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RISKNEWS 05/05 39

Autor

Helge Engel

ist Senior Consultant beider Gerling Risko Consul-ting GmbH, Köln, und spe-zialisiert auf EnterpriseRisk Management, Busi-ness Continuity Manage-ment und Working CapitalManagement.

GesprengteKetten – Absicherung der Supply Chain durch einunternehmensweites Business ContinuityManagement

In den vergangenen Jahren sind in vielen Unternehmen einseitig ausgerichte-te Optimierungs-Programme (Cost-Cutting) durchgeführt worden. Diese habendie Abhängigkeiten von Zulieferern, Gebäuden, Anlagen und Maschinen sowieServiceeinrichtungen spürbar erhöht. Dementsprechend führen unvorhergese-hene Störungen der Versorgungskette (etwa durch Qualitätsmängel bei einembedeutenden Zulieferer oder den Ausfall von Warehousing-Funktionen nach ei-nem Rechner-Defekt) heute auch zu deutlich höheren Schadenpotenzialen. DieGründe dafür liegen auf der Hand: Single-Sourcing-Ansätze, die Konzentrationvon bestimmten und wesentlichen Funktionen auf nur einen – oder einige we-nige – Standorte/Anlagen und die generell steigende Abhängigkeit der Pro-duktions- und Logistikprozesse von der Verfügbarkeit der IT-Systeme könntenim Falle des Falles das Unternehmen schlagartig treffen und den Wertschöp-fungsprozess abrupt unterbrechen. Als Folge des Rückganges von Betriebsleis-tungen (beispielsweise aufgrund schlagartig gesunkener Kapazitäten, fehlen-der Rohstoffe und Halbfertigwaren oder der Nicht-Verfügbarkeit von Daten undAnwendungen) wird die Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmensdurch Ertragsausfälle und/oder zusätzlich entstehende Kosten zur Schaden-minderung und zur Stabilisierung des Marktes direkt belastet.

Dabei werden die Auswirkungen eines Ereig-nisses maßgeblich von der Dauer des Ausfallesrelevanter (eigener oder „fremder“) Kapazitäts-Engpässe bestimmt (vgl. Abb. 1).

Ohne geplante und systematische Maßnahmenzum Wiederanlauf der Produktion ist üblicher-weise mit langen Störungen der Supply Chain zurechnen. Nach Eintritt einer Störung zügig ein-geleitete – aber ungeplante – Sofort-Maßnah-men können zwar die Dauer der Betriebsunter-brechung verkürzen, jedoch in den meisten Fäl-

len den BU-Schaden nicht substanziell reduzie-ren. So konnten einer amerikanische Studie zu-folge trotz eines Versicherungsschutzes über 70Prozent der Unternehmen ihr Geschäft nach ei-ner Störung der Supply Chain nicht in der ge-wohnten Form wieder aufnehmen oder musstenden Geschäftsbetrieb gar einstellen. Die Ent-wicklung eines intelligenten Business Continu-ity Managements ist daher insbesondere zurVermeidung nachhaltiger Auswirkungen aufMarkt und Kunden dringend erforderlich (vgl.Abb. 2).

FACHBEITRAG

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auf den Prozess einwirken können, sowohlunternehmensinterne als auch externe, auf diedas Unternehmen keinen direkten Einfluss be-sitzt.

Für Unternehmen mit komplexen Sourcing-, Pro-duktions- und Logistikstrukturen (etwa Unter-nehmen der Pharmaindustrie, Groß- und Ver-

Um eine Aufrechterhaltung des Geschäftsbe-triebs zu gewährleisten, ist es notwendig, durchgeeignete Maßnahmen Betriebsunterbrechun-gen entweder bereits im Voraus durch üblicheRisikomanagement-Ansätze (präventiv) zu ver-meiden oder zumindest die Auswirkungen einesVorfalls auf ein Minimum zu reduzieren. Dabeimüssen alle Faktoren berücksichtigt werden, die

Wiederbeschaffungszeitenvon Ersatzteilen,Rohstoffen etc.

WiederanlaufzeitenMaschinen,

Anlagen, Gebäude, IT

Freikapazitäten undRedundanzen

Warenrohertrag/Mengeneinheit*

Grad der Abhängigkeitvon Gebäuden,Anlagen, IT

(Optimierungsgrad derSupply Chain)

Plan Menge-

IST Menge =Ausfallmenge

X = Ertragsausfall

Zügiges Wiedererreichen derPlan-Produktionsmenge kann

abhängig sein von:

* deutlich vereinfachteBeschreibung

Ziel des BCM:Erreichen derPlankapazität

Abb. 1: Ertragsausfall und beeinflussende Parameter

Sukzessives Wiedererreichender Planauslastung

in Wochen

RisikoeintrittDeckungsbeitrag

�� �������

12 Wochen

reduzierterErtragsausfall

durch BCM-Konzepte

Verkürzung derBetriebs-

unterbrechung,dadurch

reduzierterErtragsausfall

Schadenverlauf nachsofortigen – ungeplanten –

Maßnahmen

Break Even

90%

20%

50%

60%

80%

30%

90%

60%

80%

Abb. 2: Reduzierter Ertragsausfall durch systematisches BCM

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die Vorschriften des Sarbanes-Oxley-Actes er-wähnt.

Business Continuity Management(BCM) – Handlungsfähigkeit auchnach einem Katastrophenfall

Noch vor wenigen Jahren wurde BCM in ersterLinie als ein Tool verstanden, das den Wieder-anlauf der IT-Systeme (und damit mittelbar invielen Fällen auch der Produktion) sowie dieWiederherstellung verlorener Daten und An-wendungen zum Ziel hatte (im Sinne eines IT-Disaster-Recovery-Planning). Somit dominiertein industriellen Unternehmen insgesamt eineeher technisch orientierte Sichtweise aufWiederanlauf- und Wiederherstellungszeitender IT. Die wesentlichen und wertschöpfendenProzesse waren aber häufig nicht Gegenstandeiner BCM-Betrachtung. Zudem war es wegender isolierten Sichtweise vielfach nicht möglich,die gesamten wirtschaftlichen Konsequenzeneiner Betriebsunterbrechung zu ermitteln. Heu-te setzt sich allerdings – zumindest in größerenund internationalen Industrieunternehmen – zu-nehmend ein ganzheitlicher Ansatz durch. Da-bei steht vor allem die Betrachtung und finan-zielle Bewertung des Impacts sämtlicher er-tragskritischer Prozesse im Vordergrund.

Ziel des Business Continuity Managements istzweifelsohne die Aufrechterhaltung des Ge-

sandhandel, Chemie/Petrochemie oder Zuliefe-rer der Automobilindustrie) und/oder mit einerausgeprägten Produktpräsenz im Markt (Her-steller von Markenartikeln) ist ein belastbaresBCM-System ein bedeutender Baustein zur Ab-sicherung der unternehmerischen Zukunft. DasGleiche gilt für Unternehmen, die von einer ste-tigen Ergebnissituation abhängig sind und die-se regelmäßig dem Kapitalmarkt berichten müs-sen oder ganz generell für Unternehmen,

▪ deren Geschäftsprozesse – insbesondere dieder Produktion und Logistik – stark von der ITabhängig sind,▪ deren Kunden Just-in-Time produzieren undnur noch über eine eingeschränkte Vorratshal-tung verfügen (Beziehungen zu Abnehmern),▪ mit hoher Abhängigkeit der (An-)Lieferungzeitkritischer Produkte (Beziehungen zu Liefe-ranten),▪ deren Risiko-Grad nach tief greifenden Ver-änderungen erheblich gestiegen ist, beispiels-weise in Folge von Cost-Cutting-Programmen.

Entsprechend werden Unternehmen auch vonSeiten des Gesetzgebers verpflichtet, sich ge-gen mögliche Risiken – eben auch aus Risikenbetrieblicher Unterbrechung – durch geeigneteMaßnahmen zu schützen. In diesem Zu-sammenhang seien nur beispielhaft die ein-schlägigen Gesetze HGB, Aktiengesetz,KonTraG oder die Richtlinien nach Basel II und

FACHBEITRAG

Strategischer Prozess:

• Ausrichtung des BusinessContinuity Managements

• Implementierung derBC-Organisation (Steuerung)

• weitere konzeptionelle Basis

Operativer Prozess:

• Ersterhebung derRisiken, Update oder„Risiko Reset“

• technisch operative undfinanzielle Bewertung derRisiken

• Ausarbeitung der BC-PläneBusinessImpact,

Beurteilung

BusinessContinuity

Pläne

BCMPolicy

BCMOrganisation

Risiko-analyse

Management

Business Unit

Initial und

mittelfristige

Anpassung

Regelmäßige„Schleifen“

Abb. 3: BCM-Life-Cycle

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nisation steuert alle relevanten Aktivitäten füreinen reibungslosen Wiederanlauf betroffenerStandorte/Anlagen/Produktlinien im Falle einerBetriebsunterbrechung? Wer sind die konkretenAnsprechpartner und mit welchen Kompeten-zen ist das BC-Team ausgestattet? WelcheUnterschiede gibt es in diesem Zusammen-hang zur „Normalorganisation“ des Unterneh-mens? Bestehen Überschneidungen mit demTeam des Krisenmanagements am Standortselbst und können/sollten diese Einheiten mit-einander verzahnt werden? Welcher Koordina-tionsbedarf besteht, wenn das Unternehmenbeispielsweise Störfallanlagen betreibt? Wer istverantwortlich für die Krisenkommunikation,etwa gegenüber Kapitalmärkten, Lieferantenund TOP-Kunden?

Im Rahmen der BCM-Organisation werden wei-tere Grundlagen des Systems geschaffen: so istfestzulegen, wann und wer die BC-Pläne erstellt,und wie der Änderungsprozess und die Pflegedes Systems, gegebenenfalls auch ein Audit,erfolgen. In diesem Zusammenhang ist es be-sonders wichtig, korrespondierende oder sichbedingende Pläne nach einer Änderung rele-vanter Parameter (etwa Veränderung der freienund verfügbaren gruppenweiten Lagerkapazitä-ten nach Schließung eines Standortes) wieder zuaktualisieren und zu synchronisieren.

Für eine einheitliche und logische BCM-Doku-mentation ist schließlich noch die Struktur derBC-Pläne verbindlich festzulegen. Dabei sollteein pragmatischer Ansatz gewählt werden.

Risiko-Analyse

Die Identifizierung der wertschöpfenden unddamit schützenswerten Kernprozesse und we-sentlichen Engpässe ist für das BCM von zen-traler Bedeutung und ein wichtiger Gegenstandder Risiko-Analyse. Eine sich anschließendePriorisierung der wertschöpfenden Prozesse er-folgt in der Regel anhand möglicher

▪ Störungen und (finanzieller) Auswirkungenauf die Produktions- und Lieferbereitschaft unddamit implizit auch anhand potenzieller▪ „Störungen“ der Erwartungen von Kapitalge-bern.

Um den Grad der Abhängigkeit beispielsweisevon anderen Business Units und Produktions-standorten (desselben Unternehmens) und/oderspezifischen Infrastruktureinrichtungen (etwaeinzelne Gebäude, Anlagen, IT-Infrastruktur,sonstige Versorgungseinrichtungen, aber auch

schäftsbetriebes und damit die Sicherstellungder Wertschöpfung zum Schutze des Unter-nehmens selbst (Reputation und Marke) undder Interessen seiner Shareholder. Dabei ste-hen Risiken mit extrem hohen Schadenpoten-zialen für ein BCM im Vordergrund, die Be-trachtung der Eintrittswahrscheinlichkeit istdemgegenüber von untergeordneter Bedeu-tung, da immer damit gerechnet werden muss,dass der Eintrittszeitpunkt schon „morgen“ seinkönnte.

Ein moderner BCM-Life-Cycle umfasst mindes-tens die in Abb. 3 ersichtlichen fünf Elemente.Üblicherweise gliedert er sich in einen stra-tegischen Teilprozess (erstmalige Konzeptionund mittelfristige Überprüfung/Anpassung derBCM-Policy und Implementierung der Organi-sation) und in einen operativen Teilprozess (re-gelmäßige Überprüfung der Risiko-Situation,Impact Betrachtung und Ausarbeitung/Anpas-sung der BC-Pläne).

BCM-Policy

Die BCM-Policy beschreibt die strategische Be-deutung des Managementsystems für dasUnternehmen sowie die organisatorische Ver-ankerung im Unternehmen.

Zu beschreiben ist hier das grundlegende Ver-ständnis (Definition) und die BC-Strategie selbst(generelle Zielsetzung, etwa Sicherstellen einerdauerhaften Verfügbarkeit schützenswerter Pro-zesse), welche die Unternehmensleitung mitdem Managementsystem verfolgt. Ferner isteindeutig zu regeln, für welche Gesellschaften,Business Units und gegebenenfalls Hauptabtei-lungen die Policy (und damit auch das gesamteManagementsystem) gilt und umzusetzen ist(Definition des Geltungsbereiches).

Eine grundsätzliche Beschreibung von Rollenund Verantwortlichkeiten, beispielsweise zen-trale versus lokale Verantwortlichkeiten, einegrobe Beschreibung der Hauptaufgaben fürStandortverantwortliche und die Definition be-sonderer Funktionen von Produkt-/Linien-Ma-nagement runden die Policy ab.

BCM-Organisation

In diesem Abschnitt der „Implementierung derContinuity Organisation“ sind eine Vielzahl anFragen mit der Zielsetzung zu beantworten, diePhase des Wiederanlaufes nach Störung derSupply Chain mit möglichst geringen Reibungs-verlusten zu managen, wie etwa: Welche Orga-

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Business Impact Betrachtung undAssessment

Im Anschluss an die Risiko-Analyse der unter-nehmensweiten Supply Chain muss auf der Ba-sis der identifizierten Engpässe und Abhängig-keiten in den ertragskritischen Prozessen eineImpact-Betrachtung vorgenommen werden. Be-vor jedoch die Ableitung und Bewertung vonAusfall-Szenarien durchgeführt werden kann,empfiehlt es sich, die konzeptionelle Basis fürdie Bewertung zu schaffen oder eine bereits vor-handene zu überprüfen und gegebenenfalls zu„aktualisieren“.

In diesem Zusammenhang kann es zunächsthilfreich sein, eine generelle Typisierung vonAuswirkungen vorzunehmen (etwa nach finan-ziellen und nicht-finanziellen Auswirkungen). Injedem Fall aber muss zur finanziellen Priorisie-rung einzelner Ereignisse/Störfälle eine Wert-grenzensystematik abgeleitet werden, die denGrad der Bedrohung für das Unternehmen ska-liert (Impact auf Eigenkapitalpositionen und/oder geplantes EBIT). Üblicherweise genügthier eine Differenzierung/Priorisierung in dreiKategorien (A-, B-, C-Risiken). Zu beachten ist,dass diese Wertgrenzensystematik auch impli-zieren sollte, dass sich grundsätzlich mehrereBetriebsunterbrechungen in einem Geschäfts-jahr ereignen können; daher ist ein sinnvoller Ku-mulierungsfaktor zu wählen, der einen „zusätz-lichen“ (rechnerischen) Schutz stellt.

Mit Hilfe der Skalierung kann gleichzeitig dieVielzahl möglicher Ausfall-Szenarien systema-tisch und argumentativ belastbar eingegrenztwerden.

Um die durch die Störung der Betriebstätigkeitentstehenden Ertragsausfälle zu quantifizieren –etwa durch eine sinkende Absatzmenge infolgevon Produktionsausfällen und schließlich ver-lorener Marktpräsenz, weil die Nachfrage nichtmehr bedient werden kann und/oder einem zu-sätzlichen Nachfragerückgang aufgrund einersich verschlechternden Reputation (Negativspi-rale) – muss ein unternehmensindividuelles Be-wertungsmodell konzipiert werden. Bedenktman, dass beispielsweise verschiedene Busi-ness Units und Konzerngesellschaften die Pro-duktion an unterschiedlichen Standorten erzeu-gen und Veredelungen über verschiedeneStandorte laufen (bei in der Regel jeweils starkunterschiedlichen Abhängigkeiten und De-ckungsbeiträgen), verlangt die Business-Im-pact-Analyse eine belastbare mehrdimensiona-le Matrix, um den ausgefallenen Output schließ-

Lieferanten und Kunden) beurteilen zu kön-nen, ist eine genaue Analyse der nunmehrpriorisierten Prozesse notwendig. Ergänzendsind Basisdaten und Kennzahlen – zum Bei-spiel in Standort-Steckbriefen – aufzunehmen,die geeignet sind, den Grad der Abhängigkeitweiter zu konkretisieren, wie etwa von be-deutenden

Standorten, Gebäuden, Anlagen,Maschinen:▪ max. Kapazität techn (technische maximal Ka-pazität),▪ max. Kapazität compliance (Kapazität unter Be-rücksichtigung von Gesetzen und Auflagen),▪ max. Kapazität HR (Kapazitätsobergrenze auf-grund personalrelevanter Themen),▪ Auslastung IST und Plan im Verlauf (derzeitigeOutputmengen),▪ freie Kapazität(-en) IST und Plan im Verlauf,▪ Anteil der Produktionsmengen und Warenro-hertrag einer Business Unit beziehungsweiseeinzelner Produkte an diesem Standort oder mitdieser Anlage.

Kunden- und Lieferantenbeziehungen:▪ Deckungsbeitrag Top-30-Kunden, gegebe-nenfalls Konzentration auf bestimmte (wenige)Kundenbeziehungen, etwa in der Verpackungs-industrie (flexible Verpackungen)▪ Deckungsbeitrag Top-5-Märkte und -Liefe-ranten, gegebenenfalls Erwirtschaftung einesbedeutenden Anteils mit Produkten aus einembestimmten Markt oder mit Produkten einigerweniger Lieferanten (etwa Handel mit in Bang-ladesh produzierten Textilien).

IT-Infrastruktur und Versorgungs-einrichtungen:▪ Erhebung ertragskritischer Daten und An-wendungen,▪ Verfügbarkeit von Daten und Anwendungen,▪ Analyse der Datensicherungsstrategie undPrüfung der generellen Back-up-Fähigkeit desUnternehmens.

In welchen Abständen eine obligatorische unddetaillierte Risiko-Analyse („Risk Reset“) oderaußerordentliche Analyse (nach signifikanterVeränderung bedeutender Parameter, wie etwadem Wegfall externer eingeplanter Ressourcen)notwendig ist oder ob lediglich ein „Update“ aufder Basis der zuletzt erhobenen und bekanntenDaten erfolgen kann, hängt unter anderem vonder Risiko-Neigung des jeweiligen Unterneh-mens ab. In jedem Fall sollte im Rahmen der or-ganisatorischen Fragestellungen auch hierzueine Aussage getroffen werden.

FACHBEITRAG

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▪ Berechnung der Schadenpotenziale vor Maß-nahmen („Bruttoschaden“),▪ Identifikation und Evaluierung erster, weilungeplanter, Schadenminderungsmaßnahmen(Sofort-Maßnahmen), Schätzung der Mehrkos-ten für Maßnahmen, die zur Reduktion des Er-tragsausfallschadens geeignet sind,▪ Berechnung des Betriebsunterbrechungs-schaden nach Maßnahmen („Nettoschaden“),also a) Beurteilung der Kapazitätskurve/Output-Mengen und Berechnung des Ertragsausfalls-schadens und b) Beurteilung der Mehrkostensi-tuation.

Nach Durchführung der szenarioorientierten Bu-siness-Impact-Analyse erhält man im Ergebnisweitere strategisch relevante Daten: zum einensind dies Hinweise auf Minimalanforderungenbei (Engpass-)Ressourcen, zum anderen sind inKenntnis der prozessualen und monetär bewer-teten Schwachstellen maximal tolerable Ausfall-zeiten der Supply Chain ableitbar.

lich nach folgenden Betrachtungsperspektivenbewerten zu können:

Deckungsbeitrag oder Warenrohertrag pro aus-gefallener Mengen-Einheit nach▪ Business Unit und/oder Konzern-Gesellschaft,▪ Standort,▪ gegebenenfalls auch nach Produkten („signi-fikante“ Schnittmengen der Produktlinien vor-ausgesetzt).

Die Business-Impact-Betrachtung befasst sichalso mit der Bestimmung und Evaluierung vonpriorisierten Ausfall-Szenarien sowie der finan-ziellen Bewertung aufgrund funktionaler Ein-schränkungen im operativen Prozess. Für dieDiskussion von Ausfall-Szenarien empfiehlt sichfolgende grobe Gliederung:

▪ Beschreibung des Ereignisses sowie dessenmittelbaren und unmittelbaren funktionalenAuswirkungen auf die Supply Chain,

Sz. 12 - HRLKosten in

Mio �

Auswirkungen (operativ) Funktion des HRL und fördertechnische Einrichtungennicht mehr vorhanden

Ertragsausfallschadenvor Maßnahmen

Wiederaufbauzeit ca. 18 Monate, Verlust von 652,0XYZ Mio items

Schadenminderungs-maßnahmen und Mehr-kosten

Nutzung weiterer interner Lagerkapazitäten undDurchsatzkapazitäten ca. 123 Mio items in Köln- bei höheren Personalstückkosten

2,8

Anmietung von einer oder mehreren Hallen oderStockwerksbauten in der Region (dort auch:Durchführung des Wareneinganges und derQualitätsprüfung)

4,0

Anschluss an Unternehmens EDV 0,2

Marketingkosten 7,2

Mehrkosten (Summe) 23,4

Ertragsausfallschadennach Maßnahmen

1.–2. Woche: 0% Kapazität, dadurch Verlust von … 14,4

3.–14. Woche: 50% Kapazität, dadurch Verlust von … 31,9

15.–27. Woche: 75% Kapazität, dadurch Verlust von … 3,6

Ertragsausfallschaden (Summe) 49,9

Finanzielle Auswirkungen(nach Maßnahmen)

Ertragsausfallschaden 49,9

Mehrkosten 23,4

Gesamt Schaden (Summe) 73,3

Untergang Hochregallager durch Brand

vereinfachtesBeispiel

Abb. 4: Beispiel für die Ableitung des Business Impacts (in Szenariodarstellung)

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Entschluss zu einer veränderten Produktionsan-ordnung, ist sicherzustellen, dass die notwendi-gen Anpassungen der BC-Pläne regelmäßig er-folgen.

Dabei werden üblicherweise folgende Themenbehandelt:

▪ Beschreibung des Szenarios und der erwarte-ten funktionalen Auswirkungen▪ Ziel des (konkreten) Planes, gegebenenfallsBeschreibung von Minimalanforderungen▪ Geltungsbereich des BC-Planes und Prozess-eigner▪ Definition der Rolle betroffener Organisations-einheiten (BC-Organisation pro Ereignisfall)▪ Beschreibung der operativen Maßnahmen,die den Wiederanlauf der Produktion und damitden Output sicherstellen▪ Ergänzende Informationen, etwa Standortin-formationen, Lagepläne, Sicherheitseinrichtun-gen, etc.▪ Hinweise auf notwendige Übungen undÜbungsrhythmen

Fazit

Ziel des BCM-Ansatzes ist es, nach unvorherge-sehenen und außerplanmäßigen Störungen derSupply Chain den Schadenverlauf durch geeig-nete Maßnahmen zu optimieren – also die Aus-falldauer, durch welche die Auswirkungen einesEreignisses maßgeblich bestimmt werden, sig-nifikant zu verkürzen.

Business Continuity Management begrenztdurch einen geregelten und zeitnahen Anlaufder schützenswerten Prozesse weitere Er-gebnisbelastungen (Bilanzschutz), schützt diebestehenden Marktanteile sowie die Reputa-tion des Unternehmens, ist für die Einhal-tung gesetzlicher Regelungen notwendig underöffnet die Chancen, bereits während der Kon-zeption des BCM kritische Prozesse zu sta-bilisieren.

Die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebesnach Ereignissen mit extrem hohen Schaden-potenzialen bei gleichzeitig geringen Ein-trittswahrscheinlichkeiten wird durch einBCM bestmöglich abgesichert. Nach Ratio-nalisierungsprogrammen muss oftmals eineAnpassung oder gar eine Neukonzeption desBusiness Continuity Managements erfolgen, umdas Gleichgewicht im Unternehmen wiederherzustellen – nur so kann auch langfristig derSchutz des Unternehmenswertes sichergestelltwerden. ■

Ganz nebenbei können die gewonnenen Er-kenntnisse auch eine gute Basis für die Rene-wal-Verhandlung im Zusammenhang mit einemversicherungstechnischen Risiko-Transfer inder Feuer- und Betriebsunterbrechungsversi-cherung sein.

Business-Continuity-Pläne

Mit Hilfe von Business-Continuity-Plänen kannauf die Auswirkungen eines ungeplanten Ereig-nisses auf die Supply Chain des Unternehmenssystematisch (geplant) und ohne zeitlichen Ver-zug reagiert werden. Für jedes monetär relevan-te Ausfallszenario (zum Beispiel für alle A- undB-Risiken) ist ein separater BC-Plan zu erarbei-ten. Die Dokumentation erfolgt in der festgeleg-ten und somit einheitlichen Struktur.

Wichtig ist, zu Beginn der Überlegungen zu-nächst alle denkbaren grundsätzlichen Alterna-tiven zuzulassen, die den Wiederanlauf des ge-störten Prozesses ermöglichen. Dabei werdenüblicherweise – abhängig von der Branche desUnternehmens selbst – die folgenden Lösungs-ansätze diskutiert werden: Schaffung eigenerRedundanzen, Back-up-Varianten, räumlich ver-teilte Operations, Serien- versus Parallelproduk-tion, Diversifikation des Einkaufsvolumens, Ak-tivierung von Stand-by oder B-Lieferanten, pro-visorische Facilities, Outsourcing-Ansätze, ge-nerell Möglichkeiten der Nutzung externerRessourcen/Kapazitäten/Dienstleistungen, bei-spielsweise auch Ausweichrechenzentren odermobile Rechenzentren etc.

Die Sammlung der Lösungsmöglichkeiten fürein Ausfallszenario ist nun mit der BCM-Policyzu „spiegeln“. Gegebenenfalls schließt die BCM-Strategie sogar die ein oder andere Möglichkeitunmittelbar aus (wenn etwa Know-how und Pro-duktionsbasen zwingend im Konzernverbund zubelassen sind, wären externe Lösungsvariantengrundsätzlich nicht weiter zu verfolgen) oder esbestehen mittelbare Hindernisse, beispiels-weise weil die vorgegebene maximal akzeptier-te Ausfallzeit mit bestimmten Lösungsvariantennicht erreicht werden kann.

Ein weiterer Filter auf dem Weg zur Auswahl dergeeigneten BC-Lösung ist die Wirtschaftlich-keits- und Machbarkeitsprüfung der verbliebe-nen BC-Varianten. Ist die Entscheidung für odergegen eine spezifische BC-Lösung gefallen, be-ginnt die Ableitung von konkreten Maßnahmenund Aktivitäten für den „Fall des Falles“. Beimittel- oder gar erst langfristig greifenden prä-ventiv ausgelegten BC-Maßnahmen, etwa dem

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