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Univ.-Prof. Dr. phil. Nitza Katz-Bernstein

Techn. Univ. Dortmund, Lehrstuhl Rehabilitation und Pädagogik bei Sprach-, Kommunikations- und Hörstörungen

Tel Aviv University, Sackler Faculty Of Medicine Science,

Department Of Communication Disorders

Entwicklung des kindlichen Humors als

affektiv-kognitive Kompetenz-Auf dem Weg zur SelbstregulationAuf dem Weg zur Selbstregulation

Was ist Was ist HumorHumor??

Mentalisierungsvorgänge und Mentalisierungsvorgänge und HumorHumor

HumorHumor und Identität: und Identität: GedächtnisartenGedächtnisarten

HumorHumorerwerb (nach Altersphasen)erwerb (nach Altersphasen)

Was bewirkt Was bewirkt HumorHumor??

LiteraturLiteratur- 2 -

ÜBERSICHT

„Das Lächerliche ist ein Mangel und etwas Schimpfliches, das aber weder schmerzt noch ins Verderben bringt“

Platon (zit. n. Martin, 1974)

Die Erforschung des Humors heißt:

Gelotologie

Das Ich und seine Regulation ist eine Summe von erfahrenen ICH-ZUSTÄNDEN, die bei jeder Handlung miteinander kooperieren. Dass sie jeweils dem einen von ihnen den Vorrang geben und gönnen, gibt uns eine Sicherheit des Handelns.

Der HUMOR ist das implizite Wissen um die Relativität der Handlung, des Denkens, des menschlichen Daseins. Das Wissen um die Anwesenheit der anderen ICH-ZUSTÄNDEN!

Es gibt immer zwei Möglichkeiten…

Dialogische StrukturenDialogische Strukturen

Ich und DuIch und Du

TriangulierungTriangulierung

Ich, Du und die WeltIch, Du und die Welt

Innere RepräsentationInnere Repräsentation

Du bist immer noch da!Du bist immer noch da!

- 5 -

KOGNITIV-AFFEKTIVE ENTWICKLUNG, oder: Die Ausdifferenzierung des Denkens

SymbolisierungSymbolisierung

Ich tu‘ als ob!Ich tu‘ als ob!

Trennung Innen und AußenTrennung Innen und Außen

Ich habe ein Geheimnis!Ich habe ein Geheimnis!

SozialisierungSozialisierung

Das tut man nicht!Das tut man nicht!

(Katz-Bernstein 1993)- 6 -

KOGNITIV-AFFEKTIVE ENTWICKLUNG

In der kindlichen Entwicklung vollzieht sich eine Distanzierung und eine De- Kontextualisierung zur Realität.

Diese Relativierung ist kontinuierlich mit Humor begleitet…

HUMOR ist dabei die FREUDE der Menschen um die dadurch gewonnene FREIHEIT!

Generisches Gedächtnis (Skripts)Generisches Gedächtnis (Skripts)Was normalerweise getan wird, sich ereignetWas normalerweise getan wird, sich ereignet

Episodisches Gedächtnis (Planbruch)Episodisches Gedächtnis (Planbruch)Was sich ungewöhnliches, abweichendes ereignetWas sich ungewöhnliches, abweichendes ereignet

Autobiographisches GedächtnisAutobiographisches GedächtnisDie Konstruktion dessen, was ich über mich weißDie Konstruktion dessen, was ich über mich weiß

(Nelson 1993, Welzer & Markowitsch 2003)

- 17 -

GEDÄCHTNISARTEN

1.1. Jahr: Jahr: Wunderebene zwischen mir und Wunderebene zwischen mir und dirdir

Erste „Lächeldialoge“

Mit „als-ob“ - Affekten spielen

Kommentare und Interaktionen unterstellen

Humorvoll konfrontieren, humorvoll Grenzen setzen

- 18 -

HUMORERWERB

2.2. Jahr: Jahr: Da und weg – Da und weg – das Symbolspiel entstehtdas Symbolspiel entsteht

„Foppen“, vorenthalten

Inkongruenz-Erfahrungen teilen

Objekte „zweckfremd“ gebrauchen

Stimmverstellungen genießen

Über Übertreeeeeeibungen lachen

Über kleine Ungeschicklichkeiten von Puppen lachen

Das Gesicht oder sich unter einem Tuch verstecken

- 19 -

HUMORERWERB

3.3. Jahr: Jahr: Verkehrte SpracheVerkehrte Sprache

Falschbenennungen genießen

Begriffe durcheinander bringen

Über kleine lustige Szenen mit Puppen lachen

V e r d r e h u n g n e,

Wau wauwau?

Clown spielen

Versuchen, andere durch Witzchen (mit nicht immer gelungenen oder verstandenen Pointen) zum Lachen zu bringen

Lachen über Wörter von Körper-Tabuzonen oder A u s sch ei d u n gen

- 20 -

HUMORERWERB

4. - 6. Jahr: 4. - 6. Jahr:

Die Welt ist voller MagieDie Welt ist voller Magie

(Geheim-) Sprachen erfinden

Kraftwörter, Flüche, sexualisierte Begriffe zur Belustigung und Provokation gebrauchen

Phantasie-, Machtgefühl- und Rachegeschichten erfinden

Eigeninitiiertes „Erschrecken“ und Überraschen

„Nachäffen“, lustige Rollenspiele und szenische Clownerien genießen

- 21 -

HUMORERWERB

4. - 6. Jahr: 4. - 6. Jahr: Die Welt ist voller MagieDie Welt ist voller Magie

Jemanden auslachen

Von Zauberern verzaubert sein

Sich Verkleiden, witzige Verkleidungen verstehen

Bereits Witze mit Doppeldoppeldeutigkeiten verstehen

„Lügengeschichten“ mit großen Übertreibungen erzählen können

- 22 -

HUMORERWERB

Martina (4,8j.) deutet auf den Postboten und sagt: „Hier ist der Apostel!“

„Machen immer die Nachtigallen Nacht?“ (Pascale, 5,6 j.)

„Hör mal Mama, als ich geboren wurde, wie hast du gewusst, dass ich Juri bin?“ (ca. 5 j.)

Auf einer Ausstellung für Naive Malerei sagt die 6 Jähr. Melanie: „Die sind typisch selber gemalt!“

„Wie heißt das Schwein, wenn es nicht im Schmutz liegt“? (Hilde 5,5 j.)

(Doehlmann 1985)

Ab 6 Jahre: Ab 6 Jahre: Ich, der Größte, lege dich Ich, der Größte, lege dich hereinherein

„Streiche“ spielen

Hereinlegen

Auslachen

Witze erzählen

Zaubern wollen

Kasperspiele mit lustigen Handlungen inszenieren

- 24 -

HUMORERWERB

Ab 8 Jahre: Ab 8 Jahre: Wir die Größten und ihr soso Wir die Größten und ihr soso lalalala

Sprachliche Binnenstruktur entsteht, die eine Generalisierung markiert (und „doofe Mädchen“, „blöde Buben“ o. a. Gruppierungen ausgrenzt)

Gruppenzugehörigkeit wird nach innen dadurch dokumentiert, dass jemand ausgelacht, beschämt oder ausgegrenzt wird

Regulierung der Gruppenhierarchie!

- 25 -

HUMORERWERB

Ab 12 Jahre: Ab 12 Jahre: Wir wissen, wie die Welt Wir wissen, wie die Welt funktioniert! funktioniert!

Alle Witze werden verstanden ---Tabu-Witze als „Geheimtipp“

Auslachen, Beschämen bekommen einen „ideologischen Touch“ --- man weiß, was gilt! (Mobbing!)

Man engagiert sich sozial ---auch für Wale, Tiger und Bienen!

Gruppensprache, Kleidung etc. werden verbindlich und ernst --- Nike oder Adidas?

Begebenheiten werden C O O L oder G E I L

- 26 -

HUMORERWERB

Ab 16 Jahre: Ab 16 Jahre: Alles ist cool … Outsider Alles ist cool … Outsider out!out!

Man misst sich (heimlich) mit anderen (man macht andere klein um sich groß zu fühlen)

Man spielt mit beleidigt-sein (das ist so gemein!)

Man lacht „Streber“ aus (oder will man einer sein?)

Man (Frau) hat Weltschmerzen (warum nur?)

Man spielt am liebten mit Grenzen! (Ätschi!)

Gefühle und Sexualität sind mit (ANGSTLUST und)

Scham, Geheimnistuerei besetzt - 27 -

HUMORERWERB

DISTANZ ZUR REALITÄT:

„Nicht mehr die Situation an sich, sondern ihre affektive Einordnung, Bewertung, Deutung und Generali-sierung als sozialer, generalisierter Konsens und Wertmaßstab steht im Vordergrund. Diese neue Bewusstseinskompetenz wiederum verändert das Verhältnis des Kindes zur Realität grundlegend“.

Humor vermag hier zu vermitteln und den Überstieg zum mentalen Denken zu schaffen!

(Wygotsky 1981, 138)

Sich über soziale Normen zu einigen (Witz: Kaffeetasse)

Über Widrigkeiten des Lebens hinweg zu trösten (Witz: Gedächtnis)

Über die Grenzen der Solidarität und die Kluft in der Kommunikation zu versöhnen (Witz:

Freundschaft, die Schuld)

Sozial zu handeln trotz innere Gefühle von Wut und Frustration (Witz: Die Scheidung)

Negation befürworten, damit spielen (Oerter, Zollinger) Autonomie und Selbstregulierung zusichern, spiegeln,

unterstellen und fördern – (Safe Place) (Katz-B.) Stabile Regeln bieten, Grenzen, Präsenz (Omer) Aggressionen symbolisieren, reglementieren,

ritualisieren Symbolisierung, Fiktion ermöglichen, Narration fördern

(Dornes, Oerter, Katz-B., Quasthoff/Katz-B.) Antagonistisches Rollenspiel (Moreno, Aichinger, Andresen) Überstiege und Rituale sorgfältig einbauen (Lempp) „Ego States“ eingemeinden, Ambivalenzen anerkennen

(Hartmann, Peichl) …Sich „emotional zur Verfügung stellen“ (Orange)

AUSHALTEN…. Gelassen bleiben…

(Vertrauen haben, dass etwas wächst!....)(Vertrauen haben, dass etwas wächst!....)

… Gut geschützt- lass’ dich ein, … Lass’ dich berühren, bewegen, inspirieren, leiten, … Lass das Kind und seine Emotionen der Wind

sein, du das Blatt im Wind… (vertrau‘ dem Baum, der du auch bist, er hält dich!)

Lass’ dich durch die kindliche Kühnheit des Spiels mit der Realität verführen… verzaubern… sei mutig! Es sucht ja dabei den Weg zu deiner Welt…

…Dann wird die kindliche Leichtigkeit, Verspieltheit, Staunen, Freude, Humor und Zuversicht, mit der das Kind sein Leben

bewältigt, deine größten therapeutischen Helfer!

Katz-Bernstein, N.Katz-Bernstein, N. (2003): Was hat Humor mit Sprachentwicklung zu tun? Entwicklungspsychologische Betrachtungen der Doppeldeutigkeit im Hinblick auf die sprachtherapeutische Praxis. In: Kuntz, S., J. Voglsinger (Hrsg.): Humor, Phantasie und Raum in Pädagogik und Therapie. vml, Dortmund.

Titze, M., Eschenröder, Ch. T.Titze, M., Eschenröder, Ch. T. (1998): Therapeutischer Humor. Grundlagen und Anwendungen. Geist und Psyche. Frankfurt a. Main.

- 32 -

LITERATUR

-Ende--Ende-

- 33 -

DANKE FÜR IHRE

AUFMERKSAMKEIT!

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