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Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes in der FVA-Workbench © Dimensioning of an multi-speed compound planetary transmission with the FVA-Workbench © Dr.-Ing. Christian Wirth Dipl.-Ing. Dariush Kiani

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Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes

in der FVA-Workbench©

Dimensioning of an multi-speed compound planetary

transmission with the FVA-Workbench©

Dr.-Ing. Christian Wirth

Dipl.-Ing. Dariush Kiani

Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes in der FVA-Workbench©

Inhaltsverzeichnis

1 English Abstract ................................................................................................. 2

2 Einleitung............................................................................................................. 3

3 Planetenkoppelgetriebe ..................................................................................... 3

3.1 Leistungsaufteilung....................................................................................... 4

3.2 Leistungsverzweigung .................................................................................. 6

3.3 Getriebesynthese ......................................................................................... 9

3.4 Zweigängiges, leistungsverzweigtes Schaltgetriebe..................................... 9

4 Auslegung in der FVA-Workbench© ................................................................ 13

4.1 Übersicht .................................................................................................... 13

4.2 Funktionalitäten .......................................................................................... 14

4.2.1 GEAS ............................................................................................ 14

4.2.2 STplus ........................................................................................... 14

4.2.3 RIKOR ........................................................................................... 16

5 Zusammenfassung ........................................................................................... 19

6 Literaturverzeichnis .......................................................................................... 20

ATK 2013

2

1 English Abstract

ZG - Zahnräder und Getriebe GmbH has developed a special computer program for

the gear synthesis of planetary gears. By means of this program a new gear structure

was generated for an electric axle gear drive that is designed for very high output tor-

ques and two speed ratios. It is built up of three coaxial planetary gears sets. The first

stage distributes the input power to the second and third stage. The differential gear is

combined by a common shaft with stage two and three. Hence the output torque of the

axle gear drive is provided by two planetary gear stages. This arrangement leads to

very high output torques and a high power density related to weight and volume.

For this new concept ZG did a feasibility study. The aim was to predict reliably the di-

mensions, the weight and the load capacity of the gear. The load capacity of the bear-

ings and the gear stages is decisive for the whole gear drive. Thus to design these el-

ements the whole gear arrangement was modeled in the FVA-Workbench©.

The FVA-Workbench© is the software solution of the “Forschungsvereinigung Antrieb-

stechnik e.V.” (FVA). It provides the current program versions of the FVA together with

a convenient graphic user interface. The-FVA-Workbench© administers not only the

input and output data of the programs, but provides the data-transfer between the pro-

grams. Results of one program are handed over to the following in an appropriate way.

So far the FVA programs that are substantial for the gear design like STplus, KNplus,

RIKOR, STIRAK and DZP are integrated with their basic functionalities. Rolling ele-

ment bearings can be designed with LAGER2, sliding bearings with ALP3T. It is the

target to integrate gradually all programs provided by FVA into the FVA-Workbench©

and to provide the user with a software solution for the system-design of transmis-

sions.

The actual version of the FVA-Workbench© allows (among other things) the modeling

of single and compounded planetary gear structures. With clutches switchable gear

ratios can be provided. By means of the appropriate kernels the calculation of the

bearing life time is possible as well as the geometry and the load capacity of the gears.

Even flank form modifications can be reliably designed by considering the deflections

and the load distribution in the tooth to tooth contact.

This paper describes firstly the principle of the new gear structure by explaining some

fundamentals of coupled planetary gears. Secondly the functionality of the FVA-

Workbench© regarding planetary gears is explained by some exemplary calculations.

Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes in der FVA-Workbench©

2 Einleitung

Die Zahnräder und Getriebe GmbH (ZG) hat mit ihrem Getriebesyntheseprogramm

einen koaxialen, zweigängigen, elektrischen Achsantrieb für Pkw konzipiert. Aufgrund

der im Getriebe vorgesehenen Leistungsteilung zwischen mehreren Planetengetrieben

ist das Getriebe grundsätzlich für sehr hohe Antriebsmomente geeignet. Die Gänge

können über Lamellenbremsen geschaltet werden. Diese können hydraulisch oder

elektromechanisch aktuiert werden.

Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie wurde das Potential des Getriebes näher unter-

sucht. Im Fokus stand dabei die mögliche Leistungsdichte des Getriebes, wenn es für

einen praxisnahen Bauraum und sinnvolle Gangübersetzungen für elektrische Antriebe

ausgelegt wird. Das Getriebe wurde mit einem groben Detaillierungsgrad in 3D-CAD

abgebildet. Um verlässliche Ergebnisse hinsichtlich der Bauteildimensionierung zu er-

halten, wurden die kritisch belasteten Maschinenelemente vergleichsweise detailliert

nachgerechnet. Dies betrifft insbesondere die Verzahnungen und die Lager, da diese

für die Abmaße des Getriebes wesentlich sind.

Zur Auslegung der Verzahnungen und Lager wurde die FVA-Workbench© verwendet.

Da die FVA-Workbench© die Modellierung von Planeten- und Planetenkoppelgetrie-

ben ermöglicht, die über eine oder mehrere Wellen miteinander verbunden sein kön-

nen, konnte die gesamte Getriebeeinheit komfortabel nachgerechnet werden.

Um die Funktionsweise des vorgestellten Getriebes besser nachvollziehen zu können,

wird zunächst auf die Grundlagen gekoppelter und leistungsverzweigter Planetenge-

triebe eingegangen. Im Anschluss daran werden ausgewählte Berechnungsschritte in

der FVA-Workbench© beispielhaft erläutert.

3 Planetenkoppelgetriebe

Planetengetriebe werden aufgrund ihrer koaxialen und in Bezug auf deren Tragfähig-

keit kompakten Bauweise, der Möglichkeit extrem hohe und oder niedrige Übersetzun-

gen in einer oder wenigen Planetenradstufen darstellen zu können, und wegen ihrer

vielfältigen Einsatzmöglichkeiten als Übersetzungs-, Überlagerungs- und Schaltgetrie-

be in vielen Bereichen der Antriebstechnik eingesetzt [VDI2157_12].

Koaxiale elementare Umlaufgetriebe sind Planetengetriebe, die aus genau zwei Zent-

ralrädern und einem Steg bestehen, der mindestens einen Planet enthält über den

beide Zentralwellen verbunden sind.

Elementare Umlaufgetriebe können mit weiteren Umlaufgetrieben oder mit einfachen

Übersetzungsgetrieben mit festen Achsen zu größeren Getriebeeinheiten zusammen-

gesetzt werden [MÜLLER98]. Generell besteht die Möglichkeit, zwei elementare Um-

laufgetriebe über eine oder höchstens zwei Wellen miteinander zu koppeln. Die resul-

tierenden Leistungsflüsse im Getriebeverbund können -je nach Verschaltung und Auf-

ATK 2013

4

bau der Getriebe- unterschieden werden nach „Leistungsaufteilung“ und „Leistungs-

verzweigung“. Diese Begriffe sind im Folgenden erläutert.

3.1 Leistungsaufteilung

Die bekannt hohen Leistungsdichten, die Planetengetriebe mit mehreren Planeten er-

reichen können, resultieren u.a. aus der sog. Leistungsaufteilung zwischen den Plane-

ten. Dabei werden die Wellenleistungen der Wellen eines Planetengetriebes im Ideal-

fall gleichmäßig auf mehrere Planetenräder aufgeteilt.

Die Leistungsaufteilung ist in Bild 1 schematisch an einem exemplarisch gewählten

Getriebe veranschaulicht. Bei feststehendem Hohlrad wird die Sonne des Planetenge-

triebes angetrieben, der Abtrieb erfolgt am Steg. Das Antriebsmoment der Sonne wird

(im Idealfall) gleichmäßig über die Zahneingriffe mit den Planeten abgestützt.

Interessant ist, dass die bei der gewählten Verschaltung aus Bild 1 nur ein Teil der An-

triebsleistung als sog. Gleitwälzleistung über die Zahneingriffe übertragen wird. Der

verbleibende Teil der Wellenleistung wird als sog. Kupplungsleistung abgeführt. Nach

[VDI2157_12] ist die Gleitwälzleistung diejenige Leistung, die durch Abwälzen der

Zahnräder mit ihrer Relativdrehzahl gegenüber dem Steg übertragen wird. Kupplungs-

leistung ist als diejenige Teilleistung definiert, die über einfache Zahnmitnahme zwi-

schen den Zahnrädern und dem Steg übertragen wird. Im Gegensatz zur verlustbehaf-

teten Gleitwälzleistung (im Weiteren auch mit „Wälzleistung“ bezeichnet) kann die

Kupplungsleistung als verlustlos betrachtet werden.

Bild 1: Leistungsaufteilung innerhalb eines Planetengetriebes auf mehrere gleiche Planetenräder

In Bild 2 sind zwei elementare Umlaufgetriebe in der Verschaltung nach Bild 1 hinter-

einander geschaltet. Dies stellt eine relativ gängige Verschaltung von Planetengetrie-

ben dar, die eine große Übersetzung bei hohem Wirkungsgrad ermöglicht. Die resultie-

renden Leistungsflüsse sind in Bild 2 rechts dargestellt. Durch mehrere sich im Eingriff

befindliche Planeten wird die Antriebsleistung in jedem Elementargetriebe aufgeteilt

( Leistungsaufteilung) und auf der der Stegwelle wieder summiert.

Antrieb

drive

Abtrieb

output

2

s

1

Sonne 1

sun gear 1

Hohlrad 2

ring gear 2

Planet

planet gear

Steg s

planet carrier s

Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes in der FVA-Workbench©

Bild 2: Planetenkoppelgetriebe mit Einfachkopplung

Die internen Leistungsflüsse des Getriebes sind im Folgenden erläutert. Für das Be-

rechnungsbeispiel wird für beide Getriebestufen eine Standübersetzung von i0 = -4

angenommen. Die Betrachtung der Leistungsflüsse ist verlustfrei durchgeführt. Die

Drehmomentverhältnisse an den Wellen eines Planetengetriebes sind bei verlustloser

Betrachtung nur von der Standübersetzung abhängig. Dies ist nach [VDI2157_12] die

Übersetzung zwischen den Zentralwellen bei stillstehendem oder stillstehend gedach-

tem Steg. Die sich ergebenden Drehmomentverhältnisse entsprechen Gleichung (1)

und (2).

1

2

1

20

T

T

z

zi (1)

0TTT s21 (2)

i0 [-] Standübersetzung T1 [Nm] Drehmoment an der Sonne

z1 [-] Zähnezahl an der Sonne T2 [Nm] Drehmoment am Hohlrad

z2 [-] Zähnezahl am Hohlrad Ts [Nm] Drehmoment am Steg

Beispielhaft für die erste Getriebestufe des in Bild 2 dargestellten Getriebes können

die Drehmomente an den Wellen nach (3) und (4) berechnet werden. Dabei wird ein

fiktives Antriebsdrehmoment von 10Nm gewählt.

Nm40)Nm10()4(TiT 102 (3)

Nm50)Nm40Nm10()TT(T 21s (4)

Die inneren Leistungsflüsse werden nach (5), (6) und (7) berechnet.

W200s

rad20Nm10ωTP s11,K (5)

W800s

rad20Nm40ωTP s22,K (6)

2

s

1 1‘

s‘

2‘

Antrieb

drive

Abtrieb

output

Abtrieb

output

Antrieb

drive

ATK 2013

6

W800s

rad20

s

rad100Nm10)ωω(TP s111,W

(7)

PK,1 [W] Kupplunsleistung, übertragen von

der Sonne zum Steg

PK,2 [W] Kupplungsleistung, übertragen

vom Hohrad an den Steg

ωs [rad/s] Winkelgeschwindigkeit des Stegs PW,1 [W] Wälzleistung, übertragen von

der Sonne auf das Hohlrad

ω1 [rad/s] Winkelgeschwindigkeit der Sonne

Bild 3: Leistungsflüsse in seriell verschaltetem Planetenkoppelgetriebe

In Bild 3 sind die inneren Leistungsflüsse und Drehmomente des seriell verschalteten

Planetenkoppelgetriebes veranschaulicht. Die (fiktive) Antriebsleistung an der Son-

nenwelle von 1000W wird im 1. Planetengetriebe in Wälzleistung und Kupplungsleis-

tung aufgeteilt. Während 800W über die Relativbewegung der Zahneingriffe von der

Sonne über die Planeten auf das Hohlrad übertragen werden, fließen 200W direkt von

der Sonne als Kupplungsleistung auf den Steg. Aufgrund der Relativdrehzahl zwischen

Hohlrad und Steg werden die 800W, die über Wälzleistung dem Hohlrad zugeführt

worden sind, von diesem mittels Kupplungsleistung auf den Steg zurückgeführt. Gleich

aufgeteilte Leistungsflüsse ergeben sich in der 2. Stufe, da das Verhältnis von Wälz-

zu Kupplungsleistung allein von der Standübersetzung abhängig ist. Von der insge-

samt übertragenen Leistung (1000W) sind damit in beiden Getriebestufen je 800W

verlustbehaftet. Je kleiner das Verhältnis aus Wälz- und Kupplungsleistung ist, desto

höher ist der Getriebegesamtwirkungsgrad.

3.2 Leistungsverzweigung

Wird die Leistung auf zwei oder mehr Leistungspfade innerhalb einer Getriebestruktur

durch Parallelanordnung unterschiedlicher oder gleichartiger Getriebeglieder aufgeteilt,

so findet nach [VDI2157_12] eine sogenannte Leistungsverzweigung statt.

Ein Koppelgetriebe, bei dem die Leistung innerhalb des Getriebes auf zwei Leistungs-

zweige aufgeteilt wird, ist exemplarisch in Bild 4 mit den resultierenden Leistungsflüs-

sen dargestellt. In der 1. Planetenstufe wird die Antriebsleistung verzweigt. Ein Teil der

Leistung fließt über die 2. Planetenstufe, der Rest direkt zur Sonne der 3. Planetenstu-

Kupplungsleistung

Wälzleistung

s‘1‘s1

2 2‘

10 Nm

100 rad/s

1000 W i0 = -4 i0 = -4

800 W 800 W

200 W

1000 W

800 W 800 W

200 W

40 Nm

-50 Nm 50 Nm

200 Nm

250 Nm

4 rad/s

1000 W

10 Nm -250 Nm

Coupling power

Rolling power

Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes in der FVA-Workbench©

fe. In dieser findet auf dem Steg die Leistungssummierung statt, der den Abtrieb dar-

stellt.

Bild 4: Leistungsverzweigtes Planetenkoppelgetriebe

Die sich ergebenden inneren Leistungsflüsse des Planetenkoppelgetriebes sind in

Bild 5 veranschaulicht. Ein Teil der Antriebsleistung wird in der 1. Stufe durch den dre-

henden Steg als Kupplungsleistung auf die Sonne der 3. Stufe übertragen. Von der

Sonne auf das Hohlrad wird Wälzleistung übertragen, die zum Teil zur Sonne der 2.

Stufe fließt. Da die Hohlrad- und Stegwelle der 1. Stufe jeweils mit einer Welle der

nachfolgenden Getriebestufen 2 und 3 gekoppelt sind, wird die Antriebsleistung im

Getriebe verzweigt. In der 2. Getriebestufe wird aufgrund des festgehaltenen Steges

die gesamte über die Stufe fließende Leistung mittels Wälzen der Verzahnungen

(Wälzleistung) übertragen.

Bild 5: Leistungsfluss im leistungsverzweigten Planetenkoppelgetriebe

In der 3. Getriebestufe wird durch den drehenden Steg ein Teil der über die Stufe flie-

ßenden Leistung verlustlos als Kupplungsleistung übertragen. Die verzweigten Leis-

tungsstränge werden in der 2. und 3. Stufe durch die Kopplung von Hohlrad- und

Stegwelle zur Abtriebsleistung summiert. Interessant ist, dass sich das Abtriebsmo-

ment auf je eine Welle der beiden Planetenstufen 2 und 3 aufteilt, wodurch eine gerin-

ge spezifische Belastung jeder Stufe erreicht wird.

2

s

1

2‘

s‘s‘‘

2‘‘

1‘ 1‘‘

Abtrieb

output

Antrieb

drive

Abtrieb

output

Antrieb

drive

1‘‘

21

ss‘‘

2‘‘Verlustleistung

power loss

1‘ 2‘

s‘

Antrieb

drive

Abtrieb

outputVerlustleistung

power loss

Verlustleistung

power loss

Kupplungsleistung

Wälzleistung

Coupling power

Rolling power

ATK 2013

8

In Bild 6 ist ein Planetenkoppelgetriebe dargestellt, das eine Mehrfachkopplung auf-

weist, d.h. zwei Wellen eines jeden elementaren Umlaufgetriebes sind mit dem jeweils

anderen Planetengetriebe verschaltet. Auch für diese Anordnung ergibt sich eine Leis-

tungsverzweigung. Die Antriebsleistung wird in der 2. Planetenstufe verzweigt, ein Teil

der Leistung fließt direkt zum Abtrieb (Stegwelle), der andere Teil zunächst über die

1. Planetenstufe. Auch hier teilt sich wie im Getriebe nach Bild 4 das Abtriebsmoment

auf je eine Welle der beiden Planetenstufen auf, wodurch wiederum eine geringe spe-

zifische Belastung jeder Stufe erreicht wird.

Bild 6: Leistungsverzweigtes Planetenkoppelgetriebe mit Mehrfachkopplung

Die inneren Leistungsflüsse des oben beschriebenen Planetenkoppelgetriebes sind in

Bild 7 veranschaulicht.

Bild 7: Leistungsflüsse im Planetenkoppelgetriebe mit Mehrfachkopplung

Es ist ersichtlich, dass durch den feststehenden Steg in der 1. Getriebestufe die ge-

samte Leistung durch Wälzen der Verzahnung übertragen wird (Wälzleistung). In der

2. Getriebestufe wird durch die Rotation des Steges ein Teil der Leistung verlustfrei

mittels Kupplungsleistung übertragen.

22‘

1‘1

s

s‘

Abtrieb

output

Antrieb

drive

Abtrieb

output

Antrieb

drive

s

2‘

1‘

1

2

s‘

Verlustleistung

power loss

Kupplungsleistung

Wälzleistung

Coupling power

Rolling power

Abtrieb

output

Antrieb

drive

Verlustleistung

power loss

Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes in der FVA-Workbench©

3.3 Getriebesynthese

Die Suche nach Verschaltungen von Planetengetrieben, mit denen eine gewünschte

Funktionalität realisierbar ist, wird als Getriebesynthese bezeichnet. Die Anzahl an

möglichen Getriebeverschaltungen nimmt mit steigender Anzahl an Elementargetrie-

ben (auch unterschiedlicher Bauformen) und Standübersetzungen stark zu. Daher sind

nur relativ einfache Problemstellungen ohne Rechnerunterstützung mit vertretbarem

Aufwand lösbar.

Die ZG-GmbH verfügt über ein Getriebesyntheseprogramm, das Planetenkoppelge-

triebe sowie reduzierte Koppelgetriebe synthetisiert. Der zugrunde liegende Algorith-

mus basiert dabei auf dem Balkenmodell nach [Helfer67]. In diesem Verfahren wird

zunächst ein abstraktes Modell betrachtet, das auf der Äquivalenz zwischen einem

Planetengetriebe und einem Waagebalken beruht. Die Problemstellung (z.B. Überset-

zungsanforderung) wird zunächst anhand dieses abstrakten Modells in ein Teilproblem

zerlegt, das zeitlich relativ schnell auf heutigen Rechnern gelöst werden kann. Im zwei-

ten Schritt werden dem gefundenen Balkenmodell mögliche Planetengetriebe zuge-

ordnet. In Summe können dadurch komplexe Aufgabenstellungen effizient gelöst wer-

den.

Das Getriebesyntheseprogramm verfügt bisher über die folgenden Funktionalitäten:

- Synthese von Koppelgetrieben

- Synthese von reduzierten Koppelgetrieben

- Überprüfung der Baubarkeit anhand der Graphentheorie

- Berechnung von Leistungsflüssen und Wirkungsgrad

- Berechnung der Betriebszustände (Drehmomente, Drehzahlen etc.)

Im Folgenden wird ein zweigängiges Schaltgetriebe vorgeschlagen, das zum Beispiel

als Antrieb einer elektrischen Achse im Pkw eingesetzt werden kann. Das Getriebe

wurde unter Zuhilfenahme des Getriebesyntheseprogramms entwickelt.

3.4 Zweigängiges, leistungsverzweigtes Schaltgetriebe

Elektrische Achsantriebe ermöglichen heute aufgrund der leistungsstarken E-

Maschinen sehr hohe Antriebsmomente. Das vorgeschlagene Planetenkoppelgetriebe

verfügt über eine Leistungsverzweigung und ermöglicht so eine sehr hohe Leistungs-

dichte bezogen auf Bauraum und Gewicht. Zwei Gangstufen ermöglichen auch bei

geringen Fahrzeuggeschwindigkeiten die Ausnutzung der maximalen Antriebsleistung

durch die Bereitstellung einer entsprechend hohen Übersetzung. Die 2. Gangstufe re-

duziert die E-Maschinendrehzahlen und ermöglicht so einerseits hohe Fahrzeugge-

schwindigkeiten sowie andererseits einen Betrieb der E-Maschine im günstigen Kenn-

feldbereich. Der Getriebeaufbau ist in Bild 8 dargestellt.

ATK 2013

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Bild 8: Aufbau des zweigängigen, leistungsverzweigten Achsantriebes (Halbschnitt)

Der Aufbau des Getriebes entspricht prinzipiell dem in Bild 4. Um die Zweigängigkeit

des Getriebes zu ermöglichen, lassen sich zwei Wellen des Getriebes gegenüber dem

Gehäuse festbremsen. Durch das wahlweise Festsetzen jeweils einer Bremse werden

zwei Gänge realisiert.

Der Leistungsfluss im ersten Gang ist in Bild 9 dargestellt. Durch Schließen der Brem-

se B1 wird der Steg der Stufe 2 gebremst. Es findet eine Leistungsverzweigung in der

1. Stufe auf die Stufen 2 und 3 statt. Im ersten Gang entspricht der Aufbau des Getrie-

bes dem in Bild 4 dargestellten Getriebesystem, und auch die Wirkungsweise ist iden-

tisch.

In Bild 9 sind weiterhin die sich ergebenden Bauteilbelastungen eingetragen, die sich

für ein Abtriebsmoment von 6200Nm (!) ergeben, für das die Verzahnungen des Ge-

triebes dauerfest ausgelegt sind.

Bild 9: Leistungsverzweigter Achsantrieb, Leistungsfluss und Drehmomente im ersten Gang

Es ist ersichtlich, dass keine Welle eines einzelnen (elementaren) Umlaufgetriebes

dieses hohe Drehmoment zu führen braucht. Vielmehr ergibt sich das Abtriebsmoment

durch die Summierung des Hohlradmoments der 2. Stufe mit dem Stegmoment der 3.

Stufe.

Durch Öffnen der Bremse B1 und Schließen der Bremse B2 wird der zweite Gang ge-

St.1 St.2 St.3

i0 = -2 i0 = -2 i0 = -1,8

B1B2

Differential

differential gear

Antriebsmotor

drive engine

500 Nm

-1500 Nm

1000 Nm

1500 Nm

3100 Nm

-4200 Nm

6200 Nm

-1000 Nm

3000 Nm

-2000 Nm

3100 NmSt.1 St.2 St.3

i0 = -2 i0 = -2 i0 = -1,8

Differential

differential gear

B1B2

Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes in der FVA-Workbench©

wählt. Der resultierende Leistungsfluss im zweiten Gang ist in Bild 10 gezeigt. Im zwei-

ten Gang gibt es keine Leistungsverzweigung, durch die offene Bremse B2 läuft die

Getriebestufe 2 frei und unbelastet um. Der leistungsführende Getriebeteil entspricht

prinzipiell dem nach Bild 2. Die Drehmomente an den Stufen 1 und 3 bleiben bei kon-

stantem E-Maschinenmoment unverändert.

Bild 10: Leistungsverzweigter Achsantrieb, Leistungsfluss und Drehmomente im zweiten Gang

In Bild 11 ist die Lastaufteilung im ersten Gang dargestellt. Für die gewählten Überset-

zungen wird 1/3 des Achsmoments von Stufe 2 und 2/3 von Stufe 3 erbracht.

Bild 11: Leistungsverzweigter Achsantrieb, Leistungs-/ Drehmomentaufteilung im ersten Gang

Durch die Leistungsverzweigung im ersten Gang ergeben niedrigere Zahnkräfte infol-

ge kleinerer Drehmomente je Zahneingriff. Dies ermöglicht die Wahl kleinerer Moduln,

geringerer Zahnbreiten, kleinerer Durchmesser etc. Daraus ergeben sich folgende Vor-

teile:

- Kleinere Normalmoduln ermöglichen ein günstigeres Anregungsverhalten

(Akustik) durch höhere Überdeckungen.

- Kleine Normalmoduln führen durch kleinere Zahnhöhen zu höheren Verzah-

nungswirkungsgraden.

- Geringere Zahnbreiten führen zu kompakter Bauweise und folglich geringem

Getriebegewicht bzw. hoher Leistungsdichte.

i0 = -2 i0 = -2 i0 = -1,8

500 Nm

-1500 Nm

1000 Nm

-4200 Nm

4200 Nm

2100 Nm2100 NmSt.1 St.2 St.3

Differential

differential gear

1500 Nm

B1B2

B2

St.1 St.2

i0 = -2 i0 = -2

100 %

68 %

32 %

St.3

i0 = -1,8

Differential

differential gear

B1

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12

- Die geringeren Belastungen je Planetenlager ermöglichen höhere Lagerlebens-

dauern und / oder einfachere Lageranordnungen.

Durch die Ausführung der Schaltelemente als Bremsen, die jeweils eine Getriebewelle

gegenüber dem Gehäuse festsetzen, ist eine konstruktiv einfache Umsetzung möglich.

Weiterhin sind Bremsen als Schaltelemente gegenüber Kupplungen vorteilhaft. Durch

die gehäusefeste Anordnung der Aktorik werden keine Verluste durch hydraulische

Drehdurchführungen verursacht. Auch Lagerverluste an Axiallagern, die zur Betäti-

gung von Kupplungen bei gehäusefester Aktorik erforderlichen wären, entstehen nicht.

Bild 12: 3D-Entwurf des leistungsverzweigten, zweigängigen Achsantriebes

Bild 12 zeigt einen Entwurf des Getriebes im Axialschnitt sowie die Hauptabmessun-

gen des Getriebes (ohne Differentialgetriebe). Die wichtigsten Daten des Achsantriebs

sind in Bild 13 zusammengestellt.

Bild 13: Daten des leistungsverzweigten, zweigängigen Achsantriebes

Ø 2

00

Ø 2

93

140

105

Max. Antriebsdrehmoment (max. drive torque): :

Max. Abtriebsdrehmoment (max. output torque):

Maximaldrehzahl des Elektromotors (drive speed of the motor):

Verzahnungen (gearings):

Übersetzung 1. Gang (gear ratio first gear):

Übersetzung 2. Gang (gear ratio second gear):

Spreizung (ratio spread):

Getriebelänge (leght of transmission):

Getriebedurchmesser (diameter of transmission):

500 Nm

6200 Nm

15000 min-1

dauerfest für Maximaldrehmoment

failsave for maximum torque

12,4

8,4

1,5

140 mm

293 mm

Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes in der FVA-Workbench©

4 Auslegung in der FVA-Workbench©

Die FVA-Workbench© ist eine Softwarelösung, in der die jeweils aktuellen Berech-

nungsprogramme der FVA mittels einer Benutzeroberfläche bedient werden. Mit der

Software werden die Ein- und Ausgabedateien der Berechnungsprogramme verwaltet

und miteinander vernetzt. Die jeweiligen Berechnungsergebnisse der Programme wer-

den dem nachfolgenden Programm übergeben.

In der FVA-Workbench© sind für die Verzahnungsauslegung die FVA-Programme

„STplus“, „KNplus“, „RIKOR“, „Stirak“ und „DZP“ mit deren Basisfunktionen integriert.

Zur Auslegung von Wälzlagern ist in der FVA-Workbench© „Lager2“ enthalten, für die

Berechnung von Gleitlagern steht das Programm ALP3T zur Verfügung [ATZ11].

4.1 Übersicht

Mit der aktuellen Version der FVA-Workbench© lassen sich neben mehrwelligen Stirn-

radgetrieben, wie beispielsweise PKW-Schaltgetriebe, auch Planetengetriebe in Stan-

dardbauweise modellieren, d.h. Planetengetriebe mit dem Aufbau nach Bild 1. Die

Planetengetriebe können über eine oder mehre Wellen miteinander verbunden wer-

den.

Bild 14 zeigt den in der FVA-Workbench© modellierten leistungsverzweigten Achsan-

trieb. Die FVA-Workbench© bietet grundsätzlich die Möglichkeit, Planetenträger in ein-

oder zweiwangiger Ausführung zu modellieren. Die Lagerung der Planeten kann belie-

big ausgeführt werden, im vorliegenden Fall ist die Lagerung über zwei Nadelkränze

pro Planet realisiert. Es sind unter anderem auch angestellte Lagerungen der Planeten

mit Lagern im Planetenträger möglich. Die Schaltelemente können z.B. durch Kupp-

lungselemente modelliert werden. Anhand einer Schaltmatrix können diskrete Gang-

stufen definiert und virtuell zur Berechnung des Getriebes geschaltet werden.

Bild 14: Leistungsverzweigter, zweigängiger Achsantrieb; Darstellung des Gesamtmo-dells zur Berechnung des Getriebes in der FVA-Workbench©

ATK 2013

14

4.2 Funktionalitäten

Im Folgenden werden ausgewählte Funktionalitäten der FVA-Workbench© vorgestellt,

die zur Auslegung des oben beschriebenen Achsantriebs verwendet wurden.

4.2.1 GEAS

GEAS ist ein FVA-Programm zur Berechnung der Leistungsflüsse in beliebigen Ge-

triebesystemen. Mit GEAS werden automatisch die Drehzahlen und Nenndrehmomen-

te an allen modellierten Getriebeelementen bestimmt. Die Verschaltung darf dabei be-

liebig gewählt werden, solange das Getriebesystem statisch und kinematisch bestimmt

ist. Die Ergebnisse des Berechnungsmoduls GEAS werden den in der Berechnungs-

kette nachgelagerten Programmen übergeben.

4.2.2 STplus

Das Programmmodul STplus dient zur Geometrie- und Tragfähigkeitsberechnung von

Evolventen-Stirnradpaarungen und der Paarung Stirnrad-Werkzeug. Die Geometriebe-

rechnungen gehen weit über die Angaben in [DIN3960_87] hinaus. Sie erfassen auch

durch zwei unterschiedliche Werkzeuge bearbeitete Stirnräder sowie Sonderverzah-

nungen. Die Tragfähigkeitsberechnung ist nach den unterschiedlichsten Verfahren

möglich. Erfasst sind die zurzeit gültigen nationalen und internationalen Normen, ihre

vorangegangenen Vorschriften und ältere Vorschriften [STplus10]. Auch die Berech-

nung von Planetengetrieben in Standardbauweise ist in STplus integriert. Sämtliche

Funktionen werden über die Benutzeroberfläche der FVA-Workbench© angesteuert.

Am Beispiel der 1. Getriebestufe wird gezeigt, wie in STplus die Vor- und Fertigver-

zahnung bestimmt werden kann.

Bild 15: (1) Bezugsprofil des Vorverzahnungswerkzeugs, Sonne/Planet Stufe 1 (2) Geometrie der Vorverzahnung Planet, Stufe 1

Bild 15 (1) zeigt die Geometrie des Werkzeugbezugsprofils zur Fertigung der Vorver-

zahnung im Fräsverfahren. Damit werden die Rohlinge für Sonne und Planet der

1. Stufe erzeugt. Die sich ergebende Zahnkontur im Stirnschnitt ist am Beispiel des

Planeten dargestellt (2).

(1) (2)

Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes in der FVA-Workbench©

In Bild 16 (1) ist das Bezugsprofil des Fertigverzahnungswerkzeugs (für Fräsverfahren)

dargestellt. Dieses wird zur Fertigbearbeitung der Außenverzahnungen verwendet.

Bild 16 (2) zeigt das resultierende Zahnprofil am Beispiel des Planeten im Stirnschnitt,

das entsteht, wenn ausschließlich das Fertigverzahnungswerkzeug verwendet wer-

den würde.

Bild 16: (1) Bezugsprofil des Fertigverzahnungswerkzeugs, Sonne/Planet Stufe 1 (2) Geometrie der Verzahnung des Planeten von Stufe 1, die ausschließlich durch das Werkzeug nach (1) entsteht

Der Fertigungsprozess der Verzahnungen ist i.d.R. unterteilt in den Vorverzahnungs-

prozess, der anschließenden Wärmebehandlung und der abschließenden Fertigbear-

beitung. Daher ergibt sich die reale Zahnkontur, wenn die Zahnprofile aus Bild 15 und

Bild 16 überblendet werden und die gemeinsame „Schnittmenge“ gebildet wird. Dies

ist in Bild 17 (1) anhand der Verzahnung des Planeten der 1. Stufe exemplarisch dar-

gestellt.

Bild 17: (1) Resultierende Geometrie aus Vor und Fertigverzahnung, Planet Stufe 1; (2) Zahneingriff Sonne-Planet, Stufe 1

In der ausgelegten Stufe 1 des Getriebes sind die Außenverzahnungen (Sonne und

Planeten) für identische Vor- und Fertigverzahnungswerkzeuge ausgelegt. Daher kön-

nen die Verzahnungen mit dem gleichen Fräser oder der gleichen Schleifwälzschne-

cke hergestellt werden. Der Zahneingriff zwischen Sonne und Planet der ersten Ge-

triebestufe ist in Bild 17 (2) dargestellt.

(1) (2)

(1) (2)

ATK 2013

16

4.2.3 RIKOR

Das FVA-Berechnungsprogramm RIKOR [RIKOR_09] ermittelt anhand einer örtlichen

Betrachtungsweise die Beanspruchungen von Zahnflanke- und fuß. Dabei werden zur

Bestimmung der Lastverteilung im Zahneingriff die durch das eingeleitete Drehmoment

verursachten Verformungen und Verlagerungen von Wellen, Lagern und Verzahnun-

gen berücksichtigt [ATZ11].

Verzahnungskorrekturen

Im Zahneingriff von Stirnrädern können die Verdrillung und Durchbiegung der Radkör-

per, die Verformung der Zähne sowie die Verlagerung der Wellen infolge von Wel-

lenelastizitäten, Lagerspielen und Lagerverformungen ein ungleichmäßiges Tragver-

halten bewirken. Durch angepasste Flankenformmodifikationen (Verzahnungskorrektu-

ren) kann der ungleichen Lastverteilung entgegengewirkt werden [RIKOR_09].

Das Ziel von Verzahnungskorrekturen ist eine möglichst gleichmäßige Pressungsver-

teilung über den gesamten Zahneingriff, um die Verzahnung im Randbereich (Stirn-

und Kopfkante) zu entlasten [ATZ11].

Bild 18 (1) zeigt die Pressungsverteilung des Zahnkontakts Sonne-Planet der nicht

korrigierten Verzahnungen der ersten Getriebestufe. Die Verlagerung im Zahneingriff,

resultierend aus Lagerverformung, Wellenverformung und Verzahnungskörperverfor-

mung, ist darin berücksichtigt. Die Pressung ist nicht gleichmäßig über den gesamten

Zahneingriff verteilt, sondern weist teilweise hohe Pressungsspitzen auf, wodurch das

Tragfähigkeitspotential der Verzahnung nicht voll ausgenutzt werden kann.

Bild 18: (1) Pressungsverteilung der unkorrigierten Verzahnung für das max. Dreh-moment, Kontakt Sonne-Planet, Stufe 1; (2) Pressungsverteilung der korrigierten Verzahnung, Kontakt Sonne-Planet, Stufe 1

Im Folgenden wird exemplarisch die Auswirkung einer Kombination aus verschiedenen

und gebräuchlichen Flankenkorrekturen auf die Pressungsverteilung aufgezeigt. Die

Art der Korrekturen sowie deren Korrekturwert sind lediglich überschlägig gewählt um

das Getriebekonzept hinsichtlich dessen Drehmomentkapazität abschätzend beurtei-

Pre

ssung [N

/mm

²]

pre

ssure

pH,max ≈ 1750 N/mm² pH,max ≈ 1400 N/mm²

(1) (2)

Pre

ssu

ng

[N

/mm

²]

pre

ssu

re

Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes in der FVA-Workbench©

len zu können. Eine detailliertere Getriebekonstruktion ermöglicht und erfordert eine

genauere Korrekturauslegung, vor allem dann, wenn eine gute Getriebeakustik hoch

priorisiert wird.

Die Topographie einer möglichen Verzahnungskorrektur ist in Bild 19 dargestellt. Die

Kombination aus Höhen- und Breitenballigkeit sowie Kopf- und Fußrücknahme am

Planet ermöglicht ein stabileres Tragbild auch bei größeren Verlagerungen und beugt

Pressungsspitzen vor.

Bild 19: Topographie der Verzahnungskorrektur am Planet, Stufe 1

Die resultierende Pressungsverteilung der korrigierten Verzahnung des Eingriffs Son-

ne-Planet der Getriebestufe 1 ist in Bild 18 (2) dargestellt. Die Pressungsverteilung ist

gleichmäßiger als bei der unkorrigierten Verzahnung und die maximale Pressung wur-

de um ca. 350 N/mm² reduziert.

Lagerberechnung

Die hochbelasteten Planetenlager können mit RIKOR [RIKOR_09] unter Berücksichti-

gung der lokalen Lastverteilung am Wälzkörper nach [DINISO281_03] Beiblatt 4, de-

tailliert betrachtet werden.

In Bild 20 ist die erste Getriebestufe des Achsantriebes mit jeweils unterschiedlichen

Verzahnungsschrägungswinkeln dargestellt. Dies führt bei gleichem Normalmodul und

gleicher Zahnbreite zu unterschiedlich großen Sprungüberdeckungen. Je höher die

Sprungüberdeckung, desto günstiger ist i.d.R. das Anregungsverhalten und die Akustik

der Verzahnung. Durch unterschiedliche Schrägungswinkel ergeben sich jedoch auch

andere Axialkräfte an den Verzahnungen, die zu einem unterschiedlich großem Kipp-

moment am Planeten führen. Dieses ist durch die Lagerung des Planeten abzustützen.

Für die Verzahnung mit größerem Schrägungswinkel resultieren höhere Axialkräfte

und damit größere Kippmomente, die zu einer höhere Wälzkörperbelastung führen.

Für die Lagerung der Planeten sind zwei Nadelkränze pro Planet vorgesehen. In den

folgenden Bildern sind jeweils nur die Ergebnisse des höher belasteten Lagers darge-

stellt.

Hertzsche PressungTo

po

gra

ph

ie [

µm

]

top

og

rap

hy

Fu

ßrü

ckn

ah

me

roo

tre

lief

Breitenballigkeit

helix crowningHöhenballigkeit

profile crowning

Kopfr

ücknahm

e

tip

relie

f

ATK 2013

18

Bild 20: (1) Verzahnung Stufe 1, εβ = 2,1; β = 27,5°, (2) Verzahnung Stufe 1, εβ = 1,05; β = 13,3°

In Bild 21 sind die Pressungsverteilungen am Innenring zusammengestellt, die sich für

die jeweilige Variante ergeben. Wie dem Bild entnommen werden kann, führt ein grö-

ßerer Schrägungswinkel zu deutlich höheren Pressungen an den Wälzkörpern.

Bild 21: Grafikausgabe RIKOR, Pressungsverteilung am Lagerinnenring, (1): für β = 27,5°; (2): für β = 13,3°

Bild 22: Lagerpressung (Planetenlager) für unterschiedliche Schrägungswinkel, maximale Pressung am Lagerinnenring, Getriebestufe 1

εβ = 2,1; β = 27,5° εβ = 1,05; β = 13,3°

(2)(1)

(1) εβ = 2,1; β = 27,5°

pH, max = 3419 N/mm²

(2) εβ = 1,05; β = 13,3°

pH, max = 2519 N/mm²

4000

3500

3000

2500

2000

1500

1000

500

00-1-2-3 1 2 3

pH

[N/m

m²]

Scheiben in u-Richtung [mm]

discs in u-direction

Rolle mit der maximalen Hertzschen Pressung (rolling element with the max. hertzian pressure)

Pressungsverteilung längs der Rolle, Innenring (pressure distribution along the rolling element, inner ring)

εβ = 2,1; β = 27,5° pH,max = 3419 N/mm²

nom. Lebensdauer (nominal lifetime) LH10r = 7,0 h

mod. Lebensdauer (adusted rating life) LnmrH_EP = 2,0 h

TMotor, max (Tdrive_engine) = 500 Nm

nMotor (ndrive_engine) = 4.000 min-1

2x K15x19x10 pro Planet, Stufe 1

2x K15x19x10 per planet, stage 1

εβ = 1,05; β = 13,3° pH,max = 2519 N/mm²

nom. Lebensdauer (nominal lifetime) LH10r = 50,3 h

mod. Lebensdauer (adusted rating life) LnmrH_EP =19,9 h

Auslegung eines mehrgängigen Planetenkoppelgetriebes in der FVA-Workbench©

Für die Position mit der höchsten Belastung des jeweiligen Wälzkörpers sind in Bild 22

die Pressungsverläufe entlang der Wälzkörperachse aufgetragen.

Da die Planetenlager eines elektrischen Achsantriebs meist kritisch hinsichtlich deren

Lebensdauer belastet werden, ist eine iterative Auslegung der Verzahnungsgeometrie

unter Beachtung der sich ändernden Lagerbeanspruchungen erforderlich.

Für das vorgeschlagene Getriebekonzept konnte insgesamt jedoch gezeigt werden,

dass die Lager dem hohen Abtriebsdrehmoment standhalten können.

5 Zusammenfassung

Der vorgeschlagene koaxiale Achsantrieb besteht aus drei elementaren Planetenge-

trieben in Standardbauweise, d.h. jeweils bestehend aus Sonne, Planeten und Hohl-

rad. Bei geschaltetem 1. Gang wird die Antriebsleistung der E-Maschine in der ersten

Planetenstufe aufgeteilt und auf die beiden nachfolgenden Planetenstufen verzweigt.

Mit diesen Getrieben hat der Getriebeabtrieb zum Differential je eine Welle gemein-

sam, auf der die Leistung wieder summiert wird. Die Erzeugung des Abtriebsmoments,

jeweils anteilig in zwei Planetengetrieben, ermöglicht eine effiziente Getriebeausnut-

zung, da kein Planetengetriebe mit einem Drehmoment in der Größe des Achsmo-

ments beansprucht ist. Trotzdem tragen alle drei verbauten Planetengetriebe dazu bei,

die gewünschten Übersetzungen zu erzeugen. Im zweiten Gang findet im Getriebe

keine Leistungsteilung statt, allerdings treten aufgrund der geringeren Übersetzung

keine höheren Beanspruchungen als im ersten Gang auf.

Zum Schalten der Gänge wird je eine Welle gegen das Gehäuse gebremst. Der Vorteil

von Lamellenbremsen gegenüber Lamellenkupplungen ist der geringere konstruktive

Aufwand: Bei hydraulisch betätigen Kupplungen müssen verlustreiche Drehdurchfüh-

rungen vorgesehen werden, bei elektromechanischen Kupplungen mit ruhender Akto-

rik ist die Betätigungskraft über zwei Axiallager mit Relativdrehzahl zu führen. Im Falle

von Bremsen ist eine gehäusefeste Integration der Aktorik problemlos möglich. Die

damit einhergehende Vermeidung von Verlusten ist gerade für elektrische Antriebe

relevant.

Innerhalb einer Machbarkeitsstudie wurde das Getriebe als 3D-CAD-Konstruktion um-

gesetzt. Für eine gesicherte Dimensionierung der Verzahnungen und Lager wurde das

Getriebe in der aktuellen Version der FVA-Workbench© modelliert und nachgerechnet.

So war mit dem in der FVA-Workbench© enthaltenen Stirnradberechnungsprogramm

STplus nicht nur die geometrische Auslegung der Vor- und Fertigverzahnungen mög-

lich, auch der Festigkeitsnachweis nach gängigen Normen wurde erbracht. Verzah-

nungskorrekturen zur Optimierung der Tragfähigkeit wurden mit dem Rechenkern

RIKOR bestimmt. Insbesondere die Lagerberechnung unter Berücksichtigung der loka-

len Lastverteilungen am Wälzkörper nach [DINISO281_03] ermöglichte einen aussa-

ATK 2013

20

gekräftigen Lebensdauernachweis der hochbelasteten Planetenlager. Anhand konkre-

ter Beispiele wurden die jeweiligen Berechnungsschritte dargestellt.

Insgesamt konnte das vermutete Potential des zweigängigen koaxialen Achsantriebs

bestätigt werden. Die mit der Leistungsverzweigung einhergehende hohe Leistungs-

dichte wurde nachgewiesen. Vor allem die häufig sehr kritisch belasteten Wälzlager

profitieren in dieser Getriebeanordnung von den geringeren spezifischen Belastungen

der einzelnen Getriebestufen.

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