsprozesse und Arbeitsabläufe, sielegen Spezifikationen für Komponenten fest, sie strukturieren undstellen das Entwicklungs-Know-how bei DaimlerChrysler und dasvon Zulieferern bezogene Know-how im Unternehmen zur Verfü-gung. Die Fähigkeit der Tech Clubs, Expertise zwischen den Platt-

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formen zu transportieren, befähigt die Plattformen, die Ziele für dieVerkürzung der Durchlaufzeiten, für Kostenreduktionen und Qua-lität zu erreichen.

Können andere von der Erfahrung von DaimlerChrysler profitie-ren?

Führungskräfte anderer Unternehmen reagieren mit Vorbehaltenauf die Frage, ob sie den Ansatz der Tech Clubs auf ihr Unterneh-men übertragen können. Im Folgenden sind einige dieser Vorbehal-te und die Antworten darauf wiedergegeben.

»Wir stellen ganz andere Produkte her – warum sollten wirDaimlerChrysler imitieren?«

Es geht nicht darum zu imitieren. Entscheidend ist zu verstehen,welchen Zweck die Tech Clubs als Communities of Practice erfüllenund wie sie entwickelt werden können, um dieses Verständnis fürdie Gestaltung eigener Prozesse der Weiterentwicklung und desUmgangs mit Wissen zu nutzen.

»DaimlerChrysler brauchte die Tech Clubs, um die Fragmentie-rung zu überwinden, die bei der Ausrichtung auf Plattformen ent-stand. Was bringen Tech Clubs bei Unternehmen, die eine inte-grierte Entwicklungs- und Konstruktionsorganisation besitzen?«

In nahezu allen Unternehmen ist die Kommunikation zwischenVerantwortungsbereichen unbefriedigend, auch innerhalb der Ent-wicklung und Konstruktion. Das gilt besonders dort, wo Mitarbei-ter auf unterschiedlichen Projekten tätig sind und erst recht, wennsie zu unterschiedlichen Geschäftseinheiten gehören.

»Die Ansätze des Wissensmanagement sind zu theoretisch undhaben sich noch nicht in der Praxis bewährt. Handelt es sich nichteinfach nur um eine Modeerscheinung?«

Bei DaimlerChrysler gibt es bereits zahlreiche Beweise dafür, dassdie Tech Clubs und das EBoK funktionieren. Die Mitarbeiter neh-men regelmäßig an den Treffen teil, ohne dazu abkommandiert zusein, weil sie die Teilnahme als wertvoll erachten. Sie sind über-zeugt, dass wirkungsvolle Wissensnutzung und Weiterentwicklungdurch Communities of Practice ihrem Unternehmen einen Wettbe-

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werbsvorsprung verschafft. Und damit stehen sie nicht allein: Un-ternehmen wie Shell, IBM, Johnson & Johnson und viele andereverfolgen diesen Ansatz.

»Woher nehmen die Mitarbeiter die Zeit, sich um Wissensmana-gement zu kümmern, wo sie doch unter kurzfristigem Leistungs-druck stehen?«

Der Entwicklungsprozess bei DaimlerChrysler ist bereits um einZweifaches »schlanker« wie vor einigen Jahren – und trotzdem fin-den die Entwickler und Konstrukteure die Zeit, ihr Wissen zu teilenund zu dokumentieren. Sie tun es, weil dieser zusätzliche Aufwandihnen deutliche Vorteile bietet: aufgrund des besseren Zugangs zuWissen können sie ihre Aufgaben besser erfüllen und Projektzeitenreduzieren.

»Wir belohnen technische Kompetenzen und Spezialisten-Know-how. Wie können wir da erwarten, dass unsere Leute ihr Wissen ab-geben?«

DaimlerChrysler verfügt natürlich auch über Spezialisten, abersie können sich nur weiterentwickeln in ihrer Karriere, wenn sie ihrWissen anderen zur Verfügung stellen. Dabei haben sie die Erfah-rung gemacht, dass sie nicht an Macht verlieren, wenn sie in denTech Clubs offen mitarbeiten. Im Gegenteil, sie gewinnen, indemsie von ihren Kollegen anerkannt werden. Sie sind die Autoren vonEBoK-Kapiteln, und sie sind die führenden Köpfe in den Commu-nities of practice.

Die Fragen, die an sie gerichtet werden, sind auch qualifizierter,weil die Fragesteller in den Treffen der Tech Clubs oder im EBoKbereits einen fortgeschrittenen Kenntnisstand erworben haben. Wieder Chairman eines der Tech Clubs es ausdrückte: »Anderen mitdem eigenen Wissen weiterzuhelfen, verhilft zu Einfluss; alles fürsich zu behalten, lässt den Einfluss schrumpfen!«

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Das Community-Modell des WissensmanagementsUm die Erfahrungen der Tech Clubs erfolgreich zu übertragen, istes wichtig, den konzeptionellen Rahmen vor Augen zu haben, derverständlich macht, wie die Tech Clubs zur Wertschöpfung beitra-gen und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit sie wir-kungsvoll agieren können.

Tech Clubs sind ein Beispiel der gemeinhin bekannten Commu-nities of Practice.

Eine Community of Practice ist eine formelle Gruppe von Men-schen, die ein gemeinsames Arbeitsgebiet haben und die sich bezüg-lich einer sie alle interessierenden Fragestellung austauschen wollen:beispielsweise die Ingenieure der Produktentwicklung, die sich mitder elektronischen Steuerung von Motoren beschäftigen, die Quali-tätsverantwortlichen verschiedener Geschäftseinheiten, die Metho-den zur Fehlervermeidung austauschen, Berater, die ihre Ansätze desstrategischen Marketing weiterentwickeln wollen oder aber Künst-ler, die sich in Cafés oder Studios treffen, um einen neuen Stil zuentwickeln – oder schließlich auch Führungskräfte, die beim Mit-tagessen zusammensitzen und über ihre schwierige Stellung zwi-schen dem Top Management und den Mitarbeitern »an der Frontli-nie« klagen.

Die Mitglieder von Communities of Practice wollen in der Regelgemeinsam Probleme lösen, Erkenntnisse diskutieren, Informatio-nen austauschen, über ihre Interessen und Ziele sprechen, einanderRatschläge geben, Pläne für gemeinsame Aktivitäten erstellen undHilfsmittel und einen Rahmen entwickeln, die gemeinsames Wissenund gemeinsamer Besitz der Community werden. Im Laufe der Zeitentwickelt sich aus der Interaktion und aus den Beziehungen in derCommunity eine Art Identität und ein gemeinsames Fachwissen.

Communities of Practice sind nicht neu. Die meisten derartigenCommunities bei DaimlerChrysler bestehen im technischen Be-reich, aber es gibt sie auch woanders. Einige werden als Tech Clubs,andere als Netzwerke, andere als Exchange Groups bezeichnet. Eini-

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ge sind allgemein anerkannt, manche nicht. Einige entwickeln sichgut, andere haben Schwierigkeiten.

Communities of Practice müssen von anderen Formen gemeinsa-mer Aktion unterschieden werden, um ihre spezifische Funktion inder Organisation richtig zu erkennen und um ihnen zum Erfolg zuverhelfen (siehe Abb. 4).

In manchen Fällen, in denen Mitarbeiter meinen, in einem Netz-werk oder in einem Team teilzunehmen, wären sie besser beraten,sich als Community of Pracitce zu konstituieren [1].

Der unternehmerischeKontext von Communities of PracticeDas Modell der Communities of Practice im Unternehmensumfeldbesteht aus vier Hauptelementen: Wertschöpfung, Gemeinsamkeitder Community-Mitglieder, Zugehörigkeit der Communities undUnternehmensrahmen (siehe Abb. 5).

Abb. 4: Formen der Zusammenarbeit von Gruppen von Menschen im Unternehmen

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Das erste Element ist das Wertschöpfungspotenzial der Communi-ty:! Welche konkreten Ziele erreicht die Community, wie z. B. eine

intensive Beziehung zu den wichtigsten Zulieferern oder eineWissens- und Methodenbasis für junge Ingenieure in der Ent-wicklung?

! Worin besteht der Nutzen für die Teilnehmer: wie z.B. Unter-stützung ihrer beruflichen Entwicklung und ihres Reputations-aufbaus?

! Wie werden konkrete Möglichkeiten aufgespürt, wo und wiespezifisches Wissen gezielt zur Leistungsverbesserung genutztwerden kann?

! Worin besteht der Beitrag zu konkreten Geschäftsergebnissen,wie z.B. Verkürzung der Durchlaufzeiten, Erhöhung der Innova-tionsfähigkeit, Kostensenkung, Qualitätssicherung etc.?

Das zweite Element ist die Gemeinsamkeit der Bemühungen selbst:! Wie definiert sich die Community und wofür setzt sie sich ein

(z. B. wie intensiv beschäftigen sich die Ingenieure mit der Kom-plexität des Designs und der Funktionsfähigkeit von Scheibenwi-schern)?

Abb. 5: Das Modell der Communities of Practice besteht aus vier Hauptelementen

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! Wie interagieren die Community-Mitglieder und wie hoch istihre Bereitschaft, voneinander zu lernen (z. B. wie helfen dieQualitätsmanager unterschiedlicher Werke einander und wiebauen sie eine enge Beziehung auf)?

! Wie fähig ist die Community, ein gemeinsames Repertoire vonSprache, Werkzeugen, Methoden, Datenbasen und Erfahrungenzu entwickeln (z. B. ein EBoK oder die Erfahrungen der Zusam-menarbeit mit einem Zulieferer)?

! Wie managen die Communities ihre Beziehungen und Schnitt-stellen zum Umfeld (z. B. wenn ein Tech Club einen Einkaufs-leiter zu seinen Treffen einlädt, um eine Einkaufspolitik zu emp-fehlen)?

Das dritte Element ist die Zugehörigkeit zu Business Units! Wie nimmt die Führung der Geschäftseinheiten ihre Rolle wahr,

die strategische Richtung vorzugeben und die Ressourcen bereit-zustellen?

! Welche Bedeutung wird der Kultur beigemessen beim Teilenvon Wissen und bei der Zusammenarbeit, und welcher Wertwird auf die Entwicklung von Fähigkeiten gelegt?

! Wie wird die Entwicklung der Communities of Practice mit an-deren Initiativen abgestimmt (z. B. bei Prozessverbesserungen,im Qualitätsmanagement, Training)?

! Welche Unterstützung erhalten die Communities of Practicez. B. durch die Personalabteilung, durch die IT-Systeme, durchTechnologieentwicklung, Budgets und Verfügung über Zeit derMitglieder?

Das vierte Element schließlich ist der Unternehmensrahmen! Welche Bedeutung hat Wissen für das Ziel der DaimlerChrysler

AG, der erfolgreichste und angesehenste Hersteller von Automo-bilen, Transportsystemen und Dienstleistungen zu werden?

! Welche Strategie verfolgt DaimlerChrysler in Bezug auf seineKernkompetenzen und kritischen Wissensbereiche für die Errei-chung der Unternehmensziele?

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! Wie koordiniert und nutzt DaimlerChrysler die Initiativen derWissensentwicklung quer durch die Geschäftseinheiten undFunktionen?

Im Folgenden betrachten wir, wie Communities of Practice diesevier Hauptelemente ihrer Funktionsweise erfüllen.

Wertschöpfung:Wie tragen Communities of Practice dazu bei?Communities of Practice unterstützen die Unternehmensziele, in-dem sie sich kritischer Wissensgebiete verantwortlich annehmenund Kompetenz aufbauen. So tragen die Tech Clubs von Daim-lerChrysler zur Erfüllung von Effizienzsteigerungszielen, Innovati-onszielen und Zielen der Kundenzufriedenheit bei:! Sie helfen einander, Probleme zu lösen und Entscheidungen auf-

einander abzustimmen– dazu gehen sie beispielsweise gemeinsam Fragen an, die durch

die Organisation nach Automobil-Plattformen entstehen undlancieren Projekte, um diese Fragen zu beantworten (welche Ge-räuschpegel sind für Scheibenwischer einzuhalten, welche Teilesollen gemeinsam sein?)

– dazu führen sie Design-Reviews aus und sprechen Empfehlungenan die Plattform aus

! Sie entwickeln Expertise auf wettbewerbsentscheidenden Gebie-ten

– dazu identifizieren sie die Best Practices und tauschen Erfahrun-gen aus

– dazu dokumentieren und aktualisieren sie das relevante Wissenin EBoKs

! Sie halten sich auf dem Laufenden, was die aktuellsten Ideen undTechnologieentwicklungen anbetrifft

– dazu evaluieren sie Zulieferer und sprechen dem Einkauf gegen-über Empfehlungen aus

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– dazu beobachten sie Technologieentwicklungen anderer, indemsie mit Kollegen und Zulieferern sprechen und Fachpublikatio-nen lesen

! Sie ermitteln Benchmarks der führenden Experten bei anderenUnternehmen und Instituten und vergleichen die Expertise deseigenen Unternehmens damit

– dazu nutzen sie die Ratings und Garantiefallstatistiken nachJ. D. Power und identifizieren Verbesserungsmöglichkeiten dereigenen Performance

– dazu führen sie eine systematische Wettbewerberbeobachtungdurch

! Sie versetzen ihre Mitglieder in die Lage, ihre Fähigkeiten, ihrBeziehungsnetz und ihren Bekanntheitsgrad auszubauen

– dazu bieten sie Gelegenheiten für Kontakte zwischen den ver-schiedenen Plattformen

– dazu laden sie neue Mitarbeiter zu Expertendiskussionen ein– dazu sprechen sie Empfehlungen für Trainingsprogramme und

Beförderungen aus.Das sichtbarste Produkt der Tech Clubs sind die Kapitel zumEBoK, die sie beisteuern. Es kann aber nicht ausdrücklich genugbetont werden, dass das EBoK-Projekt nur erfolgreich sein konn-te, weil die Tech Clubs schon existierten und die Verantwortungfür den Inhalt übernahmen. Sie sind es auch, die die Inhalte fürihr Arbeitsgebiet aktiv nutzen.

! Die Tech Clubs setzen die Besprechung der EBoK-Inhalte regel-mäßig auf ihre Tagesordnung

! Die Mitglieder der Tech Clubs messen dem Inhalt des EBoK al-lergrößten Wert bei, weil sie aktiv an den Diskussionen teilneh-men können, durch die die Tech Clubs die Inhalte der beige-steuerten Kapitel auf ihre Nützlichkeit überprüfen, um sie dannfreizugeben

! Die Publikation der Erfahrungen, die Kodifizierung von Exper-tenlösungen und die Auswahl der Best Practices setzen ein hohesgegenseitiges Vertrauen der Mitglieder ineinander voraus

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! Die Mitglieder sind damit einverstanden, dass ihr Wissen doku-mentiert und kommuniziert wird, weil sie Wert auf Anerken-nung durch ihre Kollegen und die Organisation insgesamt legen.

Communities of Practice sind die Grundlage des Wissensmanage-ments, weil sie den tagtäglichen Kontext bilden, in dem Wissen tat-sächlich genutzt und entwickelt wird.

Führende Unternehmen, die sich mit der Herausforderung desWissensmanagements beschäftigen, haben längst erkannt, dass tech-nische Systeme alleine nicht die Antwort sind. Sie haben erkannt,dass Wissen von den Menschen gemanagt werden muss, von denenes kommt und die es nutzen: Sie brauchen es, sie generieren es, undsie wenden es an. Wenn sie nicht involviert sind, werden aufwendi-ge Datenbanken mit Informationen gefüllt, die nicht bedarfsgerechtsind und nicht genutzt werden.

Wie können Communities of Practiceins Leben gerufen werden?Der Aufbau von Communities of Practice erfordert fünf miteinan-

der in Verbindung stehende Ansätze (siehe Abb. 6):! Definition des Gebiets, mit dem sich eine Community of Prac-

tice auseinandersetzen soll (im Fall DaimlerChrysler beispielswei-se Sitze)

– Bestimmung des Wissens, das für einen Wettbewerbsvorsprungvon besonderer Bedeutung ist

– Mapping der Anforderungen und der besonderen Wissensaspek-te (im Fall von Autositzen z. B. Steuerung der Sitzeinstellung,Polsterung)

! Auswahl und Zusammenbringen der geeigneten Mitglieder derCommunity

– Identifikation der Experten einschließlich der Ingenieure, Desi-gner, Einkäufer u. a. m.

– Identifikation der offensichtlichen Community Leaders und derKerngruppe

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– Planung und Durchführung von Treffen, um die Teilnehmertatsächlich zusammenzubringen (z. B. Monatstreffen, Work-shops, Telefonkonferenzen)

! Ausbau der Practice– Einigung wie Wissen entwickelt und geteilt werden soll (z. B.

Einladung von Zulieferern, die über neue Autositz-Technologienberichten können)

– Festlegen, was dokumentiert werden soll (z. B. Standardvorgabenfür die Zulieferer, Best Practices)

– Identifikation von Hilfsmitteln (tools) und Einrichtungen, diedie Community benötigt (z. B. ein EBoK)

! Sicherstellung der Unterstützung– Sponsorship durch ein Mitglied der Unternehmensführung (z. B.

durch ein Mitglied des Executive Tech Clubs Innenausbau)– Benennung der personalpolitischen Bedingungen und der IT-

Unterstützung, die der Community gewährt werden müssen– Betreuung der Leaders und der Mitglieder der Kerngruppe der

Community (z. B. Moderation der Treffen)! Initiierung der in gewissen Abständen durchzuführenden ge-

meinsamen Reflektion und Selbstbeauftragung der Community.

Diese fünf Ansätze müssen während des Lebenszyklus einer Com-munity of Practice immer wieder durchlaufen werden.

In der Startphase einer Community ist folgendes Vorgehen zuwählen:! Kontaktaufnahme und Gespräch mit anerkannten Experten und

potenziellen Mitgliedern der Community! Durchführung eines ersten Workshops, in dem die angestrebte

Community zusammenkommt und beginnt, an den zuvor be-schriebenen Gründungsansätzen zu arbeiten, insbesondere diegemeinsamen Anliegen zu diskutieren und Rollen, Erwartungen,Kooperationsregeln und Frequenz der gemeinsamen Aktivitätenzu beschließen; dabei muss der gemeinsame Wunsch entstehen,dass die Community of Practice sich erfolgreich entwickelt

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! Anleitung und Unterstützung der Sponsoren und Leaders derCommunity, um ihnen zu helfen, die Anforderungen an einewirkungsvolle Entwicklung der Community zu verstehen.

Kritische ErfolgsfaktorenEs gibt unserer Erfahrung nach vier Erfolgsfaktoren, die kritisch fürdie Entwicklung einer Community of Practice sind:! Die Community muss für ihre Mitglieder und die Organisation

insgesamt einen deutlichen Nutzen bieten! Die Leaders der Community müssen auf unterschiedlich nuan-

cierte Interessen und Situationen sensibel reagieren! Die Kerngruppe der Community muss eine hohe sichtbare Ener-

gie für das Vorhaben entfalten! Die Mitglieder müssen häufig genug involviert sein und mitein-

ander zu tun haben, um untereinander enge Beziehungen aufzu-bauen.

GefahrenEbenso gibt es Gefahren, die den Erfolg einer Community of Prac-tice verhindern können:! Vorpreschen mit systemtechnischen Lösungen und Dokumenta-

tionsregeln, bevor die Community überhaupt zustande gekom-men ist

! Delegation der Dokumentation des Wissens der Community anNichtmitglieder

! Unterschätzung der Kompetenz und des Einsatzes, die nötigsind, um das volle Potenzial der Community of Practice zur Ent-faltung zu bringen.

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Wie kann eine Knowledge-Strategie zum Nutzen derGeschäftseinheiten entwickelt werden?Diese Frage geht in erster Linie die verantwortlichen Führungskräfteder involvierten Geschäftseinheiten an. Sie haben beträchtlichenEinfluss darauf, wie sich die Communities entwickeln. Um eine fürsie nutzbringende Knowledge-Strategie sicherzustellen, müssen fünfSchritte auf der Ebene der Geschäftseinheiten durchlaufen werden(siehe Abb. 6):

! Erarbeitung des strategischen Wissensbedarfs der Geschäftsein-heiten, der aus ihrer Strategie und ihren Leistungszielen resultiert

– Erstellung einer »Landkarte« der Wissensgebiete, die für dieGeschäftsentwicklung entscheidend sind

– Beurteilung der Kompetenz in den Wissensgebieten, die dasUnternehmen besitzt und Vergleich mit wettbewerbsrelevantenBenchmarks

– Identifikation bestehender oder potenzieller Communities, diedie Wissensentwicklung in den kritischen Gebieten vorantreibenkönnen.

Abb. 6: Um eine für die Geschäftseinheiten nutzbringende Strategie zu entwickeln, müssen fünfSchritte auf der Ebene der Geschäftseinheiten durchlaufen werden

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! Entwicklung der strategisch wichtigsten Communities– Benennung der potenziellen Leaders und Mitglieder der Kern-

gruppe der Communities– Überzeugen der Leaders und Mitglieder vom Zweck und von der

Funktionsweise der Communities– Motivation der Mitglieder der Communities, sich für die Ent-

wicklung ihrer Wissensgebiete zum Nutzen des Geschäftserfolgsverantwortlich zu fühlen.

! Herstellung einer Wechselbeziehung zwischen den Communitiesdes Unternehmens und den relevanten Funktionen und ihrenLernherausforderungen

– Identifikation der Prozesse und Initiativen, die mit den Commu-nities gekoppelt werden müssen, z. B. die des Qualitätsmanage-ments, des Trainings und der Verbesserung der Geschäftsprozes-se

– Identifikation der Gebiete, auf denen die Communities zusam-menarbeiten sollen, z. B. der Produktentwicklung und der Ferti-gung, der unterschiedlichen Geschäftsgebiete mit gemeinsamenBelangen oder spezifischerer Gebiete wie einzelne Komponentenoder Subsysteme, die in mehreren Plattformen eine Rolle spielen.

! Sicherstellen von Unterstützung– Sponsorship der obersten Führungsebene

Organisationen wie die World Bank oder American Manage-ment Systems haben ein »board of champions« eingeführt, dassich um schwierige Themen kümmert, die in der Organisationstarkes Durchsetzungsvermögen erfordern.Dieses »board of champions« stellt sicher, dass kritische Finanz-mittel bereitgestellt werden, dass Expertise zur Verfügung gestelltwird und dass die Unternehmenspolitik und die Systeme so aus-gerichtet werden, dass sie den Communities of Practice helfenund sich nicht behindern.Bei DaimlerChrysler verfolgt beispielsweise der Entwicklungslei-ter persönlich das Ziel, dass bestimmte Teile des EBoK fertigge-stellt werden.

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– Unterstützung durch Bereitstellen der erforderlichen Fähigkei-ten, Technologien und ProzesseUnternehmen wie die IBM haben Support-Teams aufgestellt, dieden bestehenden und in Entstehung befindlichen Communitiesof Practice umfangreiche Unterstützung bieten können. Sie hel-fen beispielsweise, die Aktivitäten der Wissensbeschaffung unddes organisationalen Lernens zu planen und Innovationsprojektezu stärken oder ein gemeinsames Online-System zu gestalten.Bei DaimlerChrysler in Auburn Hills (DC-AH) bietet das Sup-port-Team individuelles Coaching an, hilft dabei, Meetings zuplanen und durchzuführen und ermutigt die Communities, mitanderen Gruppen Kontakt aufzunehmen.

– Unterstützung beim Zugang zu RessourcenCommunities of Practice benötigen in der Regel keine enormenRessourcen. Was sie benötigen sind Räumlichkeiten für ihre Zu-sammenkünfte, ein Budget für Reisekosten und spezielle Projek-te sowie Zugang zum Telekommunikationsnetz. In manchenUnternehmen müssen die Mitglieder, vor allem aber die Leadersder Communities die für ihre Arbeit in der Community veran-schlagte Zeit genehmigen lassen.Die Verfügung über ein geeignetes gemeinsames IT-System er-leichtert die Arbeit der Communities beträchtlich. Im Fall vonDaimlerChrysler reichte Lotus Notes aus, um den Tech Clubsohne größere Investitionen oder Schulungsanforderungen zu er-lauben, aktiv zu werden.

! Reflexion und ErneuerungCommunities of Practice profitieren ebenso wie Geschäftseinhei-ten oder Teams von einer in gewissen Abständen durchgeführtenkritischen Überprüfung des Nutzens, den sie dem Unternehmenbringen. Eine solche Überprüfung hilft, den Fokus auf die amstärksten nutzenstiftenden Aktivitäten zu legen und die Rolle derCommunities im Unternehmen zu rechtfertigen.Bei DaimlerChrysler werden formale und informelle Beurtei-lungsmethoden verwandt, um die Communities of Practice auf

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dem richtigen Kurs zu halten. Beispielsweise wird die Präsenz derMitglieder der Communities bei den anberaumten Treffen nach-gehalten, werden die Zahl und die Qualität der Beiträge zumEBoK verfolgt, werden Nutzer der EBoK nach ihrer Beurteilunggefragt und die Qualitätsratings von D. J. Powers sowie die Zahlder Garantiefälle als Bewertungsmaßstab herangezogen. AndereBeurteilungsansätze sind die Geschwindigkeit der Ausbreitungvon Innovationen durch die verschiedenen Plattformen und Ge-schäftseinheiten, die Wiederholrate von Fehlern und die Zeit, dieneue Mitarbeiter in der Entwicklung und Konstruktion benöti-gen, um zertifiziert zu werden und selbständig zu arbeiten.

Kritische ErfolgsfaktorenFür die erfolgreiche Ausrichtung der Knowledge-Strategie und derCommunities of Practice auf den unternehmerischen Nutzen gibt esunserer Erfahrung nach drei Bedingungen:! Die sichtbare Anerkennung der Teilnahme an und des Beitrags

zu den Communities of Practice! Eine Unternehmenskultur, die Initiative und Zusammenarbeit

bei der Entwicklung von Expertise fördert! Den kontinuierlichen Einsatz der obersten Führungskräfte für

die Ideen und Empfehlungen der Communities of Practice.

GefahrenAuch hier gibt es nicht zu unterschätzende Gefahren, in erster Linie! die der Lippenbekenntnisse ohne das erforderliche Handeln und

Durchsetzen! die der unzureichenden Sicherung von Leadership und Leis-

tungsorientierung der Communities of Practice! die der Überbetonung von künstlichen Anreizen für die Teilnah-

me an Communities of Practice, die kein wirkliches Engagementerzeugen.

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Weitere Schritte auf Konzernebene bei DaimlerChryslerIn einem multidivisionalen Unternehmen wie DaimlerChryslerstellt die Entwicklung und Nutzung von Communities of PracticeHerausforderungen und Chancen dar, die diejenigen einzelner Ge-schäftseinheiten weit überschreiten.

Communities of Practice sind ein Weg, um Kompetenz- und Ex-pertennetz aufzubauen, die die Grenzen der Geschäftseinheitenüberschreiten und intensive Verbindungen zu externen Expertenund Ressourcen herzustellen.Die Konzernzentrale spielt dabei eine wichtige Rolle: Sie bietet Fo-ren und setzt Integrationsmöglichkeiten ein, mit denen Knowledge-Management verstärkt und koordiniert wird.

In den verschiedenen Geschäftseinheiten und Funktionsbereichenvon DaimlerChrysler gibt es Gruppen, die Initiativen zur Entwick-lung von Knowledge-Strategien und Communities of Practice er-griffen haben.Die DaimlerChrysler Corporate University agiert als Integrator, umdiese Initiativen zu unterstützen und zu koordinieren. Diese Aufga-be erfüllt sie, indem sie fünf Leistungen anbietet:! Sie hat die Leaders der Knowledge-Management-Initiative zu ei-

ner Community of Practice zusammengeführt, damit sie vonein-ander lernen, ihre Bemühungen koordinieren und zusammenAktionspläne entwickeln. Diese KM-Community hält Konferen-zen, Workshops und Treffen zum Erfahrungsaustausch ab.

! Sie (die DC Corporate University) unterstützt die KM-Commu-nity dabei, KM-Expertise bei internen und externen Quellen zufinden und zusammenzuführen und eine Datenbank mit Fallstu-dien, Methoden und Werkzeugen, Best-Practice-Beispielen undeinem Verzeichnis von KM-Experten aufzubauen.

! Sie offeriert und vermittelt Beratung, Schulung und Unterstüt-zung an die KM-Initiativen in den Geschäftseinheiten

– Aufklärung der oberen Führungskräfte über die Chancen undAnforderungen von Communities of Practice

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– Hilfestellung für KM-Leaders bei der Entwicklung von Know-ledge-Strategien

– Coaching von Leaders der Community bei der Ausübung ihrerAufgaben.

! Sie koordiniert und integriert Funktionen und Aktivitäten, diemit Wissensmanagement und Communities of Practice in Bezugstehen wie strategische Planung, IT-, Human-Ressourcen- undQualitätsmanagement.

! Sie hat ein KM-Board berufen, dem sie hilft, Prioritäten desWissensmanagements zu setzen und den Fortschritt der Wissens-nutzung zu verfolgen.

FazitDie Erfahrung von DaimlerChrysler mit seinen Tech Clubs zeigt,dass die wissensbasierten Strukturen der Communities of Practiceeine wichtige Ergänzung der formalen Strukturen des Unterneh-mens bei der Verfolgung der Unternehmensziele darstellen.

Literatur[1] E. WENGER, W. SNYDER, Communities of Practice: The Organizational Frontier, Harvard

Business Review, Jan./Feb. 2000